AOL TIME WARNER
Parsons' Milliardenlöcher
Bei einer Analystenkonferenz in New York musste der neue Chef des Medienunternehmens AOL Time Warner, Richard Parsons, zu Kreuze kriechen. Die hochtrabenden Gewinnprognosen für das abgelaufene Geschäftsjahr sind Makulatur, 40 bis 60 Milliarden Dollar müssen offenbar abgeschrieben werden.
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Richard Parsons: Gute Vorsätze, kurze Halbwertzeit
New York - AOL Time Warner gab bekannt, der Gewinn für das Geschäftsjahr 2001 werde unter den Prognosen liegen, die das Unternehmen erst vor kurzem selber veröffentlicht hatte. Vor erst vier Monaten hatte der Medienkonzern noch ein Ergebnisplus"in den Zwanzigern" für das Geschäftsjahr 2001 vorausgesagt - Anfang 2001 hatte AOL sogar noch ein Plus von 30 Prozent beim Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) prognostiziert. Übrig geblieben sind magere 18 Prozent.
AOL Time Warners neuer CEO Richard Parsons, der sein Amt im Mai antreten soll, zeigte sich reumütig und gelobte Besserung. In Zukunft werde man mit Gewinnprognosen für die Wall Street vorsichtiger sein. Er sagte den Analysten, dass AOL im vergangenen Jahr"für die hohen Erwartungen, die wir selbst geschaffen haben, bestraft" worden sei.
AOLs Pro-forma-Gaukelei
Parsons Vorsätze für eine transparentere Investor-Relations-Politik brach AOL dann allerdings gleich wieder. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die verbliebenen immerhin 18 Prozent Gewinnwachstum als Schmu. Wie viele andere US-Firmen hat AOL nämlich"sein" ganz persönliches Ebitda, aus dem alle möglichen Posten herausgerechnet werden - vor allem solche, die das Ergebnis schmälern. Beispielsweise lässt das Unternehmen einen Minusbetrag von 1,5 bis 1,8 Milliarden Dollar unberücksichtigt, der sich durch den Wertverfall in AOLs Wertpapierportfolio ergibt. Das"Wall Street Journal" merkt an, dass AOL nach amerikanischen Bilanzregeln (US-GAAP) diesen Posten eigentlich vom Ergebnis abziehen müsste. Tut das Unternehmen aber nicht.
Auch der Ausblick auf das kommende Jahr lässt Investoren frösteln. 2002 werde das Ebitda-Wachstum lediglich bei acht bis zwölf Prozent liegen. Der Geschäftsplan des
Unternehmens gehe zudem nicht davon aus, dass sich die Wirtschaft im laufenden Jahr erholen werde. Im September 2001 war AOL für 2002 noch von einem Gewinnwachstum im zweistelligen Bereich ausgegangen. Besonders schwer trifft das Unternehmen die anhaltende Flaute des Anzeigenmarkts. Nach Ansicht von AOL wird der Werbemarkt in der ersten Hälfte des Jahres 2002 weiter schrumpfen.
Mühlstein für das nächste Quartalsergebnis
Eine weitere schwere Belastung für AOLs Gewinn sind die riesigen Abschreibungen, die das Unternehmen im ersten Quartal 2002 verbuchen muss. Als Resultat neuer Bilanzvorschriften wird das Unternehmen Wertberichtigungen im Umfang von 40 bis 60 Milliarden Dollar vornehmen müssen.
Kommentar: Manchmal ist eben weniger drin als man denkt!
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