- Kapitalismus pur - der Preis für Angebot und Nachfrage - Ghandi, 24.01.2002, 22:41
- Nicht wirklich, oder? - Zardoz, 24.01.2002, 23:55
- Re: Nicht wirklich, oder? - Taktiker, 25.01.2002, 00:06
- Re: Nicht wirklich, oder? - Zardoz, 25.01.2002, 01:57
- @Zardoz: Köstlich! Sie verblüffen mich immer wieder mit Ihren Antworten! (owT) - Galiani, 25.01.2002, 00:25
- Du bist aber leicht zu verblüffen! - Taktiker, 25.01.2002, 02:16
- Re: Nicht wirklich, oder? - Taktiker, 25.01.2002, 00:06
- Ach Ghandi - Galiani, 25.01.2002, 01:10
- Oh je oh je, galiani - Taktiker, 25.01.2002, 01:59
- Ach Galiani...Kapitalismus pur - der Preis für Angebot und Nachfrage - Uwe, 25.01.2002, 07:55
- Re: Freie Märkte schaffen? Dann: Staatsmonopole beseitigen! - dottore, 25.01.2002, 11:19
- Reproduktionslohn - Fürst Luschi, 25.01.2002, 15:22
- Re: Reproduktionslohn - dottore, 25.01.2002, 19:06
- Re: Reproduktionslohn - Fürst Luschi, 27.01.2002, 14:37
- Re: Reproduktionslohn - Euklid, 27.01.2002, 14:54
- Re: Reproduktionslohn - Fürst Luschi, 27.01.2002, 14:37
- Re: Reproduktionslohn - dottore, 25.01.2002, 19:06
- Reproduktionslohn - Fürst Luschi, 25.01.2002, 15:22
- Re: Freie Märkte schaffen? Dann: Staatsmonopole beseitigen! - dottore, 25.01.2002, 11:19
- Re: Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt immer - dottore, 25.01.2002, 10:39
- Bibel-2000 und Gandhi II. gesucht - Ghandi, 25.01.2002, 21:58
- Nicht wirklich, oder? - Zardoz, 24.01.2002, 23:55
Re: Gesetz von Angebot und Nachfrage gilt immer
>Guten Abend,
>manchmal muß man ein wenig provozieren, um
>Schwachstellen aufzuzeigen.
Hi Ghandi,
so sehr ich Dir in Deinem Grundtenor beipflichte, darf ich doch Einiges zur Klärung zufügen.
Das Gesetz von Angebot und Nachfrage hat überhaupt nichts mit"Kapitalismus" zu tun, in dem Sinne, dass es nur im K. gelten würde.
Es gilt überall, wo es Märkte ("Marktwirtschaft") gibt."Kapitalismus" ist keine Frage der Marktverfassung, sondern ausschließlich eine der Eigentumsordnung. Deshalb teile ich bekanntlich Galiani's Gleichsetzung von Marktwirtschaft und Kapitalismus in keiner Weise.
Angebot und Nachfrage gab es im real existierenden Sozialismus ganz genau so, was ich nicht ausführen muss (Schlangestehen, Westgeldzahlung, Honeckers Chauffeur hat die Filme für Erich und die Klamotten für Margot nachgefragt; der Chef des Marx-Engels-Insituts hat für ein auf Auktion (= Markt) angebotenes Ex. des Kommunistischen Manifests bis"Limit" (= Preis) 40.000 DM nachgefragt).
Nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage hat auch Gandhi in Indien gearbeitet un die britische Kolonialherrschaft gestürzt. Die Inder kauften keine englischen Baumwolle mehr und keine englischen Waren und erledigten die englische Salzsteuer durch Nichtnachfrage nach Salz. Das"gewaltfreie Spinnrad" (Indiens Flagge!) ist geradezu ein Symbol für Markt: Keine Nachfrage nach Fremdprodukten, kein Verkauf.
