Der letzte Grund
06.10.2001, 01:49 |
Parketthandel in Zeiten der Cholera „Friedhelm Dachs“, Parketthändler in Frankfu Thread gesperrt |
Parketthandel in Zeiten der Cholera
Es ist ca. 8:40 Uhr und man betritt die heilige Halle.“Guten Morgen” oder ähnliches wurde inzwischen abgeschafft, die oder das NASDAQ war mal wieder deutlich schwächer. Die Händler begrüßen sich mit einem lachenden “An Dich!” und betreten ihre Kabinen. Man kontrolliert die Meldungen auf Reuters (aha, schlechte Zahlen von XYZ) und guckt sich die ersten Taxen für seine Lieblingswerte an (schwächer, wie überraschend). Jetzt überlegt man sich, was man zur Eröffnung macht. Verkaufen wäre eine Idee. Oder doch die Aktien der XYZ nach den schlechten Zahlen kaufen? Vielleicht gibt es eine Panik zu den ersten Kursen und die Dinger steigen im Verlauf wieder. Am besten beides. Man geht also zum Skontroführer der XYZ, fragt nach der Taxe (12/13, Vortag 15) und sagt ihm “Ich kaufe 500 bei 12 und 500 bei 11”. Danach geht man zu irgendeinem liquiden Standardwert, gibt beim Makler 2000 Stück “minus” auf (also unlimitierter Verkauf) und harrt der Glocke.
Nach der Eröffnung führt man vielleicht ein paar Kundenaufträge aus, fragt Kollegen, ob sie auch so miese Laune haben oder schaut sich auf den Kurstafeln um, ob es bei Werten, die man nicht täglich beobachtet, außergewöhnliche Bewegungen gibt. Plötzlich fällt einem dieeigene Position wieder ein. XYZ hat nach einer halben Stunde(Minusankündigung, Wartezeit) mühevoll mit 10,50 eröffnet (man hat also bereits zum erstenKurs 1000 Stück erworben) und steht jetzt bei 9. Danke! Man geht zurückzum Skontroführer, fragt nach dem Befinden (Antwort: “Suchst Du vielleicht noch ein paar XYZ, ich hätte noch was da”). Man dankt für die Auskunft, geht zum PC und schickt die 1000 XYZ dem Betreuer auf XETRA mit 8,irgendwas. Na ja, für irgendwas ist das XETRA doch gut. Der Markt fällt weiter und einige Zeit später kann man die 2000 Stück Standardwert, die man zum ersten Kurs verkauft hat, mit Gewinn eindecken. Man flucht, daß man schon wieder unüberlegt diese XYZ gekauft hat und nicht einfach nur “short”gegangen ist und holt sich einen Kaffee. Ab 11.00 schleppt sich der Tag so dahin. Der erste Ansturmist vorbei, man raucht tendenziell etwas mehr als Vormittags (und deutlich mehr als vor einem Jahr) und vertreibt sich die Zeit mit einem Gespräch über die Eintracht, ein wenig Arbitrage zwischen Parkett und XETRA oder mit der Tour de France. Man erzählt sich die schönsten Sprüche, die man von Kollegen gehört hat (”Noch so ein Monat und sie können mich abholen!”- ”Wem nützt das eigentlich, wenn es nur runter geht?” - ”Warum sind eigentlich die Singulus im Plus? Ich hol gleich die Handelsüberwachung!” -”Hätte ich alles in Gigabell investiert, hätte ich es wenigstens längst hinter mir.”). Ein anderer Händler kommt zum Makler, den Kunden am Telephon,und kauft 1.500 Stück ABC im Gegenwert von nicht einmal 10.000 Euro. Er sagt dem Kunden das Geschäft an, geht achselzuckend weg und murmelt irgendetwas von “früher hätte ich bei so einer Order einfach aufgelegt, aber wenigstens kauft der Kerl”.
