dottore
12.07.2002, 10:25 |
Was erklärt der Tausch? Das Wirtschaften etwa?Thread gesperrt |
Wie lässt sich aus dem Tausch heraus Wirtschaften erklären?
Tausch setzt Mehrproduktion (Tauschgut = Surplus) voraus. Die kann nur simultan, nicht sukzessiv erfolgen. Einer allein hat kein Tauschgut, solange das Gegentauschgut fehlt. Er hätte als einzelner / einziger Mehrproduzent zu viele Güter produziert, also auf Halde.
Erfolgt die Produktion simultan, müssen sich die Tauschenden vorher zusammensetzen und Güterproduktion vor dem Tauschakt selbst vereinbaren müssen. Der Termin des Tauschakts muss ebenfalls vorher festgelegt sein.
Die"Arbeitsteilung" der Tauschwirtschaft müsste also vorab erfolgt sein, dem Tauschvorgang selbst hätten vereinbarte Produktionspläne aller vorausgehen müssen. Was waren das für Pläne? Wie wurde dieser Arbeitsteilungsvertrag vollstreckt? In was?
Was ist"Arbeitsteilung"? Der andere produziert das, was der eine nicht mehr herstellt, aber benötigt, für diesen. Durch Nichtproduktion des zweiten Tauschgutes wäre der eine, der sich auf den anderen verlassen hatte, verlassen gewesen und in Not gekommen.
Bei Nichterreichen der Produktionspläne wäre der eine, der ein anderes Tauschgut erwartet, in eine schlechtere Position zu zwingen gewesen, allein dadurch, das der zweite nicht produziert. Der erste hätte seine Position nicht verschlechtert.
Wo fand der Tausch Statt? Selbst wenn sich mehrere vor dem Tausch zusammengesetzt hätte, um die Tauschgüterproduktion des jeweiligen en detail zu vereinbaren, hätte es irgendwo einen Übergabe-Platz geben müssen. Je mehr sich an dem Prozess beteiligen, umso stärker hätte der"Platz" zentriert werden müssen (gleiche Entfernung jeweils).
Also Produktion und gegenseitiger Übergabe-Termin hätten vorher vereinbart werden müssen. Planabweichende Produktion und"offene" Termine zur Ablieferung der jeweiligen Tauschgüter (jeder kreuzt auf, womit und wann er will) sind nicht vorstellbar, historisch nachweisbar deshalb ohnehin nicht. Wie wurde das Nichterscheinen zum Tauschtermin bestraft? Wer hat die Tauschtermine festgelegt?
Wo sind die ersten "Tauschplätze" archäologisch nachzuweisen? Wer hat sie eingerichtet? Wann wurden sie eingerichtet? Sie hätten noch früher als die Vereinbarung von Produktionsplänen eingerichtet werden müssen. Zeitliche Reihenfolge also: Einrichtung eines Tauschplatzes, Vereinbarung der Tauschtermine, Vereinbarung von Produktionsplänen, dann erst Tauschgut-Herstellung. Wo historisch nachzuweisen?
Wem gehörte des Gelände, auf dem der Tausch-Platz gelegen haben muss? Wie und womit wäre er für das Einrichten dieses Platzes entschädigt worden?
Der Ablauf des Tausches muss kontrolliert werden (Gewichte, Maße, Qualität der Tauschgüter). Wer hat die Kontrolle vorgenommen?
Der Tauschvorgang selbst hätte sich nach den gegenseitig vereinbarten Produktionsplänen richten müssen. Mehr als das Produzierte konnte nicht getauscht werden. Die Relation (Mengen) jeweiligen Tauschgüter untereinander hätte demnach schon vorher fest gestanden. Damit auch die festen Relationen Menge gegen Menge. Wozu hätte es dazu eines Tauscherleichterungsmittels bedurft?
Wie wären "freie Preise" (changierende Mengen untereinander) zu definieren? Wie Angebot und Nachfrage auf dem Markt?
Wie lässt sich die Erfindung des Tauschmittels Geld also aus dem Tauch erklären? Warum sind die ältesten Münzen schwere Münzen, die keinerlei Tauschplatz-Relevanz hatten? Was hätte der Erfinder des Tauschmittels Geld für sein Geld verlangen können? Er musste es selbst als Novum erfinden, herstellen ("Warengeld") und am Markt einführen bzw. durchsetzen? Womit herstellen? Wie durchsetzen?
