Ghandi
04.11.2001, 08:40 |
an Galiani: entartete, pathologische Wirtschaft Thread gesperrt |
Lieber Galiani,
kurz ein paar Worte in eigener Sache:
Deine höfliche Umgangsform ist hier im Forum
vorbildlich. Möge sich dieser"Virus" als akut
ansteckend erweisen und rasch verbreiten ;-)
Jochen schreibt:
>Wobei es aber nur die Möglichkeit der Verpfändung und Belastung des Eigentums ist, die Wirtschaften ermöglicht (Heinsohn/Steiger).
Galiani antwortet:
>Das ist so undifferenziert wohl nicht richtig! Erst, wenn die Produktion (weil unter einem marktfremden Wirtschaftssystem die Preise einschließlich dem Zins ihre Lenkungsfunktion verlieren) an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbeigeht und damit nicht mehr absetzbar wird, wird die von Dir aufgezeigte Konsequenz zwingend. Dies eben bezeichne ich als eine entartete, pathologische Wirtschaft.
Dein Text ist für mich leider überhaupt
nicht nachvollziehbar.
Auch der Versuch, über Beispiele mit Fischen (oder
wie Reinhard Deutsch anhand von Kaninchen bzw. eines
Sackes Getreidekörner) funktionierendes Wirtschaften
OHNE Kredit zu erklären, ist zwar rührend, aber nicht
ganz typisch für eine Industrienation, in der die Land-
wirtschaft nur noch eine unbedeutende Nebenrolle spielt
(leider).
Vielleicht ist ein einfaches Beispiel aus unserer hochgradig-
arbeitsteiligen Wirtschaft hilfreich:
Ein Bekannter gründete vor zwei Jahren eine Firma.
Er fertigt dort Kunststoff-Formen z.B. für den Flugzeugbau,
oder die Autoindustrie.
Was benötigte er beim Start u.a.? - Ein Firmengelände, eine
Fertigungshalle, Maschinen und (zunächst) acht Mitarbeiter.
Die Firma läuft im Moment prächtig, lieber Galiani.
Aber wenn Du diesem Jung-Unternehmer ob seines stolzen
Kredites, den er am Hals hat jetzt sagst, das was er
tue sei"pathologisch entartetes" Wirtschaften, wird
ihn das nicht gerade zur Einstellung weiterer
Mitarbeiter ermuntern ;-)
Freundliche Grüße und schönen Sonntag
G.
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R.Deutsch
04.11.2001, 11:46
@ Ghandi
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Re: an Galiani: entartete, pathologische Wirtschaft |
Kann mich leider auf Eure interessante Diskussion im Moment nicht einlassen - deshalb nur kurz eine Anmerkung:
Wirtschaften ist primär eine güterwirtschaftliche Veranstaltung. Wir können nur durch Produktion von Gütern überleben. Durch eingehen einer Schuldbeziehung entsteht zunächst gar nichts, davon wird niemand satt.
Schuldbeziehungen, arbeitsteilige Wirtschaft, Kapitalbildung, Produktionsumwege, technischer Fortschritt etc. ermöglichen mehr Produktion, es sind Hilfsmittel zur Produktion von mehr Gütern. Es macht keinen Sinn, den Teilbereich Schuldbeziehungen allein in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen.
Robinson nutzen Schuldbeziehungen gar nichts, seine"Wirtschaft" kann aber durchaus wachsen, durch Kapitalbildung und Produktionsumwege.
Gruß
R.Deutsch
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JÜKÜ
04.11.2001, 12:20
@ Ghandi
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Re: an Galiani: entartete, pathologische Wirtschaft / Jaaaa! |
>Lieber Galiani,
>kurz ein paar Worte in eigener Sache:
>Deine höfliche Umgangsform ist hier im Forum
>vorbildlich. Möge sich dieser"Virus" als akut
>ansteckend erweisen und rasch verbreiten ;-)
Das kann ich wirklich unterschreiben! Und nereus steht dem nicht nach!
Es gibt natürlich noch mehr, aber die beiden - wirklich vorbildlich!
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Ghandi
04.11.2001, 12:35
@ R.Deutsch
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zu Robinson Crueso |
>Wirtschaften ist primär eine güterwirtschaftliche Veranstaltung. Wir können nur durch Produktion von Gütern überleben. Durch eingehen einer Schuldbeziehung entsteht zunächst gar nichts, davon wird niemand satt.
okay, soweit einverstanden.
Wenn Du vom"Sattwerden" redest, kann man dazu gleich
die prinzipielle Frage nach der Notwendigkeit dieser neuen
glasfaser-verstärkten Kunststoffe stellen - von denen wird
nämlich niemand SATT, sondern sie retten höchstens dem
Miachael Schumacher beim Frontal-Crash das Leben - mehr nicht.
>Schuldbeziehungen, arbeitsteilige Wirtschaft, Kapitalbildung, Produktionsumwege, technischer Fortschritt etc. ermöglichen mehr Produktion, es sind Hilfsmittel zur Produktion von mehr Gütern.
Wie das obige Beispiel zeigt, geht´s nicht in erster Linie
um MEHR, sondern um NEUARTIGE Güter.
Es macht keinen Sinn, den Teilbereich Schuldbeziehungen allein in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen.
Vollkommen richtig, aber OHNE diese wäre unsere Wirtschaft
nicht weiter als die des einsamen Robinson und seines treuen
Dieners Freitag. Schuldbeziehungen sind ein absolut unabding-
bares"Schmiermittel" für jede arbeitsteilige Industrienation.
>Robinson nutzen Schuldbeziehungen gar nichts, seine"Wirtschaft" kann aber durchaus wachsen, durch Kapitalbildung und Produktionsumwege.
[b]Ich meine, was bei ihm wachsen kann ist nur seine Gütermenge.
Kapitalbildung ist (nach heutigem Verständnis) erst möglich,
wenn er seine Produkte in Geld aus- oder an"preisen" kann.
Freundliche Grüße
G.
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Galiani
04.11.2001, 13:01
@ Ghandi
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@Ghandi - Du hast mich mißverstanden: Kredit an sich ist absolut nicht böse! |
Im Gegenteil, lieber Ghandi.
Pathologisch würde die Sache erst dann werden, wenn Dein Freund statt (von der Flugzeugindustrie benötigte)"Werte" unverkäuflichen Plunder auf Lager produzieren würde und wenn es ihm dann gelänge (weil sein Vater ein einflußreicher Politiker ist), diese"Produkte" mit fiat-money-Krediten zu belehnen.
Gegen"Kredite" an sich, also gegen einen gewissen Fremdkapital-Anteil in der Bilanz, ist überhaupt nichts einzuwenden. Ich wehre mich nur gegen die Auffassung, daß Wirtschaften überhaupt nur unter Schuldendruck möglich ist und daß ohne diesen Schuldendruck Wirtschaften unterbliebe.
Das entscheidende Wörtchen von Jochen, das mich zum Widerspruch herausgefordert hat, war lediglich das nur in folgendem Satz:
Wobei es aber <font color="FF0000">nur</font> die Möglichkeit der Verpfändung und Belastung des Eigentums ist, die Wirtschaften ermöglicht (Heinsohn/Steiger).
Hier scheint ein"schwarzes Loch" im Verständnis bezüglich der Marktwirtschaft als solcher zu bestehen (möglicherweise, wie Jochen andeutet, sogar bei Heinsohn/Steiger. Um das aber mit Sicherheit behaupten zu können, weiß ich zu wenig über die Lehre dieser beiden Professoren!):
Laß' mich folgendes erklären:
In einem Wirtschaftssystem, das auf sich frei bildenden Marktpreisen besteht, pendeln sich die Preise (und damit übrigens auch der Zins, der ja der Preis für Kredite ist) auf einer Höhe ein, bei der keiner der Marktteilnehmer durch irgend eine Biet-Aktion am Markt mehr etwas dazugewinnen kann. Der aktuelle Marktpreis sagt also jedem Konsumenten, in unserem Zusammenhang hier vor allem aber auch dem Produzenten, zu welchem Preis er vernünftigerweise höchstens kaufen darf bzw. verkaufen soll, um für eine bestimmte Ware nicht mehr Geld auszugeben, als er muß, bzw. um nicht auf seinen zu hoch bepreisten Produkten sitzenzubleien.
Der Preis hat somit also eine Lenkungsfunktion, - er sagt den Menschen, was sie tun bzw. wovon sie sich fernhalten sollen! Das übersehen alle jene, die den Markt ausschalten wollen (weil er so grausam sei oder so unbarmherzig oder... was weiß ich!). Ohne den Marktmechanismus"entartet" die Produktion sehr schnell zur"sinnlosen Güteranhäufung", die nur durch Kredite aufrechterhalten werden kann, die dann mit neuen Krediten bedient werden müssen u.s.w. Das halt, was wir aus kommunistischen Staatshandelsländern kennen. Jochen hat darauf in seiner Bemerkung ja auch ausdrücklich hingewiesen!
Was Jochen aber übersehen hat - und genau das hat mich zu meiner kritischen Stellungnahme veranlaßt - ist, daß es zu einer solchen"Entartung", zu einer solchen"sinnlosen Güteranhäufung (durch ungebremste Drauflos-Produktion) wie im Sozialismus" ja nur kommt, wenn die Preise ihre oben beschriebene Lenkungsfunktion nicht mehr wahrnehmen können. Denn sonst würden sie dem Produzenten, der unverkäufliche Waren herstellt, ja sehr schnell klar machen, daß er mit seiner sinnlosen Güteranhäufung am Holzweg ist und entweder umrangieren muß oder bald bankrott sein wird.
Solange der Preismechanismus aber funktioniert, und somit Produkte hergestellt werden, die einen am Markt vorhandenen Bedarf befriedigen, ist - um nochmals auf Deinen Freund mit seinen Kunststoff-Formen für den Flugzeug- und Autobau zurückzukommen - natürlich überhaupt nichts gegen Kredite einzuwenden. Sie beschleunigen den gesunden Wachstumsprozeß oder ermöglichen einen solchen sogar erst. Und da die hergestellten Produkte zu ihrem Marktpreis Absatz finden, in dem die Bedienung des Kredites einkalkuliert ist, besteht da ja auch überhaupt kein Problem. Und keinesfalls kann man wohl in diesem Fall davon sprechen, daß Dein Freund seine Firma nur gegründet habe, weil er unter Schuldendruck stand und, daß es zur Gründung dieser Firma gar nicht gekommen wäre, wenn Dein Freund NICHT unter so entsetzlichem Schuldendruck gestanden hätte; DAS WÄRE DOCH UNSINNIG, SO ETWAS ZU SAGEN! Oder?
Indem Jochen das Wörtchen <font color="FF0000">"nur"</font> gebraucht hat, schien er in seinen Überlegungen überhaupt nur den pathologischen, nicht aber den marktpreisgesteuerten"normalen" Wirtschaftsablauf zu sehen, in dem Wirtschaft eben keineswegs"<font color="FF0000">nur</font> durch Verpfändung und Belastung des Eigentums", sondern durch Skalenerträge in der Produktion marktgängiger Produkte zustandekommt (auch wenn die Produktionsprozesse selbst teilweise mit Krediten finanziert sein mögen).
Dieser ausschließlich dem"Entarteten" zugewandten Sicht der Wirtschaft, die den marktwirtschaftlich-"normalen" Prozeß völlig auszublenden schien, habe ich - höflich - widersprochen.
Herzlichen Gruß
G.
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Galiani
04.11.2001, 13:57
@ Ghandi
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Re: zu Robinson Crueso - Ist Debitismus die Quelle der Wirtschaftsentwicklung? |
Lieber Ghandi
Noch ein Nachtrag:
Du bist offenbar überzeugt davon, daß Kapitalbildung erst möglich wird, wenn die Produkte ausgepreist sind, was offenkundig Deiner Ansicht nach wiederum Verschuldung mit entsprechendem Verschuldungsdruck zur Voraussetzung habe. Und Du hältst das offensichtlich nicht nur für intellektuell gesichert, sondern auch für gut so. Denn:"OHNE diese [Verschuldung mit entsprechendem Verschuldungsdruck] wäre unsere Wirtschaft [wie Du sagst] nichts weiter als die des einsamen Robinson und seines treuen Dieners Freitag. Schuldbeziehungen [Du meinst offenkundig wiederum die Motivation, die von der Verschuldung bzw. dem ihr entsprechenden Verschuldungsdruck ausgeht] sind ein absolut unabdingbares «Schmiermittel» für jede arbeitsteilige Industrienation."
Ich wiederhole hier zwar, um neuerliche Mißverständnisse zu vermeiden: Gegen Kredite in einem marktwirtschaftlich normalen Wirtschaftsablauf ist absolut nichts einzuwenden.
Daß aber die von Verschuldung ausgehende Motivation der Menschen durch den damit einhergehenden Verschuldungsdruck die herausragende oder gar die einzige Quelle der Wirtschaftsentwicklung sei, möchte ich doch sehr stark bezweifeln.
Ich hatte mir (s. Posting Nr. 89363 sowie 89431) viel Zeit genommen, gestützt auf wirtschaftsgeschichtliche, anthropologische und psychiatrische Erkenntnisse zu erläutern, warum auf der Basis allein von Verschuldung und Schuldendruck sich meiner Ansicht nach
<font color="FF0000">"... NIEMALS der komplexe und hoch-produktive Wirtschaftsorganismus unserer Tage hätte entwickeln können....</font>
Dazu stehe ich.
Nochmals liebe Sonntagsgrüße
G.
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Ghandi
04.11.2001, 18:18
@ Galiani
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Ist Debitismus die Quelle der Wirtschaftsentwicklung? |
Hallo Galiani,
für heute nur noch ganz kurz:
- Hat dottore eines seiner Bücher unter oder
wegen des Schuldendruckes geschrieben?
- Bestimmt nicht.
Denn individuelle Spitzenleistungen (und die sind
es, die auch die Wirtschaft voranbringen, man denke
an das Stichwort: Innovation) werden erbracht, um
anerkannt, berühmt, unsterblich und reich zu werden,
aber ganz selten wegen drückender Schuldenlast.
Hier sind wir uns absolut einig.
- Geht der"normale" Arbeiter täglich z.B. ans Fließband,
nur um seine sogenannte Urschuld abzutragen?
- Ich denke, das kann man so sehen. Oder?
Zur Rolle der Kredite im"normalen" Wirtschaftsablauf,
wie Du es bezeichnet hast, möchte ich Dir gerne (evtl.
morgen) heftig widersprechen, wenn Du es erlaubst ;-)
Gruß
G.
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dottore
04.11.2001, 19:03
@ Ghandi
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Re: Ist Debitismus die Quelle der Wirtschaftsentwicklung? |
>Hallo Galiani,
>für heute nur noch ganz kurz:
>- Hat dottore eines seiner Bücher unter oder
>wegen des Schuldendruckes geschrieben?
>- Bestimmt nicht.
Wer weiß? Ich hatte 40 Jahre lang meine Konten immer im Soll. Das war es aber nicht. Denn ich hätte es ja abstellen können. Und weniger Erstausgaben von Leuten wie Cantillon kaufen, was ohnehin kein Konsum war, sondern eher so was wie Thesaurierung. Was aber nicht abzustellen war: Der schiere Existenzdruck (5 Kinder) und die Unsicherheit, als freier Autor noch jemand zu finden, der einem seinen Mist abkauft.
Ich gebe zu: Ich habe meine URSCHULD maximiert (schnelle Autos, usw.), aber was wäre das Leben gewesen, ohne das Gefühl, permanent unter Druck gestanden zu haben und dadurch zu immer neuen Leistungen gezwungen gewesen zu sein. Ich hätte dann gleich bayerischer Staatsbeamter bleiben können, der ich auch mal war. Dann wäre ich heute Ministerialdirigent oder Ordinarius an irgendeiner Uni - so what? Wir hätten uns nie kennen gelernt, schon allein deshalb, weil ich via Frust-Infarkt längst abgegangen wäre...
>Denn individuelle Spitzenleistungen (und die sind
>es, die auch die Wirtschaft voranbringen, man denke
>an das Stichwort: Innovation) werden erbracht, um
>anerkannt, berühmt, unsterblich und reich zu werden,
>aber ganz selten wegen drückender Schuldenlast.
>Hier sind wir uns absolut einig.
Ja, das ist überhaupt keine Frage. Nur bezogen auf den Markt bedeuten:
- anerkannt: Bekannte Marke, der unbesehen Vertrauen entgegen gebracht wird, eine Art Qualitätsmonopol.
- berühmt: Same shit, aber in der Spitzengruppe.
- unsterblich: Es reicht, wenn man in angenehmer Erinnerung bleibt.
- reich: Dann hast Du 'ne dicke Gläubiger-Position. Das war/wäre nix für mich.
>- Geht der"normale" Arbeiter täglich z.B. ans Fließband,
>nur um seine sogenannte Urschuld abzutragen?
>- Ich denke, das kann man so sehen. Oder?
So geht's dem normalen Arbeiter. Zu Hause warten Familie und im Briefkasten liegen Rechnungen.
>Zur Rolle der Kredite im"normalen" Wirtschaftsablauf,
>wie Du es bezeichnet hast, möchte ich Dir gerne (evtl.
