Dr.B.
26.07.2000, 20:16 |
@all und dottore Thread gesperrt |
vielen Dank für die Antwort zu dem Posting"An JüKü und dottore 25.07.2000 20:58"
ich muß zu dem Sachverhalt mit zwei Gegenfragen antworten:
1) Worin besteht der Unterschied zwischen einem Trade der mit Daily-Daten vollzogen wurde, zu einem Trade, dem ein 3 Minuten-Chart zugrunde lag?
2) Was spricht gegen die"Efficient Market Hypothesis"? Bitte beachten: Zu jedem Geschäft gehört ein Käufer und ein Verkäufer.
gruesse Dr.B.
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dottore
27.07.2000, 08:34
@ Dr.B.
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Re: @all und dottore |
>vielen Dank für die Antwort zu dem Posting"An JüKü und dottore 25.07.2000 20:58"
>ich muß zu dem Sachverhalt mit zwei Gegenfragen antworten:
>1) Worin besteht der Unterschied zwischen einem Trade der mit Daily-Daten vollzogen wurde, zu einem Trade, dem ein 3 Minuten-Chart zugrunde lag?
Wenn die Märkte funktionieren, gar keiner. Sobald es aber einen timelag gibt, verliert man schnell den Überblick. Das ist bei"Dow 20 min behind" usw. ziemlich klar. Noch klarer wird es aber, wenn es heisst"systems down". Und ganz besonders klar, wenn es zu den mit Riesenschritten auf uns zu eilenden"Börsenfeiertagen" kommt.
>2) Was spricht gegen die"Efficient Market Hypothesis"? Bitte beachten: Zu jedem Geschäft gehört ein Käufer und ein Verkäufer.
Die These gilt seit dem 87er Crash als erledigt. Damals kamen über eine Stunde nach Eröffnung mehr als zwei Drittel der Dow-Werte nicht zur Notiz (Tim Metz, ehemaliger Barron's-Mann:"Black Monday", weiß nicht ob es das Buch noch aktuell gibt, sonst antiquarisch). Ich stand damals an der Zürcher Börse neben Börsenpräsident Bär (Bank Bär, Bahnhofstraße) und ich werde sein kalkbleiches Gesicht nicht vergessen als hinter dem Wort"Nestle" an der Tafel erschien:"---" - ich musste ihn stützen. Die wissenschaftliche Literatur zur EMT, und warum sie eben n i c h t funktioniert, ist Ihnen vermutlich geläufig.
>gruesse Dr.B.
Grüße zurück
d.
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Dr.B.
27.07.2000, 15:41
@ dottore
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dottore |
>Wenn die Märkte funktionieren, gar keiner. Sobald es aber einen timelag gibt, verliert man schnell den Überblick. Das ist bei"Dow 20 min behind" usw. ziemlich klar. Noch klarer wird es aber, wenn es heisst"systems down". Und ganz besonders klar, wenn es zu den mit Riesenschritten auf uns zu eilenden"Börsenfeiertagen" kommt.
Falsch. Da hat sich in letzter Zeit aber einiges geändert. Wer redet denn von Zeitverzögerten Daten. Mit einer Satellitnschüssel auf dem Dach und dem richtigen Datenanbieter stellt dies heutzutage kein Problem mehr dar.
>>2) Was spricht gegen die"Efficient Market Hypothesis"? Bitte beachten: Zu jedem Geschäft gehört ein Käufer und ein Verkäufer.
>Die These gilt seit dem 87er Crash als erledigt. Damals kamen über eine Stunde nach Eröffnung mehr als zwei Drittel der Dow-Werte nicht zur Notiz (Tim Metz, ehemaliger Barron's-Mann:"Black Monday", weiß nicht ob es das Buch noch aktuell gibt, sonst antiquarisch). Ich stand damals an der Zürcher Börse neben Börsenpräsident Bär (Bank Bär, Bahnhofstraße) und ich werde sein kalkbleiches Gesicht nicht vergessen als hinter dem Wort"Nestle" an der Tafel erschien:"---" - ich musste ihn stützen. Die wissenschaftliche Literatur zur EMT, und warum sie eben n i c h t funktioniert, ist Ihnen vermutlich geläufig.
Auch das kann ich nicht so akzeptieren. Warum gab es keine Kurse? Die Technik konnte die Masse an Aufträgen nicht schnell genug abarbeiten (Flaschenhals). Aber auch dort hatten alle die gleichen Bedingungen - es ging eben nichts mehr. Zudem darf nicht vergessen werden - darum schrieb ich es als Nachsatz zu der Frage - zu jedem Verkäufer gehört ein Käufer. Wenn diese Seite aber fehlt, rauschen die Kurse eben hinunter. Alles eine Frage von Angebot und Nachfrage.
