-->16. November 2007, 19:05 Uhr Von Ulrike Simon
"Spiegel"-Personalie
Wie Stefan Aust im Urlaub abserviert wurde
Die Meinungen über den Rauswurf von"Spiegel"-Chef Aust gehen auseinander: Viele Redakteure sind erleichtert, aber Chefredakteurskollegen äußern Entsetzen über die"Stillosigkeit" der Aktion.
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Eigentlich ging es bei der Podiumsdiskussion, an der Markwort am Freitag in Berlin teilnahm, um andere Themen. Doch er nutzte die Gelegenheit, die am Vorabend bekannt gewordene Absetzung Austs zu kommentieren. Wenn man sehe, wie „stillos“ sich diese „Meute von 800 Leuten“ verhalte, sei er froh über Verlegerpersönlichkeiten, die „einzelverantwortlich“ handeln, fuhr Markwort fort.
Die „Meute“, das sind in seinen Augen die „Spiegel“-Mitarbeiter, denen 50,5 Prozent des Verlags gehören. Sie hatten die Initiative ergriffen für den einvernehmlichen Beschluss mit den Co-Gesellschaftern (Gruner + Jahr und die Erben Rudolf Augsteins), Austs Vertrag „nicht über den 31. Dezember 2008 hinaus weiterlaufen zu lassen“. So stand es in der Mitteilung am Donnerstag, wenige Minuten, nachdem alle Mitarbeiter via Intranet informiert worden waren.
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Bevor im Auditorium Applaus für Markworts Empörung aufkam, zollte auch Moderator Ulrich Wickert Stefan Aust Unterstützung. In Wirklichkeit sei es ja „noch peinlicher“ gewesen, sagte der frühere „Mister Tagesthemen“ und schilderte die Geschichte, die am Donnerstagabend bei der Verleger-Gala in Berlin wie ein Lauffeuer unter den rund tausend Gästen umgegangen war. Die dürre Pressemitteilung, die weder Austs Verdienste, den Grund seines Rauswurfs noch irgendeinen Dank enthält, war unter Zeitdruck entstanden. „Spiegel“-Geschäftsführer Mario Frank war nämlich beim früheren Washington-Korrespondent der „Zeit“ Thomas Kleine-Brockhoff vorstellig geworden, um ihn zu fragen, ob er Chefredakteur des „Spiegel“ werden wolle. Davon erfuhr ein leitender Redakteur am Mittwoch und rief Aust auf Bali an. Für Aust kam die Nachricht überraschend. Nachdem seine Personalie bei der letzten Gesellschafterversammlung kein Thema war, durfte er den Eindruck gewinnen, dass diese Klausel, die ihm bei der letzten Vertragsverlängerung aufgedrückt worden war, nicht zur Anwendung kommt. Sie sieht vor, dass sein Vertrag automatisch bis Ende 2010 gilt, wird er nicht Ende 2007 mit einem Jahr Frist gekündigt. Für das neue Jahr 2008, kolportieren Vertraute, soll Aust daher bereits den Vorsatz gefasst haben, den Kampf gegen seinen Widersacher Mario Frank mit neuem Elan anzugehen und erfolgreich abzuschließen. Frank, geholt und angetreten, um die Ära Aust zu beenden, ist mittlerweile selbst bei jenen, die den neuen Geschäftsführer zu Beginn des Jahres begrüßt hatten, in Ungnade gefallen. Gründe gibt es viele - sei es der Umbau von „Spiegel TV, der gescheiterte Versuch, sich mit dem Kauf der defizitären „Financial Times Deutschland“ zu profilieren, sei es sein Unverständnis für die Unternehmenskultur.
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Mitten in der heißen Produktionsphase jagte den ganzen Donnerstag über in der „Spiegel“-Redaktion eine Ressortleiterkonferenz die nächste. Als der Rauswurf feststand, fielen die Reaktionen geteilt aus. Die Basis, Redakteure ohne Ressortverantwortung, feierten ihre Erleichterung. Bald werde man wieder unabhängig über Bildungsthemen, die Automobilbranche, Energiepolitik oder Frauenthemen schreiben können, freuten sich jene, die unter dem autoritären Führungsstil des Machtmenschen Stefan Aust gelitten haben. Das andere Lager innerhalb der Redaktion, jene also, die Aust stützten, machten ihrem Unmut über die Stillosigkeit des Rauswurfs Luft.
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daher
<ul> ~ http://www.welt.de/wirtschaft/article1371841/Wie_Stefan_Aust_im_Urlaub_abserviert_wurde.html</ul>
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