- Afghanistan: 1a NATO Verbündete. - marsch, 20.02.2002, 18:40
Afghanistan: 1a NATO Verbündete.
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Frontal21 - Sendung vom 19. Februar 2002
<td><font size=5>Der Westen und der Warlord </font>
Die Taliban sind aus Afghanistan vertrieben und eine Übergangsregierung wurde eingesetzt. Doch Frieden herrscht am Hindukusch noch lange nicht: Auf die Friedenstruppe wird geschossen, und der Verkehrsminister wurde
ermordet. Und die Kriegsherren, so genannte Warlords, die seit mehr als zehn Jahren vom Chaos profitieren, bekämpfen sich gegenseitig. Abdul Rashid Dostum, stellvertretender Verteidigungsminister, ist einer der wichtigsten
Warlords. Jörg Brase hat ihn begleitet.
Patrouille in Kabul. Die Bundeswehr mittendrin in einem Land, in dem Konflikte meist mit Gewalt gelöst werden. Regierungsmitglieder schießen wieder aufeinander - weit weg von Kabul. Von Seiten der Deutschen: kein Kommentar.
Denn einer, mit dem sie zusammenarbeiten sollen, hat bei den neusten Kämpfen mal wieder seine Finger im Spiel: Abdul Rashid Dostum, einer der mächtigsten Kriegsherren.
Stellvertreter ist zu wenig
Michael Pohly
Bei seiner Vereidigung als stellvertretender Verteidigungsminister Ende Dezember gibt sich der Usbeke kooperativ. Stellvertreter zu sein, ist ihm zu wenig, doch er spielt das Spiel mit - solange es ihm nützt.
Michael Pohly, Afghanistan-Experte:"Er möchte zumindest eine führende Position innerhalb des Nordens haben. Er möchte gerne seine alte Bastion wiederbekommen. Er möchte sich dort oben weiter manifestieren. Er hat auch schon
gegenüber Kabul geäußert, dass er mehr Autonomie für den Norden haben möchte. Wie weit die Regierung dem nachgeben wird, ist eine andere Sache, aber er ist jemand, der auf jeden Fall versucht, den Rahmen, den es hier gibt, voll
auszuschöpfen, und zwar sowohl im zivilen, als auch im militärischen Bereich."
"Sein Name verbreitet Schrecken"
Bestellt oder echt?
Das Empfangskomitee vor wenigen Wochen in Dostums Heimatprovinz Jowzjan. Der General kehrt zurück. Er war in die Türkei geflüchtet, kämpfte dann - mit amerikanischer Unterstützung - gegen die Taliban. Er gibt sich als Befreier
und sein Volk feiert ihn wie einen König:"Dostum, er ist der mutigste Sohn Afghanistans", singt ein Kinderchor."Wie Donner kommt er über seine Feinde. Sein Name verbreitet Schrecken bei allen Gegnern Afghanistans."
Bestellte Claqueure oder tatsächliche Verehrung? Nur wer Respekt genießt, kann in Afghanistan Macht ausüben, heißt es. Dostum hat Geld und Waffen, um sich die Gefolgschaft seiner Soldaten und die der Massen zu verschaffen.
Der Diener vieler Herren
Dostum ist zurück
Er ist zurück auf dem Thron. Seinen alten Regierungssitz in Shepergan findet er fast unverändert vor, so wie er ihn vor Jahren zurücklassen musste. Mit Erdgas und Ã-l, mit Drogen und Wegezoll hat er ein Vermögen gemacht. Und mit
der Unterstützung des Auslands. Dostum, der Fuchs, diente vielen Herren. Heute sind es die Amerikaner. US-Militärberater und Geheimdienstler sind seine Gäste, seine Beschützer. Schon vor zehn Jahren, sagt er, habe er hier mit dem
amerikanischen Energieminister gesessen und Geschäfte gemacht. Vor fünf Jahren vertreiben ihn die Taliban aus seiner Residenz. Sie erobern seine Provinzen, Dostum flieht in die Türkei. Er hat die neue radikal-islamische Bewegung
unterschätzt. Doch einen Dostum wird man nicht so einfach los. Und das ist schon immer so gewesen.
