- Heute 23. August 2000 - EURO-Rebell, 23.08.2000, 10:39
- Re: Heute 23. August 2000 - dottore, 23.08.2000, 14:01
Re: Heute 23. August 2000
>Immer noch spukt dieses glanzvolle Propagandabild des französischen Sonnenkönigs in Geschichtsbüchern u. Köpfen herum.
>Mag sein, daß die Ära der absolutistischen Monarchie in Frankreich ihre größten Erfolge feiern konnte. - Nur welche? - Genau wie auch heute - grenzenloser Wahnsinn. - Prachtbauten (wie z.B. Versailles), glänzende sündteure Hofhaltung u. Feste, Explosion der Staatsschulden! (wie heute) - ständige Kriege besonders gegen das Röm.-Deutsche Kaiserreich (Grundsteinlegung der Erzfeindschaft - Frankreich-Deutschland) Beispiel: Verwüstung, Niederbrennung aller! Gebäude in der Pfalz - im Winter!(Bsp. Heidelberger Schloß, Dome etc.)
>Also kurzum der Sonnenkönig ein Beispiel des Größenwahns - paßt in unsere Zeit.
>Manchmal ist es notwendig am"Glanz" so eines verbrecherischen idiotischen größenwahnsinnigen Menschen zu kratzen, der den Grundstein zur französischen Revolution legte, indem er den Staat ruinierte und der im Alter sich sehr sehr junge Mädchen (Kinder) zuführen ließ.(Kinderschänder) - Geschichte ist nicht immer glänzend!
>Verzeiht meinen kurzen Ausflug, wurde somit vom Leser (schon 1/2 Jahr mit großem Interesse) zum Schreiber.
>Gruß in die hochlöbliche Runde!
>EURO-Rebell
>Es lebe die Rebellion gegen Größenwahn u. Zentralismus!
Sehr schöner Text und herrlich engagiert.
Das Grundproblem ist folgendes: Der heutige Geschichtsunterricht hat seine Wurzeln im 19. Jh., wo ja auch alle die großen Historiker gelebt haben (Schiller, Droysen, Treitschke, Mommsen, Niebuhr, Schmoller usw.). Geschichte wurde an den Universitäten und den Höheren Schulen gelehrt. Beide Institutionen waren wenn nicht gleich königliche Gründungen (Berlin, Bonn, München usw.) auf jeden Fall staatliche Gründungen und vom Staat heftigst subventioniert.
Den Staat regierten Monarchen und ihre Cliquen und sie hatten natürlich nur eins im Auge: Geschichtsbetrachtung zum höheren Ruhme des damaligen Systems zu betreiben. Daher waren"Herrschergeschichten" natürlich vorrangig und damit sie auch glaubwürdig blieben, musste gelegentlich ein"Ausreißer" dazwischen geschoben werden wie Iwan der Schreckliche u.ä.
Auch dies hat Tradition, man vergleiche nur das Leben der Cäsaren des römischen Historikers Sueton, dem wir die Geschichten der guten (Augustus, Tiberius, Claudius, Vespasian, Titus) und der schlechten Cäsaren verdanken (Caligula, Nero, Domitian).
Der Zweck der Übung ist also klar: Das monarchische Prinzip ist sakrosankt und damit geht grosso modo auch alles in Ordnung, was die Monarchen so im einzelnen getrieben haben (Schlachten, Religionsverfolgungen, Exzesse aller Art).
Von dieser Form der Geschichtsbetrachtung konnten sich die Historiker erst nach dem Großabschied der Monarchien in Europa lösen und erst die Arbeiten von Georges Lefebvre (1924:"Les Paisans du Nord pendant la Révolution Francaise") und die Schule der Zeitschrift"Annales" (gegr. 1929 von Marc Bloch und Lucien Febvre) rückten das"normale" Volk in den Mittelpunkt der Betrachtung und lieferten ein völlig neues Geschichtsbild.
Die Glorifizierung der Herrscher incl. der Heutigen muss grundsätzlich auf den Müll. Sie verstellt jeglichen klaren Gedanken und jegliche vorurteilsfreie Beurteilung historischer Abläufe.
Schreib öfter mal.
Gruß
d.
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