Um 14:30 wird es wieder interessanter. Wirtschaftsdaten aus den USA. Aus unerfindlichen Gründen ist man positiv gestimmt und geht ineinem Standardwert “long”. Und, oh Wunder, der DAX-Future springt aus dem Stand 20 Punkte höher. Warum weiß keiner, die Zahlen wurden eben“positiv aufgenommen”. Man überschlägt das bisherige Ergebnis des Eigenhandels, stellt fest, daß man jetzt im Plus liegt, und verkauft daher schnellstens die vor fünf Minuten erworbenen Aktien mit kleinem Gewinn. Gott sei Dank, der Chef wird nicht maulen, und außerdem geht es ja sowiesogleich wieder runter. Nach der Eröffnung in den USA tröpfeln auch wiederein paar Kundenaufträge herein, bis 16:30 geht die Zeit einigermaßenzügig vorbei, die Umsätze ziehen etwas an, man kann vielleicht irgendwo auf 10 oder 20 Cent zocken. Schließlich wartet man aber nur noch auf die XETRA-Auktion um 17:30. Nach dieser Auktion bricht der Umsatz in sich zusammen, man kann getrost nach Hause gehen und die Leute bedauern, die andiesem Tag “Stallwache” bis 20:00 machen müssen, für Kunden, die nie anrufen und wegen außergewöhnlicher Ereignisse, die einmal im Jahr eintreten.Der (inzwischen nicht mehr bezahlte) Dienst endet um ca. 22.30, wenn man nach dem Kneipenbesuch ins Internet schaut, was die Amis schlußendlich gemacht haben und über welche Zahlen man sich im Bett ärgern kann. Ernsthafter: Momentan ist Käuferstreik. Man kann es den Privatanlegern auch nicht verdenken. Alle Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, um zu retten, was zu retten ist, sind völlig sinnlos. Der Neue Markt wird nicht steigen, nur weil Metabox in den Freiverkehr wechseln müssen. Der Markt ist einfach von einem Extrem ins Andere gefallen. Kostolany hat sich immer sehr herzlich über die Golden Boysan den Börsen ausgelassen (Fondsmanager, 25 Jahre, teurer MBA). Sie kamen bei 5000 Punkten im NEMAX von der Schule, haben ihn auf 9000 hochgekauft und haben bei 4000 Punkten begonnen, den Scheiß wieder rauszuwerfen.
Auch ich wurde im Boom eingestellt, zum Glück mit 10 Jahren privater Erfahrung und der konservativen Einstellung, daß EM-TV einfach nicht mehr wert sein kann als Commerzbank und Karstadt zusammen. Genützt hat es mir nur bis etwa Mitte 2000 was. Dann war meine Birne so weichgekocht, daß ich den Mist trotzdem gekauft habe. Mit Begründungen wie “Die X-Bank möchte nicht die erste sein, die eine Emission unter Ausgabepreis fallen läßt”. Es war Travel 24 und es war der X-Bank scheißegal. Gerade ist Frau Uhse verstorben und ich höre im Nachruf, daß eine große deutsche Bank die Emission der Uhse Holding aus moralischen Gründen abgelehnt hatte. Dieselbe Bank hatteallerdings keine Bedenken, Lycos Europe zu 24 Euro zu emittieren (und die Dt.Börse AG sah zu, obwohl - wie bei T-Online, - der Streubesitz nach Emissionunter dem Regelwerk des Neuen Marktes lag).Jetzt stehen alle vor dem Scherbenhaufen und schieben sichgegenseitig die Schuld in die Schuhe. Die Anleger fluchen auf die Banken,die schreien nach der Börse AG (zum großen Teil im Besitz der nämlichen Banken) und die Presse, die kräftig den Boom angeheizt hat (Focus, 8. Mai (!) 2000: Cool, kreativ und nie mehr arm: Die Helden der Börse = Kabel,Haffa, Schambach etc.), schaufelt jetzt genüßlich dem Neuen Markt das Grab.
Der Handel sieht momentan so aus: Die Orderbücher der Maklersind leer. Auf XETRA stehen immerhin noch die Betreuer und die Aufträge derTerminbörse bzw. der Herausgeber von Indexzertifikaten (Kauft man der HypoVereinsbank bspw. 10000 Index-Zertifikate ab, muß sie im Gegenzug ca.100 Kinowelt, 15 Morphosys etc. kaufen). Trifft jetzt eine Verkaufsorder von 5000 XYZ auf diesen Markt, zuckt der Makler nur noch mit den Schulternund nimmt vielleicht 500 Stück aus Kulanz. Was bleibt übrig: Man lädt das Zeug bei den Betreuern ab, die panisch wieder den Makler anrufen, dervielleicht noch einmal 500 Stück einen halben Euro tiefer kauft,dadurch löst er einen Stop aus und nach einer halben Stunde ist das Ding dann 10%schwächer. Die Betreuer haben das Zeug im Bestand und keine Lust mehr zu“quoten”, der Makler hat einen Bestand, auf dem er gnadenlos schief liegt,ein paar Privatanleger gucken in die Röhre und man kann den Handel in diesem Papier eigentlich auch gleich beenden. Das selbe kann auch nachoben passieren. Die Schwankungen werden daher immer größer und immer unberechenbarer, die Lust der Makler und Händler, Positionen einzugehen, sinkt weiter, der Umsatz wird daher noch dürftiger, dadurch sinkt die Courtage (die ja, als kurswertabhängige Größe, sowieso nahe
Null ist). Die Händler und Skontroführer müssen aber trotzdem bezahlt werden, womit wir bei den momentanen Entlassungswellen im Wertpapierbereich angekommen sind. Der Kreis hat sich also geschlossen, die ersten Golden Boys sitzen auf der Straße.