Hühner, Schafe, Getreide gab's überall. Das Warengeld nur an erheblich weniger Stellen.
Wenn die Tauschenden nach Geld verlangt hätten, dann als was? Als Tauschmittel (stoffwertlos und als Abwicklungshilfe zu vernichten, da am Tauschende keine Abwicklungshilfe mehr geleistet werden muss) oder als Mittel, das - da am Ende des Tauschtages physisch immer noch vorhanden - am nächsten Tauschtag in Pari zu den Waren gestanden hätte (Wertaufbewahrungsmittel)?
Wie lässt sich die Erfindung des Kredits aus dem Tauschen erklären? Erhielt jemand, der güterlos am Markt erschien Kredit? Auf was? Womit besichert? Wurde mit dem Kredit das Erscheinen eines Nicht-Tauschguts bestraft? Ist der Kredit aus der Überraschung heraus entstanden, dass irgendwo am Ende des Tauschtages einem Tauschenden das von ihm zu liefernde Tausch fehlt?
Wer konkret soll das, dann an ihn, den mit der"Schlussüberraschung", noch nicht gelieferte Tauschgut kreditieren. Da sich schnell ein Überblick über die Tauschenden und ihre Güter verschaffen lässt, wäre als Gläubiger der langsamste, also der Dümmste, der nicht rechtzeitig mit dem Tauschgut Befriedigte eben, das er zu Beginn des Markttags eintauschen wollte, übrig geblieben.
Wie den Schlauesten finden? Was, wenn er bereits wieder verschwunden war? Er hätte sofort das von ihm selbst Benötigte ertauscht mit genau den Gütern, die er dafür nach der vorab bekannten Mengen-Relation hergestellt hätte.
Wie kann der ohnehin Dümmste später in den Schlauesten, den, der mit einem Unterschuss an Gütern Erschienenen, der inzwischen selbst aber alles, was er benötigte, eingesammelt hatte, vollstrecken? Was kann er als Sanktion verhängen? Den Zins? Also die Lieferung des Fehlenden zum nächsten Termin und diese dann auch noch erzwingen? Wie kann der den Zinssatz festlegen? Als auf was lautend? Wie vollstrecken?
Wie können allen außer einem (dem Hersteller) unbekannte Güter auf dem Markt platziert werden? Wie kann der Produzent dieser Güter wissen, ob sie überhaupt platzierbar sind? Stoßen sie auf Interesse, wirft das den gesamten Tauschgut-Produktionsplan aller anderen über den Haufen. Es bleiben unbefriedigte Tauscher übrig. Können sie das Gut bannen? Wäre der Kredit etwa Resultat des Erscheinens neuer Güter? Gegen wen soll er als Schuld verhängt werden?
Das Modell wäre dann: Neuer erscheint mit neuer Ware. Damit er auf dem Markt zugelassen wird (der ohne ihn im Gleichgewicht wäre - am Abend geräumt), muss er sich verpflichten, die am Abend fehlenden Güter nachzuliefern? Die fehlen der Gesamtheit aller Tauschenden.
Kann er am Abend die fehlenden Güter, jetzt gegen seine Novität in seinem Eigentum, an die vor Fehlmenge stehenden Tauscher selbst verleihen?
Ein einzelner, der die Majorität der Tauschteilnehmer in den Schuldnerstatus zwingen kann? Wie? Mit Macht? Welchen Schutz genießt der Novitäten-Anbieter dagegen, dass ihm die Novität von allen anderen sofort ersatzlos abgenommen wird? Danke, dass Du da warst!
Das"gegenseitige Hochtauschen" taugt als Erklärung des Phänomens Wirtschaft überhaupt nichts. Dauernde Wiederholung bis heute (mainstream: Alle Güter werden nach wie vor getauscht, Geld ist nur das"Schmiermittel") sind Wiederholungen, keine Erklärungen.
Das"freiwillige und private" Tauschen erklärt nicht zusätzliche Produktion, nicht einen steigenden Nettowert für alle, nicht Kontrakte, nicht Termine, nicht Plätze, nicht Arbeitsteilung, die stets vorab kontrahiert werden müsste, nicht Geld, weder als Tauschmittel noch als Wertaufbewahrungsmittel, nicht Kredit, nicht Zins. Das alles hätte vor dem ersten Tausch existiert haben müssen bzw. vereinbart gewesen sein.
