- Alle Zeichen auf Sturm - Standing Bear, 20.02.2002, 10:08
- Modernes Raubrittertum - barbarisch, primitiv.. amerikanisch - black elk, 20.02.2002, 10:15
Alle Zeichen auf Sturm
Alle Zeichen auf Sturm
Washington spielt neue Kriegsszenarien durch. Trotz
weltweiter Kritik an USA Irak ohne Unterstützung
Aller Kritik aus Europa zum Trotz bereitet Washington den nächsten
Krieg vor. Der ultimative Feind heißt Irak. US-Militärfachleute
glauben, ein Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein wäre
heute einfacher als beim Angriff vor elf Jahren. Die »Zerstörung von
Husseins Militärmacht« wäre ein »Kinderspiel«, urteilte dieser Tage
die Washington Post. »Erstens war es schon beim letzten Mal ein
Kinderspiel.« Zweitens sei Irak seitdem schwächer geworden, die
USA stärker. Und außerdem »wollen wir es diesmal ein für allemal
wissen«, schrieb Ken Adelman, der unter US-Präsident Ronald
Reagan hoher Beamter für Rüstungskontrolle war.
Die endgültige Entscheidung für einen Krieg gegen den Irak ist Ende
Januar bei einem zentralen Treffen von Bushs Kriegskabinett
gefallen, das heißt unmittelbar vor der Rede des US-Präsidenten zur
Lage der Nation. Dem Kriegskabinett gehört neben Vizepräsident
Dick Cheney, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der nationalen
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und CIA-Chef George Tenet
auch Außenminister Colin Powell an. Dieser galt bis dahin als die
Stimme innerhalb der Bush-Regierung, die zur Besonnenheit mahnen
und aus Rücksicht auf die Verbündeten im arabischen Raum und der
islamischen Welt einen Angriff auf den Irak ablehnen würde.
Zwar ist man sich in Washington über das Ziel, den Sturz der
Baath-Regierung, nun einig geworden, noch herrscht aber keine
Einigkeit über das konkrete Vorgehen. Das State Department sowie
die CIA setzen dem privaten Nachrichtendienst »Stratfor« zufolge auf
einen Putsch innerhalb der Armee gegen Saddam Hussein, der durch
Luftangriffe der USA und Aktionen von US-Spezialeinheiten
provoziert werden könnte. Ein solcher begrenzter Krieg könne
problemlos auch ohne Saudi-Arabien und die anderen arabische
Alliierten geführt werden und würde, so die Hoffnung der
Außenpolitiker, auch den außenpolitischen Schaden in der Region in
Grenzen halten.
Das Pentagon dagegen setzt formal auf die im »Irakischen
Nationalkongreß« (INC) zusammengeschlossenen
Oppositionsgruppen, obwohl die Aktivisten dieses illustren Vereins die
reichlichen Zuwendungen aus den USA bisher vorwiegend für noble
Konferenzsäle oder privat verwendet haben. Weit davon entfernt,
den oppositionellen irakischen Kräften einen erfolgreichen Aufstand
zuzutrauen oder die Fähigkeit, den Irak anschließend zu regieren,
planen die Strategen aus dem Verteidigungsministerium einen eher
konventionellen Feldzug mit einer entsprechend großen Streitmacht.
Ein Vorwand könnte die Unterstützung einer vom INC initiierten
»Revolution« sein. Ein solcher Krieg würde allerdings die
Beziehungen der USA zu den Staaten der Region immens belasten.
Die beiden unterschiedlichen Ansätze weisen auch auf verschiedene
Zielsetzungen hin, die über die Beseitigung des Baath-Regimes
hinausgehen. Durch einen erfolgreichen Militärputsch unter Führung
eines geachteten Offiziers könnte, so hofft die Fraktion um Powell,
ein Wechsel zu einem pro-amerikanischen Regime durchgesetzt
werden, ohne den Irak außenpolitisch und militärisch entscheidend zu
schwächen oder gar die territoriale Integrität zu gefährden.
Die Hardliner des Pentagon sehen aber beim Erhalt eines im Inneren
gefestigten Iraks auch nach Machtübernahme durch
pro-amerikanische Kräfte die Gefahr, daß diese sich im Laufe der
Zeit doch wieder zu eigenständig gebärden könnten. Eine Gefahr, die
bei Einsetzung eines auf den INC gestützten Regimes nach einer
US-amerikanischen Besetzung des Irak ausgeschlossen werden
kann. Da der INC über keinen nennenswerten Rückhalt im Land
verfügt - ja, im Gegenteil wohl eher als Handlanger des Feindes
angesehen wird -, wäre er auch in der Zukunft auf die militärische
Präsenz der USA angewiesen.
Die Informationen über konkrete Kriegsvorbereitungen sprechen
dafür, daß sich die Linie des Pentagon durchsetzen wird. Laut
Guardian hat das US-Verteidigungsministerium mit den
Vorbereitungen für einen Angriff mit bis zu 200000 Mann
Bodentruppen noch im laufenden Jahr begonnen. Die
Hauptstreitmacht würde aus Kuwait einmarschieren, sekundiert von
Kräften aus der Türkei. Ein weiteres Indiz ist, daß Dick Cheney - und
nicht der eigentlich zuständige Außenminister Powell - im März eine
umfassende Rundreise im Nahen Osten plant und für die
Unterstützung der US-Pläne wirbt.
Einige Beobachter vermuten, daß der Krieg gegen den Irak schon
bald nach dem nächsten Termin des UN-Sicherheitsrates im Mai
beginnen könnte, bei dem die Fortsetzung der Sanktionen auf der
Tagesordnung steht. Washington Post und International Harald
Tribune gehen dagegen von einem längeren Vorbereitungszeitraum
aus. Demnach würde es in den nächsten fünf oder mehr Monaten um
die Durchsetzung von strenger kontrollierten, aber »intelligenteren«
Sanktionen gehen. Zentral wird die ultimative Forderung an Bagdad
sein, bedingungslos den Zugang von Waffenkontrolleuren zu
gestatten. Dies ist ausgerechnet der zentrale Ansatzpunkt von
Bundesaußenminister Joseph Fischer, den angekündigten Krieg
gegen den Irak doch noch abzuwenden.
Dabei hat Bagdad gute Gründe, keine neue UN-Kommission ohne
zusätzliche Vereinbarungen ins Land zu lassen. Nach wie vor fehlt es
an klaren Kriterien, ab wann deren Mission als erfolgreich
abgeschlossen gilt und die Sanktionen aufgehoben werden können.
Washington besteht zudem darauf, daß ein großer Teil der
Inspektoren aus den USA und Großbritannien selbst kommen soll.
Auch wenn Bagdad unter dem massiven Druck einwilligen würde,
wäre es damit nur eine Frage der Zeit, bis »Behinderung von
Kontrollen« einen Casus belli schaffen würden.
* Der Autor ist Mitherausgeber des im PapyRossa-Verlag
erschienenen Buches »Irak - Ein belagertes Land«
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