Gundel
01.09.2001, 09:12 |
Vogelperspektive - weitgehend sternfrei Thread gesperrt |
Hallo,
Wenn man den derzeitigen Zustand der Weltökonomie und der Weltökologie betrachtet, so muss man erhebliche Verzerrungen feststellen, die zum einen nicht mal eben so zurechtzurücken sind und die zum anderen auch ein erhebliches Konfliktpotential beinhalten. Es kann auf Dauer nicht folgenlos bleiben, wenn einzelne Länder in Saus und Braus leben und sämtliche Resourcen verschwenden, während die Menschen in anderen Teilen der Welt verhungern.
Gleiches gilt auch für einzelne Individuen.
Es macht mir auch Schwierigkeiten nachzuvollziehen, dass ein deutscher Politiker fordert:"Macht mehr Kinder, nur dann ist die Rente sicher", während die indische Regierung nun verbilligte Flimmerkisten ins Volk wirft, damit die Leute fernsehen statt sich zu vermehren (Link).
Und dass wir ein T-Shirt für DM 5.- kaufen können, während ein Arbeiter in einem Billiglohnland für den gleichen Betrag als Lohn einen ganzen Tag lang bis zu den Knien in hochgiftiger Chlorsuppe steht, um die Baumwolle für eben dieses Hemd zu bleichen, ist nicht minder pervers. Dabei kann er noch froh sein, dass er überhaupt Arbeit hat. (Dass diese Menschen früher oder später zu ergründen versuchen, ob in einem anderen Land ein menschenwürdigeres Leben möglich ist und sich auf den Weg dorthin machen, kann man ihnen unter diesen Umständen nicht verdenken, aber das ist ein anderes, nicht minder konfliktträchtiges Thema.).
Und so weiter und so weiter...Die Welt kommt mir im Moment vor, wie eine vom Hochwasser überflutete Flussaue, in der die Bewohner einiger Häuser verzeifelt versuchen, den Keller leerzupumpen. Mal sehen, wie lange noch die Grundmauern dem Wasserdruck standhalten.
Vor diesem dramatisch finsteren Unwetterhimmel ist es eigentlich ganz egal, ob die Gold- und Börsenkurse fallen oder steigen und ob der Pluto in Kooperation mit der Telekom oder die Deutsche Bank Hand in Hand mit dem Vollmond die jeweilige Bewegung ausgelöst hat (oder war es umgekehrt...?).
Ich denke auch, dass die Astrologie weniger dazu da sein sollte, Prognosen zu bevorstehenden Kalamitäten zu stellen, als selber für sich (und für die Gesellschaft) Chancen und Risiken zu erkennen. So hätte man auch die gesellschaftsrelevante Konjunktion zw. Uranus und Neptun ab 1993 als Aufforderung und Chance begreifen müssen, die Schieflage zu korrigieren, als noch Zeit dazu war. Das haben wir aber nicht gemacht, mit den Folgen, die heute festzustellen sind: Zinseszins- und Schuldenfallen, die Privatpersonen und Firmen genau so an den Abgrund bugsieren wie die größten Volkswirtschaften, quälerische Massentierhaltungen, Raubbau an der Natur, mörderischer Ellbogen-Wettbewerb, korrupte, lügende, grinsende und ratlose Politiker, die Auswüchse der EU-Subventionen, zusammenbrechende Sozial- und Krankenversicherungssysteme und die Arbeitslosigkeit.
Fangen wir mit Letzterem an.
Was in der Bürgerschaft vielleicht schon bald für das offene Hervorbrechen des latent vorhandenen Konfliktstoffes sorgen könnte, ist ein Privileg, das im ganzen letzten 170jährigen Zyklus obligat war (oder zumindest so empfunden wurde), das uns aber neuerdings abhanden gekommen ist:"DAS RECHT AUF ARBEIT". Das Schlimme daran: Wir haben es noch gar nicht bemerkt. Wir gehen selbstverständlich von diesem Ur-Recht aus, stehen Schlange am Schalter des Arbeitsamtes, schreiben Bewerbungen, kriegen Absagen, versuchen es von vorn. Immer wieder. Die Familie leidet unter der Hoffnungslosigkeit und unter mühsam zurückgehaltner Aggression. Letztlich verkaufen wir uns weit unter Wert, finden uns schon mit den neugeschaffenen"Niedriglohngruppen" ab, feiern Freudenfeste, wenn BMW in Leizpig zu siedeln beabsichtigt und wenn VW das Modell 5000 x 5000 realisiert. Und weil wir, sollten wir tatsächlich eine der Stellen mit einer völlig entfremdenden, uns selbst überhaupt nicht entsprechenden Arbeit ergattert haben, davon hinterher so total fertig und frustriert sind, bleibt uns nach dem heiß ersehnten Feierabend nur noch Fernsehen, Dosenbier und einmal im Jahr der Ballermann. Das Machtgefälle zwischen"Arbeitgeber" und"Arbeitnehmer" ist fast in der Senkrechten.
Spätestens hier sollte man sich einmal die erforderlichen Veränderungen des neuen Zyklus ansehen. Warum muss mir eigentlich jemand Arbeit geben? Weil es immer so war? Was wären die Alternativen? Das Sozialamt? Nein, der Staat ist ja auch pleite. Die Straße? Die Konkurrenz ist groß und wird - gerade dort - immer größer.
Wie wäre es, wenn wir mal nachschauen, was wir selber können?
Die Aufgabe lautet: Wir sollten damit beginnen unsere Stärken zu entdecken, verborgende Anlagen freizulegen (warum eigentlich nicht mit Hilfe der Astrologie?), Schritte ins Unbekannte wagen, mutig sein, auf Scheinprivilegien verzichten, eine Zielgruppe für unsere Leistungen suchen, die genau zu unseren Anlagen und Fähigkeiten passt. Neue Berufe erfinden, selbständig sein. Zettel in Form von Leistungsbescheinigungen und Zeugnisse braucht man dazu nicht, ich kann das beweisen.
Das Problem an der Sache: Diejenigen, für die Derartiges am dringlichsten wäre, glauben nicht, dass sie das überhaupt notwendig haben. Sie gucken weiter in die Glotze, statt mühsame Entwicklungsarbeit auf sich zu nehmen. Das betrifft die breite Masse, nicht die mitdenkende Minderheit in diesem Forum, nicht dass da Missverständnisse aufkommen.
Da aber der Löwenanteil der Menschen trotz der unverkennbaren Zeichen am Himmel die Verantwortung für das eigene Leben nicht zu tragen bereit ist, wird die Entwicklung eben ihren Lauf nehmen, bei den Einzelnen genau so wie in der Gesellschaft.
Denn: Ich kann mir auch jetzt nicht denken,
Dass die Leute aufmucken, wenn die Krankenkassenbeiträge steigen werden (obwohl sie für ihr Geld schon lange nicht mal mehr die erforderliche Grundversorgung bekommen).
Dass sie das ganze kranke System mit all seinen Auswüchsen überhaupt in Frage stellen.
Dass sie rebellieren werden, wenn die Rentenversicherungsbeiträge steigen (obwohl doch zumindest die Jungen ahnen müssten, dass sie keine Chance haben, einmal in den Genuss des eingezahlten Geldes zu kommen)
Dass sie sich wehren werden, wenn sie ab morgen auch in der neuen"Niedriglohngruppe" in giftiger Brühe plantschen werden.
Dass sie auch nur im Entferntesten darüber nachdenken, wo der tiefere Sinn darin liegt, dass Zigarettenautomaten mit dem Geldschlitz in Griffhöhe von 8Jährigen angebracht sind und dass die übelste Droge - Alkohol - frei verkäuflich ist trotz der 42.000 Alkoholtoten pro Jahr.
