Gatsby
01.09.2001, 15:28 |
@dottore und Alle: Illiquidität bei Geschäftsbanken = Insolvenz? Thread gesperrt |
Wir hatten dieses Thema schon ganz kurz angerissen, während dottore leider nicht anwesend war.
Kernaussage: Illiquidität ist nicht gleich Insolvenz, denn es lagert mehr als ausreichend Bargeld bei den Zentralbanken, um jedem Run nach Bargeld die Wucht zu nehmen. Beispiel: ein Mann (glaube ich) läßt sich spaßeshalber 500 Millionen auszahlen.
Funktioniert fraglos. Muß nur rechtzeitig angekündigt werden (Wie alle größeren Summen), das Geld wird beschafft, bereitgestellt und vorgezählt.
(Sollte das Institut überfordert sein (noch größere Summen) ist ein"Kredit" bei anderen Banken möglich. Das Geld taucht ja vermutlich relativ kurze Zeit später wieder irgendwo auf...). Soweit so gut, habe hoffentlich nicht zuviel durcheinander gebracht.
Bei einem"Run" stellt sich die Situation ganz anders da. Zunächst gibt es vermutlich keine besonderen Vorlaufzeiten (Panik). Möglicherweise sind eine ganze Reihe von Instituten betroffen und irgendetwas muß den Anlaß gegeben haben! Möglicherweise eine Pleite!
Selbst wenn alle Banken in der Lage und Willens sind jede nötige Bargeld"menge" zu beschaffen, würde dieses nur durch Hinterlegung von zentralbankfähigen Titel möglich. Das ist aber in jedem Fall mit erheblichen"Zinskosten" (Monopolprämie)für die Institute verbunden. Im Falle einer echten Panik würden die Leute ihr Bares sicher nicht gleich wieder einzahlen. Die Kosten bleiben, Bargeld ist teuer, sonst würde es nicht immer wieder zur ZB zurücklaufen.
In endlicher Zeit sollte also die Insolvenz sicher folgen, selbst, wenn der Rest gesittet von statten ginge, oder?
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dottore
01.09.2001, 16:04
@ Gatsby
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Re: @dottore und Alle: Illiquidität bei Geschäftsbanken = Insolvenz? |
>Wir hatten dieses Thema schon ganz kurz angerissen, während dottore leider nicht anwesend war.
>Kernaussage: Illiquidität ist nicht gleich Insolvenz, denn es lagert mehr als ausreichend Bargeld bei den Zentralbanken, um jedem Run nach Bargeld die Wucht zu nehmen.
Ja, am Bargeld wird's nie und nimmer fehlen. Auch bei € nicht.
>Beispiel: ein Mann (glaube ich) läßt sich spaßeshalber 500 Millionen auszahlen.
>Funktioniert fraglos. Muß nur rechtzeitig angekündigt werden (Wie alle größeren Summen), das Geld wird beschafft, bereitgestellt und vorgezählt.
Ja, jederzeit möglich.
>(Sollte das Institut überfordert sein (noch größere Summen) ist ein"Kredit" bei anderen Banken möglich. Das Geld taucht ja vermutlich relativ kurze Zeit später wieder irgendwo auf...). Soweit so gut, habe hoffentlich nicht zuviel durcheinander gebracht.
Die Bank nimmt nur dann Bargeld von anderen Banken, wenn deren Satz unterhalb dem der ZB liegt.
>Bei einem"Run" stellt sich die Situation ganz anders da. Zunächst gibt es vermutlich keine besonderen Vorlaufzeiten (Panik).
Ja, da wird's verzwickt. Es kommt auf den Ablauf an. Angenommen ein Institut wird wg. Insolvenz geschlossen. Dann müssen EZB, Buba und alle anderen banken erklären, dass sie jederzeit jede gewünschte Summe zur Bar-Auszahlung bereit halten. nd dann geht das mit den Geldtransportern und dem Vorzählen los.
>Möglicherweise sind eine ganze Reihe von Instituten betroffen und irgendetwas muß den Anlaß gegeben haben! Möglicherweise eine Pleite!
>Selbst wenn alle Banken in der Lage und Willens sind jede nötige Bargeld"menge" zu beschaffen, würde dieses nur durch Hinterlegung von zentralbankfähigen Titel möglich.
Die sind innerhalb von Sekunden auf die Buba umgebucht. Es gibt ca. 7 Bio. DM an solchen ZB-fähigen Titeln!
>Das ist aber in jedem Fall mit erheblichen"Zinskosten" (Monopolprämie)für die Institute verbunden.
Da sich bei einer Panik der Geldmarkt versteifen dürfte (höhere Tagesgeldsätze), würden die Banken mit 4,25 % ZB-Satz noch ein Geschäft machen, zumal sie die Zinsen auf die hinterlegten Sicherheiten selbst nach wie vor kassieren dürfen.
>Im Falle einer echten Panik würden die Leute ihr Bares sicher nicht gleich wieder einzahlen. Die Kosten bleiben, Bargeld ist teuer, sonst würde es nicht immer wieder zur ZB zurücklaufen.
