- Zum Tod von Robert Nozick - Jochen, 25.01.2002, 19:01
- Re: Tja, Nozick und Pierre Bourdieu - kleiner Vorteil DOCH pro Kapitalismus (owT) - dottore, 25.01.2002, 20:23
- Re: kleiner Vorteil DOCH pro Kapitalismus? Aber nicht in der FAZ - Jochen, 25.01.2002, 20:47
- Tja, Jochen, Bourdieu sogar Schlagzeile in der taz! taz"moderner" als faz ;-) - dottore, 25.01.2002, 20:55
- Re: kleiner Vorteil DOCH pro Kapitalismus? Aber nicht in der FAZ - Jochen, 25.01.2002, 20:47
- Re: Tja, Nozick und Pierre Bourdieu - kleiner Vorteil DOCH pro Kapitalismus (owT) - dottore, 25.01.2002, 20:23
Zum Tod von Robert Nozick
Sollte in einem Forum, in dem sich der eine oder andere Kapitalismus-Freund tummelt, erwähnt werden:-)
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Heute in der FAZ
Markt, Sollen, Sein
Zum Tod des amerikanischen Sozialphilosophen Robert Nozick
Was haben Intellektuelle eigentlich ge-gen den Kapitalismus? In seinem Buch „Socratic Puzzles" von 1997 hat Robert Nozick sich verwundert darüber gezeigt, daß unter allen Berufsgruppen, die mit kulturellem und ökonomischen Kapital relativ gesegnet sind, ausgerechnet die Denker so ausgespro-chen unzufrieden mit der Wirtschaftsordnung sind. Meinungsfreiheit, überdurch-schnittliche Stundenlöhne und Einladungen zu Talkshows entgelten sie der liberalen Gesellschaft mit Attacken, schlechter Laune und Verschwörungstheorien. Nozicks Erklärung: Intellektuelle neigen dazu, mehr vom Markt zu verlangen als er ihnen geben möchte. Nicht die Qualität eines Pro-duktes, sondern die Nachfrage entscheidet über seinen Preis. Da mag ein Argument noch so distinkt und rational und progressiv oder auch tief und eigentlich gedacht sein - mitunter interessiert es trotzdem niemanden. Kaufleute, die auf ihren Waren sitzen bleiben, machen dafür nicht das System verantwortlich. Intellektuelle aber schon.
Das liege, so Nozicks Soziologie, an den höheren Bildungsanstalten. Denn dort wer-de vor allem den wortgewandten Schülern eingeredet, Intelligenz, sei überhaupt das Beste. Jedenfalls täten das die Lehrer, was in den Intellektuellen bereits früh Sympa-thien für autoritäre Bewertungssysteme wecke. Sie verinnerlichen die Normen des ersten außerfamiliären Systems, in dem sie Erfolg haben und sind dann sehr enttäuscht, wenn sie außerhalb dieses Systems eine relativ geringere Anerkennung ihrer Leistungen erfahren und dabei zusehen müssen, wie Eishockeyspieler, Models und Betriebswirte an ihnen vorbeiziehen.
Robert Nozick gehörte nicht zu den vom Markt enttäuschten Intellektuellen. Der 1938 in Brooklyn als Sohn russischer Emigranten geborene Philosoph hegte in seiner Jugend sozialistische Neigungen. Erst in Princeton, wo er 1963 über die „Normative Theorie individueller Entscheidungen" promovierte, freundete er sich mit dem Kapita-lismus an. Seit 1969 lehrte er als Professor in Harvard. Sein erste Buch, „Anarchie, Staat, Utopie" von 1974 wurde zum Bestsel-ler der politiscnen Ã-konomie des Liberalis-mus. In ihm behauptete der Philosoph in ei-ner Mischung von naturrechtlichen und uti-litaristischen Argumenten, warum einzig ein Minimalstaat, der sich fast jeder Umverteilung enthält, gerechtfertigt sei. Jedes staatliche Handeln, das über den Schutz vor Gewalt, Diebstahl und Betrug sowie die Gewähr von Vertragssicherheit hinaus-gehe, verletze Bürgerrechte. Das war natürlich, wie alle Naturrechtstheorien, zirkulär gedacht. Denn das ursprüngliche, soziale Ordnung begründende Recht an selbstgeschaffenen Gutem, das den Steuerstaat jenseits jener Schutzfunktionen ins Unrecht setzt, war erkennbar eine Fiktion, die von der Frage ablenkt, was denn ein Markt oder ein Recht diesseits politischer, ja sozialer Ordnung sein soll.
In seinen philosophischen Meditationen „The Examined Life" von 1989 hat sich No-zick bemüht, diesen ökonomischen Individualismus durch einen des Gefühlslebens zu ergänzen. Zum Recht am Eigentum kam das am eigenen Körper und den Seelenzu-ständen hinzu. So, wie der Kapitalismus nicht einfach die faktisch vorfindliche Wirtschaftsordnung sein sollte, sondern auch die von der menschlichen Natur vorgesehene, so sollte auch die Freiheit der Individuen nicht nur als soziale Errungenschaft, sondern als wissenschaftliche Wahrheit erwiesen werden. Das rührte zu seltsamen Versuchen wie dem, Emotionen als Abbilder objektiver Werte nachzuweisen und ihnen abzuverlangen, „zutreffend" zu sein, um „tief" sein zu können. Zuletzt war auch Nozick ein Intellektueller, der für besonders wirklich hält, was sich „korrekt" denken läßt. Im Alter von 63 Jahren ist Robert No-zick am Mittwoch in Cambridge, Massachu-setts, gestorben. JÜRGEN KAUBE
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Wie man am gefetteten Text sieht: Neid überall:-))
Gruß
Jochen
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