Wie wird es weitergehen:Irgendwann wird aus unerfindlichen Gründen eine Initialzündung kommen (SAP-Zahlen hätten es sein können, halfen aber noch nicht).Bis dorthin muß man die Bälle flach halten, den Kopf einziehen und die ersten 20% Kurssteigerung sausen lassen. Oder kaufen, wenn man definitiv weiß (schwarz auf weiß, notariell beurkundet und auf die Bibel geschworen), daß die Prognosen eines Unternehmens nicht gefälscht sondern seriös sind. Die muß es doch irgendwo geben.
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Der letzte Grund
06.10.2001, 01:56
@ Der letzte Grund
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Noch ein Aspekt der Situation: |
Fallstudie:
"Das erste Mal bin ich 1993 mit Ostasienpapieren reingeflogen. Ergebnis: minus zwei Drittel.
Das zwote Mal war 1994 in Osteuropa und ging gleich wieder schief: Minus sieben Achtel.
Beides wurde brav gehalten, um Verluste auszusitzen. Die Verluste vergößerten sich aber oder blieben konstant. Keine Chance, den Kaufkurs auch nur annähernd wieder zu erreichen.
Deswegen war auch kein Geld übrig, in den Neuen Markt rechtzeitig, d.h. vor 1999 einzusteigen.
Am neuen Markt schien sich die Chance zu bieten, endlich die Verluste
in Ostasien und Osteuropa mit scheinbar geringeren Risiken und überschaubaren Firmen wieder wettzumachen.
Erstmalig war Sommer 1999 ein bißchen Geld übrig, um angelegt zu werden. Damals waren mir die Kurse zu hoch. Also habe ich bis Herbst
1999 gewartet, um in einer Schwächephase einzusteigen. Bis März 2000 hatte ich auch einen Buchgewinn von 100 Prozent, wollte aber wegen
der auf ein Jahr verlängerten Spekulationsfrist nicht verkaufen.
Später wurden aus dem Gewinn Riesenverluste, teilweise über 90 Prozent.
Lycos Europe, die einzige Aktie, die ich je bei einer Emission auch
zugeteilt erhielt (24 Euro), steht heute unter 1 Euro.
Heimtückischerweise erfolgte das Abrutschen in die Verlustzone, als gerade die Spekulationsfrist verstrichen war. Statt eines
steuerfreien Gewinnes hatte ich plötzlich nicht absetzbare Verluste.
Sollte ich einmal Gewinne machen, die nur einen winzigen Teil des vorherigen Verlustes ausgleichen, müßte ich darauf Steuern an zahlen,
obwohl ich horrende Verluste hatte. So kriege ich nie auch nur das Kapital von vor 8 Jahren wieder.
So, bei der Kapitalvernichtung schien nur ein Nachfassen und Umschichten im tiefsten Kurstal zu helfen. Aber wann ist der Boden erreicht?
Mit CyBio, einst hochgelobt als"sicherer Wert", der"den Goldsuchern am Biochtechmarkt die Werkzeuge verkauft" und damit immer ein gutes
Geschäft mache, auch wenn mancher Goldsucher nichts finde oder manche Biotechfirma Verluste mache, hat sich das Restkapital nochmals
gezehntelt.
Man berücksichtige die vorherigen Verluste im Osten, um den Gesamtverlust zu erahnen.
Mit mehreren anderen Aktien, die ich hielt, gab es ebenfalls plötzliche, heftige und tiefe Abstürze bei unerwarteten schlechten Nachrichten.
Ich möchte keine Namen nennen.
Zwischendurch ging es ab und zu aufwärts. Einmal erholte sich einer
der Biotechwerte rasant und steil bis auf knapp das Doppelte des Tiefstkurses innert zweier Tage."Ich bin ein langfristiger Anleger, bei guten Nachrichten wird es besser", dachte ich und blieb drin.