Dass sie Vorkehrungen gegen die Lauschaktionen von Polizei und Staat treffen...
Und gegen den EURO haben sie natürlich auch nix außer Biertheken-BlaBla unternommen.
USW USW
Da es diesmal nicht anders sein wird wie auch sonst in der Geschichte, wird es natürlich den Big Playern gelingen, das Gemeine Volk immer mehr und mehr unter seine Fuchtel zu bringen, bis das ganze System nicht mehr zu halten ist und in Anarchie, Krieg und Zusammenbruch endet.
Die astrologischen Konstellationen dazu sind seit 1993 überdeutlich, aber dennoch werden wir von außen zur Transformation gezwungen werden, weil wir freiwillig dazu keine Lust haben. Ist ja unbequem.
Vor diesem Hintergrund passt es gut ins (auch astrologische) Bild, dass in jüngerer Zeit lauter solche mediengeilen Schießbudenfiguren an die Macht gekommen sind und diese in Dabbeljuh-Manier mehr oder weniger geschickt zu ihrem Vorteil zu gebrauchen wissen.
Und in ein paar Jahren, dann aus der Vogelperspektive betrachtet, wird sich die schnöde Ereignis-Astrologie wahrscheinlich erneut bestätigt haben.
Gruss Gundel
<ul> ~ Glotzen statt Poppen</ul>
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rodex
01.09.2001, 10:56
@ Gundel
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
Zum Thema Krankenversicherungssystem habe ich gestern einen interessanten Artikel gelesen. Beinhaltet zwar den ein oder anderen kleinen Logikfehler, ist aber im ganzen ueberdenkenswert...
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Die Mär von der Kostenexplosion
Das Defizit der Krankenkassen entsteht nicht durch steigende Ausgaben für die Patienten. Die Einnahmen brechen weg - vor allem, weil sich die Arbeitgeber entziehen
Einmal mehr ist die Rede von"explodierenden" Kosten im Gesundheitswesen. Und einmal mehr hätten diese Ausgabensteigerungen ein"Rekorddefizit" zur Folge. Auf fünf Milliarden Mark beläuft es sich gerade, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern bekannt gab. Doch was sind explodierende Kosten? Und was verursacht die entstehenden Rekorddefizite?
Selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften findet man in Artikeln zur Diskussion über die Gesetzliche Krankenversicherung Balkendiagramme, die eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen belegen sollen. Dazu werden Kostensteigerungen in DM zum Beispiel zwischen 1960 und der Gegenwart grafisch aufgetragen. Die nahe liegende Interpretation der stark ansteigenden Balkenlängen: Es ist nicht vorstellbar, dass unser Gesundheitssystem in Zukunft noch bezahlbar ist. Doch hier führen selbst richtige Zahlen zu falschen Schlüssen.
Zunächst vergessen die Autoren, dass es Inflation gibt. Diese betrug zwischen 1960 und 2000 128 Prozent. Erst eine Kostensteigerung um weit mehr als den Faktor 2, mithin die Verdopplung der Balkenlänge in entsprechenden Grafiken, würde eine Konstanz der Kosten bedeuten.
Die Kosten im Gesundheitswesen haben sich seit 1960 natürlich weit mehr als verdoppelt - schließlich wurde das medizinische Angebot deutlich ausgeweitet und verbessert. Man stelle sich vor, die Gesundheitsausgaben wären nur im Ausmaß der allgegenwärtigen Inflation gestiegen: Dann bekämen Beschäftigte im Gesundheitswesen heute Löhne, wie sie vor 40 Jahren üblich waren. Schon diese einfachen Zusammenhänge machen deutlich: die absoluten Kosten des Gesundheitswesens können und dürfen überhaupt nicht konstant bleiben. Der Anstieg wird wenigstens in Höhe der Zunahme der realen Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft liegen, und diese betrug zwischen 1960 und 2000 rund 120 Prozent. Wenn Löhne steigen, dann tun sie das auch im Gesundheitswesen; und wenn die Produktivität der Wirtschaft wächst, so sind neue, bessere, aber häufig eben auch teurere Medikamente, Diagnose- und Therapieverfahren die Folge. Es ist sogar zu erwarten, dass sich die Gesundheitsausgaben mit steigendem Wohlstand überproportional erhöhen, da sich erst eine reiche Gesellschaft eine teure medizinische Versorgung leisten kann - und zumeist auch will.
Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer"Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.
Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.
Ein eklatanter Widerspruch tut sich auf: Während die Kosten des Sozialsystems konstant bleiben - also nur im Umfang des Bruttoinlandsprodukts wachsen -, müssen die Arbeitnehmer einen ständig steigenden Anteil ihrer Gehälter an die Sozialsysteme abgeben. Die Beiträge zur Krankenversicherung betrugen 1980 11,4 Prozent, im Jahr 2000 lagen sie bei ca. 13,6 Prozent; es war also eine Steigerung um 20 Prozent zu beobachten. Dies hat zwei zentrale Gründe:
1) Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.
2) Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden. Wenn der Anteil an nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zunimmt, wird das Verhältnis ebenfalls ungünstiger.
Das Problem der Sozialsysteme ist nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite zu suchen. Will man die Abgabenbelastung reduzieren, so kommt man nicht umhin:
- die Versicherungspflicht - ähnlich wie in der Schweiz - auf alle Beschäftigtengruppen auszuweiten, also vor allem auch auf die Selbständigen,
- die Beitragsbemessungsgrenzen abzuschaffen,
- Gewinn- und Vermögenseinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen und
- Lohnsteigerungen zumindest in Höhe des Bruttoinlandsprodukts durchzusetzen.
Im Jahre 1980 - so ist einer Aufstellung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu entnehmen - beteiligten sich die Unternehmen mit 32 Prozent an den Kosten des Sozialstaats. Diese Beteiligung (vor allem über die Arbeitgeberbeiträge) wurde fortan Jahr für Jahr zurückgefahren, im Jahr 1998 betrug sie nur noch 27 Prozent. Diese Verringerung um fünf Prozentpunkte bedeutet Einsparungen der Unternehmen in Höhe von 64 Milliarden Mark. Hätte es diese Verschiebung nicht gegeben, könnten die Beiträge zur Sozialversicherung um 10 Prozent geringer sein.
Bei der Finanzierung der Pflegeversicherung kauften sich die Unternehmer frei, indem sie die Streichung eines Feiertags durchsetzten. Bei der Altersvorsorge haben sich die Arbeitgeber auch entlastet: Seit der Rentenreform sorgen die Arbeitnehmer in Teilen privat vor. In der Gesundheitsdiskussion bahnt sich Ähnliches an: Die Aufteilung wichtiger medizinischer Leistungen in Pflicht- und Wahlleistungen (etwa Anschluss-Rehas) stellt nichts anderes als eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung dar. Ebenso verstärkt sich der Trend, dass man für essenziell benötigte medizinische Versorgungsleistungen unter Umständen hohe Zuzahlungen zu leisten hat - etwa für Krankenhausaufenthalte oder Fahrtkosten. Auch dies ist ein schleichender Rückzug der Arbeitgeber vom paritätischen Gesundheitswesen. Die diskutierte höhere Wahlfreiheit der Versicherungsnehmer, im Falle teurer Operationen auch Zuzahlungen von zum Beispiel 1.000 Mark zu leisten und dafür geringere Versicherungsbeiträge zu entrichten, senkt im Durchschnitt natürlich ebenfalls die Arbeitgeberbeiträge und belastet dafür die Arbeitnehmer, denn die Kosten entstehen in jedem Falle.
