Caspar
10.08.2001, 13:04 |
Geld: immer"grundlegende Missverständisse" Thread gesperrt |
Selbst in diesem sehr gut informierten Forum kommt eine Diskussion wie die weiter unten ("Grundlegende Missverständnisse") zustande, bei der es um die Frage geht, ob etwas Geld ist oder nicht. In diesem Fall ist es Edlemetall, aber man könnte ja auch über den Geldcharakter von Sichtguthaben und Festgeld diskutieren. Damit ist man schnell bei den verschiedenen"Geldaggregaten" (M0, M1, M2, M3,...). Es entsteht absolute Unklarheit. Der Begriff verliert damit völlig seine Trennschärfe. Es wird suggeriert, dass jede Sache (insbesondere jede Schuld, in diesem Zusammenhang viel wichtiger!) eine bestimmten Grad der"Geldhaftigkeit" besitzt, auf der nach oben offenen Geldhaftigkeitsskala...
In diesem Forum hat ja die Eigentumstheorie, oder wie dottore sagt, der Debitismus einen starken Stand. Wer den verstanden hat, weiss, dass unser Bargeld (Münzen und Scheine) nur umgewandelte Forderungen aus dem Geschäftsgang der Wirtschaft sind, die eben von einer Notenbank in Bargeld umgewandelt worden sind. Zurück zur Frage was Geld sei: das ist überhaupt nicht klar. Wo sollte man da eine sinnvolle Grenze ziehen? Und einen Begriff, den man nicht klar eingrenzen ("definieren" heisst eingrenzen), den sollte man lieber nicht verwenden.
"Geld" gehört zu den Wörtern, die eher Nebenkerzen als Scheinwerfer sind.
Wenn man den Begriff Geld benutzt, dann kann man nur sehr schwer verstehen, dass die Summe von Forderungen und Vermögen null beträgt, und dass"Geld" darin (jetzt ist es egal, wie definiert) komplett darin enthalten ist. Schnell bemüht man sich mit den kippeligen Aggregaten der Geldmenge darum, und Politiker fühlen sich herausgefordert, per Gesetz festzustellen, was"Geld" denn sei, und dabei kommt das"gesetzliche Zahlungsmittel" heraus - ebenfalls eine Wischiwaschi-Konstruktion. Auf der Dollar-Note steht es ja drauf:"This note ist legal tender for all debts, public and private". Wenn aber der Vertrag nicht eine Schuld in Dollar vorgesehen hat, dann ist er eben *nicht* das Zahlungsmittel für die privatrechtliche Schuld."Gesetzliches Zahlungsmittel"? - Weg damit! Welche Zahlungen ich akzeptiere entscheide ich immer noch selbst: Münzen, Scheine, Scheck (in welcher Höhe, von wem?), welche Währungen, welche Kreditkarten, und so weiter, und so weiter.
Man sollte also -- mein Vorschlag -- entweder das Wort"Geld" ausser Dienst stellen, oder immer im Kopf behalten, dass der Gläubiger in jedem einzelnen Fall bestimmt was"Geld" ist. R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft. Geld ist, was gilt, um zu zahlen, und das bestimmt der Zahlungsempfänger.
Allgemeiner ist der Begriff"Schuld", und aus ihr entwickeln sich auch alle Arten"Geld", so wie der Begriff im Allgemeinen verstanden wird.
Was meint ihr?
Gruss,
-casapar
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Bär
10.08.2001, 13:27
@ Caspar
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Sehr gut |
Definition von Geld:
Geld ist das, was zur Schuldentilgung"gilt". Privatrechtlicher Vorgang.
(Nur musste sich der Staat ja mal wieder einmischen.....)
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pecunia
10.08.2001, 13:59
@ Caspar
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" |
Hi,
im Grunde gefallen mir Deine Gedanken. ABER:
> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
Viele Gruesse
pecunia
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Caspar
10.08.2001, 14:53
@ pecunia
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" |
>> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
>Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
>Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
Das glaube ich jetzt erstmal nicht, weil ich es nicht glauben will. Ich weiss, dass in Landeswährung bilanziert werden muss, aber es gibt doch wohl noch Vertragsfreiheit. Falls es stimmt: weiss jemand, wo das wo sowas kodifiziert ist? Aus der Runde... anyone?