Das Kind des Kalten Krieges
Mit russischen Panzern
Dostum ist ein Kind des Kalten Krieges. Damals dient er den sowjetischen Besatzern. Nach deren Abzug bleibt er zunächst loyal, unterstützt den von den Sowjets eingesetzten Präsidenten Nadschibullah. Als dessen Stern sinkt,
wechselt Dostum auf die Seite des Wiederstands - mit seinen Panzern, Flugzeugen und Raketen, finanziert aus Moskau. Er vereinigt sich mit den Mudschaheddin um Achmed Schah Massud. Doch schon bald überwirft er sich auch mit
diesen, als sie ihn von der Macht in Kabul fernhalten wollen. Dostums Truppen haben selbst im wilden Afghanistan einen üblen Ruf. Sie plündern, töten, vergewaltigen, schrecken auch vor Massenmord nicht zurück. Dostum kämpft
mal mit Kommunisten, mal mit Islamisten, heute mit den Amerikanern - stets auf eigene Rechnung. Der Islam ist für ihn nur Mittel zum Zweck. Dostum denkt nur an seine eigene Macht.
Gevierteilt
Spitzname"Teppichklopfer"
Michael Pohly, Afghanistan-Experte:"Der hat nichts mit dem Islam zu tun. Der Kerl ist ein Atheist. Und früher, wenn es ging, hat er diese Moslemführer gevierteilt."
Gevierteilt - bei Dostum ist das wörtlich zu nehmen. Seinen Verbündeten fällt er heute in den Arm und morgen in den Rücken. Gerne bezeichnet er sich als den wiedergeborenen Tamerlan, den usbekischen Reiterfürsten aus dem 14.
Jahrhundert und einer der größten Massenmörder der Geschichte.
Pohly:"Ich meine, Dostum ist in der Vergangenheit dafür bekannt gewesen, dass er keine Gefangenen gemacht hat. Er hat ja den Namen"Kilim Ghan", also"Teppichklopfer" oder"Plattmacher". Den hat er sich schon während der
Jihad-Zeiten, also während der Besatzung der Sowjetunion in Afghanistan, erworben. Und daran hat sich nichts geändert, auch in der Vergangenheit nicht."
Das Massaker von Masar-i-Sharif.
Bergen der Leichen
Ende November letzten Jahres: das Massaker im Gefängnis von Masar-i-Sharif. In Qualai-Janghi, Dostums alter Festung, werden mehrere Hundert Taliban-Gefangene nach einem Aufstand umgebracht. Soldaten von Dostum und Helfer
des Roten Kreuzes bergen die Leichen. Noch immer sind die genauen Umstände ungeklärt. Mussten wirklich so viele Menschen sterben, oder hat der General ein Massaker angeordnet.
Pohly:"Es gibt ja genügend Berichte über Menschenrechtsverletzungen gerade bei ihm. Und darüber müsste jetzt, auch um das auszuschließen, eine internationale Kommission die Hintergründe untersuchen dürfen. Und für mich ist es
absolut unverständlich, warum die Amerikaner und die Briten das bislang geblockt haben."
Die Kriegsherren sind wieder da
Abschied von den Amerikanern
Verabschiedung amerikanischer Spezialeinheiten. Seit Wochen sind sie Dostum nicht von der Seite gewichen, haben mit ihm gekämpft. Noch brauchen die USA den General, hier im strategisch wichtigen Norden. Und einen
Verbündeten liefert man nicht ans Messer, noch nicht jedenfalls - auch, wenn er ein Kriegsverbrecher ist. Dostum will sein eigenes Reich zurück. Von einer starken Zentralregierung in Kabul hält er nichts, obwohl er ihr selbst angehört.
Doch so kann er seine Konkurrenten am besten im Auge behalten. Im Grunde gehört die halbe Übergangsregierung vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, meinen Menschenrechtsorganisationen und auch viele Afghanen.
Doch dafür ist es zu spät.
Die alten Kriegsherren sind wieder da - die Geister, die Amerika und der Westen riefen, und die die Afghanen so schnell nicht mehr los werden.
http://www.zdf.de/wissen/frontal21/58336/index.html
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