Fazit: Dass Einsparpotenziale in der Gesundheitsversorgung existieren und realisiert werden müssen, ist unstrittig. Doch ständige Krisenmeldungen aus den Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus allen anderen Sozialsystemen führen zu einer Stimmung, die eine Privatisierung und Deregulierung dieser Systeme gutheißen. Dabei werden Kostenprobleme maßgeblich dadurch verursacht, dass sich wohlhabende Schichten aus der Finanzierung dieser Systeme zurückziehen - und keinesfalls durch irgendwelche"Kostenexplosionen". Gäbe es die geschilderten Verschiebungen zuungunsten der Arbeitnehmer nicht und hätten auch Billigjobs, Scheinselbstständigkeit und Arbeitslosigkeit nicht zugenommen, die Sozialbeiträge wären seit 1975 überhaupt nicht gestiegen. Denn die Ausgaben für unser Sozialsystem haben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit 25 Jahren nicht zugenommen, trotz steigender Arbeitslosigkeit und steigender Umschulungsmaßnahmen, trotz High-Tech-Medizin und trotz ungünstigerer Demografie! Wer diese Zusammenhänge nicht benennt und stattdessen die Unbezahlbarkeit der Sozialsysteme suggeriert, entzieht ihnen die Akzeptanz und forciert die neoliberale Sparwut. HARALD KLIMENTA
taz Nr. 6537 vom 31.8.2001, Seite 11, 295 Kommentar, HARALD
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Gundel
01.09.2001, 11:47
@ rodex
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Krankenversicherungssystem |
Hallo rodex,
das ist ein wirklich interessanter Beitrag, auf den ich gerne antworten möchte. Allerdings habe ich heute und morgen kaum oder gar keine Zeit dazu.
Daher erst mal kurzen Gruss bis später
Gundel
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Emerald
01.09.2001, 12:15
@ Gundel
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
gundel, vielen dank für deinen beitrag. prima. vermutlich bekommst du hundert
prozent recht mit der annahme, dass wir (das volk) auf grund des laufenden
systems total auflaufen werden. die auswüchse der letzten zehn jahre zeigen nur
in diese richtung. wir gehen zuerst psychisch drauf, und diesem draufgehen folgt
automatisch die pysische aufgabe, da es schlichtweg an genügend intelligenten
aussteigern fehlt, welche in der lage sind die grosse masse zu überzeugen, dass
die marschrichtung schon längst nicht mehr stimmt.
ab 1985 erwartete der westen ein ansturm aus dem osten von defizit-menschen
welche die errungenschaften des kapitalisumus vor ort erleben wollten bzw.
die annehmlichkeiten zu erreichen suchten. die abgesandten der politischen
seilschaften haben sich bereits niedergelassen und übertreffen heute das
klotzen und geldausgeben seit 1989 zu tausenden. die armen teufel sind dort
geblieben und werden auch in 50 jahren noch nicht weggehen. wir müssen dort
aufbauen helfen. mein gedanke geht dahin, dass, wenn überhaupt, nur noch sich
die mühe lohnt, nach den unterentwickelten ländern auszuwandern und dort den
seit jahrzehnten ausgebeuteten menschen zu helfen, das leben zu verbessern und
ihre abhängigkeit (indien usw) in eine verantwortbare richtung zu stabilisieren. solche aufgaben würden natürlich eine totale abkehr von unserer gegengwärtigen, im übersatten industrie-gürtel der welt, gelebten einäugigkeit bedürfen.
so wie die dinge sich aber gegenwärtig präsentieren, wird die ami-regierung in
absehbarer zeit riesen-konflikte, d.h. milit. auseinandersetzungen, anzetteln,
welche ihrem industrie - potential auftrieb geben und die weltmacht weiteraus-
bauen.
als ganz offensichtliches beispiel ist der aufbau einer super-garnison im
kosovo, wo die zukünftigen logistik-arbeiten für eine pipe-line aus dem
schwarzen-meer nach montenegro manifestiert wer das sagen hat und alle andern
das fait-a-complit ohne diskussion zu akzeptieren haben. der konflikt montenegro
ist ein für dieses arme land katastrophale und schlichtweg unübersehbarer
stein im domino der einflussnahme.
der nahe osten wird ebenfalls uns sehr bald vor augen führen, dass die verlierer
die"dummen" von damals sind und das spiel weitergeht, ohne rücksicht auf
verluste.
emerald.
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Amanito
01.09.2001, 13:05
@ Gundel
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
Gundel,
danke zunächst für den Artikel!
Ich hab dieser Tage mit Rudolf Mann (Link) telefoniert, der einzige mir bekannte echte esoterische Unternehmensberater im deutschsprachigen Raum. Er hat was Interessantes gesagt, nämlich daß noch vor 10-15 Jahren jeder über GewinnMAXIMIERUNG gelacht hat, weil das sei ja weder möglich noch sinnvoll. Heute ist shareholder value (statt stakeholder value) jedoch die große Mantra mit allen damit verbundenen Konsequenzen.
amanito
<ul> ~ http://www.rudolfmann.de/</ul>
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Gundel
01.09.2001, 15:57
@ Amanito
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Rudolf Mann |
Ja Amanito,
das ist wirklich eine überzeugende, Hoffnung vermittelnde Seite. Wenn es mehr solcher Berater gäbe und die vor allem mehr und wandlungsfähige Kunden hätten, dann bräuchten wir uns nicht soviele Sorgen zu machen.
Aber die Zeit ist knapp, echt knapp.
(siehe X, Siecle d. Mars und das viele Schützen-Feuer...)
Gruss Gundel
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Euklid
01.09.2001, 16:44
@ rodex
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
>Zum Thema Krankenversicherungssystem habe ich gestern einen interessanten Artikel gelesen. Beinhaltet zwar den ein oder anderen kleinen Logikfehler, ist aber im ganzen ueberdenkenswert...
>---
>Die Mär von der Kostenexplosion
>Das Defizit der Krankenkassen entsteht nicht durch steigende Ausgaben für die Patienten. Die Einnahmen brechen weg - vor allem, weil sich die Arbeitgeber entziehen
>Einmal mehr ist die Rede von"explodierenden" Kosten im Gesundheitswesen. Und einmal mehr hätten diese Ausgabensteigerungen ein"Rekorddefizit" zur Folge. Auf fünf Milliarden Mark beläuft es sich gerade, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern bekannt gab. Doch was sind explodierende Kosten? Und was verursacht die entstehenden Rekorddefizite?
>Selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften findet man in Artikeln zur Diskussion über die Gesetzliche Krankenversicherung Balkendiagramme, die eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen belegen sollen. Dazu werden Kostensteigerungen in DM zum Beispiel zwischen 1960 und der Gegenwart grafisch aufgetragen. Die nahe liegende Interpretation der stark ansteigenden Balkenlängen: Es ist nicht vorstellbar, dass unser Gesundheitssystem in Zukunft noch bezahlbar ist. Doch hier führen selbst richtige Zahlen zu falschen Schlüssen.
>Zunächst vergessen die Autoren, dass es Inflation gibt. Diese betrug zwischen 1960 und 2000 128 Prozent. Erst eine Kostensteigerung um weit mehr als den Faktor 2, mithin die Verdopplung der Balkenlänge in entsprechenden Grafiken, würde eine Konstanz der Kosten bedeuten.