Gruss,
-caspar
PS. Ich mache im Hinterkopf immer eine kleine Rechnung auf, wie kaputt aslles schon ist. Ich stelle mir die Frage: ist ein liberale Grundordnung im Kern noch vorhanden, oder ist alles an der Wurzel schon kaputt. Wenn das stimmt, dann ist das wieder ein grosses Stück Festland, das ins Meer rutscht. Oh, oh.
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JüKü
10.08.2001, 14:56
@ pecunia
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" |
>Hi,
>im Grunde gefallen mir Deine Gedanken. ABER:
>> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
>Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
>Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
>Viele Gruesse
>pecunia
Irrtum: Vertragsfreiheit. Bei Mietverträgen, bei denen ja fast alles"geregelt" ist, bin ich nicht sicher, aber Reinhard kann das natürlich machen.
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Caspar
10.08.2001, 15:02
@ JüKü
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" / na also, doch nicht alles... |
>>> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
>>Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
>>Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
>>Viele Gruesse
>>pecunia
>Irrtum: Vertragsfreiheit. Bei Mietverträgen, bei denen ja fast alles"geregelt" ist, bin ich nicht sicher, aber Reinhard kann das natürlich machen.
<font color="#5555ff">
... kaputt.
Jetzt bin ich etwas beruhigt.
Danke, Jükü</font>
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pecunia
10.08.2001, 15:25
@ JüKü
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Vertragsfreiheit? |
Hallo JueKue,
bis vor kurzem durfte man als Haendler nicht mal beliebig Rabatte gewaehren! Wo bleibt/blieb denn DA die Vertragsfreiheit?
Stell Dir mal vor, Daimler machte Werbung mit:"Die Neue S-Klasse, fuer nur 20.000 Unzen Silber bei Ihrem Mercedes-Haendler zu haben" *LOL*
Sowas geht NICHT, da KEIN GESETZLICHES ZAHLUNGSMITTEL.
p.s.: Bei R.Deutsch kraeht vermutlich kein Hahn danach. Zu kleiner Fisch.
Viele Gruesse
pecunia
>>im Grunde gefallen mir Deine Gedanken. ABER:
>>> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
>>Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
>>Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
>>Viele Gruesse
>>pecunia
>Irrtum: Vertragsfreiheit. Bei Mietverträgen, bei denen ja fast alles"geregelt" ist, bin ich nicht sicher, aber Reinhard kann das natürlich machen.
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dottore
10.08.2001, 15:31
@ Caspar
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Re: Exzellent, caspar - Geld = die Nebelkerze schlechthin |
Und wir können uns gern darauf verständigen (hatte ich mit Dimi bereits getan), dass wir uns auf einen jeweils in einen konkreten historischen Kontext"passenden" Begriff einigen.
HEUTE gibt es keinerlei Hin & Her, das Geld = gesetzliches Zahlungsmittel, das von den Monopolnotenbanken auf kurze Zeit gegen Sicherheiten (z.B. BRD 55 % Pfandbriefe, 25 % Staatsanleihen usw.) ausgegeben wird.
Zahlungsmittel = Verwendbar zu Zahlungen jeder Art. Setzt natürlich die Existenz von Zahlungsverpflichtungen voraus.
Ansonsten kann per Privatvereinbarung jede Gegenleistung vereinbart werden, z.B. der Service einer Prostituierten gegen eine Uhr. Da ist weder der Service noch die Uhr Geld, aber es komt ein (wenn auch sittenwidriger, aber ist schon umstritten neuerdings) Kontrakt zustande.
Murmeln gegen Förmchen im Kindergarten: Was von beiden sollte Geld sein, usw.
Es kann also jeder mit seinem aktuellen Begriff arbeiten, nur muss er sagen, was er meint. Was für ihn und seinen Counterpart gilt, gilt selstverständlich nur bilateral - und nicht für alle.