Bargeld kostet letztlich die Differenz zwischen ZB-Satz und den Zinsen (Renditen), die die als Sicherheit dienenden Titel abwerfen. Nahmen wir Pfandbriefe zu 6 %, wäre also die Finanzierung von Sechsprozentern mit Hilfe von Bargeld zu 4,25 % immer ein Geschäft. Deshalb versucht die EZB ja, die"Geldmenge" (ZB-Geldsumme) entsprechend klein zu halten.
Sonst würde jede Bank aus"kurz" (ZB-Geld)"lang" (Kauf von Rentenwerten machen.
>In endlicher Zeit sollte also die Insolvenz sicher folgen, selbst, wenn der Rest gesittet von statten ginge, oder?
Einfach nach Japan mit seinen insolventen Banken schauen, wie die das abwickeln werden. Hätte Modellcharakter.
Gruß
d.
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Gatsby
01.09.2001, 17:27
@ dottore
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Re: @dottore und Alle: Illiquidität bei Geschäftsbanken = Insolvenz? |
Ich bin fast zufrieden...
<<Da sich bei einer Panik der Geldmarkt versteifen dürfte (höhere Tagesgeldsätze), würden die Banken mit 4,25 % ZB-Satz noch ein Geschäft machen, zumal sie die Zinsen auf die hinterlegten Sicherheiten selbst nach wie vor kassieren dürfen. >>
Das würden sie ohne Zweifel. Nur verbieben statt der erwaeteten 6% Rendite nur noch 1.75%. Dasist ein stattlicher Rückgang mit sicher unschönen Folgen für den (hoffentlich noch) Gewinn der Bank.
Zudem könnte ich vermuten, daß der Bank damit schlicht die weitere Geschäftsgrundlage entzogen ist.
<<Da sich bei einer Panik der Geldmarkt versteifen dürfte (höhere Tagesgeldsätze), würden die Banken mit 4,25 % ZB-Satz noch ein Geschäft machen, zumal sie die Zinsen auf die hinterlegten Sicherheiten selbst nach wie vor kassieren dürfen>>
Was passierte in einer solchen Situation steigender Zinssätze wohl mit den Staatspapieren, die sicher reichlich zur ZB fließen. Repo beeinhaltet den Rückkauf zum Ankaufspreis."In Zahlung genommen" wird das Papier zum Kurswert. der dürfte bein Rückkauf aber erhablich unter dem Einlieferungswert liegen, oder?
Das die Banken wirklich ein Geschäft machen bei steigenden Tagesgeldsätzen sehe ich nicht. Im Umfeld eines Bankenruns? Wer soll die höheren Tagesgeldsätze aufbringen und zahlen? Langlaufende Zinsen sind zu einem großen teil fix. (Ist ein bißchen hoppelig formuliert, sorry).
Japan ist sicher ein Modell. Bei einer relativ langsamen Erosion im Kreditgeschäft. Da werden Gesetze geändert (Bilanzierung von Wertpapieren), da wird lange diskutiert und prolongiert. Aber bei plötzlicherem Zusammenbruch (Türkei??) bin ich immer noch nicht wirklich beruhigt.
Danke von einem Lernenden...
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Gatsby
01.09.2001, 17:31
@ Gatsby
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Re: Zweiter Versuch. Bin zu dusselig. |
>Ich bin fast zufrieden...
>Da sich bei einer Panik der Geldmarkt versteifen dürfte (höhere Tagesgeldsätze), würden die Banken mit 4,25 % ZB-Satz noch ein Geschäft machen, zumal sie die Zinsen auf die hinterlegten Sicherheiten selbst nach wie vor kassieren dürfen.
>Das würden sie ohne Zweifel. Nur verbieben statt der erwaeteten 6% Rendite nur noch 1.75%. Dasist ein stattlicher Rückgang mit sicher unschönen Folgen für den (hoffentlich noch) Gewinn der Bank.
>Zudem könnte ich vermuten, daß der Bank damit schlicht die weitere Geschäftsgrundlage entzogen ist.
Da sich bei einer Panik der Geldmarkt versteifen dürfte (höhere Tagesgeldsätze), würden die Banken mit 4,25 % ZB-Satz noch ein Geschäft machen, zumal sie die Zinsen auf die hinterlegten Sicherheiten selbst nach wie vor kassieren dürfen
>Was passierte in einer solchen Situation steigender Zinssätze wohl mit den Staatspapieren, die sicher reichlich zur ZB fließen. Repo beeinhaltet den Rückkauf zum Ankaufspreis."In Zahlung genommen" wird das Papier zum Kurswert. der dürfte bein Rückkauf aber erhablich unter dem Einlieferungswert liegen, oder?
>Das die Banken wirklich ein Geschäft machen bei steigenden Tagesgeldsätzen sehe ich nicht. Im Umfeld eines Bankenruns? Wer soll die höheren Tagesgeldsätze aufbringen und zahlen? Langlaufende Zinsen sind zu einem großen teil fix. (Ist ein bißchen hoppelig formuliert, sorry).