>Die Kosten im Gesundheitswesen haben sich seit 1960 natürlich weit mehr als verdoppelt - schließlich wurde das medizinische Angebot deutlich ausgeweitet und verbessert. Man stelle sich vor, die Gesundheitsausgaben wären nur im Ausmaß der allgegenwärtigen Inflation gestiegen: Dann bekämen Beschäftigte im Gesundheitswesen heute Löhne, wie sie vor 40 Jahren üblich waren. Schon diese einfachen Zusammenhänge machen deutlich: die absoluten Kosten des Gesundheitswesens können und dürfen überhaupt nicht konstant bleiben. Der Anstieg wird wenigstens in Höhe der Zunahme der realen Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft liegen, und diese betrug zwischen 1960 und 2000 rund 120 Prozent. Wenn Löhne steigen, dann tun sie das auch im Gesundheitswesen; und wenn die Produktivität der Wirtschaft wächst, so sind neue, bessere, aber häufig eben auch teurere Medikamente, Diagnose- und Therapieverfahren die Folge. Es ist sogar zu erwarten, dass sich die Gesundheitsausgaben mit steigendem Wohlstand überproportional erhöhen, da sich erst eine reiche Gesellschaft eine teure medizinische Versorgung leisten kann - und zumeist auch will.
>Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer"Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.
>Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.
>Ein eklatanter Widerspruch tut sich auf: Während die Kosten des Sozialsystems konstant bleiben - also nur im Umfang des Bruttoinlandsprodukts wachsen -, müssen die Arbeitnehmer einen ständig steigenden Anteil ihrer Gehälter an die Sozialsysteme abgeben. Die Beiträge zur Krankenversicherung betrugen 1980 11,4 Prozent, im Jahr 2000 lagen sie bei ca. 13,6 Prozent; es war also eine Steigerung um 20 Prozent zu beobachten. Dies hat zwei zentrale Gründe:
>1) Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.
>2) Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden. Wenn der Anteil an nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zunimmt, wird das Verhältnis ebenfalls ungünstiger.
>Das Problem der Sozialsysteme ist nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite zu suchen. Will man die Abgabenbelastung reduzieren, so kommt man nicht umhin:
>- die Versicherungspflicht - ähnlich wie in der Schweiz - auf alle Beschäftigtengruppen auszuweiten, also vor allem auch auf die Selbständigen,
>- die Beitragsbemessungsgrenzen abzuschaffen,
>- Gewinn- und Vermögenseinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen und
>- Lohnsteigerungen zumindest in Höhe des Bruttoinlandsprodukts durchzusetzen.
>Im Jahre 1980 - so ist einer Aufstellung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu entnehmen - beteiligten sich die Unternehmen mit 32 Prozent an den Kosten des Sozialstaats. Diese Beteiligung (vor allem über die Arbeitgeberbeiträge) wurde fortan Jahr für Jahr zurückgefahren, im Jahr 1998 betrug sie nur noch 27 Prozent. Diese Verringerung um fünf Prozentpunkte bedeutet Einsparungen der Unternehmen in Höhe von 64 Milliarden Mark. Hätte es diese Verschiebung nicht gegeben, könnten die Beiträge zur Sozialversicherung um 10 Prozent geringer sein.
>Bei der Finanzierung der Pflegeversicherung kauften sich die Unternehmer frei, indem sie die Streichung eines Feiertags durchsetzten. Bei der Altersvorsorge haben sich die Arbeitgeber auch entlastet: Seit der Rentenreform sorgen die Arbeitnehmer in Teilen privat vor. In der Gesundheitsdiskussion bahnt sich Ähnliches an: Die Aufteilung wichtiger medizinischer Leistungen in Pflicht- und Wahlleistungen (etwa Anschluss-Rehas) stellt nichts anderes als eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung dar. Ebenso verstärkt sich der Trend, dass man für essenziell benötigte medizinische Versorgungsleistungen unter Umständen hohe Zuzahlungen zu leisten hat - etwa für Krankenhausaufenthalte oder Fahrtkosten. Auch dies ist ein schleichender Rückzug der Arbeitgeber vom paritätischen Gesundheitswesen. Die diskutierte höhere Wahlfreiheit der Versicherungsnehmer, im Falle teurer Operationen auch Zuzahlungen von zum Beispiel 1.000 Mark zu leisten und dafür geringere Versicherungsbeiträge zu entrichten, senkt im Durchschnitt natürlich ebenfalls die Arbeitgeberbeiträge und belastet dafür die Arbeitnehmer, denn die Kosten entstehen in jedem Falle.
>Fazit: Dass Einsparpotenziale in der Gesundheitsversorgung existieren und realisiert werden müssen, ist unstrittig. Doch ständige Krisenmeldungen aus den Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus allen anderen Sozialsystemen führen zu einer Stimmung, die eine Privatisierung und Deregulierung dieser Systeme gutheißen. Dabei werden Kostenprobleme maßgeblich dadurch verursacht, dass sich wohlhabende Schichten aus der Finanzierung dieser Systeme zurückziehen - und keinesfalls durch irgendwelche"Kostenexplosionen". Gäbe es die geschilderten Verschiebungen zuungunsten der Arbeitnehmer nicht und hätten auch Billigjobs, Scheinselbstständigkeit und Arbeitslosigkeit nicht zugenommen, die Sozialbeiträge wären seit 1975 überhaupt nicht gestiegen. Denn die Ausgaben für unser Sozialsystem haben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit 25 Jahren nicht zugenommen, trotz steigender Arbeitslosigkeit und steigender Umschulungsmaßnahmen, trotz High-Tech-Medizin und trotz ungünstigerer Demografie! Wer diese Zusammenhänge nicht benennt und stattdessen die Unbezahlbarkeit der Sozialsysteme suggeriert, entzieht ihnen die Akzeptanz und forciert die neoliberale Sparwut. HARALD KLIMENTA
>taz Nr. 6537 vom 31.8.2001, Seite 11, 295 Kommentar, HARALD
So ganz kann man dies nicht unkommentiert lassen weil teilweise haarsträubende Dinge verwechselt wurden.
Zum Beispiel ist die Rechnung daß 1980 ein Beitrag von 11,4% und nunmehr 2000 ein Beitrag von 13,6 Prozent fällig ist und daraus eine Steigerung von 20% errechnet wurde absurd.
Ein Blick in die Lohnabrechnungsabteilung bei mir zeigt folgendes:
Übrigens sind die Verhältnisse in etwa alle gleich also kein Trick der hier vorgeführt wird:
1980 Sozialversicherungsplichtiges Brutto: 3900 DM davon 10,9% = 425DM
2000 6440 DM 13,5% = 869DM
Und daß soll eine Steigerung von 20% sein?
Bei mir ergibt das eine Steigerung um 104%
Man kann doch Steigerungen nicht vom % des Versicherungsbetrages ausrechnen.
Die Wahrheit liegt wie so oft bei Problemem die unter der Decke gehalten werden.
Die günstigen Tarife der Privatversicherer ermöglichen Konditionen die frei sind von Belastungen wie Arbeitslosen,Asylsuchende und Rentner.
Alle 3 Gruppen sind stark angewachsen und zerstören dieses System das jetzt gerettet werden soll.In den Steigerungen der Versicherungsbeträge (104%) sind noch nicht einmal die diversen Zuzahlungen enthalten (MEDIKAMENTE).Ich schätze daß die tatsächliche Steigerung bei mindestens 130 Prozent liegt.
Ich kann mich erinnern daß in den 80ern in mehreren Jahren mehr als eine halbe Million Asylsuchende pro Jahr hier aufgenommen werden mußten.