Wollen wir Geld als für alle geltend setzen, dann kommen wir - heute! - um das gesetzliche Zahlungsmittel nicht herum. So würde im obigen Fall bei Nichthergabe der Uhr nicht die Hergabe einer gleichen Uhr vom Gericht angeordnet, sondern Ersatz in Form von gesetzlichem Zahlungsmittel.
Im übrigen hast Du völlig Recht: Die Herleitung von Geld aus Schuld ist am elegantesten und einfachsten. Und heute durchgehende Praxis weltweit.
Gruß
d.
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dottore
10.08.2001, 15:33
@ pecunia
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" |
>Hi,
>im Grunde gefallen mir Deine Gedanken. ABER:
>> R. Deutsch könnte ja zum Beispiel sagen, dass er sein Buch nur noch gegen Silbermünzen verkauft.
>Das ginge meines Wissens leider nicht! Genauso wenig, wie Mietvertraege z.B. in US-Dollar oder Unzen Gold abgeschlossen werden duerfen. Das ist gesetzlich geregelt. Vertraege jeder Art duerfen nur auf Landeswaehrung lauten!
Nein. Verträge könenn auf alles mögliche lauten. Völlige Vertragsfreiheit. Aber die Einklagung von nicht erfüllten Verträge kann immer nur in Form von Gesetzlichen Zahlungsmitteln gehen.
>Tja, so ist das mit dem Geldmonopol.
Mit dem Zahlungsmittel-Monopol!
Gruß
d.
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dottore
10.08.2001, 15:37
@ Caspar
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Re: Geld: immer"grundlegende Missverständisse" |
>Das glaube ich jetzt erstmal nicht, weil ich es nicht glauben will.
Du hast Recht. Völlige Vertragsfreiheit.
>Ich weiss, dass in Landeswährung bilanziert werden muss, aber es gibt doch wohl noch Vertragsfreiheit.
Ja, Bilanzen können in jeder Währung der Welt aufgestellt werden, aber jede Buchung muss zum jeweils aktuellen Kurs dann gebucht werden, d.h. Du musst G + V plus Bilanz letztlich zwei Mal aufstellen.
>Falls es stimmt: weiss jemand, wo das wo sowas kodifiziert ist? Aus der Runde... anyone?
Alle HGBs usw.
>PS. Ich mache im Hinterkopf immer eine kleine Rechnung auf, wie kaputt aslles schon ist. Ich stelle mir die Frage: ist ein liberale Grundordnung im Kern noch vorhanden, oder ist alles an der Wurzel schon kaputt. Wenn das stimmt, dann ist das wieder ein grosses Stück Festland, das ins Meer rutscht. Oh, oh.
Es gibt nur noch wenig Inselchen. Wir leben hier im Forum auf einer solchen. Und sollten es nicht also publik machen.
Gruß
d.
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dottore
10.08.2001, 15:38
@ Bär
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Re: Sehr gut |
>Geld ist das, was zur Schuldentilgung"gilt". Privatrechtlicher Vorgang.
>(Nur musste sich der Staat ja mal wieder einmischen.....)
Ja, das war die alles entscheidende Weichenstellung! Die Einführung von"gesetzlichem Zahlugsmittel".
Gruß
d.
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dottore
10.08.2001, 15:44
@ pecunia
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Re: Vertragsfreiheit? |
>Hallo JueKue,
>bis vor kurzem durfte man als Haendler nicht mal beliebig Rabatte gewaehren! Wo bleibt/blieb denn DA die Vertragsfreiheit?
>Stell Dir mal vor, Daimler machte Werbung mit:"Die Neue S-Klasse, fuer nur 20.000 Unzen Silber bei Ihrem Mercedes-Haendler zu haben" *LOL*
>Sowas geht NICHT, da KEIN GESETZLICHES ZAHLUNGSMITTEL.
