- Buchempfehlung"Die Globalisierungsfalle" - BossCube, 23.08.2000, 15:01
- Re: starker Beitrag, bitte weiter so - herzlichen Dank! owT - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 15:22
- "Die Globalisierungsfalle" wirklich empfehlenswert! - Mysterious, 23.08.2000, 15:29
- Re:"Die Globalisierungsfalle" - das unausweichliche Ende? - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 15:50
- Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - BossCube, 23.08.2000, 16:20
- Re: Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 16:37
- Genau, es wäre für viele POSITIV. oT. - BossCube, 23.08.2000, 18:00
- Re: Genau, es wäre für viele POSITIV. Das glaube ich nicht - Josef, 23.08.2000, 20:53
- Re: Genau, es wäre für viele POSITIV. Das glaube ich nicht - dottore, 23.08.2000, 22:42
- Re: funktioniert Merkantilismus? Betreibt die Schweiz nicht so was? - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 23:07
- Re: funktioniert Merkantilismus? Betreibt die Schweiz nicht so was? - dottore, 23.08.2000, 23:36
- Re: Genau, es wäre für viele POSITIV. Das glaube ich nicht - Josef, 23.08.2000, 20:53
- Genau, es wäre für viele POSITIV. oT. - BossCube, 23.08.2000, 18:00
- Re: Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - Oldy, 23.08.2000, 20:42
- Re: Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - dottore, 23.08.2000, 22:38
- Re: Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 16:37
- Baldur, wir werden neuen Merkantilismus erleben - BossCube, 23.08.2000, 16:20
- Re:"Die Globalisierungsfalle" - das unausweichliche Ende? - Baldur der Ketzer, 23.08.2000, 15:50
- Sehr gut und vielen Dank für die Mühe. Warte schon auf die nächste Empfehlung. (owT) - Freddy, 23.08.2000, 16:54
- Re: Buchempfehlung"Die Globalisierungsfalle" - dottore, 23.08.2000, 17:12
- Guter Kommentar, Dottore. Aber der Markt ist nicht Gott! Er ist nicht vollkommen - BossCube, 23.08.2000, 17:59
- Re: Er ist genau das, was Adam Smith 1776 die"unsichtbare Hand" genannt hat - dottore, 23.08.2000, 18:15
- Re:"Die Globalisierungsfalle" - Hardy, 23.08.2000, 18:19
- Guter Kommentar, Dottore. Aber der Markt ist nicht Gott! Er ist nicht vollkommen - BossCube, 23.08.2000, 17:59
Buchempfehlung"Die Globalisierungsfalle"
Hallo alle,
da es unser Board hoffentlich etwas bereichert, werde ich jetzt mit meinen Buchempfehlungen beginnen. Ich versuche, mindestens alle 14 Tage, bei Gelegenheit auch öfter, hier einen kleine Rezension zu liefern, die Euch zu"mehr" veranlasse soll.
Heutiger Titel: Martin, H.-P.,Schumann, H.;"Die Globalisierungsfalle" - Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand ; Rowohlt 1996, ISBN 3499604507, DM 19,90.
Kernaussage des Buches ist die These, daß dabei ist, eine neue Zivilisation zu schaffen, in der 20% der Weltbevölkerung auf Kosten der anderen 80% leben. Die Abschnittsüberschriften sprechen für sich:
· Die Wucht der Globalisierung und der globale Zerfall
· Das Billardspiel auf dem Weltfinanzmarkt
· Die grenzenlose Jobkrise und die neue Transnationale
· Die Legende vom Standort und der gerechten Globalisierung
· Das Verschwinden der Mittelklasse und der Aufstieg der radikalen Verführer
.
.
.
.
Jetzt aber einige Ausschnitte:
1995 fand in San Francisco ein Kongreß, vom M. Gorbatschow einberufen, statt. Führende Politiker, Wirtschaftsbosse und Wissenschaftler aus aller Herren Länder trafen sich zum Gedankenaustausch. Unter ihnen war auch John Gage, Topmanager von Sun Microsystems. Auf die Frage von David Packard (von HP), wieviele Angestellte für Sun von existenzieller Wichtigkeit sind, antwortete Gage:" Sechs, vielleicht acht. Ohne sie wären wir aufgeschmissen, Dabei ist es völlig gleichgültig, wo auf der Erde sie wohnen." Bemerkt sei hier, daß Sun über 16000 Mitarbeiter hat. Gage:"... sie sind bis auf eine kleine Minderheit Rationalisierungsreserve."