Aber auf der Ebene sollten wir weiterdiskutieren. LeBon`s Ansichten gegenüber dem Massenverhalten sind zwar alt, aber immer noch gültig. Ich komme aus einer anderen Richtung. Ich würde anders argumentieren:
Der französische Mathematiker René Thom benutzte eine andere Art der Beschreibung des Phänomens, um nichtlineare Änderungen zu beschreiben, bei denen Systeme abrupt und unstetig von einem Zustand in einen anderen übergehen. Thom erkannte, daß alle derartigen abrupten Änderungen sich topologisch als eine von sieben"Elemtarkatastrophen" klassifizieren lassen. Zu jeder derartigen Katastrophe gehören Falten im Phasenraum, in dem sich das System bewegt.
Die plötzliche Umwandlung eines Maiskorns in Popkorn, der Kollaps eines Brückenpfeilers unter einem einzigen Pfund zusätzlicher Last, der dramatische Übergang von Wasser in Eis bei 0 Celsius oder in Dampf bei 100 Celsius, das plötzliche Einsetzen des elektrischen Stroms - all dies sind Beispiele für das, was Thom"Katastrophen" nennt.
gruesse Dr.B.
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dottore
27.07.2000, 16:05
@ Dr.B.
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Re: dottore |
>>Wenn die Märkte funktionieren, gar keiner. Sobald es aber einen timelag gibt, verliert man schnell den Überblick. Das ist bei"Dow 20 min behind" usw. ziemlich klar. Noch klarer wird es aber, wenn es heisst"systems down". Und ganz besonders klar, wenn es zu den mit Riesenschritten auf uns zu eilenden"Börsenfeiertagen" kommt.
>Falsch. Da hat sich in letzter Zeit aber einiges geändert. Wer redet denn von Zeitverzögerten Daten. Mit einer Satellitnschüssel auf dem Dach und dem richtigen Datenanbieter stellt dies heutzutage kein Problem mehr dar.
Aber wenn die Daten ex NY nicht geliefert werden, wie soll mir das meine Schüssel helfen?
>>>2) Was spricht gegen die"Efficient Market Hypothesis"? Bitte beachten: Zu jedem Geschäft gehört ein Käufer und ein Verkäufer.
>>Die These gilt seit dem 87er Crash als erledigt. Damals kamen über eine Stunde nach Eröffnung mehr als zwei Drittel der Dow-Werte nicht zur Notiz (Tim Metz, ehemaliger Barron's-Mann:"Black Monday", weiß nicht ob es das Buch noch aktuell gibt, sonst antiquarisch). Ich stand damals an der Zürcher Börse neben Börsenpräsident Bär (Bank Bär, Bahnhofstraße) und ich werde sein kalkbleiches Gesicht nicht vergessen als hinter dem Wort"Nestle" an der Tafel erschien:"---" - ich musste ihn stützen. Die wissenschaftliche Literatur zur EMT, und warum sie eben n i c h t funktioniert, ist Ihnen vermutlich geläufig.
>Auch das kann ich nicht so akzeptieren. Warum gab es keine Kurse? Die Technik konnte die Masse an Aufträgen nicht schnell genug abarbeiten (Flaschenhals).
Nein, es gab schlicht keine Geldkurse! Ich habe es doch bei Nestle selbst erlebt und stand zwei Meter hinter den Händlern (damals noch"am Ring").
>Aber auch dort hatten alle die gleichen Bedingungen - es ging eben nichts mehr. Zudem darf nicht vergessen werden - darum schrieb ich es als Nachsatz zu der Frage - zu jedem Verkäufer gehört ein Käufer. Wenn diese Seite aber fehlt, rauschen die Kurse eben hinunter. Alles eine Frage von Angebot und Nachfrage.
Ja, das ist völlig klar. Angebot muss es bei Aktien immer (!) geben, weil ja welche da sind. Und wenn das Angebot nicht rauswill, wird halt immer mehr geboten, bis es rauskommt.
Aber Nachfrage muss es nicht (!!) geben: dann kauft halt einfach keiner. Und zwar egal wie tief die Kurse schon gefallen sind. Weil er nicht weiß, wohin sie noch fallen können. Bitte an JüKüs"never catch a falling knife" von heute Morgen denken.
>Aber auf der Ebene sollten wir weiterdiskutieren. LeBon`s Ansichten gegenüber dem Massenverhalten sind zwar alt, aber immer noch gültig. Ich komme aus einer anderen Richtung. Ich würde anders argumentieren:
>Der französische Mathematiker René Thom benutzte eine andere Art der Beschreibung des Phänomens, um nichtlineare Änderungen zu beschreiben, bei denen Systeme abrupt und unstetig von einem Zustand in einen anderen übergehen. Thom erkannte, daß alle derartigen abrupten Änderungen sich topologisch als eine von sieben"Elemtarkatastrophen" klassifizieren lassen. Zu jeder derartigen Katastrophe gehören Falten im Phasenraum, in dem sich das System bewegt.
