Ossietzky wurde am 3. Oktober 1889 als Sohn assimilierter katholischer Eltern in Hamburg geboren. Er heiratete 1913 eine Engländerin. Ossietzki wurde zum kaiserlichen Heer eingezogen, in dem er während des Ersten Weltkrieges bei der Infanterie diente. Das Kriegserlebnis bestärkte ihn in seinen pazifistischen Ansichten und hinterließ eine tiefe Abneigung gegen alles Militärische. 1919 bis 1920 arbeitete er für die Deutsche Friedensgesellschaft in Berlin, zwei Jahre später war er Mitbegründer der pazifistischen Organisation »Nie wieder Krieg«. Nichts, so erklärte er, sei der Sache des Friedens und der Demokratie so abträglich wie »die Allmacht der Generäle«.
1920 bis 1924 war er Redakteur der linksliberalen »Berliner Volks-Zeitung«. 1924 Mitbegründer der »Republikanischen Partei«, wurde Ossietzki Schriftleiter der Zeitschrift »Das Tagebuch« und verfaßte Beiträge für die linke politische Wochenschrift »Die Weltbühne«. 1927 übernahm Ossietzki die Schriftleitung dieser Zeitschrift, die das Sprachrohr nicht partei-gebundener linker Intellektueller war und so radikale Ansichten wie Sexual- und Rechtsreform, Aussöhnung mit Frankreich und Vereinigung aller Werktätigen vertrat. Ganz besonders entschieden wandte sich Ossietzki gegen deutschen Chauvinismus, Militarismus und gegen alle Versuche, Deutschland unter Mißachtung des Versailler Vertrages heimlich wieder aufzurüsten.
In einem skandalösen Prozeß wurde er 1931 vom Leipziger Reichsgericht wegen Landesverrats und Verrats militärischer Geheimnisse zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er Einzelheiten über den geheimen Wiederaufbau der deutschen Luftwaffe veröffentlicht hatte.[...]
Daß er sich die kommunistische These zu eigen machte, der Faschismus sei (unter Kanzler Brüning) bereits an der Macht, ließ ihn den Unterschied zwischen bürgerlicher Demokratie und NS-Herrschaft ignorieren - ein Fehler, der ihn schließlich das Leben kostete. Denn nach der Machtergreifung weigerte er sich, ins Ausland zu fliehen, sondern versuchte, »Die Weltbühne« weiterzuführen. Doch unmittelbar nach dem Reichstagsbrand (im Februar 1933) wurde er erneut verhaftet und als Staatsfeind in das KZ Papenburg-Esterwegen eingewiesen. Hier zog er sich Tuberkulose zu und wurde deshalb im Mai 1936 in ein Berliner Gefängniskrankenhaus eingeliefert. Noch als Häftling in Esterwegen erhielt er 1935 den Friedensnobelpreis [...] Man verwehrte ihm, die Auszeichnung entgegenzunehmen, außerdem durfte nach einer Anordnung Hitlers künftig kein Deutscher den Nobelpreis annehmen. In der Häftlingsklinik verschlechterte sich Ossietzki's Zustand dermaßen, daß man ihn in eine Berliner Klinik verlegte. Hier starb er, noch immer unter Polizeiaufsicht, am 4. Mai 1938.
Gekürzt aus:"Wer war wer im Dritten Reich" Fischer-Verlag
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