Caspar
03.11.2001, 17:08 |
Re: @Galiani: Darum gings doch die ganze Zeit! / Kapital aus dem Nichts Thread gesperrt |
>Prof. Dr. Ignaz Walter! Oder meine früheren Postings, in denen ich versucht habe darzustellen, wie ein Fischer eine Zeitlang nur zwei anstatt drei Fische pro Tag ißt, sich dadurch Subsistenzmittel für jene Zeitspanne verschafft, die er benötigt, um ein Fischerboot und ein Netz anzufertigen, wobei er mit diesen Hilfsmitteln dann 30 Fische pro Tag statt bloß 3 fangen kann.
Ah ja, ok. Den Thread hab ich nicht mehr so beachtet. Mir scheint es nämlich, dass man sich argumentativ ziemlich krumm machen muss, damit man sowas hinkriegt, also"Kapital aus dem Nichts schaffen." Den Ansatz des Debitismus, dass es grundsätzlich mit einem Vertrag beginnt, der dann erfüllt werden muss, erscheint mir doch etwas weniger gekünstelt und realitätsfern als das (altbekannte) Fischer-Beispiel.
Zwei Prinzipien haben für mich Schlüsselcharakter:
1. Wirtschaft beginnt erst mit der Einführung von Eigentum.
Eigentum (eine juristische Institution, abstrakter Titel) ist dabei zu unterscheiden von Besitz (physischer Beherrschung). Eigentum ist nur eine von drei bekannten Grundlagen, auf denen meschliche Gesellschaften aufgebaut werden und wurden. Die beiden anderen sind 1) Familienverband (oder Stammesgesellschaft), in der jeder zur uneingeschränkten Solidarität verpflichtet ist. 2) gibt es Feudal- oder Befehlsgesellschaften (Beispiele sind eben Feudalismus und Kommunismus), in denen Güter ohne Gegenleistung hin- und her disponiert werden.
Die Eigentumsverfassung sieht eben (in einer puren Form) vor, dass Eigentum völlig unverletzlich ist. Man darf darüber jede Vereinbarung treffen. Man darf es inbesondere auch verlieren und vermehren.
Ein Beispiel mit Fischern, wie von Dir angeführt, ist in einer nicht-Eigentumsgesellschaft so sinnvoll, wie aus Gier eine Ã-lquelle leer zu pumpen, obwohl man weder Fässer noch eine Pipeline hat, um es zu behalten.
Das Argument ist, so verstehe ich es, nicht, dass man nicht theoretisch auch die Fischer-Geschichte durchziehen könnte. Tut aber kein verünftiger Mensch. Das gibt höchstens eine Eiweissschock.
Was vernünftige Menschen aber tun -- in einer Eigentumsgesellschaft -- das sind Verträge, insbesondere auch Verträge, bei denen einer etwas vorstreckt. Vorschuss auf Kredit. Da kommen wir zu meinem zweiten Prinzip:
2. Kein Vertrag (mit Vorschuss) ohne Sicherheiten
Eine, scheinbar fast die wichtigste Möglichkeit, eine Vereinbarung über Eigentum zu treffen ist die, es als Sicherheit für so einen Vetrag zu hinterlegen. Damit einher geht die die Laufzeit des Vertrages andauernde Unmöglichkeit, es zu Verkaufen. Es ist blockiert.
In den verschiedensten Eiegntumsgesellschaften sind hier immer wieder ähnliche Vetragsarten aufgetaucht, immer mit ählichen Instanzen
- schriftliche Fixierung
- Zeugenregelungen bei Vertragsabschluss
- Vollstrecken bei Vertragsbruch über Sicherheiten
- Übergang von einer Forderung auf den nächsten, die berühmte Zession
- Einrichtung von Märkten
- professionelles Vorstrecken (Verleiher, Banken)
- Ablösung und Entfernung der Forderung von ihrem physischen Inhalt
- Lebensweise des Kapitalrentners (durch Verleih im grossen Stil)
Besonders macht uns dabei die Entfernung einer Forderung vom physischen Inhalt zu schaffen. Die Verbindung wird einfach nicht mehr gesehen. So können Regierungen oder Despoten zeitweise die Verbindung ganz kappen, Beispiel Aufhebung von Goldstandards, noch und noch. Oder Terminmärkte, an denen Lieferung nur eingeschränkt möglich ist.