Sofort prügelten Analysten mit Verkaufsempfehlungen den Kurs wieder runter. Nach dem Hochloben in der Hausse war nun das Runterprügeln Mode. Später folgten - wie sollte es anders sein - schlechte Nachrichten, und der Kurs sank unter Kaufkurs. Da war ich aber schon ausgestiegen. Nur noch mit"stop-loss", schwor ich mir.
Aber"stop-loss" machte wenig Sinn bei bodenlos abgestürzten Depotleichen, bei denen es keinen Verlust mehr zu verhindern gab.
Stattdessen flog ich bei steigenden Kursen beim ersten Schlenker nach
unten raus, und verpaßte so die kleine Erholung.
Auch zwei Technikaktien stiegen nach Absturz leicht an, um sofort wieder zu stürzen, und zwar tiefer als zuvor. Also begann ich mit verbilligen bei Tiefkursen, und bei Erholung knapp über Kaufkurs rasch abzustoßen. Endlich einmal ohne Verlust raus! Aber eben auch ohne Gewinn; das reichte kaum für Bankgebühren.
Wenn es einmal schiefging, so war zehnmal so viel flöten wie alles
handeln bis dahin erbracht hatte. Schief ging es aber oft.
Wenn schon alle soliden Aktien plötzlich brutal abkrachen wie
Schrottwerte, warum dann nicht gleich Schrottwerte kaufen, die schon
abgestürzt sind?
Auf neuem Wege gleiches Ergebnis. Einmal, zweimal - gerade noch gutgegangen, kaum mehr als Einstand und Spesen raus. Beim dritten Male überraschende Pleite, Aussetzung vom Handel, Geld weg. (USA, Chapter 11)
Kürzlich ging es an der Börse wieder aufwärts.
Seit Monaten standen meine Biotechaktien unter Kaufkurs. Kurz mal die Nase ein Prozent über Kaufkurs gereckt, und gleich noch tiefer runter.
Nicht noch einmal! Diesmal geh ich gleich raus!
Wieder reingefallen! Zwei Tage nach dem Verkauf verdoppelte sich die
Biotechaktie.
Sowas! Verluste habe ich all die Jahre im Überfluß mitgemacht, und bei
Gewinnen bin ich nicht dabei! Das ist mein Ruin! Biotechnik scheint
Mode zu sein. Also legte ich mir eine zurückgebliebene Biotechaktie zu. In den nächsten Tagen explodierten die Biotechaktien. Nur meine fiel, zeitweise unter Einstand. Schon wieder danebengegriffen! So viel Pech gibt es doch gar nicht! Also zum Einstandskurs weg mit der schlechten Wahl. Was passiert am nächsten Tag? Die Aktie explodiert natürlich förmlich.
Und so weiter. Steige ich ein, sackt die Aktie weg, und keiner interessiert sich für Wert oder Branche. Steige ich aus, rast der Kurs unmittelbar darauf hoch.
Während andere verdienten, habe ich auch im Aufschwung Verluste gemacht, obwohl die Aktien, die ich hielt, starke Gewinne machten - nur eben nie solange sie im Depot waren.
Endlich einmal ein Aufschwung, nur habe ich wieder Verluste. Das
Biotechfieber ist vorbei. Zwar mag es unmoralisch sein, ist aber
der letzte Strohhalm - Sicherheitsaktien. Aber die sind schon weit
gelaufen. Bleibt noch Biodata, die gerade gedrückt sind, laut Händler
von Abgaben einer größeren Adresse, obwohl gute Wertungen hereinkamen. Letzte Chance, letzter Versuch mit Biodata.
Umsatzdesaster, Lügenmeldung revidiert, Absturz. Es ist aus.
Das ist zuviel.
Bitte nicht lachen.
Nie wieder Aktien anfassen? Oder wieder acht Jahre im Depot abstürzen lassen? Was meint ihr? Was tun? Klagen?
Gibt es eine sinnvolle Strategie, nachdem nur ein trauriger Rest übrigblieb?
Und hier die Meldungen zum Anlegerbetrug namens Neuer Markt, Fall Biodata:
**
02.10.2001
Biodata absoluter Top-Wert
Börse Inside
Nach Ansicht der Analysten von"Börse Inside" kauft man mit den Aktien von Biodata (WKN 542270) einen absoluten Top-Wert des Neuen Marktes.