Was also hat Surplus-Produktion, Termine, Übertragungsplätze, Geld, Geldpreise, Kredit und Zins in die Welt gesetzt, wenn es der private Tausch nicht gewesen sein kann?
Ad fontem!
Gruß!
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Wal Buchenberg
12.07.2002, 10:38
@ dottore
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Re: Einspruch Euer Ehren (Begründung im Detail folgt später) (owT) |
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Theo Stuss
12.07.2002, 10:49
@ dottore
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Re: Was erklärt der Tausch? Das Wirtschaften etwa? Nein die Planwirtschaft! |
Dottores Fragen stellen, heißt, sie beantworten:
aus den Fragestellungen folgt logisch, daß das Konzept des Geldes als Tauschmittel zwingend mit der kommunistischen Planwirtschaft zusammenhängt.
Die Tauschmitteltheorie setzt ebenfalls die schwachsinnige Theorie vom"Gesellschaftsvertrag" voraus, aufgrund dessen der Mensch zum gesellschaftlichen Wesen wurde, nach dem er vorher ein asoziales Tier gewesen war. Nur, um Verträge, hier den Gesellschaftsvertrag, abzuschließen, muß man bereits vertragsfähig sein, also nicht nur Individuum, sondern auch soziales Wesen. Man setzt voraus, was man beweisen will.
Immer wieder bekomme ich in Diskussionen (außerhalb des Forums) zu hören, Gold sei nur aufgrund gesellschaftlicher Konvention Geld geworden. Konvention und Plantausch liegen eng bei einander. Dann folgern diese Zeitgenossen, daß also alles Tauschmittel sein kann, gemäß vertragsmäßiger Festlegung, ex nihilo sozusagen.
Man muß daher zum Begriff des Tauschgutes kommen. Das Gut ist etwas, was um seiner selbst Willen gewollt, geliebt und begehrt wird, sei es wegen eines inhärenten Nutzens, oder als Statussymbol wegen seiner seltenen Schönheit.
Der Begriff des Gutes ist früher als der Tausch, denn der Tausch folgert aus der Begierde nach diesem Ding. Man kann niemanden zwingen etwas zu begehren. Weil ich etwas habe, was viele begehren, kann ich es gegen andere Dinge eintauschen, die ich brauche, oder auch begehre.
Der Rationalismus der Aufklärung, die Theorie vom Gesellschaftsvertrag, Geld als angebliches Tauschmittel und die Planwirtschaft bilden einen Begriffskomplex.
Gruß,
Theo
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stocksorcerer
12.07.2002, 10:52
@ dottore
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Wer hat was in die Welt gesetzt? |
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Was also hat Surplus-Produktion, Termine, Übertragungsplätze, Geld, Geldpreise, Kredit und Zins in die Welt gesetzt, wenn es der private Tausch nicht gewesen sein kann?
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"Die böse Hochfinanz. Nutznießer, Parasiten. Etwas cleverere und skrupellosere als der Rest halt." Auch wenn die ursprüngliche"Hochfinanz" zu Zeiten eines"Anton Neandertaler" noch etwas anders ausgesehen haben mag.
In jedem Fall hat es sicher seit Beginn der Menschheitsgeschichte. Ich denke, einige Leute waren sehr erfindungsreich darin, Nutzen aus Situationen zu ziehen, ohne selbst einen Handschlag dafür tun zu müssen, während andere sich krumm machen mußten. Am Anfang war der Tauschplatz vermutlich da, wo man sich traf. Am Fluß, wo die Fischer untereinander Hechte und Barsche tauschten, weil sie nicht den fünften Tag nacheinander den gleichen Fisch essen wollten.
Bis dann der Häuptling kam und sagte:"Ihr braucht einen ganz bestimmten Platz dafür, an dem zu gewissen Zeiten immer jemand anwesend ist zum Tauschen, damit keiner umsonst kommt." Und schon war das Ordnungsamt und das kommunale Abgabensystem erfunden.