>morgen) heftig widersprechen, wenn Du es erlaubst ;-)
Freue mich drauf. OHNE Kredit geht gar nix. Es gibt kein Beispiel, wo"Großes" gestemmt wurde, das nicht mit großen Krediten verbunden war. Selbst die Schulden, die Cheops mit seiner Pyramide am Hals hatte, musste seine Tochter im Bordell"abarbeiten", siehe Herdodot II, 124 ff.
Gruß
d.
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dottore
04.11.2001, 19:35
@ Galiani
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Re: @Ghandi - Du hast mich mißverstanden: Kredit an sich ist absolut nicht böse! |
Hi Galiani,
>Pathologisch würde die Sache erst dann werden, wenn Dein Freund statt (von der Flugzeugindustrie benötigte)"Werte" unverkäuflichen Plunder auf Lager produzieren würde und wenn es ihm dann gelänge (weil sein Vater ein einflußreicher Politiker ist), diese"Produkte" mit fiat-money-Krediten zu belehnen.
Davon ist in der Privatwirtschaft normalerweise (zu 99%) nicht die Rede.
>Gegen"Kredite" an sich, also gegen einen gewissen Fremdkapital-Anteil in der Bilanz, ist überhaupt nichts einzuwenden.
Die gesamte Passivseite jeder Bilanz ist Fremdkapital, angefangen von dem Kapital, das die Eigentümer der Gesellschaft dieser zur Verfügung stellen. Es gehört nicht der Gesellschaft.
>Ich wehre mich nur gegen die Auffassung, daß Wirtschaften überhaupt nur unter Schuldendruck möglich ist und daß ohne diesen Schuldendruck Wirtschaften unterbliebe.
Wirtschaft bedeutet letztlich vermarktbare Produkte zu erzeugen. Eine Vermarktung (= Angebotspreise incl. Vorfinanzierungs- und Zinskosten sowie Gewinnaufschlag) kann nur möglich sein, wenn zu der bei der Produktion entstandene Nachfrage (= Faktorkosten) zusätzliche Nachfrage daher kommt, die nur durch zusätzliche Verschuldung der Nachfragenden insgesamt möglich ist.
Ein ganz normaler Vorgang, wenngleich von der Ã-konomie bisher übersehen worden.
>Das entscheidende Wörtchen von Jochen, das mich zum Widerspruch herausgefordert hat, war lediglich das nur in folgendem Satz:[/b]
>Wobei es aber <font color="FF0000">nur</font> die Möglichkeit der Verpfändung und Belastung des Eigentums ist, die Wirtschaften ermöglicht (Heinsohn/Steiger).
Kredite, die unbesichert, also ohne die Existenz von Eigentum als eines Rechtsinstituts vergeben werden, gibt es leider nicht!
>Hier scheint ein"schwarzes Loch" im Verständnis bezüglich der Marktwirtschaft als solcher zu bestehen (möglicherweise, wie Jochen andeutet, sogar bei Heinsohn/Steiger. Um das aber mit Sicherheit behaupten zu können, weiß ich zu wenig über die Lehre dieser beiden Professoren!):
Die Sache ist ganz einfach: Erst wenn eine Schuld nicht nur in den Schuldner selbst, sondern auch noch in [b]Pfänder vollstreckt werden kann, wird sie in Form des"Kredits" vergeben. Um Pfänder zu haben bzw. anbieten zu können, muss es Eigentum geben. Kurzum: Ohne Eigentum kein Kredit, keine Schuld, kein Zins, kein Geld.
Das ist die H/S-Theorie in Kurzform. Eine ganz simple Sache.
>Laß' mich folgendes erklären:
>In einem Wirtschaftssystem, das auf sich frei bildenden Marktpreisen besteht, pendeln sich die Preise (und damit übrigens auch der Zins, der ja der Preis für Kredite ist)
Der Zins ist nicht der Preis für Kredit. Ein Kredit hat nie einen"Preis", denn womit sollte er bezahlt werden so wie Preise bezahlt werden, indem man Geld auf den Tisch legt? (Wir reden jetzt ganz banal von Kassakäufen). Welches Geld lege ich zur Bezahlung eines Kredits auf den Tisch?
Das, welches mir ohnehin fehlt?
Ein Kredit wird genommen, um eine Ware (einfaches Beispiel), die ich mir zeitlich erst später"leisten" könnte, jetzt schon zu erhalten. Nicht der Kredit hat also den Preis, sondern IMMER die Ware. Die ins JETZT vorgezogene Ware kostet halt mehr als die Ware, die ich mir erst später leisten könnte.
Der Zins ist ein <font color="FF0000">Aufpreis</font>, und das war's auch schon.
>auf einer Höhe ein, bei der keiner der Marktteilnehmer durch irgend eine Biet-Aktion am Markt mehr etwas dazugewinnen kann. Der aktuelle Marktpreis sagt also jedem Konsumenten, in unserem Zusammenhang hier vor allem aber auch dem Produzenten, zu welchem Preis er vernünftigerweise höchstens kaufen darf bzw. verkaufen soll, um für eine bestimmte Ware nicht mehr Geld auszugeben, als er muß, bzw. um nicht auf seinen zu hoch bepreisten Produkten sitzenzublebien.
Das ist das normale Einmaleins der freien Wirtschaft, hilft aber zur Erklärung des Zinses als eines"Preises" leider nicht weiter.
>Der Preis hat somit also eine Lenkungsfunktion, - er sagt den Menschen, was sie tun bzw. wovon sie sich fernhalten sollen!
Da muss nicht ernsthaft diskutiert werden.
>Das übersehen alle jene, die den Markt ausschalten wollen (weil er so grausam sei oder so unbarmherzig oder... was weiß ich!). Ohne den Marktmechanismus"entartet" die Produktion sehr schnell zur"sinnlosen Güteranhäufung", die nur durch Kredite aufrechterhalten werden kann, die dann mit neuen Krediten bedient werden müssen u.s.w.
Die sinnlose Güteranhäufung praktiziert der STAAT, indem er mittels Krediten Marktprozesse aufrecht erhält, die sich am Markt selbst längst verflüchtigt hätten, siehe den Komplex Subventionen.
>Das halt, was wir aus kommunistischen Staatshandelsländern kennen. Jochen hat darauf in seiner Bemerkung ja auch ausdrücklich hingewiesen!
>Was Jochen aber übersehen hat - und genau das hat mich zu meiner kritischen Stellungnahme veranlaßt - ist, daß es zu einer solchen"Entartung", zu einer solchen"sinnlosen Güteranhäufung (durch ungebremste Drauflos-Produktion) wie im Sozialismus" ja nur kommt, wenn die Preise ihre oben beschriebene Lenkungsfunktion nicht mehr wahrnehmen können.
Der freie Markt, auch der, welcher mit Krediten arbeitet, kann niemals seine Lenkungsfunktion verlieren. Wer den Markt seiner Lenkungsfunktion beraubt, ist einzig und allein der STAAT. Gilt vom Nahverkehr bis zur Weltraumforschung.
>Denn sonst würden sie dem Produzenten, der unverkäufliche Waren herstellt, ja sehr schnell klar machen, daß er mit seiner sinnlosen Güteranhäufung am Holzweg ist und entweder umrangieren muß oder bald bankrott sein wird.
Den Bankrott von Produzenten, die am Markt vorbei produziert haben, verhindert nicht der Markt, sondern der STAAT, siehe Kohle, siehe Landwirtschaft, siehe Holzmann, etc. etc.
>Solange der Preismechanismus aber funktioniert, und somit Produkte hergestellt werden, die einen am Markt vorhandenen Bedarf befriedigen, ist - um nochmals auf Deinen Freund mit seinen Kunststoff-Formen für den Flugzeug- und Autobau zurückzukommen - natürlich überhaupt nichts gegen Kredite einzuwenden. Sie beschleunigen den gesunden Wachstumsprozeß oder ermöglichen einen solchen sogar erst.
Genau so ist es.
>Und da die hergestellten Produkte zu ihrem Marktpreis Absatz finden, in dem die Bedienung des Kredites einkalkuliert ist, besteht da ja auch überhaupt kein Problem. Und keinesfalls kann man wohl in diesem Fall davon sprechen, daß Dein Freund seine Firma nur gegründet habe, weil er unter Schuldendruck stand und, daß es zur Gründung dieser Firma gar nicht gekommen wäre, wenn Dein Freund NICHT unter so entsetzlichem Schuldendruck gestanden hätte; DAS WÄRE DOCH UNSINNIG, SO ETWAS ZU SAGEN! Oder?
Nein. Jeder kann ein Lebensrisiko auf sich nehmen, das über sein"Kriege ich genug zu essen und trinken?" hinaus geht. Dies tut er zunächst, um seinem URSCHULD-Problem weiträumig auszuweichen. Ist er dann"investiert" (d.h. arbeitet er mit Krediten, was uneingeschränkt zu begrüßen ist), steht er unter KONTRAKTSCHULDENDRUCK.
>Indem Jochen das Wörtchen <font color="FF0000">"nur"</font> gebraucht hat, schien er in seinen Überlegungen überhaupt nur den pathologischen, nicht aber den marktpreisgesteuerten"normalen" Wirtschaftsablauf zu sehen, in dem Wirtschaft eben keineswegs"<font color="FF0000">nur</font> durch Verpfändung und Belastung des Eigentums", sondern durch Skalenerträge in der Produktion marktgängiger Produkte zustandekommt (auch wenn die Produktionsprozesse selbst teilweise mit Krediten finanziert sein mögen).
Die"Skalenerträge" sind produktionstechnische Krücken, sie haben mit der Realisierung der Erträge auf dem Markt an sich nichts zu tun. Der Markt als solcher honoriert keine Skalenerträge, sondern es tun immer nur konkrete Nachfrager. Dies mit Geld (= Kreditderivat) bzw. mit Krediten.
>Dieser ausschließlich dem"Entarteten" zugewandten Sicht der Wirtschaft, die den marktwirtschaftlich-"normalen" Prozeß völlig auszublenden schien, habe ich - höflich - widersprochen.[/b]
Nochmals: Die"Entartung" kommt niemals aus der Wirtschaft selbst, sondern einzig und allein vom STAAT, der mit Hilfe von Krediten das Geschehen komplett verzerrt.
Gruß
d.
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Galiani
04.11.2001, 19:48
@ dottore
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Ahhhhh! Adrenalin-Bedarf nicht Schuldendruck! Ok! Damit bin ich einverstanden! (owT) |
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Galiani
04.11.2001, 20:11
@ dottore
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@dottore: Re: @Ghandi - Du hast mich mißverstanden: Kredit an sich nicht böse! |
Eine Vermarktung (= Angebotspreise incl. Vorfinanzierungs- und Zinskosten sowie Gewinnaufschlag) kann nur möglich sein, wenn zu der bei der Produktion entstandene Nachfrage (= Faktorkosten) zusätzliche Nachfrage daher kommt, die nur durch zusätzliche Verschuldung der Nachfragenden insgesamt möglich ist.
Ein ganz normaler Vorgang, wenngleich von der Ã-konomie bisher übersehen worden.
Meine (Kurz-)Antwort (sorry, ich kann nicht widerstehen):
Nix wurde da übersehen! Die Skalenerträge aller Teilnehmer am Wirtschaftsprozeß erlauben erstens, daß insgesamt mehr produziert wird und, zweitens, daß das Produzierte auch verbraucht wird. Läßt sich mit einem Excel-Modell ganz leicht zeigen! Dabei ist - grundsätzlich - überhaupt kein Kredit erforderlich! Skalenerträge sind auch keineswegs nur"produktionstechnische Krücken" und haben mit der Realisierung der Erträge auf dem Markt, also von konkreten Nachfragern, sehr wohl zu tun!
Wenn Sie fragen, wer soll die größere Produktion abnehmen, frage ich zurück, wer soll sie kreditieren und womit?
Grüße
G.
PS. Ich fürchte, das Wiederkäuen der immer gleichen Frage wird für den Leser allmählich langweilig.
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Jochen
04.11.2001, 22:08
@ Galiani
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Re: Preise und Mengen - liegt da der Unterschied? |
>Eine Vermarktung (= Angebotspreise incl. Vorfinanzierungs- und Zinskosten sowie Gewinnaufschlag) kann nur möglich sein, wenn zu der bei der Produktion entstandene Nachfrage (= Faktorkosten) zusätzliche Nachfrage daher kommt, die nur durch zusätzliche Verschuldung der Nachfragenden insgesamt möglich ist.
>Ein ganz normaler Vorgang, wenngleich von der Ã-konomie bisher übersehen worden.
>Meine (Kurz-)Antwort (sorry, ich kann nicht widerstehen):
>Nix wurde da übersehen! Die Skalenerträge aller Teilnehmer am Wirtschaftsprozeß erlauben erstens, daß insgesamt mehr produziert wird und, zweitens, daß das Produzierte auch verbraucht wird.
Sind die verschiedenen Meinungen vielleicht darauf zurückzuführen, daß dottore mit Preisen und Galiani mit Mengen argumentiert?
Ich interpretiere dottore so, daß für die Produktion Kosten entstehen, die wieder hereingeholt werden müssen. Ob mit (i)10 Produkt A zu Kosten je 100 oder (ii)mit 100 Produkt A zu Kosten von 10 die Kosten wieder hereingefahren werden, ist erstmal für den Unternehmer unwichtig. Das Produkt ist immer gleich, nur der Preis unterscheidet sich durch kostengünstigere Produktion. Der Unternehmer holt sich in beiden Fällen seine Kosten wieder herein. Produziert er mehr, z.B. 1000 Produkt A, so kann er dafür maximal 1000 wieder einfahren, könnte also nur 1 verlangen, da mehr Nachfrage (Löhne) nicht vorhanden sind.
Is dat nu Kappes, dann is auch jut, dann geh ick schlafen:-)
>PS. Ich fürchte, das Wiederkäuen der immer gleichen Frage wird für den Leser allmählich langweilig.
Find ich gar nicht!
Gruß
Jochen
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Liated mi Lefuet
04.11.2001, 23:11
@ Galiani
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@dottore, @Galiani: Ich befürchte Haue:-) |
Hi Dottore, Galiani und Forum
<ul><ul><font color=red> Dottore schrieb: Eine Vermarktung (= Angebotspreise inkl. Vorfinanzierungs- und Zinskosten sowie Gewinnaufschlag) kann nur möglich sein, wenn zu der bei der Produktion entstandene Nachfrage (= Faktorkosten) zusätzliche Nachfrage daher kommt, die nur durch zusätzliche Verschuldung der Nachfragenden insgesamt möglich ist. Ein ganz normaler Vorgang, wenngleich von der Ã-konomie bisher übersehen worden.. </font></ul>
<font color=blue> Galiani schrieb:
Meine (Kurz-)Antwort (sorry, ich kann nicht widerstehen):
Nix wurde da übersehen! Die Skalenerträge aller Teilnehmer am Wirtschaftsprozeß erlauben erstens, daß insgesamt mehr produziert wird und, zweitens, daß das Produzierte auch verbraucht wird. Läßt sich mit einem Excel-Modell ganz leicht zeigen! Dabei ist - grundsätzlich - überhaupt kein Kredit erforderlich! Skalenerträge sind auch keineswegs nur"produktionstechnische Krücken" und haben mit der Realisierung der Erträge auf dem Markt, also von konkreten Nachfragern, sehr wohl zu tun!
Wenn Sie frage, wer soll die größere Produktion abnehmen, frage ich zurück, wer soll sie kreditieren und womit?
Grüße
G.
PS. Ich fürchte, das Wiederkäuen der immer gleichen Frage wird für den Leser allmählich langweilig. </font></ul>
So langweilig ist es nicht. Im Gegenteil. Ich find’s spannend.
Ich möchte die BWL/Fibu-Sicht beisteuern, um beizutragen, die Meinungsverschiedenheit aufzulösen.
Im Falle des Ver/Kaufes eines frisches geborenenen Stierkalbes("f-g-S"), kann je nach dem
<ul> ~ a) k e i n Nettogewinn im Marktsystem entstehen, weil Ertrag(beim Verkäufer)und Aufwand(beim Käufer) sich gegenseitig nach Regeln der Fibu/BWL/Steuergesetzgeber aufheben (müssen), falls Konsumgut-Ver/Kauf : Bezieht sich auf den Bauern XY, der das "f-g-S" als Konsumgut einer Metzgerei auf Rechnung verkauft. (Ergo: Zwar ergibt die Rechnung Guthaben für den Bauer XY //Schulden für die Metzgerei, aber im Marksystem insgesamt weder Gewinn noch Verlust)
<ul>Buchhaltungssätze:
~ Bei Bauer XY: Debitor Metzgerei (Bilanz, aktiva,s) an Tiererlöse (Erfolgsrechnung, Ertrag, h)
~ Bei Metzerei: Kreditor Bauer XY (Bilanz, passiva,h) an Tiereinkauf(Erfolgsrechnung, Aufwand,s)</ul>
Oder:
~ b) e i n Nettogewinn im Marktsystem entsteht dann, wenn der Ver/Kauf des"f-g-S" ein erfolgswirksamer Ertrag für den Verkäufer ist, a b e r für den Käufer erfolgsneutral in Übereinstimmung mit den Regeln der Fibu/BWL/Steuergesetzgebung, d.h. falls Investitionsgut-Ver/kauf. Also Bauer XY verkauft das"f-g-S" an einen Kleinbauern auf Rechnung, der aber das "f-g-S" als Investitionsgut seiner Kuhherde hinzufügt. Ergo: Guthaben Bauer XY//Schulden Kleinbauern, aber ein Nettogewinn im Marktsystem.