Biodata habe sich der allgemeinen Abschwächung der Konjunktur zwar ebenfalls nicht entziehen können, aber der Umsatz des Unternehmens werde sich in diesem Jahr wohl mehr als verdoppeln.
...
02.10.2001
Biodata aussichtsreich
Neuer Markt Trader
Die Aktienexperten von"Neuer Markt Trader" halten die Aktie Biodata Information Technology AG (WKN 542270) für ein aussichtsreiches Investment.
**
Bemerkenswert lobende Wertungen kurz vor dem Absturz.
Noch bemerkenswerter sind die hohen Abgaben an den beiden Tagen vorher, die den Kurs jeweils von über 5 auf 4,40 drückten. Laut Aussagen von Händlern verkauften große Adressen. Warum wohl?
**
Freitag, 05. Oktober, 09:42 Uhr
Biodata AG halbiert fast ihre Umsatzziele
Der Anbieter von IT-Sicherheitsprodukten Biodata Information Technology AG wird die Umsatz- und Ertragserwartungen im dritten Quartal und im Gesamtgeschäftsjahr voraussichtlich verfehlen.
Reuters LICHTENFELS. Wie das im Auswahlindex Nemax 50 des Neuen Marktes gelistete Unternehmen am Freitag in einer Pflichtveröffentlichung weiter mitteilte, tritt der Vorstandsvorsitzende Tan Siekman zurück. Er übernehme damit die Verantwortung für das Nichterreichen der Unternehmensziele. Biodata habe nach vorläufigen Zahlen den Umsatz im dritten Quartal 2001 auf drei bis 3,5 (Vorjahr: 6,8) Millionen Euro nahezu halbiert, hieß es weiter.
Biodata korrigierte desweiteren eine Meldung vom 24. August 2000 zu einem Großauftrag in Australien. Der Auftrag sei an eine endgültige Bestellung der Produkte bis zum 5. September 2000 durch den Endanwender geknüpft gewesen."Diese Bedingungen waren nicht explizit erwähnt worden und sind de facto auch nicht eingetreten. Der Vertrag ist damit nicht zustande gekommen", hieß es in der Mitteilung.
**
Die Meldung war auch noch gelogen!
Aufgeflogen ist es erst über ein Jahr später!
**
Samstag, 06. Oktober 2001
Biodata täuschte Anleger mit falschen Großaufträgen
Der IT-Spezialist verfehlt Umsatzerwartungen
deutlich / Vorstandschef Tan Siekmann tritt zurück
ddp, Reuters
LICHTENFELS, 5. Oktober. Das am Neuen Markt gelistete
Unternehmen Biodata Information Technology ist in arge Bedrängnis
geraten. Der IT-Spezialist gab am Freitag zu, falsche Angaben in
einer Ad-hoc-Mitteilung vom 24. August 2000 gemacht zu haben.
Ein vermeintlicher Großauftrag sei entgegen der Meldung nie zu
Stande gekommen. Als Konsequenz gab der Vorstandsvorsitzende
Tan Siekmann seinen sofortigen Rücktritt bekannt.
Biodata räumte ein, der Auftrag mit einem jährlichen Umsatzvolumen
in Höhe von 20 Millionen Euro (39,17 Millionen Mark) war an eine
wichtige Klausel gebunden. So habe der Auftraggeber die Bestellung
von 6 000 Software-Firewalls von Biodata an eine endgültige Order
der Produkte durch den Endanwender geknüpft. Da sich
offensichtlich nicht genug Interessenten fanden, kam der Vertrag nie
zu Stande.
Welche Folgen die Falschmeldung für Biodata haben wird, ist noch
nicht abzusehen. Eine Sprecherin des Bundesaufsichtsamtes für
Wertpapierhandel sagte in einer ersten Stellungnahme, ihre Behörde
werde die Korrektur der ursprünglichen Pflichtmitteilung prüfen.
Grundsätzlich könnten Bußgelder von bis zu drei Millionen Mark
verhängt werden, wenn Unternehmen gegen die Ad-hoc-Pflicht nach
Paragraf 15 des Wertpapierhandelsgesetzes verstoßen.
Der geplatze Auftrag wirkt sich auch auf die Umsatz- und
Gewinnzahlen aus. Wie Biodata weiter mitteilte, verringert sich der
Umsatz im dritten Quartal 2001 von 6,8 Millionen auf 3,5 Millionen
Euro. Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen mit Erlösen von
23,5 Millionen Euro gegenüber ursprünglich geplanten 62 bis 68
Millionen Euro. Zum erwarteten Gewinn wurden keine genauen
Angaben gemacht. Sicher sei aber, dass die Prognosen deutlich
verfehlt würden. Die Aktie verbilligte sich im Laufe des Freitags
zwischenzeitlich um fast 60 Prozent.