Das ist wieder mal"Entschuldigung vorab" meine ganz lapidare Erklärung. Sozusagen wieder aus dem Bauch heraus. Ich finde Deine Bestandsaufnahmen immer klasse, ich persönlich brauche aber meist ganz plastische Beispiele.
winkääää
stocksorcerer
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Theo Stuss
12.07.2002, 10:52
@ Wal Buchenberg
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Re: Frotzelei: getroffene Hunde bellen (owT) |
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Dimi
12.07.2002, 10:53
@ dottore
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Dottore, JETZT im TV (BR) |
Sendung 'Salz, auf den Spuren des weißen Kristalls'. Lief gestern schon, in dem Film kommt eine Karawane vor (Südamerika, Expeditionszeit 3 Monate), in der Salz gegen Getreide getauscht wird.
Völkerkundlich die Zeit vor Erfindung des Geldes, und auch der Abgabenmacht.
Gruß, Dimi
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Wal Buchenberg
12.07.2002, 11:35
@ Theo Stuss
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Re: Wenn ich belle, beiße ich auch! Gilt auch für dich! (owT) |
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Theo Stuss
12.07.2002, 11:44
@ Wal Buchenberg
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Re: Frotzeleien und Beißen bitte auseinanderhalten. Ich beiße nicht. (owT) |
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dottore
12.07.2002, 13:16
@ Dimi
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Re: Gerade Salz = Ur-Machtmonopol! |
>Sendung 'Salz, auf den Spuren des weißen Kristalls'. Lief gestern schon, in dem Film kommt eine Karawane vor (Südamerika, Expeditionszeit 3 Monate), in der Salz gegen Getreide getauscht wird.
>Völkerkundlich die Zeit vor Erfindung des Geldes, und auch der Abgabenmacht.
Ach geh! Salz eines der ältesten Herrschaftsmonopole überhaupt. Reihenfolge genau umgekehrt. Salzgeld bei Einzig ("Primitive money") rauf und runter. Salzsteuer (gabelle!). Macht wurde per Salzzuteilung ausgeübt, die Salinen waren staatlich (Rom, siehe Dalmatien, und bis heute Reichenhall).
"Salarium" = lat."Salzzuteilung (!) an die Soldaten (!) und Beamten, später durch Geld (i.e. Metall) abgelöst; Sold, Jahresgehalt, Diäten" (Lexikon) usw. Heute"Salär".
Eine wunderschöne Bestätigung der Macht-Theorie: Was tut die Herrschaft in der Geschichte immer als erstes, dort wo Salz an Ort und Stelle nicht vorkommt? Sie nimmt die Salzgewinnung. Siehe dies aus Lüneburg:
1229 - 1273
Die Lüneburger Saline geht vom Landesherrn schrittweise über an die Sülzbegüterten,
vornehmlich infolge der Politik der für den Sülzbetrieb ausschlaggebenden Sülfmeister
(Salzsieder), die bald Lüneburgs Patriziat bilden.
Spätestens seit 1262 umfaßt die Saline 54 Siedehütten mit 216 Siedepfannen.
Also wer hatte die Saline zuerst? Der Landesherr!
Ich danke sehr für diese Bestätigung, auch wenn sie als Widerlegung versucht worden war.
Gruß!
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Wal Buchenberg
12.07.2002, 13:27
@ Theo Stuss
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Du denkst auch nicht und sprichst nur in Sprechblasen (owT) |
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Dimi
12.07.2002, 13:51
@ dottore
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Re: Gerade Salz = Ur-Machtmonopol! |
>>Sendung 'Salz, auf den Spuren des weißen Kristalls'. Lief gestern schon, in dem Film kommt eine Karawane vor (Südamerika, Expeditionszeit 3 Monate), in der Salz gegen Getreide getauscht wird.
>>Völkerkundlich die Zeit vor Erfindung des Geldes, und auch der Abgabenmacht.
>Ach geh!
Bin schon da ;-)
>Salz eines der ältesten Herrschaftsmonopole überhaupt. Reihenfolge genau umgekehrt.
Hast Du den Beitrag gesehen? Wo gab es da Herrschaft? Das Salz lag frei rum, einziges Problem: Nicht vor Ort, sondern 6 Wochen entfernt. Was macht das Dorf? Es organisiert eine Lamakarawane. Und auf dem Rückweg wird 1:1 gegen Mais getauscht bei Bauern, an denen die Karawane vorbeikommt.
Auf die Art haben alle was davon. Die Bauern erhalten leichter (oder überhaupt erst) Salz, und das Dorf mehr Mais als durch vergleichbar aufwendigen Eigenanbau.
>Ich danke sehr für diese Bestätigung, auch wenn sie als Widerlegung versucht worden war.
Bitte.