Dadurch wird aber sozusagen der Realitätsanker entfernt, und das System rutscht unweigernlich in den Exzess.
Das Fischer-Beispiel unterstellt nähmilich etwas als grundlegend, was nur in einer Eigentumsgesellschaft Sinn ergibt: das Maximieren von Produktion bei Geringhaltung der Kosten (Produktivitätsmaximierung). Dadurch kann man immer mehr Eigentum erwerben: Eigentumsmaximierung.
Die beiden anderen gesellschaftliche Formen haben aber andere Regeln, aus denen so ein Verhalten keinen Sinn ergibt. In der Stammesgesellschaft ist es vielmehr von Vorteil, viele Verwandte zu haben, weil jeder voll für seine Angehörigen einstehen muss. Am wichtigsten ist also die Maximierung der Verwandschaftsbeziehungen (zum Beispiel durch Frauentausch zur Heirat). In der Befehlsgesellschaft gibt es überhaupt nur die Herrschenden, die rationale Entscheidungen treffen können, alle andern sind dem Zwang unterworfen. Aber hier ist die vernünftigste Maxime die Maximierung der Untertanen. Das kann man erkennen an Einrichtungen wie der Berliner Mauer oder der Tatsache, dass in feudalen Zeiten Landgüter danach gemessen wurden, wieviel"Seelen" sie umfassen.
Wenn nun ein übereifriger junger Steinzeitbewohner die Idee gehabt hätte seine"Produktion" zu maximieren, indem er nicht wie gewohnt ein Wild erlegt, sondern eine abends -- völlig abgekämpft -- 15 tote Rehe aus dem Unterholz Richtung Lagerfeuer zerrt, dann wären die anderen sicher nicht vor Freude aufgesprungen, sondern hätten ihn eher angewidert oder mitleidig angeguckt."Was willst Du mit den ganzen Tieren, die sind doch bald verkommen", hätten alle gedacht. Das wäre eben eine gefährlich unvernünftige Verhaltensweise in einer solchen Gesellschaft, weil die Familie viel eher auf seine Arbeitskraft und Gesundheit (und gesunde Wildbestände) angewiesen ist, als auf"Kapital aus dem Nichts."
Genauso wenig half es einem in der DDR viel zu arbeiten. Demontration guten Untertanentum durch Parteimitgliedschaft und dergleichen war viel besser für das eigene Wohlergehen. Es kam auch nicht auf Kapital an, sondern darauf, Privilegien zu erlangen.
Ob ein Fischer also mehr Fisch fangen kann oder nicht, das ist überhaupt gar nicht die zentrale Frage.
So seh' ich das, Galiani. Sagt Dir das was?
Gruss,
-caspar
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
03.11.2001, 19:39
@ Caspar
|
@Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith,1776 |
Hallo Caspar
Ob ein Fischer also mehr Fisch fangen kann oder nicht, das ist überhaupt gar nicht die zentrale Frage.
Doch! Ist es! Sobald das nicht die zentrale Frage ist, entartet ein Wirtschaftssystem. Dann finden Fehlallokationen von Resourcen statt, die anschließend mit wiederum nicht marktgerecht allozierten Krediten aufrechterhalten werden müssen u.s.w.
Sehr schön übrigens, wie Du die Parallele zur ehemaligen DDR zeichnest. Wie ich schon mehrfach in Postings vermutet habe: der Debitismus ist ein Wirtschaftsmodell, das recht deutlich auf Ideen beruht, die auch die kommunistische Sicht der Wirtschaft beherrschten.