Hauptfrage des Kongresses war, wie das wohlhabende Fünftel der Erdbevölkerung die anderen 4/5 beschäftigen könne. Hervorragende, weitsichtige Ideen sprudelten nur so: freiwillige Gemeinschaftsdienste, Nachbarschaftshilfe, Haushaltshilfen, Straßenfeger.......
Leute, die Zeiten der 2/3-Gesellschaft kehren sich der 1/5-Gesellschaft zu. Malt Euch die Verhältnisse aus.
Die weltweit fortschreitende Nivelierung auf immer niedrigeres Niveau wird wie folgt beschrieben:
"Der Erfolg der Disney-Kolonisierung der globalen Kultur beruht auf einer Erscheinug so als wie die Zivilisation: dem Wettbewerb zwischen schwierig und leicht, langsam und schnell, komplex und einfach. Das jeweils erstere ist mit bewunderten kulturellen Leistungen verbunden, letzteres entspricht unserer Gleichgültigkeint, Abgespanntheit und Trägheit. Disney, McDonalds und MTV appellieren alle ans Leichte, Schnelle und Einfache." Mehr dazu schreibe ich Euch das nächste Mal, wenn ich"Ami, go home" bespreche.
Wie Le Bon schon vor 100 Jahren schrieb, so werden die Massen (im Norden) jetzt wieder Opfer einer Kollektivhalzuzination, der des ewigen Wohlstandes. Die globalen Medien sind so vernetzt, daß es fast unmöglich ist, dieser Maschine zu entrinnen. Zweck dieses gegantischen Schauspiels ist, die unterdrückten Massen bei Laune und dumm zu halten. Rom lehrt uns"Brot und Spiele".
Die globale Verstädterung wird so beschrieben:
"Auftrumpfende und hochtechnisierte Stadtmaschinen wie die von Atlanta dominieren inzwischen den Erdball, jedoch zunehmend als isolierte Inseln. Der weltumspannende Reichtumsarchipel besteht zwar aus aufblühenden Enklaven. Doch auchin besherigen Entwicklungsländern sind die Kuala Lumpurs (vor der Asienkrise geschrieben, J.)lediglich Zitadellen der globalen Ã-konomie. Der größteTeil der Welt mutiert hingegen zu einem Lumpenplaneten, reich nur an Megastädten mit Megaslums, in denen sich Milliarden Menschen notdürftig durch schlagen." Indien wird so beschrieben:" Die Verwalter Neu-Delhis erkennen oft erst auf Satellitenbildern, wo ihre Metropole schon wieder wächst - ungeplant, unkontrolliert, ungenehmigt. Tagsüber verwandeln sich die Straßen in Rauchtunnel, drei Meter breit, hundert Meter hoch. Die ganze Stadt hustet im Qualm der knatternden Motor-Rikschas. Ein indischer Minister bezeichnete Delhi als"eigentlich unbewohnbar".
Einige Fakten zur Polarisierung
358 Milliardäre besitzen so viel Geld wie 2,5 Milliarden Menschen (Stand 1995).
Das reiche Fünftel der Staaten bestimmt über 84,7% des Weltsozialproduktes, wickelt 84,2% des Welthandels ab
Seit 1960 hat sich der Abstand zwischen dem reichsten und dem ärmsten Fünftel der Länder mehr als verdoppelt. Die Top-20%-Länder beanspruchen 85% der Welt-Holznutzung, 75% der Metallverarbeitung etc. Der Norden lebt ganz klar auf Kosten des Südens, getrieben vom ständigen Zwang nach Wachstum.
E.U. v. Weizäcker schreibt:... müßte die Abkehr vom herkömmlichen wirtschaftlichen Entwicklungsmodell - bei allem notwendigen Verzicht - keineswegs" ein trister Marsch ins Elend" sein, sondern könnte zu"neuen Formen des Wohlergehens führen". Wer von Euch Interesse hat, sollte das Buch von Meadows,"Die neuen Grenzen des Wachstums", lesen.