<ul>Buchhaltungssätze
~ Bei Bauer XY: Debitor Kleinbauer(Bilanz, aktiva,s)an Tiererlöse (Erfolgsrechnung, Ertrag, h)
~ BeiKleinbauer: Lebendes Inventar(Bilanz, aktiva,s) an Kreditor Bauer XY (Bilanz, passiv,h)</ul>
Die Frage: Wie begleichen der Kleinbauer/die Metzgerei die Rechnung (das Schuldverhältnis) zu Gunsten von Bauern XY?. Über diese Frage müssen wir nicht streiten, da hier schon x-mal besprochen. Es gibt vier Möglichkeiten:
Entweder hat der Kleinbauer/die Metzergei etwas auf der hohen Kante, oder darf/muss das Bankkonto überziehen(Stichwort: Wert des Hofes/Metzgerei dient als banktechnische Sicherheit).
Und beim Bauer XY, der die Banküberweisung gutgeschrieben erhält, führt die Banküberweisung dazu: a) Entweder, dass sein überzogener Kontostand vermindert wird, oder er auf seinem gutgpolstertem Bankkonto danach noch mehr auf der hohen Kante hat.
Alle vier Möglichkeiten sind in Bankensystem und Nichtbankensystem „erfolgsneutral“; sprich ergeben deswegen bekanntlich _w e d e r_ G e w i n n _n o c h_ V e r l u s t nach Fiburegeln/BWL/Steuergesetzgebung.(Die Fibusätze erspare ich mir. Aber falls ihr es unbedingt wollt, liefere ich diese nach)
Sind wir nun einen Schritt weiter gekommen, oder kiege von Euch (beiden?) Haue:- )
Grüsse an alle
Liated M.I. Lefuet
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riwe
05.11.2001, 07:09
@ dottore
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Re: @dottore: Kredit an sich ist absolut nicht böse! |
Die Sache ist ganz einfach: Erst wenn eine Schuld nicht nur in den Schuldner selbst, sondern auch noch in Pfänder vollstreckt werden kann, wird sie in Form des"Kredits" vergeben. Um Pfänder zu haben bzw. anbieten zu können, muss es Eigentum geben. Kurzum: Ohne Eigentum kein Kredit, keine Schuld, kein Zins, kein Geld.
Das ist die H/S-Theorie in Kurzform. Eine ganz simple Sache.
Guten Morgen dottore,
H+S unterscheiden nicht zwischen einem verzinslichen Darlehen einer Bank und einem Kredit. Ich hatte 1983 einen Auftrag über 1,5 Mios aus Nigeria, der u. a. Maschinen meines ehemaligen Arbeitgebers in Höhe von 1 Mio beinhaltete. Es lag ein unbestätigtes Akkreditiv vor, gegen das zu dieser Zeit niemand mehr nach Nigeria geliefert hätte. Ich habe meinem ehemaligen Chef versichert, dass ich für eine Einlösung des Akkreditivs sorgen würde. Darauf hin hat er die Lieferung zugesagt. Um auch die übrigen Maschinen von 2 weiteren Lieferanten zu bekommen, genügten 2 Anrufe. Das Geld kam zwar erst 9 Monate später, die Zinsen waren aber im Preis eingeschlossen. Allen Beteiligten war klar, dass ich niemals in der Lage gewesen wäre, einen derartigen Betrag aufzubringen oder entsprechende Sicherheiten zu stellen. Das ist Kredit!
Gruss
riwe
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dottore
05.11.2001, 11:28
@ riwe
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Re: @dottore: Kredit an sich ist absolut nicht böse! |
>Die Sache ist ganz einfach: Erst wenn eine Schuld nicht nur in den Schuldner selbst, sondern auch noch in Pfänder vollstreckt werden kann, wird sie in Form des"Kredits" vergeben. Um Pfänder zu haben bzw. anbieten zu können, muss es Eigentum geben. Kurzum: Ohne Eigentum kein Kredit, keine Schuld, kein Zins, kein Geld.
>Das ist die H/S-Theorie in Kurzform. Eine ganz simple Sache.
>Guten Morgen dottore,
>H+S unterscheiden nicht zwischen einem verzinslichen Darlehen einer Bank und einem Kredit. Ich hatte 1983 einen Auftrag über 1,5 Mios aus Nigeria, der u. a. Maschinen meines ehemaligen Arbeitgebers in Höhe von 1 Mio beinhaltete. Es lag ein unbestätigtes Akkreditiv vor, gegen das zu dieser Zeit niemand mehr nach Nigeria geliefert hätte. Ich habe meinem ehemaligen Chef versichert, dass ich für eine Einlösung des Akkreditivs sorgen würde.
Perfekt! Das"Ich" war die Sicherheit und da es in diesem Fall keinen Haftungsausschluss oder eine Haftungsbegrenzung gegeben hatte ("Ich" war eine Einzelperon und keine GmbH) haftete"Ich" mit seinem gesamten Eigentum bzw. Vermögen.
>Darauf hin hat er die Lieferung zugesagt. Um auch die übrigen Maschinen von 2 weiteren Lieferanten zu bekommen, genügten 2 Anrufe. Das Geld kam zwar erst 9 Monate später, die Zinsen waren aber im Preis eingeschlossen. Allen Beteiligten war klar, dass ich niemals in der Lage gewesen wäre, einen derartigen Betrag aufzubringen oder entsprechende Sicherheiten zu stellen. Das ist Kredit!
Natürlich ist das Kredit. Der Kredit des"guten Namens". Mit dem wurde jahrhundertlang gearbeitet und wird unter Kaufleuten bis heute gearbeitet. Was der"gute Name" taugt, zeigt sich spätestens, wenn der Kredit notleidend wird. Zehntausende von Kaufleuten sind dabei anschließend verschwunden.
Der Witz beim Konkurs ist ja gerade, dass er meist nur zu einer"Konkursquote" führt (wenn nicht ar zu einem masselosen Konkurs), was zeigt, dass die Besicherung (die"Masse") nicht ausreichend war. Solche Pleiten gab's seit der Antike.
Aber gerade dies zeigt, dass ein Kredit letztlich immer auf Sicherheiten zielt, wobei diese durchaus nicht nur Eigentum im realen Sinne sein müssen, sondern - heute in immer zunehmendem Maße, wie oft genug beschrieben - auch auf künftig zu erwartende Einkommen (z.B. Lohn und Gehalt bei Kontokorrentkrediten).
Einverstanden?
Gruß
d.
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Caspar
05.11.2001, 11:39
@ dottore
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Re: @dottore: Kredit an sich ist absolut nicht böse! |
>Aber gerade dies zeigt, dass ein Kredit letztlich immer auf Sicherheiten zielt, wobei diese durchaus nicht nur Eigentum im realen Sinne sein müssen, sondern - heute in immer zunehmendem Maße, wie oft genug beschrieben - auch auf künftig zu erwartende Einkommen (z.B. Lohn und Gehalt bei Kontokorrentkrediten).
>Einverstanden?
Ich bin einverstanden. Aber, folgender Hinweis ist vielleicht wichtig: So einen"guten Namen" kann man ja nur haben, wenn man mit seinem Vermögen gut disponiert und wie selbstverständlich liquide ist zum Termin. Dieses freie Disponieren kann es aber nur mit Eigentum geben. Die Verbindung"Eigentum--Sicherheit" ist offensichtlich in manchen Fällen nicht sehr offensichtlich. ;-) Es gibt ja auch noch die unbesicherten Interbanken-Kredite. Wie siehts bei denen eigentlich aus? Ich nehme mal an, dass eben die Teilnahme an soetwas an eine vorherige Bonitätsprüfung gebunden ist und das über Clearing-Stellen mit entsprechend strengen Konditionen abgewickelt wird.
Gruss,
-caspar
Gruss,
-caspar
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dottore
05.11.2001, 13:19
@ Liated mi Lefuet
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Re: Zum Zeitablauf in der Ã-konomie |
Hi Liated,
das Beispiel ist selbstverständlich korrekt gebucht, vielen Dank für die Mühe.
Dazu ist zunächst zweierlei zu sagen:
1. Das Stierkalb hatte dem Bauern vor der Geburt bereits Kosten verursacht (Weide, Besamung, Stallabschreibung, Tierarzt). Diese Kosten musste der Stierkalb-Bauer zunächst bezahlen (oder sich kreditieren lassen). Diese Kosten wurden zu tendenziell zusätzlicher Nachfrage (u.a. zur Nachfrage nach dem Stierkalb, gesamtwirtschaftlich).
Was über die Kosten des Stierkalb hinausgeht, ist der Versuch des Stierkalbbauern, den Kalbsgewinn zu realisieren, was gesamtwirtschaftlich nur möglich ist, wenn entweder zusätzliche Nachfrage auftritt, was zusätzliche Kreditierungen voraussetzt (im Fall des Kaufs durch weitere"Kontenüberziehung" des Käufers, wie beschrieben), oder eine Forderungszession des Käufers (siehe Minderung der"Hohe Kante") an den Verkäufer.
2. Die"Hohe Kante" ist, sofern vorhanden, nichts anderes als ein Ausdruck von Forderungen, die der Käufer seinerseits hat und die er beim Kauf an den Stierkalbbauern abtritt. NUN wird's interessant.
Haben bei - Käufer und Verkäufer - bei der selben Bank ihr Konto (Raiffeisenkasse) geht's zunächst um die Fristigkeit. Bleibt sie gleich (beide"Hohen Kanten" haben gleiche Lauf- bzw. Anlagezeit), spielt für die Bank selbst diese Zession keine Rolle.
Dann sind wir wieder bei Punkt 1. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass auch derjenige, der die Kosten des Stierkalbs erhalten hat und mit dem Käufer des Stierkalbs identisch ist, dann ergibt sich:
A (Stierkalbkostenempfänger und Stierkalbkäufer) und B Stierkalbverkäufer hatten zunächst je Hohe Kante 1000.
B bucht für die Kosten 100 auf A. B hat 900, A hat 1100.
Jetzt verkauft B das Stierkalb an A zu 200 (100 sind sein Gewinn). Dann hat B 1100 und A 900. Die Bank muss das nicht interessieren. Sie muss nach wie vor nur darauf achten, dass sie die Summa 2000, sobald fällig (oder fällig gestellt) zur Verfügung hat (Goldene Bankregel = Fristigkeiten müssen aufeinander passen).
Legt der Verkäufer seinen Gewinn längerfristig an, muss die Bank durch die Beschaffung einer höher verzinslichen Refinanzierung eine entsprechende Anlage besorgen, womit der aus dieser Anlage Zinsverpflichtete letztlich den Gewinn aus dem Kalbverkauf (später) realisiert. Oder die Bank offeriert selbst eine Anlage, was aufs selbe hinausläuft.
Falls A und B bei verschiedenen Banken ihre Konten unterhalten, muss die eine Bank (bei der abgebucht wird) sich entsprechende Liquidität beschaffen, da sie das Geld nicht bei sich liegen hatte, was notfalls zur Beanspruchung der Notenbank führt (= Banknotenbeschaffung) mit den entsprechenden Kosten (Verzinsung der hinterlegten Pfänder abzüglich des Notenbanksatzes).
Die andere Bank (auf der die zedierte Forderung jetzt einläuft) wird entsprechend entlastet, was im Falle des Einlaufens von Banknoten (als schneller durchschauter Ablauf) bedeutet, dass sie damit ihre ZB-Pfänder auslösen kann und entsprechend den ZB-Satz spart.
Wird also mit gleichen Fristigkeiten bei einer Bank gearbeitet spielt die Bank zunächst keine Rolle. Dann sind wir nur bei dem Problem der unterschiedlichen Verzinsung von Soll- und Habenkonten, die sich unterschiedlich verteilen (der Käufer kriegt weniger für seine niedriger gewordene Hohe Kante, der Verkäufer mehr).
Das Problem ist - abgesehen von dem Fristigkeitsproblem der jeweiligen Hohen Kanten - besser darzustellen, wenn wir die Kosten für das Stierkalb mit 200 und den Verkaufspreis ebenfalls mit 200 ansetzen, aber auf den Verkaufspreis noch eine Umsatzsteuer von 20 % ansetzen und diesen Vorgang solange wiederholen, bis die Hohe Kante des Verkäufers geleert ist, denn er führt diese jeweils 40 nicht an den Verkäufer ab, sondern an einen Dritten, am Geschäft selbst Unbeteiligten, nämlich den Staat.
Ist Ebbe in der Kasse des Käufers, muss er sich dann jeweils um die 40 Umsatzsteuer, die er bezahlen muss, Geld beschaffen, um seine Hohe Kante bei Null zu halten, was sofort Verschuldungs- und Zinsprobleme schafft.
Selbst wenn der Staat das geschlachtete Stierkalb kaufen würde (das - wiederum ohne Gewinnaufschlag, um es einfacher zu machen - den Staat 240 kostet), und wir also einen perfekten Kreislauf konstruieren, so verstreicht doch während dieses Prozesses Zeit.
Diese Zeit wiederum wird bewertet und kostet also Zins. Das Geld für diesen Zins muss seinerseits beschafft werden, was ohne zusätzliche Verschuldung nicht möglich ist (siehe im einfachen Banknotenfall den Notenbankmechanismus).
Der Kern der Sache liegt also darin, dass nicht alles gleichzeitig und an einem Ort stattfinden kann oder stattfindet. Es müssen Zeit und Raum (als zeitverzehrendes Phänomen) überbrückt werden.
Das Modell mit dem Stierkalb geht gesamtwirtschaftlich nur auf, wenn:
- Aufzucht (Bezahlung der Kosten) des Stierkalbs
- Geburt des Stierkalbs
- Verkauf des Stierkalbs
- Schlachtung des Stierkalbs
- Verkauf des geschlachteten Stierkalbs
- Verzehr des geschlachteten Stierkalbs usw.
absolut gleichzeitig stattfinden.
Sobald dies nicht der Fall ist, erscheinen zwangsläufig Zinsphänomene (Zeit- und Raumüberbrückungskosten). Die jeweils auflaufenden Zinsen, egal auf welcher Stufe, sind in dem Gleichzeitigkeitsmodell nicht enthalten (die Gewinnaufschläge natürlich auch nicht), sie müssen"irgendwie" von außen dazukommen.
Jedes Wirtschaften, das nicht auf reinem Warentausch (dieser ebenfalls unter der Voraussetzung der Gleichzeitigkeit von Tauschvertrag und Tauschvollzug) beruht, kennt also den systeminhärenten, da zeitablaufbedingten Zwang zur zusätzlichen Verschuldung, mit deren Hilfe nur die Zinsen dargestellt werden können.
Einen Trick, die Zeit aus der Wirtschaft herauszumogeln, gibt es leider nicht.
Man kann versuchen, die Ungleichzeitigkeit zu minimieren, was aber umso schwieriger ist, je größer die Märkte werden (siehe Globalisierungsproblem). Man kann auch den Zins [u]verbieten</u, was aber bekanntlich auch nie funktioniert hat.
Kurzum: Wir können aus der Zeit nicht aussteigen. Dazu müssten wir schon entweder unsterblich werden und unendlich lange warten können oder - am anderen Ende - nur für einen Wimpernschlag lang auf Erden weilen und ergo auch keinerlei"Bedürfnisse" entwickeln, die sich bekanntlich dadurch auszeichnen, dass sie durch Zeitablauf nicht stehen bleiben, sondern größer werden.
Soweit meine Sicht.
Mit nochmaligem herzlichen Dank für die immer wieder hoch interessanten Fibu-Beispiele, die den Könner verraten.
Gruß
d.
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dottore
05.11.2001, 14:13
@ Caspar
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Re: Overnights sind das größte Risiko! |
Hi Caspar,
>Ich bin einverstanden. Aber, folgender Hinweis ist vielleicht wichtig: So einen"guten Namen" kann man ja nur haben, wenn man mit seinem Vermögen gut disponiert und wie selbstverständlich liquide ist zum Termin. Dieses freie Disponieren kann es aber nur mit Eigentum geben. Die Verbindung"Eigentum--Sicherheit" ist offensichtlich in manchen Fällen nicht sehr offensichtlich. ;-)
Ja, das ist das Problem, das uns hier auch ständig umtreibt. In"the good old days" war eben eindeutig Eigentum (bzw. Edelmetall) die Sicherheit, inzwischen sind es immer mehr"Forderungen" geworden (zudem noch auf"irgendetwas").
Dies ist der Kern der Kritik am Heutigen von R.Deutsch.
>Es gibt ja auch noch die unbesicherten Interbanken-Kredite. Wie siehts bei denen eigentlich aus?
Sind kurzfristig, am Geldmarkt oder overnight. Besicherung ist nicht erforderlich, da a) ingesamt kurze Frist und b) zu schnelles Geschäft innerhalb der Frist.
Die Banken kennen natürlich ihre Bonitäten, entsprechend werden die Kreditlinien jeden Tag neu"ertastet". Geldhändler A zu Geldhändler B:"Na 200 hätte ich, 300 gerade nicht..." usw. Sobald sich irgendein Gerücht über eine Bank aufmacht, wird sofort glatt gestellt (Gegenposition o.ä.).