...
Biodata: BAWe prüft möglichen Insiderhandel!
Platow: Biodata: Der nächste Skandal am Neuen Markt
**
BAWe prüft mögl Insiderhandel bzw Ad-hoc-Verstoß bei Biodata
Frankfurt (vwd) - Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel
(BAWe) prüft im Wege einer ersten Analyse mögliche Verstöße gegen
das Insiderhandelsrecht und Ad-hoc-Vorschriften im Zusammenhang
mit Aktien der Biodata Information Technology AG, Lichtenfels. Sollten
sich nach der Routineprüfung wegen möglichen Insiderhandels
Anhaltspunkte für Verstöße ergeben, werde eine formale
Insideruntersuchung eingeleitet, sagte eine BAWe-Sprecherin am
Freitag zu vwd. Hintergrund dazu ist ein markanter Anstieg des
Handelsvolumens im Vorfeld einer am Berichtstag veröffentlichten
Umsatzwarnung des Unternehmens.
In der ersten Analyse werden gemeinhin Umsätze und Kursverläufe der
Aktie betrachtet. Bei der förmlichen Untersuchung forscht das BAWe
nach möglichen Insidern, indem Kauf- bzw Verkauforders bei Banken
abgefragt werden. Bei erfolgreicher Suche wird das Verfahren an die
Staatsanwaltschaft weiter geleitet.
In einer weiteren Prüfung untersucht die Kontrollbehörde, ob eine
Ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens vom 20. August 2000 über einen
Großauftrag rechtens war. Biodata hatte in einer Mitteilung am Freitag
die alte Meldung korrigiert, da der Großauftrag nicht zu Stande
gekommen ist. Sollte ein Verstoß gegen Ad-hoc-Vorschriften
nachgewiesen werden, kann das BAWe - je nach Schwere des
Vergehens - ein Bußgeld bis zu drei Mio DEM verhängen. Die
Biodata-Aktie notiert gegen 13.30 Uhr um 53,8 Prozent unter ihrem
Vortagesschluss bei 2,00 EUR. +++ Eddy Holetic
vwd/5.10.2001/eh/rio
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Turon
06.10.2001, 02:13
@ Der letzte Grund
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Den Artikel finde ich gut und will für die Händler trösten |
Also ich werde selbstverständlich am Nemax wieder anlegen, wenn die Kriterien
wieder passen.
Zum Beispiel:
Eine ABC Aktie muß erst 0.01 kosten und ohne dynamische Verdrehungen
wie das dynamische KGV 4-5 betragen. ;)
Der andere Weg wäre, alle Nemax Aktien (na ja mit 5 Ausnahmen wieder auszugliedern, und 15 Aktien aus dem Dax wieder aufnehmen, so was wie Infineon,
deutsche Telekom, MLP) dann wird Nemax wieder interessant.
Was Bilanzfälschungen angeht: es gibt keine Bilanzfälschungen am Nemax,
alle bilanzieren nach dem sagenhaften US-Gaap mit völliger Transparenz.
Ferner es heiß doch"neuer" Markt, also sind auch die Bilanzierungsmethoden auch frisch"neu".
;)
Gruß
P.S Der Artikel war cool.
>Parketthandel in Zeiten der Cholera
>Es ist ca. 8:40 Uhr und man betritt die heilige Halle.“Guten Morgen” oder ähnliches wurde inzwischen abgeschafft, die oder das NASDAQ war mal wieder deutlich schwächer. Die Händler begrüßen sich mit einem lachenden “An Dich!” und betreten ihre Kabinen. Man kontrolliert die Meldungen auf Reuters (aha, schlechte Zahlen von XYZ) und guckt sich die ersten Taxen für seine Lieblingswerte an (schwächer, wie überraschend). Jetzt überlegt man sich, was man zur Eröffnung macht. Verkaufen wäre eine Idee. Oder doch die Aktien der XYZ nach den schlechten Zahlen kaufen? Vielleicht gibt es eine Panik zu den ersten Kursen und die Dinger steigen im Verlauf wieder. Am besten beides. Man geht also zum Skontroführer der XYZ, fragt nach der Taxe (12/13, Vortag 15) und sagt ihm “Ich kaufe 500 bei 12 und 500 bei 11”. Danach geht man zu irgendeinem liquiden Standardwert, gibt beim Makler 2000 Stück “minus” auf (also unlimitierter Verkauf) und harrt der Glocke.