Die Forderungen des Fallens einer Bemessungsgrenze ist unüberlegt und eine reine Wunschvorstellung.Kein Mensch zahlt darauf diesen Irrsinnsbeitrag.Dann wandern die welche jetzt schon am Anschlag zahlen auch noch ab in die Privatversicherung.Dafür,selbst wenn es mehr kostet,erhalten sie wenigstens eine angemessene ärztliche Behandlung.Das neue Gutachten belegt daß gerade hier trotz hoher Kosten miserable Behandlungsergebnisse erzielt werden.Die neue Goldgrube ist die Kieferorthopädie bei der fast alle Kinder jahrelang für teures Geld Behandlungen bekommen.Mir kommen nur noch Kinder in Zahnspangen entgegen.Das Gelispel in der Schule muß ja ein Graus sein.Hier wird Geld verbraten in Milliardenhöhe weil man sich hat aufschwatzen lassen daß jedes Kind eine Spange braucht!
Im übrigen ist das Gesundheitswesen ein Monopol!Kein Arzt muß konkurieren weil die Patienten von alleine kommen.Mit jedem Arzt sollten Indivudualverträge abgeschlossen werden,in die Leistung mit eingeht.Die schlechteste Fortbildung findet bei Ärzten statt.Sie leben noch immer in Wolkenkukucksheim.Wenn ich mir manchmal die katastrophale Organisation anschaue dann wundert mich nichts mehr.
Jedes Ingenieurbüro hat heute die ausländische Konkurrenz am Bein und muß sich unter teilweise brutalstem Preisniveau behaupten.Aber so etwas stärkt!Jetzt hat man zwar die 50 und Mehrstundenwoche aber fast kein Personal mehr weil die Kosten nicht mehr erwirtschaftet werden können.Dann muß halt mal die Ärztegattin im Betrieb herhalten und kann nicht mehr flanieren,so ist das auch bei uns.Die Ärzteschaft hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt,denn mit fallenden Löhnen geht es erst jetzt richtig los!
Über die Pharmaindustrie braucht man sowieso nicht zu reden.Die Rezeptgebühr ist ja manchmal höher als der Herstellpreis des Medikamentes!
Am neckischsten ist die Forderung die Lohnsteigerungen am BSP festzusetzen.
Da würde ich sofort mitmachen aber leider bezahlt mir mein Auftraggeber das nicht!Auch meine ausländische Konkurrenz würde sich vor Wiehern auf die Schenkel klopfen weil ich dann den Rest meines Personals auch noch entlassen müßte und nicht mehr so große Aufträge abwickeln könnte.
Am Schluß schaffe ich dann eben allein und hätte keine Sorgen mehr.Für mich würde das immer ausreichen.Aber unser Eichel würde mal wieder erhebliche Steuereinbußen erleiden.
GRUß EUKLID
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rodex
01.09.2001, 17:23
@ Euklid
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
Hallo Euklid...
>Zum Beispiel ist die Rechnung daß 1980 ein Beitrag von 11,4% und nunmehr 2000 ein Beitrag von 13,6 Prozent fällig ist und daraus eine Steigerung von 20% errechnet wurde absurd.
>Ein Blick in die Lohnabrechnungsabteilung bei mir zeigt folgendes:
>Übrigens sind die Verhältnisse in etwa alle gleich also kein Trick der hier vorgeführt wird:
>1980 Sozialversicherungsplichtiges Brutto: 3900 DM davon 10,9% = 425DM
>2000 6440 DM 13,5% = 869DM
>Und daß soll eine Steigerung von 20% sein?
>Bei mir ergibt das eine Steigerung um 104%
Hast du den Artikel ueberhaupt gelesen? Es ging doch gerade darum, aus den Berechnungen die Inflation rauszulassen. Und das funktioniert nunmal nicht, wenn man von absoluten Betraegen ausgeht, da muss man schon die prozentualen nehmen.
Ansonsten hast du allerdings voellig recht in deiner Analyse, dass eben die Privatversicherer das eigentliche Problem sind. Weil sich Wohlhabende aus dem Solidarsystem verabschieden, das sich natuerlich nicht durch die Beduerftigen allein finanziert.
Rodex
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Euklid
01.09.2001, 18:31
@ rodex
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Re: Vogelperspektive - weitgehend sternfrei |
>Hallo Euklid...
>>Zum Beispiel ist die Rechnung daß 1980 ein Beitrag von 11,4% und nunmehr 2000 ein Beitrag von 13,6 Prozent fällig ist und daraus eine Steigerung von 20% errechnet wurde absurd.
>>Ein Blick in die Lohnabrechnungsabteilung bei mir zeigt folgendes:
>>Übrigens sind die Verhältnisse in etwa alle gleich also kein Trick der hier vorgeführt wird:
>>1980 Sozialversicherungsplichtiges Brutto: 3900 DM davon 10,9% = 425DM
>>2000 6440 DM 13,5% = 869DM
>>Und daß soll eine Steigerung von 20% sein?
>>Bei mir ergibt das eine Steigerung um 104%
>Hast du den Artikel ueberhaupt gelesen? Es ging doch gerade darum, aus den Berechnungen die Inflation rauszulassen. Und das funktioniert nunmal nicht, wenn man von absoluten Betraegen ausgeht, da muss man schon die prozentualen nehmen.
>Ansonsten hast du allerdings voellig recht in deiner Analyse, dass eben die Privatversicherer das eigentliche Problem sind. Weil sich Wohlhabende aus dem Solidarsystem verabschieden, das sich natuerlich nicht durch die Beduerftigen allein finanziert.
>Rodex
Ich habe sehr wohl alles gelesen aber die Inflation kann man nicht rauslassen und zwar aus folgendem Grund:
Diese abnormen Steigerungen würden dazu führen daß auf Dauer das Gesundheitssystem 100 Prozent des Lohnes der Versicherten auffressen.
Wie hat sich die Inflation bei anderen Dingen entwickelt?
Ein Beispiel:der Baustahl kostet heute in DM!!!!!!! weniger als 1970 und zwar die Hälfte und das trotz Inflation. Und warum wohl wurde das erreicht?Durch technische Fortschritte!
Früher kamen auf einen Arzt erheblich mehr Patienten als heute!
Es ist geradezu eine Ärzteschwemme zu konstatieren.Gibt es etwa keine Fortschritte in der Medizin?
Ich denke schon daß es die gibt.Aber die Patienten rennen mit jedem Weh-Wehchen zum Arzt weil sie Ja mittlerweile teilweise über 1000 DM im Monat für die Krankenversicherung zahlen.
Also wenn wir das Anspruchsdenken senken dann hat jeder Arzt nur noch die Hälfte an Patienten und wieder viel Zeit.(Time ist Money)
Oder wir regeln das marktwirtschaftlich mit dem gleichen Stress wie vorher und er kann dann den Lohn der 50% nicht mehr benötigten Ärzte einkassieren.Dann wird er adäquat bezahlt weil er den doppelten Lohn für die gleiche Leistung wie vorher hat.Allerdings um den Preis von 50% arbeitslosen Ärzten.
Damit ich nicht mißverstanden werde:Nicht alle Ärzte sind schwarze Schafe aber mindestens genauso viele Betrüger als in anderen Berufen.
Nur ist nach meiner Auffassung die Zahl der tatsächlichen Betrüger höher weil nicht geprüft wird!
Nur wenn geprüft wird sinkt diese Zahl rapide.
Was hier an faulen Dingern an die Ã-ffentlichkeit kam läßt erhebliche Zweifel aufkommen,daß es im Zusammenwirken mit der Pharmaindustrie nicht genauso geht.
Mich würde mal interessieren wer die an Entwicklungsländer im Zuge der Humanität gelieferten teuren Aids-Medikamente zahlt.Garantiert nicht die Pharma-Industrie auch nicht der Staat sondern irgendwie drückt man das auf die Versicherten ab.Die Diskussionen hierüber laufen immer nach dem gleichen Motto in der Politik:Wir müssen doch den armen Menschen helfen.Aber wer zahlt wird diskret verschwiegen.