>Ich nehme mal an, dass eben die Teilnahme an soetwas an eine vorherige Bonitätsprüfung gebunden ist und das über Clearing-Stellen mit entsprechend strengen Konditionen abgewickelt wird.
Clearingstellen gibt's da nicht. Die Banken geben ihren Händlern strikt einzuhaltende Summen vor (sonst sofort Rauswurf). Jede Bank steht in just dem Risiko, das sie als abschätzbar und erträglich hält.
Jede Bank, die als Bank überhaupt im Geschäft sein will, muss jederzeit Kurse stellen können (Geld/Brief). Tut's sie's nicht, ist sie tot. Banken haben nur die Möglichkeit, Geld/Brief so weit auseinander zu stellen, dass keiner mit ihr Geschäfte macht, das ist aber auch die einzige Waffe, sich aus dem Ganzen rauszuhalten.
Overnights ist natürlich gefährlich. Da gähnt vor allem zwischen USA zu und Japan auf ein dunkles schwarzes Loch.
Gruß
d.
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Galiani
05.11.2001, 15:34
@ Jochen
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@Jochen: Richtig, Jochen. Mein kleines Excel-Modell beruht auf diesem Prinzip! |
Hallo Jochen
Wobei sich die Sache in diesem Modell am Anfang natürlich ohne Geld abspielt, so daß die Preise im Grunde hier (noch) keine Rolle spielen. Faktum ist bloß, daß zunächst einmal ausreichend Subsistenzmittel produziert werden, um einer (wachsenden) Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, Kapital zu bilden um damit durch "Kombinieren menschlicher Arbeit mit Gaben der Natur" (Böhm-Bawerk) immer weitergehende Bedürfnisse zu befriedigen. Der genaue Ablauf wurde theoretisch erschöpfend und sehr ausführlich, klar und bis heute unwiderlegt beschrieben in Richard von Strigl, Kapital und Produktion, Wien/Springer 1934; neu erschienen im Philosophia-Verlag 1982. Wie es nach Einführung des Geldes weitergeht, ist (wie schon mehrfach erwähnt) bei Cantillon (insbes. ii/6) nachzulesen.
Jedenfalls ist Kapitalbildung kein statischer Vorgang, sondern grundsätzlich eine open-end Sache und auch - was in der ganzen debitistischen Debatte immer wieder einmal, um die Theorie zu retten, unterstellt wird - keinesfalls ein Ein-Perioden-Spiel, sondern zieht sich vielschichtig und dynamisch über die gesamte Zeitachse. Schließlich hat, wie Strigl gleich am Anfang seiner bahnbrechenden Untersuchung feststellt,"Kapital" auch mit"Geld" zunächst einmal überhaupt nichts zu tun. Damit läuft der gesamte (mir nicht immer ganz verständliche) Wortschwall über Geld, das ein Schuldschein gegenüber der Notenbank sei und nur zediert werde... und-so-weiter-und so-fort, der sich regelmäßig über mich ergießt, wenn ich das Wort Kapital gebrauche, von vornherein ins Leere: Kapital gibt es, seit es Menschen gibt, Notenbanken seit noch nicht einmal 100 Jahren. Die ganze längliche Diskussion würde sich erübrigen, wenn Strigl's Buch irgendwann einmal aufmerksam von allen gelesen werden würde.
Der Versuch, die alte Erkenntnis, daß es nichts anderes als die Arbeit ist, die jedes Volk "mit allen Bedürfnissen und Annehmlichkeiten des Lebens versorgt" (Adam Smith, 1776), durch eine angeblich alles umwälzende, neue so genannte"debitistische" Sicht zu ersetzen, in der es nicht mehr die Arbeit ist, sondern (per se völlig unproduktive) "Verschuldungsprozesse" oder "Kontrakte" wären, die am Anfang jedes Wirtschaftens stünden, rückt an die Stelle der Güter-Produktion ein Scheinproblem ins Zentrum der Betrachtung, nämlich die bei Licht betrachtet im Grunde seltsame Frage: "Wer soll das alles konsumieren?" (Das inverse Problem hingegen, daß nämlich bei unzureichender"Augenblicksproduktion", - Verschuldung hin, Kontrakte her - die Menschen schlicht verhungern müßten, ist meines Wissens noch keinem Debitisten einen Gedanken wert gewesen!) In seinen logischen Konsequenzen führt der erwähnte Versuch der Debitismus-Theorie, die Arbeit als Basis des Wirtschaftens in der Theorie durch Verschuldungsvorgänge zu ersetzen, aber außerdem zu Annahmen über den Menschen, die den geschichtlichen, psychologischen und anthropologischen Grundlagen unseres Menschenbildes vom"freien, selbstverantwortlichen, sinnstiftenden" Individuum widersprechen würden.
Deine Überlegungen sind also - wie Du siehst - keineswegs"Kappes", sondern tatsächlich der Schlüssel zur Lösung des Problems.
Liebe Grüße
G.
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Galiani
05.11.2001, 17:01
@ Liated mi Lefuet
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Hallo Liated mi Lefuet - Danke für Deine sehr gescheite Analyse! |
Hallo!
Dein Fibu-Beispiel zeigt, daß Du auf diesem Instrument virtuos spielst.
Leider aber ist die Fibu einfach nicht das richtige Werkzeug, um gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge richtig zu beschreiben. Sie ist ein Modell der Wirklichkeit, das nicht für diesen Zweck geschaffen wurde. Sie erlaubt, einzelwirtschaftliche Bestände und Erträge festzuhalten. Das leistet sie perfekt!
In keiner Buchhaltung wird aber, - wie Deine Überlegung ja richtig aufzeigt, - die Tatsache irgendwelche Spuren hinterlassen, daß die Welt insgesamt reicher geworden ist. Dein"f-g-S" scheint in der Fibu auf, nicht aber, daß dieses"f-g-S" tatsächlich die Welt ein kleines bißchen reicher macht. Dasselbe gilt für eine Produktions-Innovation, eine geniale Erfindung oder einen neuen Industriezweig. Jedes Unternehmen hielt vor 100 Jahren seine Bestände und Erträge genauso in der Buchhaltung fest wie heute, obwohl sich der pro-Kopf-Reichtum seither verhundertfacht haben mag. Doch aus keinem einzigen Buchungssatz in irgendeinem Unternehmen auf der Welt ist das wirklich zu entnehmen.
Verbal beschreibst Du die Sache vollkommen richtig: <font color="FF0000">Entweder hat der Kleinbauer/die Metzergei etwas auf der hohen Kante, oder darf/muss das Bankkonto überziehen.</font> Dottore antwortet Dir darauf sofort wieder mit hochgezüchtetem Juristen-Deutsch:"Ausdruck von Forderungen", die"abgetreten" weden müssen;"Zession";"Fristigkeit"; - und landet am Ende auch wieder in der Finanzbuchhaltung (die natürlich in seiner Hand zur Lösung des vorliegenden Problems kaum mehr taugt, als in Deiner). Meine Sicht der Dinge ist die: Es gilt genau das, was Du sagst. Entweder leiht sich der Käufer den Kaufpreis (dann mag das gelten, was unser verehrter dottore ausführt) oder der Käufer hat in Vorperioden Kapital (etwa in Form eigener f-g-S's oder meinetwegen einiger Goldstücke) gebildet. Dann ist die Bezahlung für ihn kein Problem!
Nicht um des Rechthabens willen, sondern um einem von dottore sicherlich gleich folgenden Einwand zuvor zu kommen, wiederhole ich hier, was ich gerade Jochen gepostet habe: Strigl hat gleich am Anfang seiner bahnbrechenden Untersuchung zu diesem Thema festgestellt, daß"Kapital" mit"Geld" zunächst einmal überhaupt nichts zu tun hat. Damit läuft der gesamte (mir nicht immer ganz verständliche) Wortschwall über Geld, das ein Schuldschein gegenüber der Notenbank sei und nur zediert werde... und-so-weiter-und so-fort, dem ich mich stets gegenüber sehe, wenn ich das Wort "Kapital" gebrauche, von vornherein ins Leere: Kapital gibt es, seit es Menschen gibt, Notenbanken seit noch nicht einmal 100 Jahren. ( Richard von Strigl, Kapital und Produktion, Wien/Springer 1934; neu erschienen im Philosophia-Verlag 1982).
Ich habe vor einiger Zeit, weil ich das zur Versachlichung der Diskussion für notwendig hielt, einige grundsätzliche Gedanken zur Modellbildung gepostet. In diesem Zusammenhang habe ich aber auch auf die Gefahr der Hypostase hingewiesen, die Gefahr, Modell und Wirklichkeit zu verwechseln. Die Gesamtwirtschaft mit einzelwirtschaftlichen Buchungssätzen beschreiben zu wollen, scheint mir tatsächlich ein hypostatischer Griff in die falsche Werkzeugkiste zu sein. Aber zum Trost: Du bist keineswegs allein damit.
Herzlichen Gruß und nochmals"Danke" für Deinen intellektuell anregenden Beitrag
G.
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hu
05.11.2001, 17:10
@ Galiani
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Re: @G. modell wäre interessant |
>Hallo geehrter Galiani!
>gibt es die Excel-modellstruktur hier als posting? ich mache auch so was und kann nur empfehlen:das programm Mathcad 6.0. es funktioniert praktisch wie hinschreiben. für differentialrechnung genügt knopfdruck.eine große bitte hätt ich auch noch: Strigl fehlt in meiner sammlung, ist der verlag in austria oder in D? ISBN wäre wohl zuviel verlangt?
Buch über kapitaltheorie ist geordert.
herzliche grüße
hu
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Uwe
05.11.2001, 17:50
@ hu
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Verweis auf Buchhinweis: Capital & Production By: Richard von Strigl |
gu: [i]...Strigl fehlt in meiner sammlung, ist der verlag in austria oder in D? ISBN wäre wohl zuviel verlangt?[/i]
Hier nur die englichsprachige Ausgabe gefunden (15US$)
[img][/img]
Bitte Bild anklicken!
Vielleicht ist die Angabe hilfreich
Gruß
Uwe
Verweis auf Buchhinweis: Capital & Production By: Richard von Strigl
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hu
05.11.2001, 18:01
@ Uwe
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Re: Verweis auf Buchhinweis: Capital & Production By: Richard von Strigl |
>lieber Uwe,
sehr nett, danke für hinweis!deutssch wär mir lieber, aber trotzdem.
>Gruß
>hu >
>Verweis auf Buchhinweis: Capital & Production By: Richard von Strigl >
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Galiani
05.11.2001, 18:05
@ hu
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@hu |
Hallo Herr Huth
Hier die komplette Signatur von Strigl (den ich auf diesem Gebiet für theoretisch wirklich großartig halte):
Strigl, Richard von:
Kapital und Produktion
Unveränd. Nachdruck der 1. Auflage, Wien 1934/ mit e.
Vorwort von Ludwig M. Lachmann
Philosophia-Verlag, München 1982
(The international Carl Menger library)
ISBN 3-88405-037-0
Das Excel-Modell habe ich mir vor einigen Jahren von irgendeiner amerikanischen.edu-Seite geholt. Lief aber (seltsamerweise) nur auf Windows NT, das ich mittlerweile deinstalliert habe. War nichts Besonderes (numerische Verteilung von Resourcen auf eine nach einer Wachstumsfunktion zunehmende Zahl von Teilnehmern). Falls Sie die Sache wirklich interessiert, suche ich das Programm für Sie.
(Was machen Sie eigentlich beruflich? Nach Ihren Postings zu urteilen, würde ich schätzen, daß Sie höchstens etwa 10 Jahre jünger sind als ich?! Hier meine e-mail Adresse, falls Sie mir darauf antworten möchten: tabarelli@supra.net)
Herzlichst Ihr
Tabarelli
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Uwe
05.11.2001, 18:09
@ Galiani
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Re: @dottore: Re: @Ghandi - Du hast mich mißverstanden: Kredit an sich nicht böse! |
Galiani: [i]... Ich fürchte, das Wiederkäuen der immer gleichen Frage wird für den Leser allmählich langweilig.[/i]
Ich könnte es verstehen, wenn es einer wissenden Person (Leserinnen oder Leser) so ergehen würde, doch bitte habt Geduld mit dem lernenden Personenkreis, zu dem ich mich zähle, für die in nahezu jedem Beitrag auf neue Aspekte hingewiesen wird oder zumindest Sachverhalte mit anderen Worten verdeutlicht werden. So empfinde ich die überwältigende Flut an Informationen, die hier dargeboten werden. Dafür meine Dank an alle Diskutanten (und natürlich auch an alle onkel ).
Gruß
Uwe
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Galiani
05.11.2001, 19:31
@ Uwe
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@Uwe: Pflanzst Du mich oder ist das Dein Ernst? Aber, ich kann's eh nicht lassen |
Hallo Uwe
(jemanden"pflanzen" = österreichisch; bedeutet:"jemanden auf den Arm nehmen")
Grüße
G.
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Uwe
05.11.2001, 19:44
@ Galiani
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@Galiani... |
Galiani: [i]... Pflanzst Du mich oder ist das Dein Ernst?......jemanden"pflanzen" = österreichisch; bedeutet:"jemanden auf den Arm nehmen"...[/i]
Da ich Dein Körpergewicht nicht kenne, und ich ein eher vorsichtiger Mensch bezüglich uneinlösbarer Ankündigungen bin, gehe bitte davon aus, daß ich Dich und niemanden auf den Arm nehmen werde ;-).
Nein, auch im Ernst, es sind für mich oft die Nebensätze, die mich weiter"forschen" lassen, wobei ich darüberhinaus zugeben muß, das das Thema allg. Volkswirtschaft, von der wissenschaftlichen Seite her, für mich mehr Neuland, als vergessenes Wissen ist.
Gruß
Uwe
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dottore
05.11.2001, 21:24
@ Galiani
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Re:"Kapital" (Vermögen) als solches gibt es NICHT. Leider... |
Hi Galiani,
>Dottore antwortet Dir darauf sofort wieder mit hochgezüchtetem Juristen-Deutsch:"Ausdruck von Forderungen", die"abgetreten" weden müssen;"Zession";"Fristigkeit"; - und landet am Ende auch wieder in der Finanzbuchhaltung (die natürlich in seiner Hand zur Lösung des vorliegenden Problems kaum mehr taugt, als in Deiner). Meine Sicht der Dinge ist die: Es gilt genau das, was Du sagst. Entweder leiht sich der Käufer den Kaufpreis (dann mag das gelten, was unser verehrter dottore ausführt) oder der Käufer hat in Vorperioden Kapital (etwa in Form eigener f-g-S's oder meinetwegen einiger Goldstücke) gebildet. Dann ist die Bezahlung für ihn kein Problem!
Mit Kapital aus"Vorperioden" (!) kann ich immer nur Kapital späterer Perioden tauschen. Also den Goldring der Oma mit dem, was der Juwelier aktuell zu bieten hat (Designerschmuck).
Das beschreibt weder das aktuelle Wirtschaften noch erklärt es gar wachsende Wirtschaft.
>Nicht um des Rechthabens willen, sondern um einem von dottore sicherlich gleich folgenden Einwand zuvor zu kommen, wiederhole ich hier, was ich gerade Jochen gepostet habe: Strigl hat gleich am Anfang seiner bahnbrechenden Untersuchung zu diesem Thema festgestellt, daß"Kapital" mit"Geld" zunächst einmal überhaupt nichts zu tun hat.
Völlig richtig. Nur gibt es"bewertetes" Kapital nur und nachdem es Geld gibt. Wie anders sollte sonst Kapital bewertet (= in jedermann zugänglichen Märkten ausgepreist) werden außer in unzähligen einzelnen Kapitaltauschwünschen, wobei jeweils anderes Kapital in dieses getauscht wird bzw. werden soll?).
Es läuft auf das alte Problem hinaus. Kann ich mit"Ersparnissen" (in Geld!) früherer Perioden Gewinne späterer Perioden [b]gesamtwirtschaftlich realisieren?
Leider: Ich kann es nicht! [/b]
>Damit läuft der gesamte (mir nicht immer ganz verständliche) Wortschwall über Geld, das ein Schuldschein gegenüber der Notenbank sei und nur zediert werde... und-so-weiter-und so-fort, dem ich mich stets gegenüber sehe, wenn ich das Wort "Kapital" gebrauche, von vornherein ins Leere: Kapital gibt es, seit es Menschen gibt, Notenbanken seit noch nicht einmal 100 Jahren. ( Richard von Strigl, Kapital und Produktion, Wien/Springer 1934; neu erschienen im Philosophia-Verlag 1982).
Natürlich gibt es Kapital länger als Notenbanken, aber die"Bewertung" (= Auspreisung) von Kapital kann immer nur geschehen:
- Entweder durch Auspreisung in Edelmetall (wie bekannt: eine Druckerei Gutenbergs kostete xxx Taler, hab die Zahl aus dem Fust/Gutenberg-Prozess jetzt nicht zu Hand)
- Oder durch Auspreisung in Kreditgeld (der bekannte, heutige Notenbankmechanismus).