>... Mir scheint es nämlich, dass man sich argumentativ ziemlich krumm machen muss, damit man sowas hinkriegt, also"Kapital aus dem Nichts schaffen." Den Ansatz des Debitismus, dass es grundsätzlich mit einem Vertrag beginnt, der dann erfüllt werden muss, erscheint mir doch etwas weniger gekünstelt
Es ist gerade umgekehrt! Ausgehend von primitiven Tauschwirtschaften kann Wirtschaftswachstum zunächst einmal nur durch mehr Arbeit (vgl. Smith) und höhere Erträge erreicht werden. Durch überhaupt nichts anderes! Jede andere Sicht der Dinge macht an irgendwelchen Formalien und Äußerlichkeiten fest und wäre tatsächlich"gekünstelt".
<Zwei Prinzipien haben für mich Schlüsselcharakter:
1. Wirtschaft beginnt erst mit der Einführung von Eigentum.
Ich habe hier im Forum im Zusammenhang mit diesem Thema schon mehrfach auf David Hume hingewiesen, der (NOTA BENE: nach meinem obigen: "zunächst einmal"!!!) 3 Randbedingungen für eine prosperierende Gesellschaft herausgearbeitet hat (Treatise Part iii, Of Morals), nämlich: Eine stabile Eigentumsordnung; die Übertragung von Eigentum nur im gegenseitigen Einvernehmen und das Halten von Versprechungen (Verträgen).
Du bist hier somit schon auf dem richtigen Weg.
2. Kein Vertrag (mit Vorschuss) ohne Sicherheiten
>Eine, scheinbar fast die wichtigste Möglichkeit, eine Vereinbarung über Eigentum zu treffen ist die, es als Sicherheit für so einen Vetrag zu hinterlegen...
Du verlangst allerdings zuviel! Dadurch wird in der Tat sozusagen der Realitätsanker entfernt, und das System rutscht unweigernlich in den Exzess.
Die Sicherheit von Verträgen (ohne alles Klimbim drum herum) genügt!
Herzlichen Gruß
G.
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
03.11.2001, 20:02
@ Galiani
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith,1776 |
>Hallo Caspar
>Ob ein Fischer also mehr Fisch fangen kann oder nicht, das ist überhaupt gar nicht die zentrale Frage.
>Doch! Ist es! Sobald das nicht die zentrale Frage ist, entartet ein Wirtschaftssystem. Dann finden Fehlallokationen von Resourcen statt, die anschließend mit wiederum nicht marktgerecht allozierten Krediten aufrechterhalten werden müssen u.s.w.
>Sehr schön übrigens, wie Du die Parallele zur ehemaligen DDR zeichnest. Wie ich schon mehrfach in Postings vermutet habe: der Debitismus ist ein Wirtschaftsmodell, das recht deutlich auf Ideen beruht, die auch die kommunistische Sicht der Wirtschaft beherrschten.
>>... Mir scheint es nämlich, dass man sich argumentativ ziemlich krumm machen muss, damit man sowas hinkriegt, also"Kapital aus dem Nichts schaffen." Den Ansatz des Debitismus, dass es grundsätzlich mit einem Vertrag beginnt, der dann erfüllt werden muss, erscheint mir doch etwas weniger gekünstelt
>Es ist gerade umgekehrt! Ausgehend von primitiven Tauschwirtschaften kann Wirtschaftswachstum zunächst einmal nur durch mehr Arbeit (vgl. Smith) und höhere Erträge erreicht werden. Durch überhaupt nichts anderes! Jede andere Sicht der Dinge macht an irgendwelchen Formalien und Äußerlichkeiten fest und wäre tatsächlich"gekünstelt".
>
><Zwei Prinzipien haben für mich Schlüsselcharakter:
>1. Wirtschaft beginnt erst mit der Einführung von Eigentum.