Meine Eltern haben für mich 1954 Penicillin aus den USA einfliegen lassen als ich an einer lebensbedrohenden Lungenentzündung litt.Nur durch persönliche Opfer haben sie es geschafft mich am Leben zu erhalten.Obwohl beide Krankenversicherung bezahlten war es nicht auf Kosten der Krankenkasse zu bekommen.
Heute wird bei Minimal-Angina schon das Zeug verschrieben und die Tiere bekommen das ins Futter.So etwas funktioniert nur wenn es spottbillig ist und teuer an Patienten verkauft wird.Vielleicht ist das eine Umwegefinanzierung der Landwirtschaft.
Aber insgesamt steht jetzt eine drastische Erhöhung von Rentnern ins Haus und die Lohnsumme wird immer weniger weil die Arbeitnehmerschaft immer kleiner wird
selbst bei steigenden Löhnen.
Und genau deshalb ist eine Steigerung der Gesundheitsausgaben nicht möglich.Die Summe die es zu verteilen gibt wird noch weniger werden.Und im Falle einer weiteren Erhöhung an Eigenbeteiligungen werden die Wartezimmer leer weil viele sich das nicht mehr leisten können.Und dann schlägt es auf die Ärzteschaft erst richtig durch.Alle Berufsstände werden immer mehr arbeiten müssen um immer weniger Vergütung zu erhalten.Ich hätte es auch gerne andersrum.
Auch das zitierte BSP wird nicht mehr in dem Maße steigen wenn die Bevölkerungszahlen in 15 Jahren stark rückläufig werden und die Rentner massig zunehmen.Also den Traum von Inflation herausnehmen und am BSP sich orientieren ist eine Milchmädchenrechnung die auch nicht aufgeht.
Das einzige was uns alle erwartet ist langes hartes Arbeiten und wenig Ertrag.
Leider wurde in guten Jahren nicht entsprechend vorgesorgt von der politischen Seite.
GRUß EUKLID
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André
01.09.2001, 20:49
@ Euklid
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Re: Vogelperspektive - Krankenkassen - eines der grossen Fiaskos!!! |
>>Die Mär von der Kostenexplosion.
Ist keine Mär, werden bei unseren Steuern denn auch die Inflation rausgerechnet? Aber das ist nur Nebensache.
Primär ist ein Systemfehler in der Gestaltung der Krankenkassen, weil es dort keinen Wettbewerb (allenfalls marginal) gibt und dadurch auch(!) Inflation angeheizt wird.
Wie hoch sind die Einnahmen der Kassen, die diese nur für sich selbst verwenden in allerlei Formen? Wieviel geben sie für Ärzte aus, wieviel für Medikamente, wieviel für Krankenhäuser?
Die Krux liegt daran, dass es keinen Positiv-Katalog gibt, in welchem steht, für was Krakenkassen (also die Solidargemeinschaft) zu zahlen hat.
Das wäre das Mindeste, was zu verlangen wäre! Und dann freier Wettbewerb unter den Kassen.
Fakt ist, dass die Kassen kaum interessiert sind, Kosten, vor allem eigene zu senken, denn sie haben ja die Bestehensgarantie. Der Arbeitnehmer und die Unternehmen zahlen, dafür sorgt schon der Staat, dessen Vertreter in den Gremien sitzen. Es handelt sich um ein bürgerfeindliches Oligopol ersten Ranges und da kommen Bürokraten auf die Idee, Einnahmen zu steigern, indem noch mehr in den ineffektiven Zwang überführt werden sollen. Und solch eine ungeheuerliche weitere Freiheitsberaubung auch noch als Form der Gerechtigkeit ausgeben.
(nur zur info, bin auch in so einer ersatzkasse und zahle feste, habe aber ausser gelegentlich beim Zahnarzt nie einen Nutzen, da ich die Schulmedizin meide, bin also ein Top-Kunde).
Warum ist ein Positiv-Katalog der Leistungen erforderlich?
weil die Kassen jeden Mist bezahlen, wie Apparatemedizin, künstliche Lebensverlängerungen von Leuten, die seit Monaten im Koma liegen, etc.pp.
Medikamente, die zum Herztod führen, wenn.... Operationen aller Art, die nicht mit einem Unfall in Verbindung stehen, sondern auf eindeutig!!! gesundheitsschädliche und naturwidrige Lebenshaltung zurückzuführen sind.
Denn die Krankenhäuser (Chefärzte) und die Pharmaindustrie profitieren daran.
Es ist nicht verständlich, daß die Alllgemeinheit damit belastet wird.
Aber die Kassen haben (wegen ihrer Bestandsgarantie) und die Politiker wegen mangelndem Rückgrat und Voraussicht kein Interesse an
Eigenverantwortung, echtem Wettbewerb (d.h.keine Oligopole oder Monopole)und mehr individueller Freiheit.
Dass und in welch ungeheurem Masse es hieran mangelt, hat ja Gundel
überdeutlich dargelegt.
Niemand (außer ganz wenigen Idealisten) hat Interesse an Volksgesundheit,
weder die Ärzteschaft noch die Pharmaindustrie noch die Kassen, denn sie leben von der Krankheit der Massen. Je kränker desto besser! Allgemeine, unbestrittene Erkenntnis (stammt nicht von mir), wenngleich möglichst nicht darüber gesprochen wird.
Das ist einer der Punkte, die eben sagen, daß es hier wie anderswo faul ist im System und diese Morschheit wird an der harten Mauer der Realität (Gundel sagt Feuer im Schützen)zerbrechen.
Hoffen wir nur, dass besseres nachkommt.
MfG
A.
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Josef
01.09.2001, 21:06
@ André
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Pharmaindustrie: Wer kontrolliert die eigentlich? Mir scheint, dass die |
ihre Preise gnadenlos nach oben schieben. Die Kassen zahlen ja alles.
Kennt jemand Bestrebungen, die diese unverschaemten Preiserhoehungen
in den Griff bekommen wollen? Denn ohne dieses wird das System frueher
oder spaeter kollabieren.
MfG
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André
01.09.2001, 21:24
@ Josef
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Re: Pharmaindustrie: Wer kontrolliert die eigentlich? Mir scheint, dass die |
>ihre Preise gnadenlos nach oben schieben. Die Kassen zahlen ja alles.
>Kennt jemand Bestrebungen, die diese unverschaemten Preiserhoehungen
>in den Griff bekommen wollen? Denn ohne dieses wird das System frueher
>oder spaeter kollabieren.
>MfG
Nein, gibt es nicht.
Reimporte per Versandhandel von Arzeneimitteln aus anderen EU-Staaten (auch mit vorgelegtem Rezept) ist verboten.
Dt. Pharmaind. hat aktuell Vorhaben Nahrungsmittelergänzungen zu verbieten (Lobby-Projekt), nachdem in EU gescheitert. Homöopatische Mittel wurden auf Betreiben der Pharmaindustrie weitestgehend aus krankenkassenerstattungen ausgeklammert und reglementiert.
Ebenso wettbewerbsfeindlich die Dt. Apotheker-Ordnung, ständisch organisiert seit Adolf. Motto: Alles nur keinen Wettbewerb.
Darin alle sehr erfolgreich.
Leider
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Toni
02.09.2001, 00:07
@ Josef
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Re: Pharmaindustrie: Wer kontrolliert die eigentlich? Mir scheint, dass die |
>ihre Preise gnadenlos nach oben schieben. Die Kassen zahlen ja alles.