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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Hirscherl
12.07.2002, 14:41
@ dottore
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Re: Was erklärt der Tausch? Das Wirtschaften etwa? |
Erfolgt die Produktion simultan, müssen sich die Tauschenden vorher zusammensetzen und Güterproduktion vor dem Tauschakt selbst vereinbaren müssen. [...]
Die"Arbeitsteilung" der Tauschwirtschaft müsste also vorab erfolgt sein, dem Tauschvorgang selbst hätten vereinbarte Produktionspläne aller vorausgehen müssen. Was waren das für Pläne?
Ich denke mal in der Realität mussten sich die Tauschenden keineswegs vorher überlegen, wer welche (Tausch-)Güter produziert. Sie werden von äußeren Umständen (Lage, Klima, Ressourcen...) dazu gezwungen, bestimmte Güter zu produzieren, wenn sie Interesse am Überleben haben.
Nehmen wir an, ein Bauer hat viele Almgrundstücke, also Wiesen in alpiner Lage. Er muß gar nicht"beschließen", keinen Weizen oder keine Kartoffeln anzubauen - er kann gar nicht anders, als Kühe und Ziegen auf seinen Almen zu halten um zu überleben. Als Tauschgüter stehen ihm dann natürlich diese Tiere sowie Milch, Käse, Wolle etc. zur Verfügung.
Ein Bauer im Flachland mag Weizen und Kartoffeln anbauen, aber er kann ebenfalls nicht"beschließen" keine Forellen zu züchten, weil er eben keinen Teich auf seinem Grundstück hat. Der Forellenzüchter wiederum kann Fische züchten, aber keine Mühle errichten, weil durch sein Grundstück kein Bach fliesst. Der Müllner wiederum.... etc. pp.
Tausch setzt Mehrproduktion (Tauschgut = Surplus) voraus.
Natürlich, wobei mit"mehr" wohl alles über der Überlebensgrenze gemeint ist.
Die kann nur simultan, nicht sukzessiv erfolgen. Einer allein hat kein Tauschgut, solange das Gegentauschgut fehlt. Er hätte als einzelner / einziger Mehrproduzent zu viele Güter produziert, also auf Halde.
Auch hier: der Bauer kann gar nicht anders als simultan Tauschgut zu produzieren - die Kühe geben jeden Tag Milch, Forellen vermehren sich"jeden Tag" (sprich kontinuierlich), der Bach treibt die Mühle ständig an.
Was ist"Arbeitsteilung"? Der andere produziert das, was der eine nicht mehr herstellt, aber benötigt, für diesen. Durch Nichtproduktion des zweiten Tauschgutes wäre der eine, der sich auf den anderen verlassen hatte, verlassen gewesen und in Not gekommen.
Bei Nichterreichen der Produktionspläne wäre der eine, der ein anderes Tauschgut erwartet, in eine schlechtere Position zu zwingen gewesen, allein dadurch, das der zweite nicht produziert. Der erste hätte seine Position nicht verschlechtert.
Das sehe ich anders. Angenommen Bauer A ist der mit den Almen, Bauer B baut im Tal Weizen an. A hat Käse und tauscht diesen gegen Brot von B. Du meinst nun, wenn B kein Brot mehr produziert sei A in einer schlechteren Position?
Möglicherweise hat er einige Ungelegenheiten, aber wieso produziert B kein Brot mehr? Will er keinen Käse mehr? Wohl kaum. B produziert dann kein (überschüssiges) Brot mehr, wenn es z.B. eine Mißernte gab. Wahrscheinlich hat B nicht mal genug Brot für sich selbst! Er ist wohl in größerer Not als A.
Wo fand der Tausch Statt? Selbst wenn sich mehrere vor dem Tausch zusammengesetzt hätte, um die Tauschgüterproduktion des jeweiligen en detail zu vereinbaren, hätte es irgendwo einen Übergabe-Platz geben müssen. Je mehr sich an dem Prozess beteiligen, umso stärker hätte der"Platz" zentriert werden müssen (gleiche Entfernung jeweils). [...] Wo sind die ersten"Tauschplätze" archäologisch nachzuweisen?