<font color="FF0000">Kapital als"solches" gibt es leider nicht.</font>
Denn das Urteil darüber, ob es sich überhaupt um Kapital (wir wissen natürlich auch: es ist VERMÃ-GEN!) handelt und ergo die aus ihm kommenden Güter vermarktbar sind, fällt nicht derjenige, der das (vermeintliche) Kapital inne hat, sondern die anderen. Alle anderen, jedenfalls jeder, der Marktzugang zu dem hat, was das VERMÃ-GEN"vermochte".
Gruß, sehr herzlich,
d.
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Galiani
05.11.2001, 21:45
@ Uwe
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@Uwe: Danke! Das freut mich! Wäre auch zu schwer....! Gruß G. (owT) |
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Liated mi Lefuet
06.11.2001, 08:43
@ Galiani
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Re: @Galiani: Modelle und Messungen |
Hi Galiani et al.
<ul><font color=blue> Galiani schrieb: Ich habe vor einiger Zeit, weil ich das zur Versachlichung der Diskussion für notwendig hielt, einige grundsätzliche Gedanken zur Modellbildung gepostet. In diesem Zusammenhang habe ich aber auch auf die Gefahr der Hypostase hingewiesen, die Gefahr, Modell und Wirklichkeit zu verwechseln. Die Gesamtwirtschaft mit einzelwirtschaftlichen Buchungssätzen beschreiben zu wollen, scheint mir tatsächlich ein hypostatischer Griff in die falsche Werkzeugkiste zu sein....</font></ul>
Völlig richtig. Fibu darf/sollte unter keinen Umständen mit einem „Modell“ der Wirklichkeit verwechselt werden.
Aber: M.E. gilt es zu bedenken: Fibu ist nicht nur ein „Verwaltungsinstrument“, sondern auch ein Regelwerk, Mess- und Informationssystem für wirtschaftliche Aktivitäten. Beispielsweise werden damit die Gewinne p.a. von Firmen „gemessen“, die bekanntlich „steuerbar“ sind,, aber auch „Wertschöpfung“ im Sinne der MWSt. Weiters misst/verwaltet man mit Fibu die Schuldverhältnisse und deren Veränderungen in der Zeit etc. etc.
Mit andern Worten: Ohne Fibu ist Marktwirtschaft im heutigen Sinne kaum denkbar: Denn wie möchte man ohne „Fibu“ wissen, wieviel „Gewinn p.a.“ man als Unternehmer maximiert hat?. Wie könnte der Staat ohne Firmen-Fibu-Ergebnisse die Firmen besteuern? Und: Das Banksystem oder Firmen ohne Fibu wären ähnlich einem Mensch ohne „Gedächtnis“.
Ich meine also: Fibu ist kein Modell, sondern kann hilfreiches Mittel sein, um wirtschaftliche Aktivitäten im Marktsystem zu"messen", zu analysieren. Dazu kann man alle Fibus von Firmen, Banken, Staat, Mafia etc. etc. gedanklich zusammen zu fassen und ergänzen, in dem man auch für Private Fibu führt. So entstünde ein Mega-Messystem mit Gedächtnis“, folgend MMG. So oder ähnlich hat das mal Baldur, der Ketzer bezeichnet, wenn ich mich recht entsinne.
Natürlich weist Fibu als „Messgerät“ auch gravierende Mängel auf. Z.B. ignoriert Fibu die Natureingriffe der Firmen und damit des Wirtschaftsystems. Z.B. ignoriert die Fibu-Sichtweise den Raubau an Urwäldern und betrachtet „nur“ Holzverkäufe, aber das ist eine andere Geschichte
<ul><font color=blue>In keiner Fibu wird aber, - wie Deine Überlegung ja richtig aufzeigt, - die Tatsache irgendwelche Spuren hinterlassen, daß die Welt insgesamt reicher geworden ist. Dein frisch geborenes Stierkalb ("f-g-S") scheint in der Fibu auf, nicht aber, daß dieses"f-g-S" tatsächlich die Welt ein kleines bißchen reicher macht........</font></ul>
Beim Begriff „insgesamt reicher geworden“ wird es mir immer „gschmuch“(=schwyzerdüütsch: sich unwohl fühlen, unheimlich zu Mute). M.E sollten wir im langfristigen Bezugsrahmen sehr vorsichtig sein, da man Geld nicht „essen kann“. Siehe obiger Absatz: Fibu und Raubbau an Urwäldern, trotz jährlich „frisch geborener“ Bäume.
<ul><font color=blue>....Dasselbe gilt für eine Produktions- Innovation, eine geniale Erfindung oder einen neuen Industriezweig. Jedes Unternehmen hielt vor 100 Jahren seine Bestände und Erträge genauso in der Buchhaltung fest wie heute, obwohl sich der pro-Kopf-Reichtum seither verhundertfacht haben mag. Doch aus keinem einzigen Buchungssatz in irgendeinem Unternehmen auf der Welt ist das wirklich zu entnehmen.</font></ul>
Es muss m.E. ein Missverständnis vorliegen bzw. ich mich habe zuwenig klar ausgedrückt. Sorry.
Die Fibu unterscheidet sozusagen den Ver/Kauf eines “Tischlein-deck’Dich“ (=Investitionsgut, wie Maschinen, Milchkuh, Zuchtbulle, Stromgeneratoren etc.) von den „Speisen“ darauf(=Konsumgut, Schlachtvieh, Nutzholz, Bier, Hosen, Strom, Telefongespräche etc.). Ebenso zeigt/unterscheidet Fibu eindeutig und klipp oder klar, ob Produktion und Ver/Kauf von Konsumgütern o d e r Investitionsgütern Mitteln o h n e_ zusätzliche Bankkredite finanziert wurde, o d e r auf Pump erfolgte
Das MMG kann sich „erinnern“, dass wir (wenigstens in der 1.Welt) nach Generationen vielleicht im Durchschnitt das „hundertfache“ Einkommen p.a. haben mögen. Aber im selben Zeitraum ist ev. Aufschuldung, im Durchschnitt um das „tausendfache“ gestiegen, während Einkommen, Besitz, und Aufschuldung/“Verguthabung“ in einem komplexen Prozess im Laufe der Zeit, immer stärker von den Durchschnittswerten wegdriftend , umgeschichtet wurden/werden..? In dieser Richtung ist irgend etwas los: Das Marktsystem scheint sich m. M. nach in Richtung „Kollaps“ hoch zu schaukeln. Mir geht es darum, diese Prozesse und deren Dynamik im Teamwork mit Euch zu analysieren und zu verstehen.
Grüsse an Euch alle
Liated M.I. Lefuet.
PS:
<ul><font color=blue>Verbal beschreibst Du die Sache vollkommen richtig: <font color="FF0000">Entweder hat der Kleinbauer/die Metzergei etwas auf der hohen Kante, oder darf/muss das Bankkonto überziehen.</font> Dottore antwortet Dir darauf sofort wieder mit hochgezüchtetem Juristen-Deutsch:"Ausdruck von Forderungen", die"abgetreten" weden müssen;"Zession";"Fristigkeit"; - und landet am Ende auch wieder in der Finanzbuchhaltung (die natürlich in seiner Hand zur Lösung des vorliegenden Problems kaum mehr taugt, als in Deiner). Meine Sicht der Dinge ist die: Es gilt genau das, was Du sagst. Entweder leiht sich der Käufer den Kaufpreis (dann mag das gelten, was unser verehrter dottore ausführt) oder der Käufer hat in Vorperioden Kapital (etwa in Form eigener f-g-S's oder meinetwegen einiger Goldstücke) gebildet. Dann ist die Bezahlung für ihn kein Problem!</ul></font>
Natürlich, wie weiter oben gesagt: Das Begleichen (von Rechnungen) bzgl. Investionsgütern oder Konsumgütern k a n n ohne „Zusatzverschuldung erfolgen im Marksystem, wie Du m.E richtig feststellst. Aber muss nicht, weil Konsum- oder Investitionsgüter auch auf Pump erwerbbar sind. Um irgend etwas auf Pump zu finanzieren, brauchen Banken natürlich
k e i n e irgendwelche v o r h e r i g e n Sparervorgänge von „Geld“, sondern erledigen das mit bargeldlosen Buchhaltungsoperationen.
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dottore
06.11.2001, 09:07
@ Liated mi Lefuet
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Re: @Galiani: Modelle und Messungen |
Hi Liated,
vielen Dank für das Posting.
Der zentrale Satz kommt hier:
"Um irgend etwas auf Pump zu finanzieren, brauchen Banken natürlich k e i n e irgendwelchen v o r h e r i g e n Sparervorgänge von „Geld“, sondern erledigen das mit bargeldlosen Buchhaltungsoperationen."
Das ist der Witz des heutigen Systems: Kredite sind jederzeit ex nihilo möglich. Und da das auch beim Hochbuchen möglich ist (Zins wird zur Schuld geschlagen), fehlt in dem System die entscheidende Kontrolle: der Vollstrecker. Alias: Die Abforderung von Sozialprodukt und falls dieses nicht gebracht wird der Konkurs des jeweils konkreten Schuldners.
Dankend grüßt
d.
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Galiani
06.11.2001, 11:42
@ Liated mi Lefuet
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Re: @Galiani: Modelle und Messungen - Danke für Deine Bemerkungen. |
Hallo Liated mi Lefuet
<ul><font color=blue> Du schreibst: Fibu ist kein Modell, sondern kann hilfreiches Mittel sein, um wirtschaftliche Aktivitäten im Marktsystem zu"messen", zu analysieren.... </font></ul>
Anders als im normalen Sprachgebrauch bezeichnet man im wissenschaftlichen Bereich und in der (philosophischen) Erkenntnistheorie mit dem Begriff"Modell" keineswegs so etwas wie ein Spielzeug, sondern jedes Abbild der Wirklichkeit (sei dieses sprachlicher, zeichnerischer, mathematischer, mechanischer oder irgendeiner sonstigen Natur.) Dazu ist ergänzend zu sagen, daß - wie die Erkenntnistheorie spätestens seit Kant (Prolegomena, 1783; lesenswert!) nachgewiesen hat - der Mensch gar nie in der Lage ist, die Wirklichkeit als solche zu erkennen und sich deshalb zwangsläufig mit"Abbildern der Wirklichkeit", eben mit"Modellen", behelfen muß. Niemand kann erfassen, was z.B. ein"Lagerbestand" wirklich ist. Unsere Sinnesorgane, etwa das Auge, leiten von dem, was wir zu sehen vermeinen, nur Nerven-Impulse in unser Gehirn, wo das Ganze zu einem"Modell" der Wirklichkeit zusammengesetzt wird. Ob dieses"Abbild" der Wirklichkeit entspricht, bleibt dahingestellt und ist gar nicht"objektiv" beantwortbar. Insofern ist die Methode der Fibu ein Werkzeug und die konkrete Buchhaltung eines Unternehmens in einem bestimmten Jahr ein spezifisches"Modell" der Wirklichkeit dieses Unternehmens in diesem Jahr (und keineswegs"die Wirklichkeit" selbst). Daß sie auch "ein hilfreiches Mittel sein kann, um wirtschaftliche Aktivitäten im Marktsystem zu messen und zu analysieren...", widerspricht dem in keiner Weise.
<ul><font color=blue> Dazu kann man alle Fibus von Firmen, Banken, Staat, Mafia etc. etc. gedanklich zusammen zu fassen und ergänzen, in dem man auch für Private Fibu führt. So entstünde ein Mega-Messystem mit Gedächtnis“, folgend MMG.... </font></ul>
Ja, das wäre eine Idee, die allerdings Utopie bleiben dürfte. Zumal viele Staaten in der Welt heute ja emsig daran arbeiten, alle Bilanzen der Welt mittels ihrem"legalen Falschgeld" (R.Deutsch) nicht zusammenzufassen, sondern zu verschleiern.
<ul><font color=blue> Beim Begriff „insgesamt reicher geworden“ wird es mir immer „gschmuch“(=schwyzerdüütsch: sich unwohl fühlen, unheimlich zu Mute). M.E sollten wir im langfristigen Bezugsrahmen sehr vorsichtig sein, da man Geld nicht „essen kann“....</font></ul>
Richtig! Deshalb ja mein dringender Hinweis, daß - ursprünglich und eigentlich -"Kapital" und"Geld" nichts miteinander zu tun haben."Reicher" werden bedeutet zunächst einmal eben keineswegs unbedingt"mehr Geld", sondern"mehr Realkapital","mehr Güter".
Nochmals: herzlichen Dank für Deine klugen Überlegungen sowie Grüße
G.
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Liated mi Lefuet
06.11.2001, 15:11
@ Galiani
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Re: @Galiani: Modelle und Messungen - Danke für Deine Bemerkungen. |
Hi Galiani
Merci, für den philosophischen Ausflug (Kant kannte ich bisher nur dem Namen nach).
Noch eine kleine Ergänzung zum Diskussions-Thread:
<ul><ul><font color=red> Liated schrieb: Dazu kann man alle Fibus von Firmen, Banken, Staat, Mafia etc. etc. gedanklich zusammen zu fassen und ergänzen, in dem man auch für Private Fibu führt. So entstünde ein Mega-Messystem mit Gedächtnis“, folgend MMG.... </font></ul>
<font color=blue>Galiani schrieb: Ja, das wäre eine Idee, die allerdings Utopie bleiben dürfte. Zumal viele Staaten in der Welt heute ja emsig daran arbeiten, alle Bilanzen der Welt mittels ihrem"legalen Falschgeld" (R.Deutsch) nicht zusammenzufassen, sondern zu verschleiern.</font></ul>
Ich habe das MMG vorallem als Gedankenexperiment gemeint. (Experiment= von griech. ex-pereiri, ex=daraus,heraus, pereiri=lernen, erfahren). Also in dem Sinne, dass man sich (an's MMG denkend) eher bewusst ist/wird, dass man ein vernetztes System betrachtet, dem man selbst angehört (und so eher fragmentierendes Denken vermeidet). Und da"man" ja selber auch ein Teil des Systems ist, kann man sich selber betrachten und analysieren, was man selber für"Fibu-Spuren" im MMG hinterlässt. Oder: Via Gedankenexperiment"MGG" kann man sein eigenes Wissen bzgl. fundamental wichtiger montärer Vorgänge testen und prüfen und verifizieren/falsifizieren. Zum Beispiel: Wegen einer stinknormalen, alltäglich vorkommenden bargeldlosen Überweisung werden im MGG drei Schuldverhältnisse auf"null" reduziert; wieso? u.v.m. Mit andern Worten: Das MMG und damit Herum-Experimentieren betrachte ich nur als eine (von vielen) Methode(n), Erfahrungen zu sammeln und zu"lernen".
Grüsse
von Liated, der sich bedankt für die interessante Diskussion
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Galiani
06.11.2001, 16:16
@ dottore
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Re:Es ist mir schon peinlich: Aber 'Kapital' gibt es sehr wohl. Gott sei Dank! |
Hallo, lieber dottore,
Die Vorgeschichte dieser Diskussion:
<ul><font color="0000FF">Galiani schrieb an Liated mi Lefuet: ... Dottore antwortet Dir darauf sofort wieder mit hochgezüchtetem Juristen-Deutsch:"Ausdruck von Forderungen", die"abgetreten" weden müssen;"Zession";"Fristigkeit"; - und landet am Ende auch wieder in der Finanzbuchhaltung (die natürlich in seiner Hand zur Lösung des vorliegenden Problems kaum mehr taugt, als in Deiner). Meine Sicht der Dinge ist die: Es gilt genau das, was Du sagst. Entweder leiht sich der Käufer den Kaufpreis (dann mag das gelten, was unser verehrter dottore ausführt) oder der Käufer hat in Vorperioden Kapital (etwa in Form eigener f-g-S's oder meinetwegen einiger Goldstücke) gebildet. Dann ist die Bezahlung für ihn kein Problem! </font></ul>
Dagegen wenden Sie, lieber dottore, zweierlei ein, nämlich erstens:
<ul>><font color="FF0000">Kapital als"solches" gibt es leider nicht. (Wobei Sie wenige Zeilen zuvor doch eingeräumt haben, daß es"natürlich" doch Kapital gebe.)</font> </ul>
Ich weiß langsam nicht mehr, was ich Ihnen, hochgeschätzter dottore, darauf antworten soll; ich vermute mal, Sie definieren"Kapital" irgendwie anders. Jedenfalls kann aber doch niemand ernsthaft bestreiten, daß Kapitalgüter in abertausendfacher Form, als Werkzeuge, Hilfsstoffe, Maschinen, Betriebsmittel und was weiß ich noch alles in unserer Wirtschaft vorhanden sind. Oder? Vielleicht sollte ich nochmals darlegen, daß"Kapitalien" zunächst einmal weder"Geld", noch Edelmetall, sondern einfach irgendwelche Produktionsgüter sind. Um aus den ausgetretenen Denkpfaden herauszukommen, sei das Wort "Kapital" im folgenden ersetzt durch den viel sprechenderen Begriff "vorgetane Arbeit". Der Speer, der es dem urweltlichen Jäger erlaubt, Wild zu erlegen, ist in diesem Sinne genauso "vorgetane Arbeit" wie das Fischerboot und das Fischernetz, das dem Fischer größere Fisch-Erträge ermöglicht oder der Sack Kunstdünger, durch den der Ernteertrag eines Feldes steigt, oder alle anderen bereits genannten Güter, die nicht dem unmittelbaren Verbrauch dienen, sondern der verbesserten Herstellung von Verbrauchsgütern im allerweitesten Sinn.
