>Das ist ein interessanter Chart für meinen nächsten Vortrag!
>Daher die Rückfrage: Was genau ist mit"Produktionsgüter-Struktur" gemeint?
>Sachkapital? Wäre das beim Übergang Landwirtschaft - Produktion - Dienstleistung nicht eine"ganz normale" Entwicklung?
>Danke im Voraus!
Hallo, JüKü,
ich halte den Übergang Landwirtschaft -> Produktion -> Dienstleistung nicht für einen natürlichen. Der Rückgang der Landwirtschaftlichen Betriebe geht einher mit verbesserten Produktionstechniken, also höhere oder gleiche Effizienz bei weniger menschlicher Arbeitskraft. Dasselbe auch bei der Produktion. Gleiche Menge Güter werden mit immer weniger menschlicher Arbeitskraft erzeugt. Da wir aber nicht zu permanenter Faulheit neigen und Die nicht beschäftigten Arbeitskräfte ja auch leben wollen, gibt es eben einen Zufluß zu nichtverarbeitender Tätigkeit. (Ich hab da ein paar Zusammenhänge übergreifend zusammengefaßt). Kennst du den Film"Momo"? An den muß ich gerade denken. Zu viel Effizienz führt nicht unbedingt ins Paradies.
ciao!
SchlauFuchs
>>Hallo
>>Heute erhielt ich das 2001-Finanz-Statistik-Jahrbuch des Währungsfonds.
>>Auf S. 9 befindet sich ein interessantes Diagramm:
>>[img][/img]
>>Hier sehen wir sehr deutlich die gesamtwirtschaftliche Verwüstung, die die weltweite Schuldenorgie in den letzten 25 Jahren angerichtet hat: Die Produktionsgüter-Struktur wächst nicht mehr!
>>D. h. die"Produktionsumwege" werden kürzer, die Wirtschaft insgesamt ist immer weniger in der Lage, die ausgeglichene Versorgung der Bevölkerung mit Waren und eine angemessene Beschäftigungslage sicherzustellen.
>>Wie lange die Marktkräfte benötigen werden, um diese Ungleichgewichte zu beseitigen, zeigt das Beispiel Japan.
>>Zinssatz-Reduktionen der Notenbanken allein sind jedoch sicher nicht die Lösung!
>>Grüße
>>G.
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Hallo JüKü
Die Ã-konomie versteht unter"Kapitalbildung" die Gesamtheit der nutzbaren Investitionen, also nicht Konsumgüter, sondern Fabriken, Werkzeuge, Maschinen u.s.w. Anstelle heute mehr Brot zum Essen zu haben, bauen sich die Menschen lieber einen neuen Backofen, um inskünftig mehr Brot produzieren zu können, das dann verbraucht werden kann. Das nennt man, wie ich hier schon mehrfach ausgeführt habe,"Produktionsumwege". Du erinnerst Dich vielleicht an mein Posting Nr. 90300 an dottore mit der dort enthaltenen Tabelle, die das Wachstum der Gesamterzeugung, der Konsumgüter und der Investitionen über 10 Jahre verfolgt hat. Hier gebe ich diese Tabelle nochmals wieder:
Jahr...Gesamterzeugung.....Erzeugte Verbrauchsgüter.....Erzeugte Kapitalgüter
n+ 1... 100,0....................................80.................................................20,0
n+ 2... 102,5...................................82.................................................20,5
n+ 3... 105,0...................................84.................................................21,0
n+ 4... 107,5...................................86.................................................21,5
n+ 5... 110,0....................................88.................................................22,0
n+ 6... 112,5....................................90.................................................22,5
n+ 7... 115,0....................................92.................................................23,0
n+ 8... 117,5....................................94.................................................23,5
n+ 9... 120,0....................................96.................................................24,0
n+10.. 122,5....................................98.................................................24,5
n+11.. 125,0..................................100.................................................25,0
Die Werte in der Spalte"Erzeugte Kapitalgüter", das ist die"Gross Capital Formation". Natürlich muß man diesbezüglich anmerken, daß die Idee, den"capital stock" mit einer einzigen Zahl zu messen, eine starke Vereinfachung der Sache ist. Der"capital stock" einer Gesellschaft besteht, wie gesagt, aus Fabriken und Maschinen, aber auch aus Brücken, Straßen und anderen Dingen, die der Mensch produziert, um die Effizienz künftiger Produktion zu erhöhen. Der Einfachheit halber unterstellt man, daß das physische Realkapital in Geld ausgedrückt werden kann.
Damit dürfte schon klar sein, daß die"gross capital formation" natürlich überhaupt nichts mit dem Übergang Landwirtschaft - Produktion - Dienstleistung zu tun hat.
SchlauFuchs hat diesbezüglich ganz richtig angemerkt, daß der Rückgang der Landwirtschaftlichen Betriebe mit verbesserten Produktionstechniken einher geht, also höhere oder gleiche Effizienz bei weniger menschlicher Arbeitskraft. Dies hat natürlich zur Folge, daß zunächst die Landwirtschaft und danach (vielleicht) die Produktion (obwohl das spekulativ ist!) im Laufe der Zeit weniger Realkapital benötigt. Was nicht bedeutet, daß der"capital stock" insgesamt zurückgehen wird; das Kapital fließt jetzt nur vermehrt in Bereiche, wo es"produktiver" ist, also wo es höhere Erträge verspricht.
Wie ich ebenfalls in meinem erwähnten Posting an dottore ausgeführt hatte, kann niemals an allen Gütern gleichzeitig zuviel produziert werden (Say'sches Theorem). Es besteht daher eine sehr enge Beziehung zwischen"Kapitalbildung" und"Produktivität der Wirtschaft" sowie zwischen dieser und dem allgemeinen Wohlstand. Je mehr eine Gesellschaft investiert, um so mehr kann sie - nach einer gewissen Zeit - produzieren und um so besser geht es den Menschen. Ein abnehmender"capital stock" ist daher immer ein schlechtes Zeichen. Und"Investieren" hat zur Voraussetzung, daß gespart wird.
Allerdings, - und das scheint mir eine sehr entscheidende und richtige Aussage von dottore zu sein - ist"Sparen" nicht unbedingt gleich"Investieren"! Das hatte Keynes in seiner"Allgemeinen Theorie" zwar behauptet, aber das ist sicher falsch! Es ist m.E. das Verdienst von dottore, deutlich gemacht zu haben, daß Ersparnisse durchaus auch - und zwar mit Vorteil - zur Rückzahlung von Schulden oder gar als Hortungsobjekt benutzt werden können. Dies ist eine sehr folgenreiche Erkenntnis! Vor allem sinkt in diesem Fall die Kapitalbildung, die"Produktionsumwege" werden kürzer, die Wirtschaft weniger produktiv - und recht bald gehen Arbeitsplätze verloren...
Amen!
Liebe Grüße
G.
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