>[b]Ich habe hier im Forum im Zusammenhang mit diesem Thema schon mehrfach auf David Hume hingewiesen, der (NOTA BENE: nach meinem obigen: "zunächst einmal"!!!) 3 Randbedingungen für eine prosperierende Gesellschaft herausgearbeitet hat (Treatise Part iii, Of Morals), nämlich: Eine stabile Eigentumsordnung; die Übertragung von Eigentum nur im gegenseitigen Einvernehmen und das Halten von Versprechungen (Verträgen).
Wobei es aber nur die Möglichkeit der Verpfändung und Belastung des Eigentums ist, die Wirtschaften ermöglicht (Heinsohn/Steiger).
Produktion ist immer und überall möglich, wie die sinnlosen Güteranhäufungen des Sozialismus beweisen.
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
dottore
03.11.2001, 20:42
@ Galiani
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith,1776 |
>Hallo Caspar
>Ob ein Fischer also mehr Fisch fangen kann oder nicht, das ist überhaupt gar nicht die zentrale Frage.
>Doch! Ist es! Sobald das nicht die zentrale Frage ist, entartet ein Wirtschaftssystem. Dann finden Fehlallokationen von Resourcen statt, die anschließend mit wiederum nicht marktgerecht allozierten Krediten aufrechterhalten werden müssen u.s.w.
Die Fehlallokationen kommen ausschließlich durch den als infallibel geltenden Schuldner STAAT ins Spiel. DER leitet doch die Ressourcen fehl (Bergbau bis Landwirtschaft, von anderen Mätzchen zu schweigen).
<font color="FF0000">Staat und Markt ("marktgerecht!!!") schließen einander immer und vollständig aus!</font>
>Sehr schön übrigens, wie Du die Parallele zur ehemaligen DDR zeichnest. Wie ich schon mehrfach in Postings vermutet habe: der Debitismus ist ein Wirtschaftsmodell, das recht deutlich auf Ideen beruht, die auch die kommunistische Sicht der Wirtschaft beherrschten.
Unsinn! Die"Entartung" kommt doch nicht von der freien Wirtschaft, sondern ausschließlich durch den Staat! Der Debitismus klärt bestens darüber auf, dass wir von einer freien Wirtschaft weiter entfernt sind denn je - und deshalb den Weg des Sozialismus gehen werden.
Ich bin neulich mit einem Ex-DDR-Bürger durch Deutschland getourt. Was sagte der mir?"Sieht schon fast überall so aus wie bei uns kurz vor Schluss!"
>>... Mir scheint es nämlich, dass man sich argumentativ ziemlich krumm machen muss, damit man sowas hinkriegt, also"Kapital aus dem Nichts schaffen." Den Ansatz des Debitismus, dass es grundsätzlich mit einem Vertrag beginnt, der dann erfüllt werden muss, erscheint mir doch etwas weniger gekünstelt
>Es ist gerade umgekehrt! Ausgehend von primitiven Tauschwirtschaften kann Wirtschaftswachstum zunächst einmal nur durch mehr Arbeit (vgl. Smith) und höhere Erträge erreicht werden.
Die Erträge müssen vermarktet werden. Ich kann als Journalist 100 wunderschöne Artikel schreiben, und wenn sie keiner druckt - was dann? Dann ist das zwar mehr Arbeit, aber niemals ein höherer Ertrag.
><Zwei Prinzipien haben für mich Schlüsselcharakter:
>1. Wirtschaft beginnt erst mit der Einführung von Eigentum.
>[b]Ich habe hier im Forum im Zusammenhang mit diesem Thema schon mehrfach auf David Hume hingewiesen, der (NOTA BENE: nach meinem obigen: "zunächst einmal"!!!) 3 Randbedingungen für eine prosperierende Gesellschaft herausgearbeitet hat (Treatise Part iii, Of Morals), nämlich: Eine stabile Eigentumsordnung; die Übertragung von Eigentum nur im gegenseitigen Einvernehmen und das Halten von Versprechungen (Verträgen).
>Du bist hier somit schon auf dem richtigen Weg.
Das wurde hier von niemandem bestritten.