Gute Fragen. Wenn Marktplätze archäologisch nicht nachzuweisen sind, könnte es nicht daran gelegen haben, daß z.B. in/vor Tempeln getauscht und gehandelt wurde? Hat Jesus nicht die Händler aus dem Tempel gejagt? Vielleicht wurde dieser Platz sogar zum Tauschen benutzt bevor (!) ein Tempel daraus wurde. Es hätte ja durchaus Sinn, wenn die Machthabenden (Fürst und Priester) diesen zentralen Platz mit ein wenig Metaphysik verkleiden, um alles unter Kontrolle zu haben und ungehindert Steuern einheben zu können ("Gott will es: den Zehnten").
Übrigens: alleine die Tatsache daß es Priester gab zeigt an, daß regelmäßig Überschüsse erwirtschaftet wurden. (Materiell) unproduktive Mitglieder der Gemeinschafdt muß man sich erst einmal"leisten" können.
Würde unsere Zivilisation von heute auf morgen untergehen würden sich zukünftige Archäologen auch die Köpfe zerbrechen: riesige industrielle Produktionsstätten, aber für den möglichen Durchsatz viel zu kleine Lager.
Wir wissen warum: die Lager wurden auf die Landstrasse ausgelagert, sie befinden sich in den LKWs. Just in time Lieferung spart Kosten für die Lagerhaltung.
Diese Rolle könnten früher, falls es keine zentralen Tauschplätze gab oder die Produzenten zu weit voneinander entfernt waren, fahrende Händler übernommen haben. Die kaufen dann auf Bestellung oder eigenes unternehmerisches Risiko Käse von Bauer A und fahren weiter zu Bauer B, der ihnen dafür (etwas mehr - Gewinn des Händlers) Brot gibt. Damit fahren sie zu C, der Forellen hat etc.
Wie wir gesehen haben können die Mächtigen zentrale Tauschplätze, sei es nun Marktplatz oder Tempel, leicht kontrollieren. Um ihren Anteil an fahrenden Händlern zu erhalten müssen sie nun Mautstellen errichten und behaupten (und notfalls mit dem Schwert durchsetzen), die Strassen seien Eigentum des Herrschers.
Grüße,
Tom
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dottore
12.07.2002, 16:53
@ Dimi
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Re: Gerade Salz = Ur-Machtmonopol! |
>>>Sendung 'Salz, auf den Spuren des weißen Kristalls'. Lief gestern schon, in dem Film kommt eine Karawane vor (Südamerika, Expeditionszeit 3 Monate), in der Salz gegen Getreide getauscht wird.
>>>Völkerkundlich die Zeit vor Erfindung des Geldes, und auch der Abgabenmacht.
>>Ach geh!
>Bin schon da ;-)
>>Salz eines der ältesten Herrschaftsmonopole überhaupt. Reihenfolge genau umgekehrt.
>Hast Du den Beitrag gesehen? Wo gab es da Herrschaft? Das Salz lag frei rum, einziges Problem: Nicht vor Ort, sondern 6 Wochen entfernt. Was macht das Dorf? Es organisiert eine Lamakarawane. Und auf dem Rückweg wird 1:1 gegen Mais getauscht bei Bauern, an denen die Karawane vorbeikommt.
>Auf die Art haben alle was davon. Die Bauern erhalten leichter (oder überhaupt erst) Salz, und das Dorf mehr Mais als durch vergleichbar aufwendigen Eigenanbau.
>>Ich danke sehr für diese Bestätigung, auch wenn sie als Widerlegung versucht worden war.
>Bitte.
>Gruß, Dimi
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dottore
12.07.2002, 18:42
@ Hirscherl
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Re: Was erklärt der Tausch? Das Wirtschaften etwa? |
>Erfolgt die Produktion simultan, müssen sich die Tauschenden vorher zusammensetzen und Güterproduktion vor dem Tauschakt selbst vereinbaren müssen. [...]
>Die"Arbeitsteilung" der Tauschwirtschaft müsste also vorab erfolgt sein, dem Tauschvorgang selbst hätten vereinbarte Produktionspläne aller vorausgehen müssen. Was waren das für Pläne?
>Ich denke mal in der Realität mussten sich die Tauschenden keineswegs vorher überlegen, wer welche (Tausch-)Güter produziert. Sie werden von äußeren Umständen (Lage, Klima, Ressourcen...) dazu gezwungen, bestimmte Güter zu produzieren, wenn sie Interesse am Überleben haben.
Richtig. Aber nur für sich. Wieso für andere?
