Jochen
03.11.2001, 17:58 |
Über die kommende Anarchie Thread gesperrt |
Aus einem Text des hervorragenden Historikers Karlheinz Weißmann: Was ist Dekadenz?
Weißmann meint z.B.:"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz bezieht sich auf Belgien, könnte aber allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
Er zieht folgendes Resumee über die Auflösung einer Zivilgesellschaft(unserer?)
"Einige Analytiker glauben, daß Versuche zur Abhilfe [Zerfall der Zivilgesellschaft] überhaupt zu spät kommen. Man könnte sie die Propheten der „kommenden Anarchie" nennen. Der Mann, der diesen Begriff geprägt hat, der amerikanische Journalist Robert Kaplan, äußerte vor einiger Zeit die skandalöse Vermutung, es gebe eine Art zwangsläufigen Prozeß, der die parlamentarischen Demokratien in Militärdiktaturen verwandeln werde, wenn die Probleme der inneren Sicherheit auf anderem Wege nicht mehr in den Griff zu bekommen seien. Noch vor zehn Jahren urteilte der israelische Militärtheoretiker Martin van Creveld ähnlich, jetzt hat er diese optimistische Vorstellung aufgegeben und meint, das Chaos stehe bevor. Wer könne, der solle — je nach Weltregion — Schutz suchen bei einem mächtigen internationalen Konzern oder einem warlord oder einer fundamentalistischen Sekte, den übrigen bleibe nur, den Verbrechern so ähnlich wie möglich zu werden."
Interessant, daß in diesem Forum schon vor Monaten (ich glaub, dottore wars) der Satz geschrieben wurde: Die Taliban sind ihrer Zeit weit voraus!
Und nun zum Wetter...
Gruß
Jochen
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Ghandi
03.11.2001, 18:43
@ Jochen
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Re: Machiavellismus der Masse |
"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz... könnte allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
Hi,
ist dies tatsächlich ein (jetzt schon) beobachtbares Phänomen?
Und wenn ja, was wäre die Ursache?
Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?
Hat sich der Glaube
a) in das (Wirtschafts-/Gesellschafts-)system verflüchtigt oder
b) der an eine höhere Instanz, die einem auch dann auf die Finger
schaut, wenn gerade kein Polizist an der Ecke lauert
oder beides?
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Jochen
03.11.2001, 19:54
@ Ghandi
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Re: Machiavellismus der Masse |
>"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz... könnte allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
>[b]Hi,
>ist dies tatsächlich ein (jetzt schon) beobachtbares Phänomen?
In Belgien ganz sicher. Der Fall Dutroux ist dort nur ein Fall (allerdings der widerlichste) unter mehreren. Die Justiz ist in politisch angehauchten Fällen praktisch nicht mehr handlungsfähig, unangenehme Zeugen ermorden sich selbst, wenn sie zuviel wissen usw.
>Und wenn ja, was wäre die Ursache?
Gute Frage. Vielleicht gehts über den"Umweg" des Debitismus: Man sollte sich mal die politischen Verhältnisse in Staaten mit exorbitanter Staatsverschuldung ansehen. Japan: Notenbanker in Unten-Ohne-Bars; Belgien: Politiker im Verdacht, mit Kinderschändern gemeinsame Sache zu machen; Deutschland: Aussetzung der Rechtsstaatlichkeit bei deRückgängigmachung der Enteignungen der SBZ von 1945-1949 usw.
Will sagen, durch die (bald?) ausschließliche Belastung der Haushalte mit Zinslasten kann die öffentliche Ordnung nicht mehr aufrecherhalten werden.
>Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?
>Hat sich der Glaube
>a) in das (Wirtschafts-/Gesellschafts-)system verflüchtigt oder
Ja.
>b) der an eine höhere Instanz, die einem auch dann auf die Finger > schaut, wenn gerade kein Polizist an der Ecke lauert
Ja.
Gruß
Jochen
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El Sheik
03.11.2001, 19:57
@ Ghandi
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Re: Machiavellismus der Masse: VON WEGEN |
>"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz... könnte allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
>Hi,
>ist dies tatsächlich ein (jetzt schon) beobachtbares Phänomen?
>Und wenn ja, was wäre die Ursache?
>Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?
>Hat sich der Glaube
>a) in das (Wirtschafts-/Gesellschafts-)system verflüchtigt oder
>b) der an eine höhere Instanz, die einem auch dann auf die Finger > schaut, wenn gerade kein Polizist an der Ecke lauert
>oder beides?
Moment mal, ganz langsam. Erstens zu dem Statement von Weißmann:
"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz... könnte allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
Offensichtlich hat er etwas beobachtet und anschließend als Machiavellismus bewertet. Worüber könnte die Masse denn zynisch sein. Vielleicht über die Auswegslosigkeit angesichts der Anthrax-Bedrohung oder über die Ungerechtigkeit des Krieges, der - as always- faktisch gegen Unschuldige geführt wird.
Ich teile diese Beobachtung mitnichten. Ich sehe kaum Kyniker, sondern eher Ruhe oder Verängstigung. Zynismus ist ja eine intellektuelle Kunstform, wieso sollen ausgerechnet jetzt die Massen aus dem nichts diese Kunstform erlernen. Aber selbst wenn es so wäre, selbst wenn die Massen zynisch wären, wären sie dann schon machiavellistisch?