Doch, selbstverständlich geht es. Falls Du den Kauf nicht bezahlst, wird vom Gericht in gesetzliches Zahlungsmittel umgerechnet. Das Gericht wird nicht die Lieferung von Silber anordnen können, sondern nur die 20.000 Unzen in gesetzlichen Zahlungsmittel am Tag der Unterschrift unter den Kaufvertrag.
Gruß
d.
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Caspar
10.08.2001, 15:54
@ dottore
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Re: Danke,... |
... und wer hat mich drauf gebracht? ;-)
Gruss,
-caspar
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pecunia
10.08.2001, 16:00
@ dottore
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Glaub ich nicht... |
Hallo dottore,
in D und gerade im Zuge der EU gibt es eine sogenannte PREISAUSZEICHNUNGSVORSCHRIFT. Danach muessen Preise in der Waehrung lauten, die gesetzliches Zahlungsmittel ist. Kein Haendler hat das Recht, gesetzliches Zahlungsmittel zurueckzuweisen. Waere ja absurd!
Geht also doch nicht, das mit dem Daimler, oder?
Gruesse von
pecunia
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dottore
10.08.2001, 16:22
@ pecunia
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Re: Glaub ich nicht... |
>Hallo dottore,
>in D und gerade im Zuge der EU gibt es eine sogenannte PREISAUSZEICHNUNGSVORSCHRIFT.
Das ist richtig und ein absolut korrekter Einwand. Preisauszeichnungen müssen genau so Statt finden wie Du schreibst. Das liegt daran, dass ausgezeichnete Preise sich tendenziell an jedermann richten.
Im Gegensatz dazu kann aber jederzeit in Privatvereinbarung jede Gegenleistung für eine Leistung vereinbart werden.
Das MWSt.-Gesetz schreibt vor, dass die Gegenleistung dann in aktuellem Kurs in Landeswährung umzurechnen ist, weil sonst die Besteuerungsgrundlage entfiele.
>Danach muessen Preise in der Waehrung lauten, die gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Ja, die veröffentlichten Angebotspreise und sofern der Anbieter einen Gewerbebetrieb betreibt. Es ist aber jedem Gewerbetreibenden unbenommen (on top in D jetzt das Rabattgesetz) eine Gegenleistung nach gusto zu vereinbaren, die dann allerdings nur zwischen den beiden Vertragsparteien gilt.
In meiner Garage in Dübendorf hat ein Japaner vorige Woche einen Oldtimer gegen Dollar gekauft. Dollar als Scheck.
Der Händler musste natürlich in CHF umrechnen und verbuchen. Die Dollar hat er auf seinem Dollar-Konto stehen lassen und nicht in CHF umgewechselt, weil er selbst Oldtimer aus den USA bezieht, um sie hier zu verkaufen. Das Dollarkonto selbst wird per Ultimo jeden Monat in die Bücher genommen. Zum Mittelkurs des Monats.
>Kein Haendler hat das Recht, gesetzliches Zahlungsmittel zurueckzuweisen. Waere ja absurd!
Völlig richtig.
>Geht also doch nicht, das mit dem Daimler, oder?
Müsste ausprobiert werden, wie gesagt: Es kommt darauf an, ob der Händler es als Verkauf oder Tausch deklariert. Wirbt er mit Verkauf (potentiell viele Käufer), geht's nicht. Schreibt er einen Tausch aus (potenziell nur 1 Käufer) sollte es gehen können. Jedenfalls gibt es kein Gesetz, das dem entgegen stünde.
Außerdem werden im Außenhandel riesige Mengen Bartergeschäfte getätigt, wo keinerlei Landeswährung eine Rolle spielt. Ich kenne einen Fall Alu aus RUS gegen Baukräne von Liebherr. Das Verbuchen wurde dann mit dem Inlandspreis für Baukräne abgewickelt. Das Alu selbst hatte keinen"Preis" in keiner Währung.
Gruß
d.
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pecunia
10.08.2001, 16:35
@ dottore
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Danke fuer die ausfuehrliche Antwort... |
... dann ist jetzt alles klar.
pecunia
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