>Kennt jemand Bestrebungen, die diese unverschaemten Preiserhoehungen
>in den Griff bekommen wollen? Denn ohne dieses wird das System frueher
>oder spaeter kollabieren.
>MfG
_ _ _ _ _ _ _ _
Eher später.
Das ganze gibt doch dem heuchlerischen Spruch"ein Menschenleben ist unbezahlbar" einen ganz speziell unangenehmen Beigeschmack.
Herzliche Grüsse
Toni
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ManfredF
02.09.2001, 10:20
@ André
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Re: Pharmaindustrie / Noch schlimmer |
Pharmariesen"kaufen" den kleineren Erzeugern homöopathischer Medikamente die Rechte an guten Wirkstoffen ab. Diese Substanzen sind fortan in keinen Medikamenten mehr zu finden.
Nahrungsergänzungsmittel werden zu Medikamenten erklärt. (weil sie wirken)
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Euklid
02.09.2001, 10:45
@ ManfredF
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Re: Pharmaindustrie / Noch schlimmer |
>Pharmariesen"kaufen" den kleineren Erzeugern homöopathischer Medikamente die Rechte an guten Wirkstoffen ab. Diese Substanzen sind fortan in keinen Medikamenten mehr zu finden.
>Nahrungsergänzungsmittel werden zu Medikamenten erklärt. (weil sie wirken)
Ja auch Brot ist Medizin,denn es verhindert ja das Verhungern.Aber wenn der Preis dafür die Gewinnspannen der Pharmafirmen erreicht dann ist Game Over.
Jeder konnte in den Arztpraxen sehen daß die Vertreterschar wie Heuschrecken in die Praxen einfielen.Inzwischen wurde dies etwas diskreter weil die Unterhaltung mit diesen Vertretern gewöhnlich länger dauerte als die Behandlung von mehreren Patienten.Der Freiflug in die Karibik muß ja wirklich ordentlich geplant sein.Aber wenn wie Gundel vorgetragen hat für eine Bohrung tatsächlich nur Pfennigsbeträge bezahlt werden dann muß man ja etwas tun um sein Auskommen zu sichern.
Gruß EUKLID
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Euklid
02.09.2001, 11:21
@ rodex
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Re:Und noch etwas grausames ist mir eingefallen. |
>Zum Thema Krankenversicherungssystem habe ich gestern einen interessanten Artikel gelesen. Beinhaltet zwar den ein oder anderen kleinen Logikfehler, ist aber im ganzen ueberdenkenswert...
>---
>Die Mär von der Kostenexplosion
>Das Defizit der Krankenkassen entsteht nicht durch steigende Ausgaben für die Patienten. Die Einnahmen brechen weg - vor allem, weil sich die Arbeitgeber entziehen
>Einmal mehr ist die Rede von"explodierenden" Kosten im Gesundheitswesen. Und einmal mehr hätten diese Ausgabensteigerungen ein"Rekorddefizit" zur Folge. Auf fünf Milliarden Mark beläuft es sich gerade, wie Gesundheitsministerin Ulla Schmidt gestern bekannt gab. Doch was sind explodierende Kosten? Und was verursacht die entstehenden Rekorddefizite?
>Selbst in seriösen Zeitungen und Zeitschriften findet man in Artikeln zur Diskussion über die Gesetzliche Krankenversicherung Balkendiagramme, die eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen belegen sollen. Dazu werden Kostensteigerungen in DM zum Beispiel zwischen 1960 und der Gegenwart grafisch aufgetragen. Die nahe liegende Interpretation der stark ansteigenden Balkenlängen: Es ist nicht vorstellbar, dass unser Gesundheitssystem in Zukunft noch bezahlbar ist. Doch hier führen selbst richtige Zahlen zu falschen Schlüssen.
>Zunächst vergessen die Autoren, dass es Inflation gibt. Diese betrug zwischen 1960 und 2000 128 Prozent. Erst eine Kostensteigerung um weit mehr als den Faktor 2, mithin die Verdopplung der Balkenlänge in entsprechenden Grafiken, würde eine Konstanz der Kosten bedeuten.
>Die Kosten im Gesundheitswesen haben sich seit 1960 natürlich weit mehr als verdoppelt - schließlich wurde das medizinische Angebot deutlich ausgeweitet und verbessert. Man stelle sich vor, die Gesundheitsausgaben wären nur im Ausmaß der allgegenwärtigen Inflation gestiegen: Dann bekämen Beschäftigte im Gesundheitswesen heute Löhne, wie sie vor 40 Jahren üblich waren. Schon diese einfachen Zusammenhänge machen deutlich: die absoluten Kosten des Gesundheitswesens können und dürfen überhaupt nicht konstant bleiben. Der Anstieg wird wenigstens in Höhe der Zunahme der realen Wirtschaftsleistung einer Volkswirtschaft liegen, und diese betrug zwischen 1960 und 2000 rund 120 Prozent. Wenn Löhne steigen, dann tun sie das auch im Gesundheitswesen; und wenn die Produktivität der Wirtschaft wächst, so sind neue, bessere, aber häufig eben auch teurere Medikamente, Diagnose- und Therapieverfahren die Folge. Es ist sogar zu erwarten, dass sich die Gesundheitsausgaben mit steigendem Wohlstand überproportional erhöhen, da sich erst eine reiche Gesellschaft eine teure medizinische Versorgung leisten kann - und zumeist auch will.
>Will man also eine vernünftige Diskussion über unser Gesundheitswesen führen, so muss man immer den Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) untersuchen. Und wenn man diese Zahlen betrachtet, wird das Geschrei um eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen völlig unverständlich. Legt man Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zugrunde, so stieg der Anteil der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1960 und 1980 von 3,1 auf 6,1 Prozent und blieb danach für zehn Jahre in etwa konstant. Zwischen 1991 und 1995 stieg der Anteil von 6,2 auf 6,8 Prozent, doch seit 1995 sinkt der Anteil der Ausgaben am BIP wieder ab. 1998 betrug er 6,6 Prozent, wo er bis heute verharrt: Gegenwärtig von einer"Kostenexplosion" im Gesundheitswesen zu reden ist ein frei erfundenes Märchen.
>Selbst wenn man die Kosten des gesamten Sozialsystems, also Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zusammen betrachtet, findet man keine Steigerungen: der Anteil der Sozialausgaben am BIP, die so genannte Sozialleistungsquote, betrug bereits 1975 33 Prozent; zwischen 1980 und 1990 sank sie trotz steigender Arbeitslosigkeit auf unter 30 Prozent; aufgrund der Wiedervereinigung stieg sie auf 33,9 Prozent an, sinkt jedoch seit 1997 kontinuierlich ab. Die Kosten des Sozialstaates haben sich seit 26 Jahren offensichtlich nicht großartig geändert.
>Ein eklatanter Widerspruch tut sich auf: Während die Kosten des Sozialsystems konstant bleiben - also nur im Umfang des Bruttoinlandsprodukts wachsen -, müssen die Arbeitnehmer einen ständig steigenden Anteil ihrer Gehälter an die Sozialsysteme abgeben. Die Beiträge zur Krankenversicherung betrugen 1980 11,4 Prozent, im Jahr 2000 lagen sie bei ca. 13,6 Prozent; es war also eine Steigerung um 20 Prozent zu beobachten. Dies hat zwei zentrale Gründe:
>1) Die Löhne stiegen in der Vergangenheit häufig langsamer als das BIP: Wenn etwa die Kosten des Sozialstaates sowie das BIP real um 3 Prozent steigen, gleichzeitig die Löhne aber nur um 2 Prozent, so muss die Abgabenbelastung der unselbstständig Beschäftigten zunehmen.