>Nehmen wir an, ein Bauer hat viele Almgrundstücke, also Wiesen in alpiner Lage. Er muß gar nicht"beschließen", keinen Weizen oder keine Kartoffeln anzubauen - er kann gar nicht anders, als Kühe und Ziegen auf seinen Almen zu halten um zu überleben.
Schon mal auf einer Alp gelebt? Selbstversorgungsbetrieb, klassisch.
>Als Tauschgüter stehen ihm dann natürlich diese Tiere sowie Milch, Käse, Wolle etc. zur Verfügung.
Woher kann er wissen, was im Tal geschieht? Der Sinn des Bauernhofes war immer die Selbstversorgung. Ich komme aus dieser Gegend. Arbeitsteilung innerhalb der Familie. Bauern haben ihren Stolz. Sie wollen frei sein. Wer auf andere Bauern angewiesen ist, wird schwach. Selbst ihre Werkzeuge stellen sie selber her. Die mexikanischen Bauern brauchten keinen Pflug, die stocherten mit selbstgefertigten Stangen in den Boden (Mais ist ganz fix angebaut).
>Ein Bauer im Flachland mag Weizen und Kartoffeln anbauen, aber er kann ebenfalls nicht"beschließen" keine Forellen zu züchten, weil er eben keinen Teich auf seinem Grundstück hat. Der Forellenzüchter wiederum kann Fische züchten, aber keine Mühle errichten, weil durch sein Grundstück kein Bach fliesst. Der Müllner wiederum.... etc. pp.
Den Teich legt er an. Das Korn bringt er nicht zum Müller. Er hat einen Stampfer (Afrika bis heute). Das Modell hat es erst ex post gegeben. Warum aber kams dazu? Weil es alle"eingesehen" haben oder weil es Zwang gab, etwas abzuliefern, was man sich erst beim anderen beschaffen konnte?
>Tausch setzt Mehrproduktion (Tauschgut = Surplus) voraus.
>Natürlich, wobei mit"mehr" wohl alles über der Überlebensgrenze gemeint ist.
>Die kann nur simultan, nicht sukzessiv erfolgen. Einer allein hat kein Tauschgut, solange das Gegentauschgut fehlt. Er hätte als einzelner / einziger Mehrproduzent zu viele Güter produziert, also auf Halde.
>Auch hier: der Bauer kann gar nicht anders als simultan Tauschgut zu produzieren - die Kühe geben jeden Tag Milch, Forellen vermehren sich"jeden Tag" (sprich kontinuierlich), der Bach treibt die Mühle ständig an.
Fleischproduzenten essen Fleisch, Fischer Fisch - überall bis heute zu bestaunen.
>Was ist"Arbeitsteilung"? Der andere produziert das, was der eine nicht mehr herstellt, aber benötigt, für diesen. Durch Nichtproduktion des zweiten Tauschgutes wäre der eine, der sich auf den anderen verlassen hatte, verlassen gewesen und in Not gekommen.
>Bei Nichterreichen der Produktionspläne wäre der eine, der ein anderes Tauschgut erwartet, in eine schlechtere Position zu zwingen gewesen, allein dadurch, das der zweite nicht produziert. Der erste hätte seine Position nicht verschlechtert.
>Das sehe ich anders. Angenommen Bauer A ist der mit den Almen, Bauer B baut im Tal Weizen an. A hat Käse und tauscht diesen gegen Brot von B. Du meinst nun, wenn B kein Brot mehr produziert sei A in einer schlechteren Position?
Damit willst Du doch nicht ausdrücken, dass ein Bauer auf die Alm zieht, um von dort aus dann ins Tal hinab etwas zu produzieren? Warum siedelt er nicht gleich im Tal. Die ersten Siedlungen waren auf homogenenm Land (Tal, Küste, Flussufer). Und dann fiel es einem ein, woanders hinzuziehen, damit er etwas als Gut produzieren konnte, das er denen"in der Heimat" anbieten konnte?
Dafür existiert keinerlei historische Evidenz.
>Möglicherweise hat er einige Ungelegenheiten,
Warum nimmt er sie auf sich. Er hatte es durch Da-Bleiben doch viel gelegener?
>Wo fand der Tausch Statt? Selbst wenn sich mehrere vor dem Tausch zusammengesetzt hätte, um die Tauschgüterproduktion des jeweiligen en detail zu vereinbaren, hätte es irgendwo einen Übergabe-Platz geben müssen. Je mehr sich an dem Prozess beteiligen, umso stärker hätte der"Platz" zentriert werden müssen (gleiche Entfernung jeweils). [...] Wo sind die ersten"Tauschplätze" archäologisch nachzuweisen?