>2. Kein Vertrag (mit Vorschuss) ohne Sicherheiten
>>Eine, scheinbar fast die wichtigste Möglichkeit, eine Vereinbarung über Eigentum zu treffen ist die, es als Sicherheit für so einen Vertrag zu hinterlegen...
>Du verlangst allerdings zuviel! Dadurch wird in der Tat sozusagen der Realitätsanker entfernt, und das System rutscht unweigerlich in den Exzess.
>Die Sicherheit von Verträgen (ohne alles Klimbim drum herum) genügt!
NEIN! Es gibt heute aktuell keinen Kreditvertrag (und ich kenne massenhaft Unternehmer, die das gerade durchmachen), der nicht mit Sicherheiten unterlegt wäre.
Umgekehrt ist das System in den Exzess gerutscht, weil Kredite ohne Sicherheiten vergeben wurden, vor allem von Staat zu Staat (oder welche Sicherheiten können die Deutschen in Russland vollstrecken? Welche in Argentinien? Welche in der Türkei?).
Daraus entstand der berüchtigte moral hazard - die Resultate sind weltweite Uneinbringlichkeiten, zum alsbald kommenden argentinischen Staatsbankrott siehe FAZ heute, u.v.a.m.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
03.11.2001, 22:05
@ Jochen
|
@Jochen: Zur sinnlosen Güteranhäufung |
Hallo Jochen
Du schreibst:
>Wobei es aber nur die Möglichkeit der Verpfändung und Belastung des Eigentums ist, die Wirtschaften ermöglicht (Heinsohn/Steiger).
Das ist so undifferenziert wohl nicht richtig! Erst, wenn die Produktion (weil unter einem marktfremden Wirtschaftssystem die Preise einschließlich dem Zins ihre Lenkungsfunktion verlieren) an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbeigeht und damit nicht mehr absetzbar wird, wird die von Dir aufgezeigte Konsequenz zwingend. Dies eben bezeichne ich als eine entartete, pathologische Wirtschaft.
Solange aber alles"richtig" läuft, kann es überhaupt zu keiner solchen"sinnlosen Güteranhäufung" kommen.
Grüße
G.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
03.11.2001, 22:55
@ dottore
|
@dottore: klipp! klipp! klipp! klipp! klipp! klipp! KLAPP! |
Hallo dottore
Ich bin's nochmal, Galiani, bei der Durchsicht der interessantesten Beiträge des heutigen Abends.
Ich bin mit fast allem einverstanden, was Sie sagen. Insbesondere mit ihren Ausführungen zu dem «als infallibel geltenden Schuldner STAAT».
Auf diesem Weg, bin ich sogar bereit, ein Stückweit den debitistischen Hut aufzusetzen.
Dann aber kommt das klapp!! Sie unterstellen (oder ist es nur eine"Andeutung"), daß"Arbeit" (a priori!; wahrscheinlich!) zu nicht vermarktbaren Gütern führt.
Könnte es sein, daß da irgendwo ganz tief unten in Ihrer doch zweifellos erz-liberalen Seele ein Fünkchen marxistischer Arbeitswertlehre herumspukt?
Ich stimme Ihnen zwar zu: Wer (gestützt auf die"Arbeitswertlehre") drauflos produziert - in der Überzeugung, daß Arbeitsstunden per se ökonomische Werte erzeugen -, der wird böse Überraschungen erleben; da haben Sie zweifellos Recht. Und das hat die Geschichte des marxistischen Wirtschaftens ja auch sehr deutlich gezeigt.
Solange aber der Marktmechanismus funktioniert, und die Preise dem Unternehmer sagen, was er tun soll (bzw. die Logik des Marktes ihn bestraft, wenn er etwas anderes tut, mit der Folge, daß er dann aus dem Markt ausscheidet: Pleite!), solange also der Wirtschaftsprozeß nicht"entartet", ist der"normale" Wirtschaftsablauf der, den Smith im 1. Absatz seines Wealth of Nations beschreibt: daß nämlich die Arbeit eines Volkes auch zu vermarktbaren Produkten führt, wodurch die Nation insgesamt reicher wird.