>Nach der Eröffnung führt man vielleicht ein paar Kundenaufträge aus, fragt Kollegen, ob sie auch so miese Laune haben oder schaut sich auf den Kurstafeln um, ob es bei Werten, die man nicht täglich beobachtet, außergewöhnliche Bewegungen gibt. Plötzlich fällt einem dieeigene Position wieder ein. XYZ hat nach einer halben Stunde(Minusankündigung, Wartezeit) mühevoll mit 10,50 eröffnet (man hat also bereits zum erstenKurs 1000 Stück erworben) und steht jetzt bei 9. Danke! Man geht zurückzum Skontroführer, fragt nach dem Befinden (Antwort: “Suchst Du vielleicht noch ein paar XYZ, ich hätte noch was da”). Man dankt für die Auskunft, geht zum PC und schickt die 1000 XYZ dem Betreuer auf XETRA mit 8,irgendwas. Na ja, für irgendwas ist das XETRA doch gut. Der Markt fällt weiter und einige Zeit später kann man die 2000 Stück Standardwert, die man zum ersten Kurs verkauft hat, mit Gewinn eindecken. Man flucht, daß man schon wieder unüberlegt diese XYZ gekauft hat und nicht einfach nur “short”gegangen ist und holt sich einen Kaffee. Ab 11.00 schleppt sich der Tag so dahin. Der erste Ansturmist vorbei, man raucht tendenziell etwas mehr als Vormittags (und deutlich mehr als vor einem Jahr) und vertreibt sich die Zeit mit einem Gespräch über die Eintracht, ein wenig Arbitrage zwischen Parkett und XETRA oder mit der Tour de France. Man erzählt sich die schönsten Sprüche, die man von Kollegen gehört hat (”Noch so ein Monat und sie können mich abholen!”- ”Wem nützt das eigentlich, wenn es nur runter geht?” - ”Warum sind eigentlich die Singulus im Plus? Ich hol gleich die Handelsüberwachung!” -”Hätte ich alles in Gigabell investiert, hätte ich es wenigstens längst hinter mir.”). Ein anderer Händler kommt zum Makler, den Kunden am Telephon,und kauft 1.500 Stück ABC im Gegenwert von nicht einmal 10.000 Euro. Er sagt dem Kunden das Geschäft an, geht achselzuckend weg und murmelt irgendetwas von “früher hätte ich bei so einer Order einfach aufgelegt, aber wenigstens kauft der Kerl”.
>Um 14:30 wird es wieder interessanter. Wirtschaftsdaten aus den USA. Aus unerfindlichen Gründen ist man positiv gestimmt und geht ineinem Standardwert “long”. Und, oh Wunder, der DAX-Future springt aus dem Stand 20 Punkte höher. Warum weiß keiner, die Zahlen wurden eben“positiv aufgenommen”. Man überschlägt das bisherige Ergebnis des Eigenhandels, stellt fest, daß man jetzt im Plus liegt, und verkauft daher schnellstens die vor fünf Minuten erworbenen Aktien mit kleinem Gewinn. Gott sei Dank, der Chef wird nicht maulen, und außerdem geht es ja sowiesogleich wieder runter. Nach der Eröffnung in den USA tröpfeln auch wiederein paar Kundenaufträge herein, bis 16:30 geht die Zeit einigermaßenzügig vorbei, die Umsätze ziehen etwas an, man kann vielleicht irgendwo auf 10 oder 20 Cent zocken. Schließlich wartet man aber nur noch auf die XETRA-Auktion um 17:30. Nach dieser Auktion bricht der Umsatz in sich zusammen, man kann getrost nach Hause gehen und die Leute bedauern, die andiesem Tag “Stallwache” bis 20:00 machen müssen, für Kunden, die nie anrufen und wegen außergewöhnlicher Ereignisse, die einmal im Jahr eintreten.Der (inzwischen nicht mehr bezahlte) Dienst endet um ca. 22.30, wenn man nach dem Kneipenbesuch ins Internet schaut, was die Amis schlußendlich gemacht haben und über welche Zahlen man sich im Bett ärgern kann. Ernsthafter: Momentan ist Käuferstreik. Man kann es den Privatanlegern auch nicht verdenken. Alle Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden, um zu retten, was zu retten ist, sind völlig sinnlos. Der Neue Markt wird nicht steigen, nur weil Metabox in den Freiverkehr wechseln müssen. Der Markt ist einfach von einem Extrem ins Andere gefallen. Kostolany hat sich immer sehr herzlich über die Golden Boysan den Börsen ausgelassen (Fondsmanager, 25 Jahre, teurer MBA). Sie kamen bei 5000 Punkten im NEMAX von der Schule, haben ihn auf 9000 hochgekauft und haben bei 4000 Punkten begonnen, den Scheiß wieder rauszuwerfen.