Ich sage"nein", weil...
Als machiavellistisch könnte man ein Handeln bezeichnen, das nach aussen hin scheinbar aus moralischen Erwägungen geführt wird, in Wirklichkeit aber ein anderes Motiv als Ursache hat. Machiavellistisches Handeln benutzt geschickt und bewußt die Prinzipien der Täuschung und wenn es nötig ist sogar Gewalt. Machiavellistisches Handeln ist immer auf Machterhalt oder -Ausdehnung ausgerichtet.
Ich kann ein solches Verhalten bei den Massen beim besten Willen nicht sehen! Wo denn, wie denn? Die Meinungsmache durch die Medien lenkt die Massen. Das war immer so und ist auch jetzt im Milzbrand-Zeitalter so. Die Masse kann nie machiavellistisch sein. War sie es denn zu anderen Zeiten der Anarchie? Etwa während der französischen Revolution? NEIN!
Das obige Zitat scheint mir aus dem Zusammenhang gerissen. Der Poster möge doch bitte die komplette Quelle hier einstellen. Wäre interessant, mehr zu erfahren.
Interessanter Text
Grüsse
El Sheik
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Jochen
03.11.2001, 20:04
@ El Sheik
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Re: Machiavellismus der Masse: VON WEGEN |
>Das obige Zitat scheint mir aus dem Zusammenhang gerissen. Der Poster möge doch bitte die komplette Quelle hier einstellen. Wäre interessant, mehr zu erfahren.
>Interessanter Text
>Grüsse
>El Sheik
Das wäre ein bißchen viel, lieber Scheich. Du kannst den Text aber in der aktuellen Jungen Freiheit nachlesen.
Gruß
Jochen
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apoll
03.11.2001, 20:18
@ Jochen
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Re: Über die kommende Anarchie |
>Aus einem Text des hervorragenden Historikers Karlheinz Weißmann: Was ist Dekadenz?
>Weißmann meint z.B.:"Korruption ist an sich nichts Neues. Doch die Reaktion der Bevölkerung ist beängstigend. [Der Satz bezieht sich auf Belgien, könnte aber allgemeingültig sein] Es bildet sich ein kollektiver Zynismus heraus, ein Machiavellismus der Masse, und jeder bedient sich da, wo er kann."
>Er zieht folgendes Resumee über die Auflösung einer Zivilgesellschaft(unserer?)
>"Einige Analytiker glauben, daß Versuche zur Abhilfe [Zerfall der Zivilgesellschaft] überhaupt zu spät kommen. Man könnte sie die Propheten der „kommenden Anarchie" nennen. Der Mann, der diesen Begriff geprägt hat, der amerikanische Journalist Robert Kaplan, äußerte vor einiger Zeit die skandalöse Vermutung, es gebe eine Art zwangsläufigen Prozeß, der die parlamentarischen Demokratien in Militärdiktaturen verwandeln werde, wenn die Probleme der inneren Sicherheit auf anderem Wege nicht mehr in den Griff zu bekommen seien. Noch vor zehn Jahren urteilte der israelische Militärtheoretiker Martin van Creveld ähnlich, jetzt hat er diese optimistische Vorstellung aufgegeben und meint, das Chaos stehe bevor. Wer könne, der solle — je nach Weltregion — Schutz suchen bei einem mächtigen internationalen Konzern oder einem warlord oder einer fundamentalistischen Sekte, den übrigen bleibe nur, den Verbrechern so ähnlich wie möglich zu werden."
>Interessant, daß in diesem Forum schon vor Monaten (ich glaub, dottore wars) der Satz geschrieben wurde: Die Taliban sind ihrer Zeit weit voraus!
>Und nun zum Wetter...
>Gruß
>Jochen
...ordo ab chaos, alles seit langem geplant!!A.
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nereus
04.11.2001, 11:16
@ Jochen
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Re: Machiavellismus der Masse: - Aber Jochen.. |
.. was liest Du denn da für merkwürdige Lektüre?
Du weißt doch sicher das der Verfassungsschutz dieses Blatt im Visier hat und die Postbank kürzlich das Konto kündigen wollte oder hat oder so ähnlich.
Ich lese dieses Blatt auch und bin eigentlich recht zufrieden damit.
Hoffentlich hat das jetzt keine nachteiligen Konsequenzen für mich.
.. schwitz, hechel.. ANGST!!..
mfG
nereus
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Jochen
04.11.2001, 13:29
@ nereus
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Re: Machiavellismus der Masse: - Aber Jochen.. |
>.. was liest Du denn da für merkwürdige Lektüre?
>Du weißt doch sicher das der Verfassungsschutz dieses Blatt im Visier hat und die Postbank kürzlich das Konto kündigen wollte oder hat oder so ähnlich.
>Ich lese dieses Blatt auch und bin eigentlich recht zufrieden damit.
Hi nereus,
es ist mit Abstand das beste Blatt zZeit in D. Es wird außerdem nur in NRW im Verfassungsschutzbericht erwähnt, und gegen diese Erwähnung läuft derzeit eine Klage, die noch nicht entschieden ist.
Gruß
Jochen
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