Aber natürlich: klipp! klipp! klipp! klipp! klipp!....
Wehe, wenn der Marktmechanismus nicht funktioniert! Wenn der «als infallibel geltende Schuldner STAAT» an seinen Schräubchen dreht!
Ihr Wort:
Ich bin neulich mit einem Ex-DDR-Bürger durch Deutschland getourt. Was sagte der mir?"Sieht schon fast überall so aus wie bei uns kurz vor Schluss!"
macht mir, ehrlich gesagt, Angst! Angst nämlich, daß Sie recht haben könnten!
Gruß
G.
<center>
<HR>
</center> |
dottore
04.11.2001, 11:39
@ Galiani
|
Re: @dottore: klipp! klipp! klipp! klipp! klipp! klipp! KLAPP! |
Hi Galiani,
>Dann aber kommt das klapp!! Sie unterstellen (oder ist es nur eine"Andeutung"), daß"Arbeit" (a priori!; wahrscheinlich!) zu nicht vermarktbaren Gütern führt.
Ich hatte früher schon versucht, einfaches"Tätigkeitsein" von"Arbeit" zu unterscheiden. Tätigsein ist, was die Arbeitswertlehre meint; ich erinnere an das Beispiel des"besten" Betriebes der Ex-CSSR, von dem mir Ota Sik nach dem Prager Frühling erzählt hatte. Der Betrieb produzierte Schornsteinfegerkugeln (ganze Halden, viele schon mit Gras bewachsen, davon hinter dem Werksgelände).
Arbeit dagegen wird immer von anderen bewertet, mit deren eigener Arbeit letztlich. Regulativ: Seine Majestät, der Markt.
>Könnte es sein, daß da irgendwo ganz tief unten in Ihrer doch zweifellos erz-liberalen Seele ein Fünkchen marxistischer Arbeitswertlehre herumspukt?
Nein, keine Bange. Es gibt keine Arbeit, die einen"Wert" als solchen hätte. Den Wert (Preis) der Arbeit bestimmt einzig und allein der Markt (= Summe aller anderen.
>Solange aber der Marktmechanismus funktioniert, und die Preise dem Unternehmer sagen, was er tun soll (bzw. die Logik des Marktes ihn bestraft, wenn er etwas anderes tut,
Es ist nicht der Preis allein, sondern es werden auch die Kosten berücksichtigt. Wnach jeder Unternehmer bei vorgegebenen Marktpreisen so lange zusätzlich Arbeit nachfragt, bis die Kosten deren Einsatzes sich dem Preis annähern.
Klartxt: Vollbeschäftigung setzt entsprechende Anpassungs- (Kostensenkungs-) Prozesse bei einzusetzenden Faktor Arbeit voraus. Das heutige Problem der"Lohnnebenkosten".
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
04.11.2001, 13:06
@ dottore
|
@dottore: Einverstanden! Aber Skalenerträge nicht vergessen! Gruß (owT) |
<center>
<HR>
</center>
|
Caspar
05.11.2001, 01:41
@ Galiani
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith, |
Die Sicherheit von Verträgen (ohne alles Klimbim drum herum) genügt!
Das halte ich für den ganz zentralen Irrtum. Bitte ein Beispiel für Verträge ohne Sicherheit.
Die Theoretiker in der Ã-konomie tun immer so, als würden Verträge grundsätzlich eingehalten, und als müsste jeder Verstoss als sozusagen ausserökonomisch betrachtet werden. Das ist doch praxisfern. Es hängt vom Geschäft ab, ob die Forderungsausfälle nicht zum Teil extrem hoch sind. Rechnungen für Mobiltelefone werden angeblich zu 10% nicht bezahlt.