>Die plötzliche Umwandlung eines Maiskorns in Popkorn, der Kollaps eines Brückenpfeilers unter einem einzigen Pfund zusätzlicher Last, der dramatische Übergang von Wasser in Eis bei 0 Celsius oder in Dampf bei 100 Celsius, das plötzliche Einsetzen des elektrischen Stroms - all dies sind Beispiele für das, was Thom"Katastrophen" nennt.
Das ist ein ganz exzellenter Hinweis, vielen Dank! Ich hatte dazu schon mal in meinen"Kapitalismus" (1986) eine Grafik reingestellt, die"Kata-Falte". Das ist ganz genau der Punkt: Wo und was löst wann was aus? Dazu gibt es eine hochspezielle Literatur, ich hatte mal Kontakt mit einem Prof. in Bonn, der sehr gut in dieser Richtung gearbeitet hatte; Namen leider jetzt nich präsent).
Das sollten wir in der Tat weiter untersuchen. Kapitel Spuren & Triggersuche. Wie beim FBI...
>gruesse Dr.B.
Grüße zurück
d.
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Dr.B.
27.07.2000, 17:00
@ dottore
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dottore |
>Aber auch dort hatten alle die gleichen Bedingungen - es ging eben nichts mehr. Zudem darf nicht vergessen werden - darum schrieb ich es als Nachsatz zu der Frage - zu jedem Verkäufer gehört ein Käufer. Wenn diese Seite aber fehlt, rauschen die Kurse eben hinunter. Alles eine Frage von Angebot und Nachfrage.
Ja, das ist völlig klar. Angebot muss es bei Aktien immer (!) geben, weil ja welche da sind. Und wenn das Angebot nicht rauswill, wird halt immer mehr geboten, bis es rauskommt.
Aber Nachfrage muss es nicht (!!) geben: dann kauft halt einfach keiner. Und zwar egal wie tief die Kurse schon gefallen sind. Weil er nicht weiß, wohin sie noch fallen können. Bitte an JüKüs"never catch a falling knife" von heute Morgen denken.
Verstehe ich nicht!
Wenn keiner Verkauft, gibt es auch kein Angebot. Wenn keiner kauft, gibt es auch keine Nachfrage. Alles ist nur eine Frage des Preises - nach oben, wie nach unten.
gr. Dr.B.
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dottore
27.07.2000, 18:18
@ Dr.B.
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Re: dottore |
>>Aber auch dort hatten alle die gleichen Bedingungen - es ging eben nichts mehr. Zudem darf nicht vergessen werden - darum schrieb ich es als Nachsatz zu der Frage - zu jedem Verkäufer gehört ein Käufer. Wenn diese Seite aber fehlt, rauschen die Kurse eben hinunter. Alles eine Frage von Angebot und Nachfrage.
>Ja, das ist völlig klar. Angebot muss es bei Aktien immer (!) geben, weil ja welche da sind. Und wenn das Angebot nicht rauswill, wird halt immer mehr geboten, bis es rauskommt.
>Aber Nachfrage muss es nicht (!!) geben: dann kauft halt einfach keiner. Und zwar egal wie tief die Kurse schon gefallen sind. Weil er nicht weiß, wohin sie noch fallen können. Bitte an JüKüs"never catch a falling knife" von heute Morgen denken.
>Verstehe ich nicht!
>Wenn keiner Verkauft, gibt es auch kein Angebot. Wenn keiner kauft, gibt es auch keine Nachfrage. Alles ist nur eine Frage des Preises - nach oben, wie nach unten.
>gr. Dr.B. >
Das genau zeigt, das die"efficient market"-Hypothese nur eine Hypothese ist und kein Beweis. Es ist in der Tat heute keiner mehr gezwungen, seine Telekom noch rasch zu 100 Euro zu verkaufen.
Da es diesen Preis (Kurs) nicht mehr gibt, sind diese Bloß-Schnell-Reich-Werden-Freaks nunmehr obendrein dazu verdammt, zu warten, warten, warten...
Bis sie mit ihrer"Aktie" die Kellerbar tapezieren dürfen (vorausgesetzt sie sind dann noch so vermögend, die Auslieferung der Stücke bezahlen zu können).
Aber im Ernst, die Vorstellung, dass das"Gesetz" von Angebot und Nachfrage so einfach nicht funktioniert, muss noch mal intensiv durchdacht werden. Vor allem die Frage der"Preiselastizität" - also: Warum kommt immer weniger Material heraus, je höher die Kurse steigen (was den schönen"Blow-off" ja erst möglich macht) und immer mehr, je tiefer sie fallen (was bekanntlich den Crash illustriert).
Und bitte immer die Bedeutung der Wörter"gestrichen Brief" im Hinterkopf behalten.
Gruß
d.
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