Ihr zweiter Einwand, dottore, scheint mir zunächst einmal dem ersten, es gebe kein Kapital, zu widersprechen:
<ul>>[b]<font color="FF0000">Mit Kapital aus"Vorperioden" kann ich immer nur Kapital späterer Perioden tauschen. Also den Goldring der Oma mit dem, was der Juwelier aktuell zu bieten hat... Das beschreibt weder das aktuelle Wirtschaften, noch erklärt es gar wachsende Wirtschaft.</font></ul>
[b]Außerdem ist dieser Satz unhaltbar!
Wenn die Wirtschaftsleistung, also die Menge an "vorgetaner Arbeit" in der Zeiteinheit durch Arbeitsteilung um rund einen Faktor 50'000 wächst (d.i. das hier von mir schon mehrfach gepostete Beispiel der Stecknadelfabrik im Adam Smith's"Wealth of Nations", p. 6f) und durch die ebenfalls hier schon mehrfach diskutierten"Produktionsumwege" (s. etwa v.Strigl, Wien 1934/1982) nochmals sehr bedeutend zunimmt, so ist es doch schon einmal von vornherein mehr als wahrscheinlich, daß Ersparnisse aus"Vorperioden", die nun in Produktionsgüter umgewandelt werden und damit zu eben diesem Wachstumsprozeß weiter beitragen werden, natürlich sehr wohl in den darauf folgenden Perioden ein"Mehr" an Waren kaufen werden. Ihre Rechnung in Geld mag das Bild verwirren; aber Sie tauschen ja nur Gold gegen Gold, was selbstredend nichts zum Wachstum beitragen kann! Ganz anders aber sähe die Situation aus, wenn Sie, was ja überhaupt erst die logische Grundlage jeder Wirtschaftsentwicklung ist, Ersparnisse aus Vorperioden gegen heutige Produktionsmittel tauschen würden! Keine Frage, daß in diesem Fall realwirtschaftlich etwa 10 Stunden "vorgetaner Arbeit" der Vorperiode in (natürlich: die richtigen) Produktionsgüter umgewandelt, real auch Gewinne späterer Perioden realisieren können (und daß es in der Tat"die richtigen" Produktionsgüter sind, dafür sorgt der Markt). Könnten sie das nicht, wären die mit den Ersparnissen gekauften Güter eine Fehlinvestition und das Wirtschaftssubjekt müßte aus dem Wirtschaftsprozeß notgedrungen ausscheiden! Ende!
Die allenfalls hier auftauchende Frage:"Wer soll denn dieses Mehrprodukt verbrauchen?" wäre naiv, verehrter dottore: Ein vorhandenes Güterangebot, das die Menschen lockt, loszuwerden, war noch nie ein wirkliches Problem der Menschheit! (Und - um es auch in diesem Zusammenhang nochmals zu sagen: daß es"die richtigen" Produkte sind, dafür sorgt der Markt! Wären es nicht"die richtigen" Produkte, müßte das Wirtschaftssubjekt aus dem Wirtschaftsprozeß notgedrungen ausscheiden! Ende!)
Ich sage nicht, daß es in diesem ganzen Prozeß zu keinen Kreditakten käme; ja nicht einmal, daß solche nicht u. U. sogar notwendig sind! Aber ich bestreite ganz entschieden, und hoffe, damit - wenn auch vielleicht nicht Sie, verehrter dottore, so doch - die meisten überzeugen zu können, daß Verschuldungsakte keineswegs der einzige Weg sind, auf dem Wachstum zustandekommen kann.
Herzliche und respektvolle Grüße
G.
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Galiani
06.11.2001, 16:36
@ Liated mi Lefuet
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@Liated: Stimme Dir absolut zu! Damit machst Du aus Fibu ein anderes Werkzeug (owT) |
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dottore
06.11.2001, 19:52
@ Galiani
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Re: Auch mir ist es peinlich... |
>Hallo, lieber dottore,
>Die Vorgeschichte dieser Diskussion:
><ul><font color="0000FF">Galiani schrieb an Liated mi Lefuet: ... Dottore antwortet Dir darauf sofort wieder mit hochgezüchtetem Juristen-Deutsch:"Ausdruck von Forderungen", die"abgetreten" weden müssen;"Zession";"Fristigkeit"; - und landet am Ende auch wieder in der Finanzbuchhaltung (die natürlich in seiner Hand zur Lösung des vorliegenden Problems kaum mehr taugt, als in Deiner). Meine Sicht der Dinge ist die: Es gilt genau das, was Du sagst. Entweder leiht sich der Käufer den Kaufpreis (dann mag das gelten, was unser verehrter dottore ausführt) oder der Käufer hat in Vorperioden Kapital (etwa in Form eigener f-g-S's oder meinetwegen einiger Goldstücke) gebildet. Dann ist die Bezahlung für ihn kein Problem! </font></ul>
>Dagegen wenden Sie, lieber dottore, zweierlei ein, nämlich erstens:
><ul>><font color="FF0000">Kapital als"solches" gibt es leider nicht. (Wobei Sie wenige Zeilen zuvor doch eingeräumt haben, daß es"natürlich" doch Kapital gebe.)</font> </ul>
Hi Galiani,
die Antwort ist ganz einfach, sie liegt in der Beantwortung der Frage:
Was ist Kapital?
Entweder alles (die Erde selbst, ihre Schätze, ihre Pflanzen, ihre Tiere).
Oder es ist jeweils einzelnen Wirtschaftenden (Personen, Familien, Stämmen) gehörend. Sie stecken dann Claims ab o.ä., um sich das zunächst sachlich vorhandene Gut"der Erde" zu sichern.
Danach beginnen sie mit der Bearbeitung des Vorhandenen (Jagd im Revier, Fischen an der Küste, Herstellung von Jagderleichterungs-Gegenständen, Urbarmachung des Landes, Pflügen Säen, usw.).
Diese Bearbeitung erfordert eine familien- oder stammesinterne Arbeitsteilung. Diese Arbeitsteilung bedeutet wechselseitige Verpflichtungen: die Frauen kochen, die Männer gehen auf die Jagd, usw. Diese Arbeitsteilung gibt es in jeder Familie bis heute.
So kann sich jede Familie, jeder Stamm ihr/sein"Kapital" bilden (gedeckte Häuser, bearbeitete Felder, gebaute Boote, usw.). Wie wird nun das Kapital bewertet?
Offenbar mit dem, was es dazu beiträgt, die für jedes Mitglied des Familienverbandes, des Stammes usw. deren, dort für jeden einzelnen existente Urschuld (= Lebenserhaltungverpflichtung, man kann es auch Lebenserhaltungstrieb nennen oder - wie Toni - die"Urfinanzierung") produktiver zu decken als es ohne dieses Kapital geschehen könnte.
Die Bewertung des dann existenten Kapitals dieser ersten Wirtschaftseinheiten besteht also darin, im Vergleich zum nichtexistenten Kapital (kein Boot, kein Pflug) just jenen"Skalenertarag" darzustellen (economies of scale), der sich durch eine produktivere Bewältigung des immer ersten MUSS ergibt.
Damit ist die Entwicklung zunächst beendet, wie heute noch an vereinzelt existierenden Stammesgesellschaften, die sich bis zu uns erhalten haben, studiert werden kann.
Daneben kann es zum Tausch mit anderen Stämmen/Familien kommen. Dabei können Konsumprodukte bzw. es kann Kapital getauscht werden. Das endet ebenfalls in sich selbst, da sich letztlich die Grenzerträge der jeweiligen Stammes-Produktionen an- und ausgleichen: jeder von jeder Seite her gesehen, ist mit dem, was er hat bzw. erhalten kann zufrieden. Denn mehr als Überleben muss keiner.
<font color="FF0000">Nun aber kommt der entscheidende Quantensprung! </font>
Ich verweise dazu zunächst nochmals auf die bahnbrechende Arbeit von Bernbeck, die ich in meinem Vortrag zitiert hatte.
Dieses in sich ruhende und statische Gleichgewicht wird durch äußere Einflüsse gestört (Klimawandel, evtl. große Katastrophen kosmischen Ursprungs).
Ein Stamm (eine Familie), die unter diesen Einflüssen in eine Minderposition gerät, wird von anderen Stämmen (Familien), die besser daran sind, nunmehr in eine Underdog-Position gebracht, die sich daraus ergibt, dass nunmehr die"Better Offs" ihrerseits die Möglichkeit haben (da sie über mehr, d.h. effizienteres Kapital-Potenzial verfügen, sie sind also"nicht betroffen"), die"Lesser Offs" zunächst zu Schuldnern zu machen (die stehen z.B. um Saatgetreide an), wobei die Hergabe von Konsumgütern (oder Kapital im bisher bekannten Sinne) nicht umsonst erfolgt, sondern zumindest durch die Erlegung von Sicherheiten der"Lesser offs" (wobei auch die Bürgschaft durch Dritte möglich ist).
Diese Sicherheits-Stellung ist nur vorstellbar in Sachen, über die (Bürgschaften ausgenommen, aber das ändert nichts am Gesamtproblem) die Schuldner verfügen. Dies waren zunächst (da der Mensch in diesen Zeiten als"Sache" begriffen wurde) Familienangehörige. Der Schuldner stellt also"Söhne, Frauen und Töchter", wie es in frühen Quellen noch und noch heißt (vgl. Buch Nehemiah), für die Zeit des Schuldverhältnisses als Sicherheit.
Auch die Besicherung von immobilen Kapital (Grund und Boden) ist selbstverständlich möglich.
Daraus ergeben sich Schuldknechtschaft (also Besicherung von Schuldkontrakten) und es ergeben sich vor allem Tributsysteme. Sobald die"Better Offs" nämlich erkennen, was sehr schnell geschieht, dass sie ihren Standard unschwer mit Waffengewalt halten können (auch Waffen, in diesem Fall keine Jagd-, sondern Kriegswaffen), werden sie dies auch durchziehen.
Das war die Grundlage meines Textes zum"Gewaltmetall Gold": Gold war als erstes, dem Menschen bekanntes Metall, leicht zu bearbeiten und unschwer zu Nahwaffen (Dolche) formbar (dies in den Gebieten, die keine Steinwaffen mangels Materials dazu kannten, wie Mespopotamien) und diente so als Institut der Ausübung von Herrschaft (erzwungene Urschulddeckung durch andere), wobei sich der"Wert" (Preis) des Goldes leicht ermitteln lässt:
Es war soviel wert, wie es bzw. seine Nutzung, imstande war, Güter von anderen abzufordern.
Aus den sich - nicht bei frei schweifenden oder im Urwald versteckt lebenden Stämmen - so einstellenden Tribut- und ergo Gewalt- und ergo Gewalterhaltungs- bzw. Gewaltabschüttelungssytemen hat sich die tadierte Geschichte der Alten Welt entwickelt. Sie wäre auch niemals tradiert worden, denn Geschichte wird nur tradiert, wenn sie irgendwelchen"Zwecken" dient (sonst sind es Mythen oder Oden oder homerische Gesänge von fernen Gestaden).
In Tributsystemen (Zins = immer zunächst Abgabe!) ergeben sich Tributaufbringungsprobleme, die - will man nicht den Weg der Schuldknechtschaft beschreiten, also Staatssklave werden - auf dem Wege über das Sich-Leihen von Tributmitteln erfolgt, wobei man sich dann des Tribut-Depots (Tempelbanken!) bedient, wie noch und noch nachgewiesen oder indem man sich - vorübergehend - der Tributaufbringungspflicht entledigt, indem man sich den Tribut"leiht" (Zinssätze wurden gepostet, zwischen 15 und 25 %, die keinerlei Bezug zu"wirtschaftlicher Realität" haben können, denn solche Zinssätze sind niemals durch privaten Kapitaleinsatz darzustellen.
Nun haben wir also:
1. Eigentum (als Besicherungsgrundlage) und
2. Zinssätze (staats-, alias tributvorfinanzierungs-vorgegeben), die zu entsprechendem wirtschaftlichen Zwang führen.
Diesem Zwang versucht der Mensch sich bis heute durch alle möglichen Einfälle zu entledigen, wobei sich natürlich der Zinssatz selbst niemals durch jeweils neues Angebot und [/b]neue[/b] Nachfrage nach Zeitüberbrückungshilfen ergibt, sondern immer nur nach der Einschätzung des Preises (Kurses) der alten, weshalb Titel depossedierter Machthaber kaum noch Kurs hatten (Zarenanleihen).
Nun beginnt also das"arbeitsteilige" Wirtschaften (das die Antike nur in Ansätzen kannte) auf breiter Front - dies als ein Hilfsmittel, um duch weitere"ecomomies of scale" diesem Druck, der durch die permanten lauernde Überschuldungsgefahr immens ist, zu entkommen.
Und schon sind wir im HIER und HEUTE.
Wirtschaften ist keine Party der Freiwilligen Feuerwehren, sondern brutaler Zwang, der sich durch die über den Wirtschaftenden lastenden Verschuldung ergibt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der einzelne selbstverschuldet[/b] ist.
Da er in betriebliche Systeme eingebunden ist, die ihrerseits, sofern sie überhaupt Wirtschaften und nicht New Economy betreiben, teilt sich dies wie in kommunizierenden Röhren allen mit. Das Schlüsselwort der Epoche heute heisst"Stress" und wer da glaubt, irgendwelchen"Kapitaltheorien" anhängen zu sollen, die"Entlastung" verheißen, stellt sich ein Elysium vor, das in keiner Weise der JETZT erlebten Wirklichkeit entspricht.
Das also vorweg. Nun zu Ihren geschätzten Ausführungen:
>Ich weiß langsam nicht mehr, was ich Ihnen, hochgeschätzter dottore, darauf antworten soll; ich vermute mal, Sie definieren"Kapital" irgendwie anders. Jedenfalls kann aber doch niemand ernsthaft bestreiten, daß Kapitalgüter in abertausendfacher Form, als Werkzeuge, Hilfsstoffe, Maschinen, Betriebsmittel und was weiß ich noch alles in unserer Wirtschaft vorhanden sind. Oder?
Das Vorhandensein von Betriebsmitteln usw. allein sagt überhaupt nichts, leider. Es muss immer bedacht werden, wer sie und wie er sie finanziert hat.
>Vielleicht sollte ich nochmals darlegen, daß"Kapitalien" zunächst einmal weder"Geld", noch Edelmetall, sondern einfach irgendwelche Produktionsgüter sind.
"Irgendwelche"? Interessant! Irgendwelche Produktionsgüter besagen leider überhaupt nichts. Jedes Produktionsgut kann nur ein solches sein, wenn es nicht nur zur Produktion selbst behilflich ist, sondern, wenn es dazu dient, die Produktion auch am Markt zu realisieren - was heute nur gegen den Forderungstitel"Geld" möglich ist.
>Ihr zweiter Einwand, dottore, scheint mir zunächst einmal dem ersten, es gebe kein Kapital, zu widersprechen:
><ul>><font color="FF0000">Mit Kapital aus"Vorperioden" kann ich immer nur Kapital späterer Perioden tauschen. Also den Goldring der Oma mit dem, was der Juwelier aktuell zu bieten hat... Das beschreibt weder das aktuelle Wirtschaften, noch erklärt es gar wachsende Wirtschaft.</font></ul>
>Außerdem ist dieser Satz unhaltbar!
>Wenn die Wirtschaftsleistung, also die Menge an "vorgetaner Arbeit" in der Zeiteinheit durch Arbeitsteilung um rund einen Faktor 50'000 wächst (d.i. das hier von mir schon mehrfach gepostete Beispiel der Stecknadelfabrik im Adam Smith's"Wealth of Nations", p. 6f)
Ich hatte mehrfach versucht, zu erklären, dass eine Erhöhung der Produktion um den Faktor X überhaupt nichts darüber aussagt, ob und wie diese Produktion UND VOR ALLEM MIT WELCHER UND WOHER KOMMENDEN NACHFRAGE (!) auch vom Markt genommen werden kann.
>und durch die ebenfalls hier schon mehrfach diskutierten"Produktionsumwege" (s. etwa v.Strigl, Wien 1934/1982) nochmals sehr bedeutend zunimmt, so ist es doch schon einmal von vornherein mehr als wahrscheinlich, daß Ersparnisse aus"Vorperioden", die nun in Produktionsgüter umgewandelt werden
Ersparnisse aus Vorperioden können immer nur bedeuten:
- entweder sie wurden gehortet (dann fehlten sie in der Vorperiode bereits als Nachfrage). Denn Ersparnisse können immer nur aus laufenden Einkommen gebildet werden, die ihrerseits laufende Kosten sind.
- oder sie wurden anderen in der Vorperiode zur Nachfrageausübung zur Verfügung gestellt und können NICHT noch ein Mal als Nachfrage in Erscheinung treten.
>und damit zu eben diesem Wachstumsprozeß weiter beitragen werden, natürlich sehr wohl in den darauf folgenden Perioden ein"Mehr" an Waren kaufen werden.
Genau das können sie leider niemals!