Vielmehr ist es eben so, dass es immer eine Fallback-Mechanismus gibt. Alle möglichen, von Menschen geschaffenen Systeme, besonders technische Systeme, haben in besonders wichtigen Funktionen -- wenns irgendwie geht -- doppelte Systeme. Das um der theoretische Eleganz willen zu ignorieren ist nicht zulässig. Genau das gibt es auch in der Wirtschaft. Vielleicht nicht überall, aber überall, wo ein Geschäft dauerhaft betrieben wird. Und natürlich fliegt auch jedes Flugzeug ohne Mehrfachsicherung -- nach allen Regeln der Physik!! Aber der Mechaniker weiss, dass iregndwo immer was schiefgeht. Dazu braucht man keine Physik, um das zu wissen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Sowas aus wirtschaftlichen Theorien rauskürzen zu wollen ist m.E. zu einfach.
Thema DDR: was Debitismus nun -- ausgerechnet -- mit kommunistischen Systemen zu tun haben soll, das ist mir nicht klar. Ausserdem habe ich versucht darzustellen, wie die DDR ein Beispiel für Zwangswirtschaft ist. Das heisst: eben gerade nicht freie Wirtschaft. Wohl nicht klar genug hingeschreiben. Mein Schuld. Was mich interessieren würde: wie kommst Du auf die Assoziation? Immerhin soll der D. nur die Tatsachen der real stattfindenden Wirtschaft erklären und beinhaltet gar kein Programm, keine Empfehlung.
Gruss,
-caspar
<center>
<HR>
</center> |
Caspar
05.11.2001, 01:47
@ Galiani
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith, |
Die Sicherheit von Verträgen (ohne alles Klimbim drum herum) genügt!
Das halte ich für den ganz zentralen Irrtum. Bitte ein Beispiel für Verträge ohne Sicherheit.
Die Theoretiker in der Ã-konomie tun immer so, als würden Verträge grundsätzlich eingehalten, und als müsste jeder Verstoss als sozusagen ausserökonomisch betrachtet werden. Das ist doch praxisfern. Es hängt vom Geschäft ab, ob die Forderungsausfälle nicht zum Teil extrem hoch sind. Rechnungen für Mobiltelefone werden angeblich zu 10% nicht bezahlt.
Vielmehr ist es eben so, dass es immer eine Fallback-Mechanismus gibt. Alle möglichen, von Menschen geschaffenen Systeme, besonders technische Systeme, haben in besonders wichtigen Funktionen -- wenns irgendwie geht -- doppelte Systeme. Das um der theoretische Eleganz willen zu ignorieren ist nicht zulässig. Genau das gibt es auch in der Wirtschaft. Vielleicht nicht überall, aber überall, wo ein Geschäft dauerhaft betrieben wird. Und natürlich fliegt auch jedes Flugzeug ohne Mehrfachsicherung -- nach allen Regeln der Physik!! Aber der Mechaniker weiss, dass iregndwo immer was schiefgeht. Dazu braucht man keine Physik, um das zu wissen. Es ist nur eine Frage der Zeit. Sowas aus wirtschaftlichen Theorien rauskürzen zu wollen ist m.E. zu einfach.
Thema DDR: was Debitismus nun -- ausgerechnet -- mit kommunistischen Systemen zu tun haben soll, das ist mir nicht klar. Ausserdem habe ich versucht darzustellen, wie die DDR ein Beispiel für Zwangswirtschaft ist. Das heisst: eben gerade nicht freie Wirtschaft. Wohl nicht klar genug hingeschreiben. Mein Schuld. Was mich interessieren würde: wie kommst Du auf die Assoziation? Immerhin soll der D. nur die Tatsachen der real stattfindenden Wirtschaft erklären und beinhaltet gar kein Programm, keine Empfehlung.
Gruss,
-caspar
<center>
<HR>
</center> |
dottore
05.11.2001, 11:12
@ Caspar
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith, |
Hi Caspar,
>Thema DDR: was Debitismus nun -- ausgerechnet -- mit kommunistischen Systemen zu tun haben soll, das ist mir nicht klar.
