-->Hallo Forumsgemeinde,
hier ein kleiner Auszug aus dem Artikel"Die Anfänge der Geldwirtschaft" von Georg Grupp, erschienen in der"Zeitschrift für Kulturgeschichte" (wschl. um 1898/99, mir nur als Kopie vorliegend):
"Infolge der wirtschaftlichen Überlegenheit Italiens und später Deutschlands waren es vor allem diese Länder, wo das Naturalsystem und das damit zusammenstehende Zinsverbot am stärksten durchbrochen wurde und diese Durchbrechung systematische Formen annahm. Dort bildeten sich zuerst die Handels- und Kommanditgesellschaften, Bodmereianlehen und Pfandleihhäuser (montes), und hier blühte der Rentenverkehr.
Bei all diesen Formen ist der kapitalistische Kern und Zweck verhüllt, bis er endlich die Schale sprengte. Die mittelalterliche Gebundenheit und sittliche Motive umhüllen ihn. Es gab daher allerlei Kompromisse zwischen den veralteten Anschauungen und den neuen Bedürfnissen. So verschmolz sich im Rentenkauf das mittelalterliche Immobilienprinzip mit den neuen kapitalistischen Bedürfnissen. Der Grundbesitz kapitulierte vor der Geldmacht. Denn die Städte blühten, während Ritter und Bauern in Schulden gerieten, allerdings nur in Renten-, nicht in beliebig kündbaren Hypothekenschulden, die einer späteren Zeit vorbehalten blieben.
Nicht weniger charakteristisch sind die italienischen Leihhäuser; man hieß sie montes pietatis und stellte damit den sittlichen, wohltätigen Zweck in den Vordergrund. Es gewann den Anschein, als ob die Kapitalienaufnahme nur dazu dienen würde, den Notleidenden und Armen Geldhilfe zu verschaffen. Aber diese Hilfe konnte eben doch nicht unentgeltlich geboten werden: es mußte ein Faustpfand bestellt und unter dem Titel der Betriebskosten Zinsen von etwa 10% bezahlt werden. Das waren zwar keine Wucherzinse, die waren aber auch nicht niedriger, als der gewöhnliche Geschäftszins. Für Geldeinlagen wurden 5% bezahlt. Das Mittel der monti benutzte indessen auch der Staat, um Geldanlehen zu machen oder Steuern zum voraus erheben zu können. Anfangs waren die Bedingungen sehr liberal. In Florenz konnte nach einer Bestimmung von 1424 ein Teil des Anlehens zur Aussteuer für die Söhne und Töchter verwendet werden: wer 104 Goldgulden einzahlte, der erhielt nach 15 Jahren 1000 Gulden. Aber 1485 wurde durch Lorenzo de Medici der monte delle doti so geändert, daß nur ein Fünftel der Mitgift ausgezahlt, der Rest mit 3% verzinst wurde. Das war soviel wie Staatsbankerott."
Also: Geldanlehen des Staates (Staatsverschuldung) = Erhebung von Steuern im voraus!
Kennt jemand was von Georg Grupp?
Noch zwei Literaturhinweise (selbst noch nicht gelesen):
Max Wirth,"Das Geld. Geschichte der Umlaufsmittel von der ältesten Zeit bis in die Gegenwart.", Prag und Leipzig, Verlag von G. Freytag, 1895
Oskar Lenz,"Über Geld bei den Naturvölkern", Hamburg, Verlagsanstalt und Druckerei A.-G. (vormals J.F. Richter), 1895
Herzliche Grüße in die Runde, <font color=#008000>Zandow</font>
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