Angebot und Nachfrage fallen nur dann und per se weg, wenn es keine Märkte (Verkaufs- oder Angebotsveranstaltungen) gibt. Dies war im alten Persien der Fall (siehe Herodot:"Die Perser hatten keine Märkte") oder im Inkareich, wo die Menschen nicht mal ihre eigenen Kleider verkaufen (= anbieten) durften.
Angebot und Nachfrage gab's unter dem Feudalismus im Mittelalter (der Feudalherr hat Waffen und Steine für seine Burg und Handwerkerleistungen nachgefragt).
Die Kirche hat im 16. Jh. die Leistungen von Rafael und Michelangelo nachgefragt und bezahlt.
Vielleicht noch mal zur Klärung:
Kapitalismus setzt Privateigentum voraus, das eingesetzt (= riskiert) bzw. beliehen (= riskiert) werden kann. Die Rückholung und/oder Mehrung des Kapitals geschieht über Märkte, auf denen der Kapitalist seine Waren anbietet und sich dann die benötigten (Schulden-)Deckungsmittel beschafft. Je freier die Märkte, umso zügiger kann dieser Prozess ablaufen.
"Marktwirtschaft" ist eine leere Worthülse. Sie wird gern benutzt, um das schlimme Wort"Kapitalismus" zu vermeiden. Entweder es gibt (mehr oder weniger freie) Märkte, auf denen sich Angebot und Nachfrage auspendeln können oder es gibt sie nicht. Gibt es sie nicht, kann keine Wirtschaft auf Dauer gedeihen (bestenfalls stagniert sie), arbeitsteilige (= immer kapitalistische) Wirtschaften schon gar nicht.
Angebot und Nachfrage ist - außer in Eigenwirtschaften - immer vorhanden. In Naturaltauschwirtschaften unmittelbar einleuchtend: Jeder Tauschende hat Eigentum an seinem Tauschgut. Im Sozialismus (= kein oder kaum Privateigentum) ist Nachfrage ebenfalls vorhanden (nach Gütern, die man haben möchte oder deren man unbedingt bedarf). Das Angebot entspricht aber nicht (Menge, Qualität,"Preis") der Nachfrage, da es nicht von den Marktteilnehmern selbst gefordert werden kann, sondern von einer Obrigkeit offeriert (= zugeteilt) wird (Fünfjahrespläne usw.).
Das große Missverständnis in der Phase des Übergangs vom Sozialismus zum Kapitalismus (1990 ff.) bestand darin, das man glaubte, bloß freie Märkte schaffen zu müssen und schon liefe die Chose ("blühende Landschaften"). Man hätte aber das Privateigentum maximieren müssen, um blühende Landschaften zu schaffen.
Der Druck, mehr und besser zu wirtschaften, kommt nie aus dem Markt als solchem, sondern immer nur aus dem Eigentum, bzw. seine Angst um dieses. Selbst die schönste und freieste Marktwirtschaft ist sinnlos, wenn es kein privates Eigentum gibt. Denn was sollte und wie auf den Märkten erscheinen?
Was der Staat mit Hilfe seines Staatseigentums anzubieten vermag, konnten und können wir ausführlich studieren (Bahn, Post, Straßen, Altersvorsorge usw.).
>Es gab hier im Zusammenhang mit dem Terror seit dem 11.9. so
>manches Posting mit dem Tenor, die (Offenbarungs-)Religionen
>seien schädlich für den Weltfrieden - oder gar ursächlich für
>Attentate und Krieg.
Offenbarungsreligionen sind eine schwierige Sache. Das resultiert aus dem Phänomen der"Offenbarung": Soll sie jeder für sich behalten oder soll er sie weiter tragen? Warum haben Moses und Mohammed, das, was ihnen geoffenbart wurde, nicht für sich behalten? Sie haben das ihnen Geoffenbarte teilweise mit Gewalt, Kampf und Tötungen weitergetragen.