>Gute Fragen. Wenn Marktplätze archäologisch nicht nachzuweisen sind, könnte es nicht daran gelegen haben, daß z.B. in/vor Tempeln getauscht und gehandelt wurde?
Volltreffer! Am Tempel wurde nicht getauscht, sondern Abgaben geleistet. Tempelzwang!
>Hat Jesus nicht die Händler aus dem Tempel gejagt?
Genau! Die Händler waren Monopolisten für das im Tempel abzuliefernde Abgabengut (spezielle Münzen, Tauben, usw.). Ohne Opfer (Abgabe) kam niemand hinein.
>Vielleicht wurde dieser Platz sogar zum Tauschen benutzt bevor (!) ein Tempel daraus wurde.
Nein, wirklich nicht. Der Tempel war die ideologisch verbrämte Zwangsabgaben-Sammelstelle - seit den allerersten Tempeln (Babylon, Ägypten, Maya, usw.). Die Tempel waren Abgaben-Depots für die Macht. Das ist absolut geklärt.
>Es hätte ja durchaus Sinn, wenn die Machthabenden (Fürst und Priester) diesen zentralen Platz mit ein wenig Metaphysik verkleiden, um alles unter Kontrolle zu haben und ungehindert Steuern einheben zu können ("Gott will es: den Zehnten").
Nicht erst der Warentausch und dann die Steuern. Die Steuern - auf Gut lautend - und dann erst das Gut. Die Macht, die nur so nebenbei - im Tauschgewimmel - die Hand aufhält (Klingelbeutel-Macht) ist in früher Zeit nirgends zu entdecken.
>Übrigens: alleine die Tatsache daß es Priester gab zeigt an, daß regelmäßig Überschüsse erwirtschaftet wurden.
Erwirtschaftet werden mussten!
>(Materiell) unproduktive Mitglieder der Gemeinschafdt muß man sich erst einmal"leisten" können.
>Würde unsere Zivilisation von heute auf morgen untergehen würden sich zukünftige Archäologen auch die Köpfe zerbrechen: riesige industrielle Produktionsstätten, aber für den möglichen Durchsatz viel zu kleine Lager.
Die Tempel hatten nie etwas produziert. Die heutige Produktion würde man noch finden, nachdem die Produktionsstätten selbst verschwunden wären (Garagen, Keller, Müllhalden).
>Wir wissen warum: die Lager wurden auf die Landstrasse ausgelagert, sie befinden sich in den LKWs. Just in time Lieferung spart Kosten für die Lagerhaltung.
Die Rekonstruktion der Maya-Straßen hat sensationelle Ergebnisse gebracht: Millionen waren Tag und Nacht unterwegs, um das Abgabengut heranzuschleppen. Bei den Mayas gab es nirgends Tausch-, sondern überall nur Abgabenplätze.
Zum Straßenthema: Was waren die ersten Straßen? Handelswege oder Militäraufmarsch und -durchmarsch-Straßen? Das römische Straßennetz diente den Legionen! Und nicht jemandem, der Äpfel von Rom nach Verona karren wollte.
>Diese Rolle könnten früher, falls es keine zentralen Tauschplätze gab oder die Produzenten zu weit voneinander entfernt waren, fahrende Händler übernommen haben.
Der fahrende Hänlder (Kommenda!) musste geschützt sein, was wiederum Macht voraussetzt, sonst wäre er nicht ums nächste Eck gekommen (siehe den Kampf gegen Piraten). Auh hier ganz klar: Zeitliche Priorität der Macht.
Ohne sie hätte es weder Eigentum, noch Handel oder Tausch gegeben.
>Wie wir gesehen haben können die Mächtigen zentrale Tauschplätze, sei es nun Marktplatz oder Tempel, leicht kontrollieren.
Es waren Abgabenplätze!
>Um ihren Anteil an fahrenden Händlern zu erhalten müssen sie nun Mautstellen errichten und behaupten (und notfalls mit dem Schwert durchsetzen), die Strassen seien Eigentum des Herrschers.
Das waren sie immer. Sonst hätte der Handel doch von sich aus Privatstraßen gebaut.
Gruß!
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