-->Hi,
zu den unten angesprochenen Problemen darf auf die bekannte Kontroverse Luther/Müntzer 1524/5 verwiesen werden. Luther kritiserte auch Diverses, blieb aber"staatstragend", Müntzer wurde schon in seiner"Fürstenpredigt" deutlich, wo er die hohen Herren auf den"Stein" hinwies, der"ohne Hände" (anhand) vom"Berg gerissen" und nunmehr als Lawine zu Tal donnert.
Zunächst Luther ("gegen den aufrührerischen Geist zu Alstedt", gemeint ist Müntzer) leider nur in Originaltext, aber durchaus lesbar und lesenswert, Fettungen von mir:
Wo sie aber wöllen mehr thun denn mit dem wort fechten / wöllen auch brechen und schlahen mit der faust / da sollen E.F.G. [= Euer Fürstlich Gnaden] zu greyffen / Es seyen wyr odder sie / und stracks das land verbotten und gesagt.
Wyr wöllen gerne leyden und zusehen das yhr mit dem wort fechtet / das die rechte lere bewerd werde / Aber die faust halltet stille / denn das ist unser ampt / odder hebt euch zum lande aus.
[Die Auswanderungsvariante wird schon breit diskutiert]
Denn wyr / die das wort Gottes füren / sollen nicht mit der faust streytten. Es ist eyn geystlich streyt / der die hertzen und seele dem teuffel ab gewynnet / Und ist auch also durch Daniel geschrieben / das der Antichrist soll on hand zurstöret werden. So spricht auch Isaias 11. das Christus ynn seym reich / werde streytten mit dem geyst seyns munds und mit der ruten seiner lippen.
Predigen und leiden ist unser ampt / nicht aber mit feusten schlahen und sich weren. Also haben auch Christus und seyne Apostel keyne kirchen zu brochen noch bilder zu hawen / sondern die hertzen gewonnen mit Gottes wort / darnach sind kirchen und bilder selbs gefallen.
Klartext, jetzt mal aufs Forum gewendet:
Es darf durchaus hart zur Sache diskutiert werden. Ob dadurch fällt, was fallen sollte, ist fraglich.
Etwa einen Monat später die Fürstenpredigt, und, als diese nichts fruchtete (Müntzer bezieht sich auf den Traum des Pharao, den Daniel deutet - das bekannte Bildnis mit den Füßen aus Ton, usw.), ruft er zur revolutionären Tat. Hier aus seinem Brief an die Allstedter und die Mansfelder Bergknappen:
Die reinen Forcht Gottes zuvor, lieben Brueder. Wie lange slafft ihr, wie lang seit ihr Gott seins Willens nit geständig, darumb dass er euch nach eurem Ansehen vorlassen hat? Ach, wieviel hab ich euch das gesagt, wie es muss sein. Gott kann sich anderst nit offenbaren, ihr must gelassen stehen.
Thuet ihrs nicht, so ist das Opfer, euer herzbetruebtes Herzeleid umbsunst. Ihr must darnach von neuem auf wider in Leiden kommen.
Das sag ich euch, wollt ihr nit umb Gottes Willen leiden, so must ihr des Teufels Merterer sein. Darumb huet euch, seit nit also verzagt, nachlessig, schmeichelt nit laenger den vorkarten Fantasten, den gottloßen Boßwichtern, fanget an und streitet den Streit des Herren!
(...)
Das ganze deutsche, franzosisch und welsch Land ist wag, der Meister will Spiel machen, die Bößwichter mussen dran. Zu Fulda seint in der Osterwochen vier Stiefftkirchen vorwuestet, die Pauern im Klegaw und Hegaw, Schwarzwald seint auf, dreimal tausend stark, und wirt der Hauf je lenger je grosser. (...)
[Hinweis auf die bereits laufenden Bauernunruhen]
Nuhn dran, dran, dran! Es ist Zeit! Die Boßwichter seint frei vorzagt wie die Hund. (...) Es ist uber die Mas hoch von Noethen. Dran, dran, dran![/b]
(...) Reget an in Dorfern und Stedten und sonderlich die Bergkgesellen mit ander guther bursse [Gesellschaft], welche guth darzu wird sein. Wir mussen nit lenger slaffen.
(...) Die pauern vom Eisfelde [Eichsfeld] seint ihr Junkern feind worden, kurz, sie wollen ihr kein Gnade haben. Es ist des Wesens viel euch zum Ebenbilde. Ihr must dran, dran, es ist Zeit... gehet vorne an den Tanz!
Lasset diesen Brief den Bergkgesellen werden. (...) Ich kann es itzund nit anders machen, sonst wollt ich den Bruedern Underricht gnug geben, dass ihnen das Herz viel grosser sollt werden denn alle Slosser und Rüstung der gottloßen Bößwichter auf Erden.
Dran, dran, dieweil das Feuer haiß ist. Lasset euer Schwerth nit kalt werden, lasset nit vorlehmen! Schmidet pinkepanke auf den Ambossen Nymroths, werfet ihnen den Thorm zu Boden! Es ist nit mugelich, weil sie leben, daß ihr der menschlichen Furcht solltet lehr werden.
Dran, dran, weil ihr Tag habt. Gott gehet euch vor, volget, volget!
Dass die Bauernkriege klassische Aufstände gegen zu hohe obrigkeitliche Steuerbelastung waren, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die Aufstände waren nicht nur aufs Land beschränkt, sondern auch ein flächendeckendes urbanes Phänomen, man denke an die Augsburger"Ungeld"-Unruhen und natürlich an die Entwicklung in Florenz in der zweiten Hälfte des 15. Jh. mit Savonarola als Kulminationspunkt.
Das Mindeste, was vom Souverän (Volk) zu leisten ist, wäre eine grassroot-Bewegung wie in Kalifornien bei der proposition 13 1978, als zwei Drittel der Bevölkerung die property taxes schlagartig um 57 % senkte.
Hoffentlich kommen also Volksbefragungen, Volksentscheide und Volksabstimmungen schleunigst ins Grundgesetz und dies nicht etwa unter Ausschluss von Finanzfragen!
Lange geht's gut (die Bauernunruhen hatten schon in den 1470er Jahren begonnen, siehe Pfeifer von Niklashausen, siehe Grafschaft Montfort im Allgäu, siehe Abtei Kempten). Aber wenn der"Stein" einmal rollt, dann rollt er.
Wer dann am Fuß des Berges steht, ist nicht zu beneiden.
Gruß!
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