>Japan ist sicher ein Modell. Bei einer relativ langsamen Erosion im Kreditgeschäft. Da werden Gesetze geändert (Bilanzierung von Wertpapieren), da wird lange diskutiert und prolongiert. Aber bei plötzlicherem Zusammenbruch (Türkei??) bin ich immer noch nicht wirklich beruhigt. > Danke von einem Lernenden...
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André
01.09.2001, 19:10
@ Gatsby
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Re: Illiquidität bei Geschäftsbanken = Insolvenz? - Run |
Es kommt sehr auf die Situation an. Ein Blick in die Geschichte hilft.
Bei einem großen psychologisch-angstgeschürten Bank-Run, ausgelöst durch Insolvenz einer der großen Banken, wird es unbeschadt der Feuerwehrfonds und staatlicher Erklärungen, das Geld sei da und sicher, zu Engpässen kommen. Denn es gibt nicht soviel Bargeld (M1) wie es Guthaben gibt. Also müssten (es kann garnicht anders sein, über kurz oder lang) die Schalter geschlossen werden.
Folgende Lösungen sind denkbar:
Zwangs-Bankfeiertage bis sich die Menge beruhigt hat oder
Begrenzung der Auszahlungssumme pro Auszahlung und
vor allem (wie bei cleveren Instituten whd. der großen Krise) alle Bankangestellten bis zum Heizer müssen sich in die Schlangen einreihen und bekommen wie alle, nach genauer Prüfung, damit alles nicht zu schnell geht, Geld ausbezahlt, das sie dann am Hintereingang wieder in den Tresor abliefern (kein Scherz, war bei vielen Tatsache!). Die wartende Menge sieht dann, dass es ja unverändert weiter Geld gibt, und die Panik legt sich nach wenigen Tagen.
Zumal immense psychologische Bearbeitung durch Rundfunk und Presse einsetzen wird.
Also keine Angst Papier(geld) wird nicht alle, selbst wenn´s noch gedruckt werden müsste.
MfG
A.
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Euklid
01.09.2001, 21:46
@ André
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Re: Illiquidität bei Geschäftsbanken = Insolvenz? - Run |
>Es kommt sehr auf die Situation an. Ein Blick in die Geschichte hilft.
>Bei einem großen psychologisch-angstgeschürten Bank-Run, ausgelöst durch Insolvenz einer der großen Banken, wird es unbeschadt der Feuerwehrfonds und staatlicher Erklärungen, das Geld sei da und sicher, zu Engpässen kommen. Denn es gibt nicht soviel Bargeld (M1) wie es Guthaben gibt. Also müssten (es kann garnicht anders sein, über kurz oder lang) die Schalter geschlossen werden.
>Folgende Lösungen sind denkbar:
>Zwangs-Bankfeiertage bis sich die Menge beruhigt hat oder
>Begrenzung der Auszahlungssumme pro Auszahlung und
>vor allem (wie bei cleveren Instituten whd. der großen Krise) alle Bankangestellten bis zum Heizer müssen sich in die Schlangen einreihen und bekommen wie alle, nach genauer Prüfung, damit alles nicht zu schnell geht, Geld ausbezahlt, das sie dann am Hintereingang wieder in den Tresor abliefern (kein Scherz, war bei vielen Tatsache!). Die wartende Menge sieht dann, dass es ja unverändert weiter Geld gibt, und die Panik legt sich nach wenigen Tagen.
>Zumal immense psychologische Bearbeitung durch Rundfunk und Presse einsetzen wird.
>Also keine Angst Papier(geld) wird nicht alle, selbst wenn´s noch gedruckt werden müsste.
>MfG
>A.
Ja das wird wohl so ähnlich laufen.Vielleicht haben sie ja auch schon 10000 er fertig gedruckt vorrätig dann gehts schneller am Schalter.Und kaufen kann mit den Dingern nicht sofort da bei vielen Händlern das Wechselgeld in der Kasse zusammenbricht.
Ein gutes Buch daß sich mit der Bankenkrise 1931 beschäftigt ist der Titel Die deutsche Bankenkrise 1931 von Karl Erich Born Piper Verlag München 1967.
Auszugsweise:am 15.Juli begann das Devisenbewirtschaftungsgesetz.Danach durften ausländische Zahlungsmittel (Geldsorten,Anweisungen,Schecks,Wechsel) und Forderungen in ausländischer Währung nur noch von der Reichsbank oder durch ihre Vermittlung nur noch an die Reichsbank abgegeben werden;Termingeschäfte in ausländischen Zahlungsmitteln oder in Edelmetallen (Gold,Silber,Platin,Platinmetalle) wurden verboten.Nach dieser ersten Verordnung war immerhin noch der Besitz und die Hortung von Devisen erlaubt.Aber schon 3 Tage später wurde nicht nur der Handel mit Devisen,sondern auch der Devisenbesitz unter die Kontrolle der Reichsbank gebracht.
Durch eine drastische Kürzung der Devisenzuteilung wollte man unerwünschte Lebensmittelimporte drosseln.Also Verknappung der Lebensmittel um die Preise noch hochzuhalten. Anmerkung von mir: So wollte man Deflation verhindern,aber ein sehr fragwürdiges Vorgehen.
Gruß EUKLID
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