Kommunistische Systeme kennen in der Regel wenig <bPrivateigentum,[/b] vor allem keines ans Produktionsmitteln (u.a. Grundstücke, Fabriken, Maschinen). Daher deren Beleihungsfähigkeit (ex Sicherheit bzw. Verpfändung) fehlt und ergo Kreditierungsmöglichkeiten und der aus Krediten folgende"Druck", sie zu erfüllen, was zu Leistungssteigerung führt, deren Schiedsgericht der freie Markt mit freien Preisen ist (egal, ob man diese Form der Leistung jetzt bejaht oder nicht).
Dresden und Hiroshima waren 1945 gleichmaßen zerstört. Hiroshima war 1990 wieder eine ansehnliche, moderne Stadt, Dresden weiterhin z.T. zerstört, mit verfallener Infrastruktur, verfallenden Häusern. Nicht dass die Dresdner weniger fleissig gewesen wären als die in Hiroshima. Nur hatte sie ihr System nicht gezwungen, sich Schuldeckungmittel am freien Markt zu besorgen, da dieser als Steuerungsinstrument (ich muss produzieren, wofür der andere mir freiwillig bereit ist, Gegenleistung zu geben) nicht existierte.
So wurde"am Markt vorbei" produziert (Honecker im ZK:"Warum haben unsere Jungsunterhosen keinen Schlitz"?), wobei Markt immer die Gesamtheit aller Nachfrager darstellt.
>Ausserdem habe ich versucht darzustellen, wie die DDR ein Beispiel für Zwangswirtschaft ist. Das heisst: eben gerade nicht freie Wirtschaft.
Das genau ist das Problem gewesen. Produktion ohne freie Märkte, die sie letztlich steuern, führt ins Nichts. Wodurch die Produktion erzwungen wurde, spielt keine Rolle, Kredite können ebenso der Auslöser von Produktion sein wie staatlich oktroyierter Zwang.
Über lange Jahrhunderte hin war der Zwang die Tributpflicht von Untertanen. Auch so kann"gewirtschaftet" werden, das was die eigene Bedarfsdeckung übersteigt, wird produziert, um es abzuliefern.
>Immerhin soll der D. nur die Tatsachen der real stattfindenden Wirtschaft erklären und beinhaltet gar kein Programm, keine Empfehlung.
Richtig, den Ablauf der real existierenden kapitalistischen Wirtschaft. Wirtschaft ist auch ohne Verschuldungsvorgänge möglich (dann stationär als Tauschwirtschaft - warum nicht?). Die Empfehlung lautet allerdings: Wenn schon Verschuldung, dann nur solche, bei der auch mit Erfüllung zu rechnen ist, was bei Staatsverschuldung definitiv nicht der Fall sein kann.
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
05.11.2001, 17:14
@ Caspar
|
Re: @Caspar:The..labor of every nation is the fund which..supplies it...(Smith, |
Hallo Caspar
Also zunächst einmal finde ich Deine Überlegungen bezüglich"Sicherheit, daß Verträge eingehalten werden" hochinteressant. Sehen wir da ein Symptom für den Niedergang unserer Gesellschaft? Oder umgekehrt, ein Zeichen dafür, daß unser Wirtschaftssystem mit doppelter und dreifacher Sicherheit arbeitet?
Danke jedenfalls für diesen hochinteressanten Gedanken.
Grundsätzlich aber gilt natürlich, daß in einer Gesellschaft, in der man sich nicht darauf verlassen kann, daß Verträge (Hume spricht von"promises") eingehalten werden, Mord und Raub herrschen werden.
Den Assoziations-Zusammenhang zwischen Debitismus und kollektivistischen, - oder eher: marxistischen - Grundideen habe ich in mehreren Postings darzulegen versucht. Vgl. insbes. Posting 89363.
Herzliche Grüße
G.
<center>
<HR>
</center> |
Galiani
05.11.2001, 17:23
@ dottore
|
Danke dottore! Tolle Analyse! Ein von mir übersehener Aspekt! (owT) |
<center>
<HR>
</center>
|