>Ihre Rechnung in Geld mag das Bild verwirren; aber Sie tauschen ja nur Gold gegen Gold, was selbstredend nichts zum Wachstum beitragen kann! Ganz anders aber sähe die Situation aus, wenn Sie, was ja überhaupt erst die logische Grundlage jeder Wirtschaftsentwicklung ist, Ersparnisse aus Vorperioden gegen heutige Produktionsmittel tauschen würden!
Wenn überhaupt, dann tausche ich Produktionsmittel gegen Produktionsmittel. Von einem"Wachstum" kann keine Rede sein.
Da"Ersparnisse" in (nicht aus!) Vorperioden nach den bekannten Gleichungen:
<font color="FF0000">Y = C + I, Y = C + S,
ergo I (Investition, also Erstellung von Produktionsmitteln!) = S (Ersparnisse) (Y = Sozialprodukt, C = Konsum)
kann das Ganze schlicht nicht Statt finden. </font>
Die herzlichen und respektvollen Grüße
erwidere ich mit größtem Vergnügen,
d.
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hu
06.11.2001, 20:05
@ dottore
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@ dottore:Zins =Abgabe |
Lieber dottore:
Max Weber (ideologisch sicher unverdächtig) sagt:
*der Zins ist in seinen Anfängen eine Erscheinung entweder des *Fremden- oder des Herrenrechtes*, so in China, Indien, Rom und die gleiche Auffassung beherrscht auch das alte Testament*.(H. von Weber).
Und dies ist wahr, auch wenn das heute keiner mehr so recht wahrhaben will.
Gruß
hu
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dottore
06.11.2001, 21:04
@ hu
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Re: @ dottore:Zins =Abgabe |
Lieber hu,
das hatte ich nicht drauf (kommt halt davon, dass man sich mühsam seine eigenen Gedanken macht, und sie dann schon seit langem bestätigt findet).
Ich danke sehr für diese offenbar schon von großen Könnern breit gelegte Fährte, und werde ihr intensiv nachgehen.
Mir hatte ehrlich gesagt, niemals so recht eingeleuchtet, wie es in einer von den maistreamern immer unterstellten"friedlich-schiedlichen" Ã-konomie zu Zinssätzen kommen konnte, die realwirtschaftlich nie und nimmer zu erfüllen waren.
Die 1 % Zinssatz p.m., bei dem das XII-Tafel-Gesetz dann offenbar STOPP! sagte, konnten sich doch die nicht so dummen Römer selbst schnell als unerfüllbar ausrechnen können.
Ferrero erklärt aus der grandiosen Überschuldung aller in der späten Republik sehr gut, warum es zu diesem"an sich unerklärlichen" Expansionsdrang gekommen ist.
Es war ei Überschudlungsbeseitigungsversuch, der sich über Jahrhunderte hinzog (siehe Crassus, der angeblich"reichste" Römer - noch Luther erwähnt ihn in seinen Thesen als Reichsten aller Reichen - der seinen Kopf bei Carrhae verlor - was hatte der Tausende Kilometer von seinen"Kapitalien" entfernt zu suchen? Ruhm? Ehre?).
Aber wie's so ist: man nimmt Dinge hin, wundert sich - und geht achtlos daran vorbei. macht dann gewaltige Umwege und kommt wieder an die Stelle und plumps ist der Groschen gefallen.
>Lieber dottore:
>Max Weber (ideologisch sicher unverdächtig) sagt:
>*der Zins ist in seinen Anfängen eine Erscheinung entweder des *Fremden- oder des Herrenrechtes*, so in China, Indien, Rom und die gleiche Auffassung beherrscht auch das alte Testament*.(H. von Weber).
>Und dies ist wahr, auch wenn das heute keiner mehr so recht wahrhaben will.
Ich danke jedenfalls sehr für diesen Hinweis. Und wiederhole auch: Wirtschaftsgeschichte ist Kriegs-, Kriegsvorbereitungs- oder Kriegsnachbereitungsgeschichte - und das will die Ã-konomie mit ihren"Marktmodellen" mit"Geld als Schmiermittel" schlicht nicht wahrhaben (ich darf auch nochmals auf"Gewaltmetall Gold" verweisen, was einer meiner Umwege war).
Gruß und tief den Hut ziehend,
d.
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monopoly
06.11.2001, 21:45
@ dottore
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Re: @ dottore:Apropos Luhter |
> Hi dottore, wenn sie sich mit Luther auskennen, soltten sie auch wissen, daß er die jüdische Zahlenmystik Kabbala für unnützen Aberglauben hielt
http://www.wittenberg.de/seiten/virtuell/vir_sf08.htm
Bei dem Steinrelief handelt es sich um die sogenannte"Judensau". Diese Spottdarstellung, die die Juden in intimster Beziehung zu dem für sie"unreinem" Schwein darstellt, war im frühen Mittelalter Europas weit verbreitet. Die Inschrift"Schem Ha Mphoras" verweist auf die jüdische Mystik, die Aussagen über das Wesen Gottes aus geheimen Zahlen- und Wortkombinationen ableitet. Diese Buchstabenfolge- Schem Ha Mphoras- besaß nach dem Glauben der jüdischen Kabbalisten universelle Kräfte. Sie wurde deshalb als besonders heilig angesehen und vor Unberufenen verborgen.
Luther wandte sich scharf gegen die seiner Meinung nach abergläubischen Praktiken der jüdischen Kabbalisten. Es ging ihm dabei aber nur um die Bewahrung biblischer, von ihm als einzige Wahrheit angesehenen Glaubenssätze. In seiner letzten Predigt in Eisleben rief er die Juden wiederholt auf, sich zum christlichen Glauben zu bekennen, weil sie sonst mit ihrer Ausweisung rechnen müßten.
-------
und jetzt kommts:
wenn sie an die Elliott-Wellen Theorie glauben, können sie die Beziehung zur jüdischen Zahlenmystik Kabbala nicht leugnen, oder?:
http://www.paranormal.de/paramirr/geo/03.html
Kennen sie sich damit aus? Besitzen sie in ihrem angeblich umfangreichen Bibliothek zufällig"Die Kabbala des Geldes"?
Hatte Luther also Unrecht? Bin für jede Stellungnahme dankbar.
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hu
07.11.2001, 07:53
@ dottore
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@ dottore: Bitte um Detail-Argument |
Lieber dottore,
ja zu dieser analyse, aber mir ist unklar (ich hadere schon seit langem damit)wieso Sie schreiben, dass nicht der*marginale* Zinssatz für fresh money sondern der Preis(Kurs) für alte (cif. Zarenanleihen etc.) *den* Zins bestimmt.d.h. doch dass die Umlaufrendite und nicht die laufenden bankausleihungen maßgeblich sind, oder? (im *gleichgewicht sind beide natürlich identisch, ceter. par.)wieso eigentlich? ich komme da nicht weiter.
gruß
hu
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dottore
07.11.2001, 15:50
@ hu
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Re: @ dottore: Bitte um Detail-Argument |
>Lieber dottore,
>ja zu dieser analyse, aber mir ist unklar (ich hadere schon seit langem damit)wieso Sie schreiben, dass nicht der*marginale* Zinssatz für fresh money sondern der Preis(Kurs) für alte (cif. Zarenanleihen etc.) *den* Zins bestimmt.d.h. doch dass die Umlaufrendite und nicht die laufenden bankausleihungen maßgeblich sind, oder? (im *gleichgewicht sind beide natürlich identisch, ceter. par.)wieso eigentlich? ich komme da nicht weiter.
Hi hu,
ich sehe es so: Die"Anlagemöglichkeit" besteht - bei gleicher Bonität - sowohl in alte oder neue Titel. Neue Titel müssen - je nach Zinstrend (= Nachfragetrend nach alten Anleihen) immer um einen Schnaps über oder unter den alten liegen.
Der Schnaps nach oben ist schwieriger zu servieren, weshalb wie immer und auf allen Märkten Preiserhöhungen in der Regel (Ausnahmen sehr selten!) länger dauern als entsprechende Preissenkungen.
Inflationen müssen sich erst warmlaufen, Deflationen kommen kalt, schnell und gnadenlos daher (Idealfall: Crash).
Grund: Wer Preise erhöht, ist allein gegen alle, die billiger sind. Er ist also eigentlich tot, da aus dem Markt. Wer Preise senkt, ist allein gegen alle, die teurer sind. Eigentlich sind alle anderen tot, da aus dem Markt. Das verleiht den"Abschwüngen" ihre immer wieder bewundernswürdige Durchschlagskraft.
Auch der Rentenhandel ist bei Neuemissionen mit höherer oder tieferer Rendite natürlich ein marginales Geschäft, nur"wirken" die Marginalien nach unten schneller.
Am Geldmarkt gilt grosso modo das gleiche, und was die Notenbank betreibt, on top: Langsame Zins"schritte" nach oben, ganz schnelle nach unten, siehe aktuell USA.
Rasanten Kurs- oder Preisbewegungen nach oben ("Kaufpanik", möglichst noch mit Gap) ist immer zu misstrauen. Erfahrene Trader warten daher immer auf den Abschluss von Korrekturen, und gehen dann erst rein, was auch schön die Wucht z.B. von 3ern erklärt. Geht der große Trend (Hausse/Baisse) nach der Korrektur nicht weiter (Idealpunkt: neue Highs in diesem Sektor), ist der Trend kaputt.
Gruß
d.
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hu
07.11.2001, 15:55
@ dottore
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@ dottore: Danke! (owT) |
>>Lieber dottore,
>>ja zu dieser analyse, aber mir ist unklar (ich hadere schon seit langem damit)wieso Sie schreiben, dass nicht der*marginale* Zinssatz für fresh money sondern der Preis(Kurs) für alte (cif. Zarenanleihen etc.) *den* Zins bestimmt.d.h. doch dass die Umlaufrendite und nicht die laufenden bankausleihungen maßgeblich sind, oder? (im *gleichgewicht sind beide natürlich identisch, ceter. par.)wieso eigentlich? ich komme da nicht weiter.
>Hi hu,
>ich sehe es so: Die"Anlagemöglichkeit" besteht - bei gleicher Bonität - sowohl in alte oder neue Titel. Neue Titel müssen - je nach Zinstrend (= Nachfragetrend nach alten Anleihen) immer um einen Schnaps über oder unter den alten liegen.
>Der Schnaps nach oben ist schwieriger zu servieren, weshalb wie immer und auf allen Märkten Preiserhöhungen in der Regel (Ausnahmen sehr selten!) länger dauern als entsprechende Preissenkungen.
>Inflationen müssen sich erst warmlaufen, Deflationen kommen kalt, schnell und gnadenlos daher (Idealfall: Crash).
>Grund: Wer Preise erhöht, ist allein gegen alle, die billiger sind. Er ist also eigentlich tot, da aus dem Markt. Wer Preise senkt, ist allein gegen alle, die teurer sind. Eigentlich sind alle anderen tot, da aus dem Markt. Das verleiht den"Abschwüngen" ihre immer wieder bewundernswürdige Durchschlagskraft.
>Auch der Rentenhandel ist bei Neuemissionen mit höherer oder tieferer Rendite natürlich ein marginales Geschäft, nur"wirken" die Marginalien nach unten schneller.
>Am Geldmarkt gilt grosso modo das gleiche, und was die Notenbank betreibt, on top: Langsame Zins"schritte" nach oben, ganz schnelle nach unten, siehe aktuell USA.
>Rasanten Kurs- oder Preisbewegungen nach oben ("Kaufpanik", möglichst noch mit Gap) ist immer zu misstrauen. Erfahrene Trader warten daher immer auf den Abschluss von Korrekturen, und gehen dann erst rein, was auch schön die Wucht z.B. von 3ern erklärt. Geht der große Trend (Hausse/Baisse) nach der Korrektur nicht weiter (Idealpunkt: neue Highs in diesem Sektor), ist der Trend kaputt.
>Gruß
>d.
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Galiani
07.11.2001, 17:35
@ dottore
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@dottore: Wem von uns beiden ist es nun peinlicher....? |
Hallo, lieber dottore,
Ihre sehr gescheite und in sich zugegebenermaßen logisch geschlossene Analyse im ersten Teil Ihrer Antwort veranlaßt mich nochmals unüberhörbar festzustellen, daß es so, wie Sie sagen, gewesen sein könnte und daß es vielleicht sogar tatsächlich so gewesen ist.
Dennoch muß es natürlich keineswegs so gewesen sein und Ihre Darstellung widerspricht nicht nur den theoretischen Erkenntnissen der klassischen Ã-konomie, sondern kann m.E. überdies zahllose Wirtschaftsvorgänge nicht erklären, die sich heute vor unseren Augen abspielen. Ganz abgesehen davon, daß Ihre Formulierungen meiner Ansicht nach bisweilen Urache und Wirkung durcheinanderbringen, den Karren vor das Pferd spannen so zu sagen: Ich bestreite z.B. nicht, daß man - in der Wirtschaft ebenso wie auch in sonstigen Lebensbereichen - gelegentlich unter Zwang handelt. Aber der Zwang ist doch keine Ursache, sondern eine Folge. Oder, um eine andere Ihrer zugespitzten Formulierungen zu zitieren: Sie sprechen beispielsweise davon, daß in der Wirtschaft ein Kapitalgut"soviel wert ist, wie seine Nutzung imstande ist, Güter von anderen abzufordern". Das stellt doch die Dinge auf den Kopf: ein Kapitalgut ist nicht"soviel wert, wie seine Nutzung imstande ist, Güter von anderen anbzufordern", sondern soviel, als es zur Befriedigung einer marktwirksamen Nachfrage beitragen kann. Und so weiter....
Von solchen Details abgesehen, die indes (wie sich in der Diskussion häufig zeigt) keineswegs immer Nebensächlichkeiten sind, sondern Ihnen häufig erlauben, ganze Kausalketten verbal umzudrehen, möchte ich die Differenzen in unseren Ansichten hier aber einmal (der Einfachheit halber unter Berufung auf Ricardo) wie folgt zusammenfassen:
1) Sie bestreiten offenbar die seit der Klassik bis heute geltende Erkenntnis, DASS SICH JEDES ANGEBOT SEINE EIGENE NACHFRAGE SCHAFFT. Das ist zwar Ihr gutes Recht, aber ich denke, daß Ihre Meinung einer seriösen Kritik nicht standhält.
2) Sie wenden mir gegenüber, wenn ich Sie recht verstehe, immer wieder sinngemäß ein, daß eine ständig wachsende Produktion Ihrer Meinung nach eine allgemeine Überproduktion zur Folge hätte. Dies ist nach dem Say'schen Gesetz unmöglich.
3) In Ihrer Argumentation spielt das Geld eine entscheidende Rolle; ja Sie lassen Kapitalgüter im Grunde überhaupt nur gelten, insoferne sie in Geld bepreist sind. Ich verkenne die herausragende Rolle des Geldes nicht. Dennoch glaube ich, daß im Rahmen der theoretischen Debatte, die wir hier führen, zunächst einmal sehr genau die realen Vorgänge untersucht werden müssen, die sich hier abspielen. Erst danach wäre auf die Rolle des Geldes dabei gesondert einzugehen.
4) Ich bin der Überzeugung, daß im Falle partieller Überproduktion (die notwendigerweise anderswo eine ausgleichende entsprechende Unterproduktion voraussetzt) das Gleichgewicht durch das Spiel von Angebot und Nachfrage, durch den Wettbewerb, den Preismechanismus und die Kapital-Mobilität wieder hergestellt wird. Das alles bestreiten Sie offenkundig ausdrücklich oder implizite durch Ihre Argumentation.
5) Da sich meiner Überzeugung nach jedes Angebot seine eigene Nachfrage schafft sowie infolge des beschriebenen Gleichgewichtsmechanismus' kann meiner Überzeugung nach logischerweise die Erzeugung unbegrenzt gesteigert und die Anhäufung von Kapital ohne Einschränkung fortgesetzt werden, ohne theoretisch auf Aufschuldungsprozesse in dem von Ihnen gemeinten Sinne rekurrieren zu müssen! Auch diesbezüglich sind Sie anderer Meinung.
Nun haben Sie - zu meiner Freude - in ihrem hochinteressanten, einführenden Beispiel zu Ihrem letzten Beitrag in diesem Thread grundsätzlich gezeigt, wie"Kapitalgüter" entstehen können ohne daß sich die Wirtschaftssubjekte im eigentlich ökonomischen Wortsinn"verschulden". Dafür danke ich Ihnen. Ihre Ansicht, "daß damit die Entwicklung zunächst beendet" sei, mag im Einzelfall zutreffen und hat in vielen (primitiven) Kulturen ja auch tatsächlich gestimmt. Allerdings muß das, wie gesagt, nicht unbedingt so sein; es gibt genügend Gegenbeispiele.