>Auch ich wurde im Boom eingestellt, zum Glück mit 10 Jahren privater Erfahrung und der konservativen Einstellung, daß EM-TV einfach nicht mehr wert sein kann als Commerzbank und Karstadt zusammen. Genützt hat es mir nur bis etwa Mitte 2000 was. Dann war meine Birne so weichgekocht, daß ich den Mist trotzdem gekauft habe. Mit Begründungen wie “Die X-Bank möchte nicht die erste sein, die eine Emission unter Ausgabepreis fallen läßt”. Es war Travel 24 und es war der X-Bank scheißegal. Gerade ist Frau Uhse verstorben und ich höre im Nachruf, daß eine große deutsche Bank die Emission der Uhse Holding aus moralischen Gründen abgelehnt hatte. Dieselbe Bank hatteallerdings keine Bedenken, Lycos Europe zu 24 Euro zu emittieren (und die Dt.Börse AG sah zu, obwohl - wie bei T-Online, - der Streubesitz nach Emissionunter dem Regelwerk des Neuen Marktes lag).Jetzt stehen alle vor dem Scherbenhaufen und schieben sichgegenseitig die Schuld in die Schuhe. Die Anleger fluchen auf die Banken,die schreien nach der Börse AG (zum großen Teil im Besitz der nämlichen Banken) und die Presse, die kräftig den Boom angeheizt hat (Focus, 8. Mai (!) 2000: Cool, kreativ und nie mehr arm: Die Helden der Börse = Kabel,Haffa, Schambach etc.), schaufelt jetzt genüßlich dem Neuen Markt das Grab.
>Der Handel sieht momentan so aus: Die Orderbücher der Maklersind leer. Auf XETRA stehen immerhin noch die Betreuer und die Aufträge derTerminbörse bzw. der Herausgeber von Indexzertifikaten (Kauft man der HypoVereinsbank bspw. 10000 Index-Zertifikate ab, muß sie im Gegenzug ca.100 Kinowelt, 15 Morphosys etc. kaufen). Trifft jetzt eine Verkaufsorder von 5000 XYZ auf diesen Markt, zuckt der Makler nur noch mit den Schulternund nimmt vielleicht 500 Stück aus Kulanz. Was bleibt übrig: Man lädt das Zeug bei den Betreuern ab, die panisch wieder den Makler anrufen, dervielleicht noch einmal 500 Stück einen halben Euro tiefer kauft,dadurch löst er einen Stop aus und nach einer halben Stunde ist das Ding dann 10%schwächer. Die Betreuer haben das Zeug im Bestand und keine Lust mehr zu“quoten”, der Makler hat einen Bestand, auf dem er gnadenlos schief liegt,ein paar Privatanleger gucken in die Röhre und man kann den Handel in diesem Papier eigentlich auch gleich beenden. Das selbe kann auch nachoben passieren. Die Schwankungen werden daher immer größer und immer unberechenbarer, die Lust der Makler und Händler, Positionen einzugehen, sinkt weiter, der Umsatz wird daher noch dürftiger, dadurch sinkt die Courtage (die ja, als kurswertabhängige Größe, sowieso nahe
>Null ist). Die Händler und Skontroführer müssen aber trotzdem bezahlt werden, womit wir bei den momentanen Entlassungswellen im Wertpapierbereich angekommen sind. Der Kreis hat sich also geschlossen, die ersten Golden Boys sitzen auf der Straße.
>Wie wird es weitergehen:Irgendwann wird aus unerfindlichen Gründen eine Initialzündung kommen (SAP-Zahlen hätten es sein können, halfen aber noch nicht).Bis dorthin muß man die Bälle flach halten, den Kopf einziehen und die ersten 20% Kurssteigerung sausen lassen. Oder kaufen, wenn man definitiv weiß (schwarz auf weiß, notariell beurkundet und auf die Bibel geschworen), daß die Prognosen eines Unternehmens nicht gefälscht sondern seriös sind. Die muß es doch irgendwo geben.
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