2 Moses 32,27:
"Gürte ein jeder sein Schwert und gehe von einem Tor zum anderen des Lagers und töte ein jeder seinen Bruder, Freund und Nächsten."
Dreitausend"Ungläubige" starben so.
In Sure 48,28 steht:
"Er ist es, der Seinen Gesandten geschickt hat mit der Leitung und mit der Religion der Wahrheit, dass Er sie siegreich macht über jede andere Religion."
Wie muss man sich die"Leitung" vorstellen, wie den"Sieg"? Man kann sich das freiwillige Sich-Unterwerfen einer"Leitung" vorstellen und die"Wahrheit" kann sich auch von sich aus ausbreiten.
Es kann aber auch"nachgeholfen" werden. Das geschah oft genug mit Feuer und Schwert.
Sure 8,7:
"Da wünschte Gott, die Wahrheit zu bewähren mit seinen Worten und zu rotten aus den Stumpf der Leugner."
Das Vertrackte an den großen"Büchern" ("Koran" von kara = lesen oder rezitieren;"Bibel" von biblon = das Buch): In ihnen finden sich Belegstellen für alles fast, in Pro und Contra. Man kann mit ihnen letztlich alles belegen und genau so gut das Gegenteil.
>Gut sei dagegen der freie Kapitalismus, der über den bestens
>funktionierenden Markt stets zum optimalen Preis komme und
>damit dem Wohle aller Menschen diene.
Der"optimale" Preis ist immer der niedrigste (gleiche Qualität vorausgesetzt). Je niedriger der Preis für eine Ware, desto weniger muss ich selbst Waren bzw. Leistungen dafür hergeben. Oder dafür arbeiten. Das hilft mir bei meinem"Wohl".
Wenn das für alle einzelnen gilt, warum sollte es nicht für alle überhaupt gelten?
>Selbst nicht religiös, bin ich dennoch fest davon überzeugt,
>dass viele Exzesse, die wir aktuell in der Welt erleben, kaum
>denkbar wären, hätten die Menschen nicht weitgehend
>ihren Glauben verloren.
Zum Exzess-Phänomen siehe wiederum Koran, diesmal Sure 7,31:
"O Kinder Adams, legt euren Schmuck an..., und esset und trinket, doch überschreitet die Grenzen nicht; denn wahrlich Er liebt nicht die Unmäßigen."
>Die friedensstiftende Kraft der Religionen wird leider im
>Moment noch verkannt, und staatliche Repression allein wird
>niemals in der Lage sein, die ungezügelte Profitgier im
>Kapitalismus zu zügeln.
Die ungezügelte Gier ist mehr ein allgemein menschliches Phänomen als ein Spezifikum des Kapitalismus. Schon der Nomade (siehe Abraham) will seine Herde maximieren. Die altorientalischen Potentaten (Pharaonen, Herrscher in Babylon): Waren sie"ungierig"? Die Geschichte der Renaissance-Päpste? Was haben Marcos, Duvalier, Haile Selassie, Mobuto, usw. nicht auf die Seite geschafft? Warum bedienen sich sogar"demokratische" Politiker so schamlos (Endlosbeispiele)?
Ich persönlich glaube allerdings, wie Du, dass es zu einer weltweiten Re-Moralisierung (Re-Religionisierung) kommen wird, initiiert vermutlich wieder von einstmals reichen Leuten, zumal das dann glaubwürdiger ist (Buddha, Franz von Assisi, Norman Rentrop aktuell). Selbst in den USA sehen wir erste Ansätze: Viele Leute wollen weg vom Konsumrausch-Phänomen.
Also geben wir die Hoffnung nicht auf! Vieles wird sich alsbald ändern. Über die Perversionen des Kapitalismus (eher zu erkennen an obszönen Managergehältern als an Exzessprofiten!) werden kommende Generationen nur den Kopf schütteln.
Gruß
d.
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