Es kann - von dem Punkte aus, an dem sich unsere Meinungen hier trennen - nämlich durchaus auch so weitergehen, wie das Ricardo an einer Stelle in seinen"Principles" beschreibt, die ich nachfolgend zur Untermauerung meiner oben aufgezählten 5 Thesen anführe:
<ul>„Herr Say hat... in der befriedigendsten Weise gezeigt, daß es keinen Kapitalbetrag gibt, der in einem Lande nicht verwendet werden kann, weil der Nachfrage nur durch die Produktion Schranken gesetzt sind. Niemand produziert, außer mit der Absicht, zu konsumieren oder zu verkaufen, und er verkauft nur mit der Absicht, ein anderes Gut zu kaufen, das ihm unmittelbar nützlich ist oder das zur künftigen Produktion beitragen kann. Daher wird er durch das Produzieren notwendigerweise entweder zum Konsumenten seiner eigenen Waren oder zum Käufer und Konsumenten der Waren einer anderen Person. Es ist nicht anzunehmen, daß er auf längere Zeit hinsichtlich der Güter schlecht informiert sein sollte, die er am vorteilhaftesten produzieren kann, um das ihm vorschwebende Ziel zu erreichen, nämlich den Besitz anderer Waren; und infolgedessen ist es nicht wahrscheinlich, daß er fortwährend ein Gut hervorbringen wird, für das keine Nachfrage besteht.
Es kann also in einem Lande kein Kapitalbetrag angesammelt werden, der sich nicht produktiv verwenden ließe, bis der Lohn infolge des Steigens der Bedarfsartikel derartig steigt, und demnach für den Kapitalprofit so wenig übrigbleibt, daß der Grund zur Ansammlung aufhört. Solange der Kapitalprofit hochsteht, werden die Menschen einen Grund haben, Kapital anzusammeln. Solange noch jemand ein unbefriedigtes Bedürfnis empfindet, wird er eine Nachfrage nach mehr Gütern haben; und es wird eine wirksame Nachfrage sein, solange der Betreffende noch irgendeinen neuen Wert im Austausche für sie zu bieten hat...
Produkte werden stets mit Produkten oder Diensten gekauft; Geld ist nur das Mittel, welches den Austausch bewirkt. Es kann zuviel von einem bestimmten Gute erzeugt werden, von dem eine solche Fülle auf dem Markte vorhanden sein kann, daß sich das dafür verausgabte Kapital nicht bezahlt macht. Jedoch kann das nicht bei allen Gütern der Fall sein." </ul>
Ach ja! Dann war da noch Ihr Sager, daß aus der makro-ökonomischen Beziehung zwischen Investition, Konsum, Ersparnissen und Sozialprodukt hervorgehe, daß das Ganze, also"Sparen", Kapitalbildung durch Ersparnisse in Vorperioden,"nicht stattfinden" könne, weil dann ja die Nachfrage in den Vorperioden gefehlt habe. Verstehe ich Sie da richtig, dottore? Für Keynes war"Sparen" bloß böse; Sie gehen so weit, zu behaupten, es sei unmöglich?
Ich schließe hier eine Tabelle nach Hazlitt H.,"Economics in One Lesson", New York 1946 an, die anhand eines numerischen Beispiels sehr schön zeigt, wie bei einem Wachstum der Gesamterzeugung um 2 ½ Prozent pro Jahr die erzeugten Verbrauchsgüter und die erzeugten Kapitalgüter (angefangen von besagter Ur-Sippen-Gesellschaft) sehr wohl alle gemeinsam von Jahr zu Jahr anwachsen können:
Jahr...Gesamterzeugung.....Erzeugte Verbrauchsgüter.....Erzeugte Kapitalgüter
n+ 1... 100,0...............................80...............................20,0
n+ 2... 102,5...............................82...............................20,5
n+ 3... 105,0...............................84...............................21,0
n+ 4... 107,5...............................86...............................21,5
n+ 5... 110,0...............................88...............................22,0
n+ 6... 112,5...............................90...............................22,5
n+ 7... 115,0...............................92...............................23,0
n+ 8... 117,5...............................94...............................23,5
n+ 9... 120,0...............................96...............................24,0
n+10.. 122,5...............................98...............................24,5
n+11.. 125,0.............................100...............................25,0
Auch dieses Thema möchte ich - die Sache nun wirklich endgültig abschließend - mit einem Ricardo-Zitat ergänzen (Notes on Malthus), um Ihren denkbaren Einwänden zuvorzukommen:
<ul>"Ich bestreite, daß die Bedürfnisse der Verbraucher im allgemeinen durch Sparsamkeit verringert werden; - sie werden mit der Konsumkraft auf eine andere Gruppe von Verbrauchern übertragen."</ul>
Und bei einer anderen Gelegenheit schreibt Ricardo an Malthus (in einem Streit, der in manchem an unser Palaver erinnert, wobei ich mich allerdings leider nicht mit Ricardo messen kann):
<ul>"Wir gehen auch darin einig, daß die wirksame Nachfrage aus zwei Elementen besteht, der Kraft und dem Willen zu kaufen; aber mir scheint, daß der Wille sehr selten fehlt, wo die Kraft vorhanden ist, denn der Wunsch nach Akkumulation (d.h. das Sparen) wird Nachfrage ebenso wirksam hervorrufen wie der Wunsch zu verbrauchen; es verändern sich dadurch nur die Dinge, auf die sich die Nachfrage richtet."</ul>
Aber, da Zeit kostbar ist (und mir allmählich auch die Argumente ausgehen), möchte ich mich damit endgültig neuen Aufgaben zuwenden, verehrter dottore. Dennoch herzlichen Dank für das intellektuell unerhört herausfordernde Sparrings-Training.
Liebe Grüße von Ihrem ergebenen
Galiani,
(der ein bißchen stolz darauf ist, für diese Ausführungen ca. 500 Wörter weniger gebraucht zu haben als Ihr letztes Posting, auf das ich antworte,
umfaßt hat.)
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dottore
07.11.2001, 20:41
@ Galiani
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Re: Ihren"Gewährsleuten" muss es furchtbar peinlich sein - oder? |
Lieber Galinai,
Sie wollen es ganz kurz, was ich gut verstehen kann.
Deshalb:
>1) Sie bestreiten offenbar die seit der Klassik bis heute geltende Erkenntnis, DASS SICH JEDES ANGEBOT SEINE EIGENE NACHFRAGE SCHAFFT. Das ist zwar Ihr gutes Recht, aber ich denke, daß Ihre Meinung einer seriösen Kritik nicht standhält.
Genau dieses bestreite ich vehement!!! Denn da geht's genau ums ZENTRUM der Erklärung der Wirtschaft!
Weil wir von Perioden ausgehen müssen (egal, wie kurz, wie lang), würde sich mit diesem Axiom (das leider komplett falsch ist) ganz nebenbei Ihr eigenes (!) Argument erledigen, wonach Ersparnisse früherer Perioden (egal wie lang, wie kurz) dazu benötigt würden, bzw. dazu dienen könnten, die Gewinne (Gewinn = immer Bestandteil von Angebotspreisen) späterer Perioden zu realisieren.
Im übrigen ist das alles ziemlich einfach, wenn man zunächst den ersten, ernst zu nehmenden Kreislauftheoretiker, nämlich Karl Marx zu Rate zieht (in"Circulation" war er absolute Spitze, der Rest von ihm ist Schrott).
Wir beginnen also mit dem einfachen Marx'schen Modell:
Um schließlich beim immer und ununterbrochen existierenden Problem des Unternehmers ("Kapitalisten") zu landen:
[img][/img]
Dies ist eine einfache Beschreibung der ökonomischen Wirklichkeit, wie sie Tag für Tag unter unseren Augen abläuft, wobei Zeit und/oder Dauer der Perioden keinerlei Rolle spielen.
Nun auch noch das, was Sie freundlicherweise posteten:
>2) Sie wenden mir gegenüber, wenn ich Sie recht verstehe, immer wieder sinngemäß ein, daß eine ständig wachsende Produktion Ihrer Meinung nach eine allgemeine Überproduktion zur Folge hätte. Dies ist nach dem Say'schen Gesetz unmöglich.
Das Say'sche Theorem ist schon deshalb ein Denkfehler, weil es den Zeitablauf ausblendet - wie alle mainstream-Ã-konomie seither auch: alles findet danach gleichzeitig Statt: Produktion, Kalkulation, Vermarktung, Verkauf, Kauf, Konsum usw., usw.
Das ist, wie unschwer einzusehen, aber nicht der Fall.
Es wird daher nicht"überproduziert", sondern es wird "überkalkuliert" - also Preisbestandteile werden dem Markt offeriert (Gewinn! Zins!), die dieser als Nachfrage nicht zur Verfügung hat - es sei denn, er verschuldet sich just in der Höhe dieser Preisbestandteile.
Ich danke sehr und grüße herzlichst,
d.
P.S.:
Zu David Ricardo sage ich: Er hat es auch nicht kapiert, war schließlich Banker:-).
Und zu Henry Hazlitt sage ich gern: Der Mann hatte einen klaren Kopf, ich schätze seine"One Lesson" ungemein, nur hat er in diesem Beispiel, das Sie zitieren, uns wohl was gesagt?
Hiermit also:
>Ich schließe hier eine Tabelle nach Hazlitt H.,"Economics in One Lesson", New York 1946 an, die anhand eines numerischen Beispiels sehr schön zeigt, wie bei einem Wachstum der Gesamterzeugung um 2 ½ Prozent pro Jahr die erzeugten Verbrauchsgüter und die erzeugten Kapitalgüter (angefangen von besagter Ur-Sippen-Gesellschaft) sehr wohl alle gemeinsam von Jahr zu Jahr anwachsen können:
Jawohl! Henry Hazlitt hat uns gesagt:
Die"Gesamterzeugung" wächst, weil die"erzeugten Verbrauchsgüter" und die"erzeugten Kapitalgüter" anwachsen.
<font color="FF0000">Wer hätte das gedacht?</font>
Na, war ich brav? Weniger Buchstaben als befürchtet!
Herzlichsten Gruß
d.
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André
07.11.2001, 21:02
@ Galiani
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Re: Eine zusätzliche Stellungnahme zu den 5 Thesen |
>1) Sie bestreiten offenbar die seit der Klassik bis heute geltende Erkenntnis, DASS SICH JEDES ANGEBOT SEINE EIGENE NACHFRAGE SCHAFFT. Das ist zwar Ihr gutes Recht, aber ich denke, daß Ihre Meinung einer seriösen Kritik nicht standhält.
Die vorgetragene These ist in dieser Form falsch. Die These heisst, Angebot schafft sich die eigene Nachfrage. Das gilt aber keineswegs für JEDES Angebot.
Sie können noch so viele Produkte noch so billig anbieten, es wird umsonst sein, wenn diese nicht auf ein aktuelles oder latentes Bedürfnis treffen.
Sie können d. noch so viele Damenhüte anbieten, er wird keine kaufen.
Oder: Das Angebot von Drogen schafft keine Nachfrage, diese wird erst durch das gewaltsame oder hinterlistige Süchtigmachen potentieller Verbraucher geschaffen.
Primär ist die tatsächliche oder potentielle Nachfrage (Bedürfnis) und nicht das Angebot. Und das ist stehende Wiwi.
>2) Sie wenden mir gegenüber, wenn ich Sie recht verstehe, immer wieder sinngemäß ein, daß eine ständig wachsende Produktion Ihrer Meinung nach eine allgemeine Überproduktion zur Folge hätte. Dies ist nach dem Say'schen Gesetz unmöglich.
Leider sehr wohl zumindes längere Zeit möglich, siehe ganzes Sozialismus/Kommandowirtschaftssystem. Es kommt auf die weiteren explizit oder stillschweigend getroffenen Prämissen an. D.h. Toyota-Prinzip: alles ist möglich.
>3) In Ihrer Argumentation spielt das Geld eine entscheidende Rolle; ja Sie lassen Kapitalgüter im Grunde überhaupt nur gelten, insoferne sie in Geld bepreist sind. Ich verkenne die herausragende Rolle des Geldes nicht. Dennoch glaube ich, daß im Rahmen der theoretischen Debatte, die wir hier führen, zunächst einmal sehr genau die realen Vorgänge untersucht werden müssen, die sich hier abspielen. Erst danach wäre auf die Rolle des Geldes dabei gesondert einzugehen.
Sehr hochgeschätzter Galiani (ernsthaft gemeint!!!), daß diese Meinung vertreten wird überrascht, denn die"reale" wirtschaftliche Seite wäre niemals so entstanden, wenn nicht gleichzeitig die Gegenseite, d.h. die Geldseite vorhanden wäre.
Wenn man eine Bilanz betrachtet gehört dazu nicht nur die Aktivseite, sondern immer auch die Passivseite, deshalb ist stets zugleich die Rolle des Geldes (zw. Kapitals)zu beachten, denn ohne dies geht es nicht. DÃes zu vergessen oder bewußt auszublenden, führt zu den bekannten Fehlern.
>4) Ich bin der Überzeugung, daß im Falle partieller Überproduktion (die notwendigerweise anderswo eine ausgleichende entsprechende Unterproduktion voraussetzt) das Gleichgewicht durch das Spiel von Angebot und Nachfrage, durch den Wettbewerb, den Preismechanismus und die Kapital-Mobilität wieder hergestellt wird. Das alles bestreiten Sie offenkundig ausdrücklich oder implizite durch Ihre Argumentation.
Kenne dottore Thesen dazu nicht, jedoch sagt der gesunde Menschenverstand, dass gerade die oben in der Klammer gemachte Annahme in der Realität leider so nicht stimmt, zumindest sehr lange Zeiträume nicht zu stimmen braucht. Diese Annahme mag für ökonomische Modellspiele mit homo oeconomicus und ceteris paribus etc.pp. zutreffen, ist jedoch tatsächlich nur ein Modell und aus dem Modell abgeleitetes, jedoch weit verbreitetes Wunschdenken.
So mag auch Greenspan das"Angebot" an Geld wie in Japan noch so erhöhen und den Preis gegen null senken, daraus erwächst nicht zwangsläufig mehr Nachfrage, die auf die Güterwelt durchschlägt. Es bedarf dazu mehrer weiterer Annahmen (Umfeld). Die Geschichte lehrt, dass es mal wirkt, aber manchesmal auch nicht. Also es gibt weitere (bekannte) Bedingungen!
>5) Da sich meiner Überzeugung nach jedes Angebot seine eigene Nachfrage schafft sowie infolge des beschriebenen Gleichgewichtsmechanismus' kann meiner Überzeugung nach logischerweise die Erzeugung unbegrenzt gesteigert und die Anhäufung von Kapital ohne Einschränkung fortgesetzt werden, ohne theoretisch auf Aufschuldungsprozesse in dem von Ihnen gemeinten Sinne rekurrieren zu müssen! Auch diesbezüglich sind Sie anderer Meinung.
Allein aus 4 folgt, dass diese Annahme realitätsfern ist.
Ich meine, man müsse auf die Wirklichkeit unseres Lebens schauen und nicht auf Modelle und seien sie noch so ausgebufft. Der Turmbau zu Babel ging und geht immer nur bis zu gewissen (Soll)-Bruchstellen (sic. EW).
Unbeschadet dessen, nochmals vielen Dank für die Beiträge der letzten Wochen, die ich mit viel Genuss gelesen habe und die zweifelsohne eine Bereicherung dieser Seite brachten. Deshalb weitermachen!
Die eigene Stellungnahme soll und kann keineswegs diejenige von d. ersetzen, die ich mit Spannung erwarte, meine jedoch sie sei als weitere Stimme hilfreich.
MfG
A.
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Galiani
07.11.2001, 22:00
@ dottore
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@dottore: Bravo! Liebe Grüße und Gute Nacht! Ihr G. (owT) |
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Galiani
07.11.2001, 22:22
@ André
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@André: Ach Gott! Nicht noch eine 2. Front.... |
Hallo André,
<ul>Sie können noch so viele Produkte noch so billig anbieten, es wird umsonst sein, wenn diese nicht auf ein aktuelles oder latentes Bedürfnis treffen.</ul>
Darf ich Deine Aufmerksamkeit bitte auf die folgende Passage in meinem Ricardo-Zitat lenken (die"der stehenden Wiwi" durchaus Rechnung trägt):
"...Es ist nicht anzunehmen, daß er [nämlich das Wirtschaftssubjekt] auf längere Zeit hinsichtlich der Güter schlecht informiert sein sollte, die er am vorteilhaftesten produzieren kann, um das ihm vorschwebende Ziel zu erreichen, nämlich den Besitz anderer Waren; und infolgedessen ist es nicht wahrscheinlich, daß er fortwährend ein Gut hervorbringen wird, für das keine Nachfrage besteht...."
<ul>.... daß eine ständig wachsende Produktion eine allgemeine Überproduktion zur Folge hätte... Leider sehr wohl zumindest längere Zeit möglich, siehe ganzes Sozialismus/Kommandowirtschaftssystem...</ul>
Darf ich auf Punkt 4 meiner fünf Thesen hinweisen, wo es ausdrücklich hieß:
... bin der Überzeugung, daß im Falle [von] Überproduktion das Gleichgewicht durch das Spiel von Angebot und Nachfrage, durch den Wettbewerb, den Preismechanismus und die Kapital-Mobilität wieder hergestellt wird... (was natürlich nur dort der Fall sein kann, wo - anders als im Sozialismus/kommunismus - freie Märkte bestehen. Ist dies nicht der Fall, ist natürlich nix mit Say'schem Theorem und so...)
Alles andere scheint mir auf Mißverständnissen zu beruhen. Ist jetzt aber wohl auch wurscht...
Herzliche Grüße und Danke für Deinen Beitrag
G.
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André
07.11.2001, 22:54
@ Galiani
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Re: @André: Ach Gott! Nicht noch eine 2. Front.... |
Recht so, blos kein 2 Fronten-Krieg!
Gute Nacht,
A.
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