>2) Weniger Versicherten stehen mehr Leistungsbezieher gegenüber: Wenn etwa die Zahl der Arbeitslosen steigt, so müssen deren Versicherungsleistungen von den Beschäftigten miterwirtschaftet werden. Wenn der Anteil an nicht versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen zunimmt, wird das Verhältnis ebenfalls ungünstiger.
>Das Problem der Sozialsysteme ist nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmeseite zu suchen. Will man die Abgabenbelastung reduzieren, so kommt man nicht umhin:
>- die Versicherungspflicht - ähnlich wie in der Schweiz - auf alle Beschäftigtengruppen auszuweiten, also vor allem auch auf die Selbständigen,
>- die Beitragsbemessungsgrenzen abzuschaffen,
>- Gewinn- und Vermögenseinkommen in die Beitragspflicht einzubeziehen und
>- Lohnsteigerungen zumindest in Höhe des Bruttoinlandsprodukts durchzusetzen.
>Im Jahre 1980 - so ist einer Aufstellung des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu entnehmen - beteiligten sich die Unternehmen mit 32 Prozent an den Kosten des Sozialstaats. Diese Beteiligung (vor allem über die Arbeitgeberbeiträge) wurde fortan Jahr für Jahr zurückgefahren, im Jahr 1998 betrug sie nur noch 27 Prozent. Diese Verringerung um fünf Prozentpunkte bedeutet Einsparungen der Unternehmen in Höhe von 64 Milliarden Mark. Hätte es diese Verschiebung nicht gegeben, könnten die Beiträge zur Sozialversicherung um 10 Prozent geringer sein.
>Bei der Finanzierung der Pflegeversicherung kauften sich die Unternehmer frei, indem sie die Streichung eines Feiertags durchsetzten. Bei der Altersvorsorge haben sich die Arbeitgeber auch entlastet: Seit der Rentenreform sorgen die Arbeitnehmer in Teilen privat vor. In der Gesundheitsdiskussion bahnt sich Ähnliches an: Die Aufteilung wichtiger medizinischer Leistungen in Pflicht- und Wahlleistungen (etwa Anschluss-Rehas) stellt nichts anderes als eine Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung dar. Ebenso verstärkt sich der Trend, dass man für essenziell benötigte medizinische Versorgungsleistungen unter Umständen hohe Zuzahlungen zu leisten hat - etwa für Krankenhausaufenthalte oder Fahrtkosten. Auch dies ist ein schleichender Rückzug der Arbeitgeber vom paritätischen Gesundheitswesen. Die diskutierte höhere Wahlfreiheit der Versicherungsnehmer, im Falle teurer Operationen auch Zuzahlungen von zum Beispiel 1.000 Mark zu leisten und dafür geringere Versicherungsbeiträge zu entrichten, senkt im Durchschnitt natürlich ebenfalls die Arbeitgeberbeiträge und belastet dafür die Arbeitnehmer, denn die Kosten entstehen in jedem Falle.
>Fazit: Dass Einsparpotenziale in der Gesundheitsversorgung existieren und realisiert werden müssen, ist unstrittig. Doch ständige Krisenmeldungen aus den Gesetzlichen Krankenversicherungen sowie aus allen anderen Sozialsystemen führen zu einer Stimmung, die eine Privatisierung und Deregulierung dieser Systeme gutheißen. Dabei werden Kostenprobleme maßgeblich dadurch verursacht, dass sich wohlhabende Schichten aus der Finanzierung dieser Systeme zurückziehen - und keinesfalls durch irgendwelche"Kostenexplosionen". Gäbe es die geschilderten Verschiebungen zuungunsten der Arbeitnehmer nicht und hätten auch Billigjobs, Scheinselbstständigkeit und Arbeitslosigkeit nicht zugenommen, die Sozialbeiträge wären seit 1975 überhaupt nicht gestiegen. Denn die Ausgaben für unser Sozialsystem haben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seit 25 Jahren nicht zugenommen, trotz steigender Arbeitslosigkeit und steigender Umschulungsmaßnahmen, trotz High-Tech-Medizin und trotz ungünstigerer Demografie! Wer diese Zusammenhänge nicht benennt und stattdessen die Unbezahlbarkeit der Sozialsysteme suggeriert, entzieht ihnen die Akzeptanz und forciert die neoliberale Sparwut. HARALD KLIMENTA
>taz Nr. 6537 vom 31.8.2001, Seite 11, 295 Kommentar, HARALD
Zu den vorher gemachten Ausführungen des tatsächlichen Vergleichs muß noch folgendes beachtet werden.Es gab früher kein Lohnfortzahlungsgesetz!Das bedeutet daß die Krankenkassen das gesamte Krankengeld übernehmen mußten.Daher ist ebenfalls die gesamte Bezugsbasis verwischt weil die Firmen das Krankengeld ja die ersten 6 Wochen übernehmen müssen.Und das dürfte nicht unerheblich sein.
Also wenn man die Scheuklappen einmal herunternimmt dann stellt man garantiert fest daß der tatsächliche Zuwachs weit über dem lag was das BSP hergegeben hat.Der Bericht ist nicht neutral sondern von einer Lobby eingestellt.Die Recherchen sind daher äußerst mangelhaft.Leider findet man heute keine neutralen korrekten Berichte in der Presse mehr.Alles ist irgendwie gefärbt von Interessensgruppen.
Tatsächlich wurden hier exorbitante Steigerungen erreicht.
Kein Berufsstand hat so an Privilegien festhalten können wie die göttlichen Weißkittel.Für den Fortschritt sorgten in den wenigsten Fällen die Ärzte selbst.
Wer hat denn die hilfreichen medizinischen Geräte wohl entwickelt?Wer die Minioptiken für die Magenspiegelung.Heute werden die Mediziner zu meinem Leidwesen auch noch von den Kickern im Verdienst überrundet.Aber ich werde den Eindruck nicht los daß heute die Verdienste umgekehrt proportional zur erbrachten Leistung stehen.
Aber das Krankenversicherungssystem geht so sicher wie das Amen in der Kirche den Bach hinunter.
Werden die Krankenkassenbeiträge über Gebühr angehoben wie gefordert (ohne Bemessungsgrenze) wird es massenhaft Abwanderungen der Höherverdiener geben.
Wird das Leistungsangebot noch weiter ausgedünnt ohne gleichzeitig die Beiträge zu senken passiert das Gleiche.
Aber als Arzt würde ich mich schon jetzt nicht darauf verlassen daß es hier ein Patentrezept gibt.Der Gesamtbetrag der Beitragseinnahmen wird eher insgesamt fallen als steigen.Am Schluß wird der knallharte Wettbewerb die Arbeitslosigkeit unter den Ärzten mehren.Die Konkurrenz steht schon in den Startlöchern wie man sehen kann.Zahnkliniken in Ungarn für Urlaubsreisende mit erheblich geringeren Preisen und keinesfalls schlechteren Leistungen als die der deutschen Ärzteschaft werden schnell für Ernüchterung sorgen.Daß was den Ingenieuren schon abverlangt wurde wird auch die Ärzteschaft einholen.Wenn man bedenkt daß schon die Zuzahlung beim Zahnarzt höher als die gesamte Rechnung in Ungarn ist dann kann man erahnen was passiert wenn die EU erweitert ist.Noch wird die Ärzteschaft dadurch geschützt daß die Krankenkasse noch nicht mal ihre prozentuale Beteiligung übernimmt wenn man dorthinfährt zur Behandlung,obwohl die Krankenkasse absolut gesehen erhebliches einsparen könnte.
Der Traum der weiteren Steigerung der Einnahmen wird zerplatzen wie eine Seifenblase im Wind.
Gruß EUKLID
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