Der Kampf um Lebensmittel
"1996 lagern in den Getreidesilos nur noch Vorräte für 49 Tage des Weltverbrauchs, die niedrigste jemals erfaßte Menge. Zum ersten Mal in der Geschichte muß sich die Menschheit auf einen stetigen und zeitlich nicht absehbaren Rückgang der pro Kopf verfügbaren Nahrungsmittel einstellen."
Wenn Ihr die Situation im mittleren Westen der USA betrachtet, so wird klar, daß die landwirtschftliche Nutzfläche zurückgeht, bei steigender Bevölkerung. Dort versteppen ganze Landstriche ehemals fruchtbaren Landes und immer mehr Land wird für Siedlungen und Industrie der Landwirtschaft entzogen.
Man fühlt sich irgendwie an Malthus erinnert.
Die Mexikokrise:
"....Noch während dieses Tages (12.Januar 95), an dem Clinton und Zedillo (mex.Staatspräsident) ihren finanziellen Schulterschluß bekanntgaben, setzte eine gespenstische Entwicklung ein, mit der kaum jemand gerechnet hatte. An allen wichtigen Börsenplätzen der Welt - von Singapur über London bis New York- geriet ein gutes Dutzend Währungen gleichzeitig unter Druck. Der polnische Zloty verlor genauso an Wert wie der thailändische Baht oder der argentinische Peso....Erstmals in der Geschichte trafen sich die Notenbank-Chefs der Länder Südostasienens zu einer gemeinsamen Notsitzung.... Ab dem 20. Januar.... ging auch der Dollarkurs auf Talfahrt. Nun warnte selbst Alan G.... Die sich anbahnende"weltweite Kapitalflucht" in Qualitätswerte wie Yen und DM.... bedrohe"den globalen Trend zu Marktwirtschaft und Demokratie". Ein staatlicher Kredit der US-Regierung war nicht möglich, da die Republikaner im Senat diesen blockierten. Also kam es so:
" Der Krisenstab mußte nun den mit 20 Mrd Dollar ausgestatteten Krisenfonds der Regierung ausschöpfen, der dem US-Präsidenten im Notfall zur freien(!) Verfügung steht. Und er mußte um Beistand aus anderen Kassen bitten, weil selbst dieser riesige Betrag bei weitem nicht ausreichte. Der erste Hilferuf ging an den IWF..... Der Franzose (Camdessus) setzte sich über alle Regeln des Fonds hinweg, riskierte seinen Job....... und ließ Clinton ausrichten, der IWF sei für weitere 10 Mrd. Dollar gut, insgesamt also 17.7 Mrd $. Die BIZ beteiligte sich ebenfalls mit 10 Mrd $. Camdessus: Mexiko" war die erste große Krise unserer neuen Welt der globalisierten Märkte". Er habe einfach handeln müssen, sonst"wäre eine wahre Weltkatastrophe eingeteten".
In der Zwischenzeit hatten wir Rußland und Asienkrise und glaubt hier jemand, daß sich irgendwas verBESSERT hätte?
Renditejagt mit Lichtgeschwindigkeit
Seit 1985 haben sich die Umsätze im Devisen.- und internationalen Wertpapierhandel mehr als verzehnfacht. (und in 2000?). Während eines Tages wechseln Währungsbestände im Wert von 1,5 Billionen Dollar den Besitzer. Von 1989 bis 1995 (!) verdoppelten sich die nominellen Werte der gehandelten Kontrakte alle 2 Jahre und erreichten weltweit die unvorstellbar große Zahl von 41000 Milliarden Dollar.
Gut wird auch der Zusammenbruch des EWS 1993 beschrieben. Um die 100 Milliarden DM wanderten hier auf Kosten des Steuerzahlers in die Hände von Spekulanten. So etwas wäre mit einer Tobin-Steuer zu verhindern gewesen.
Keynes und Hayek: Freiheitskampf für das Kapital
"Mit den Ã-lpreisschocks der 70er Jahre gereit dieses Konzept (Keynesianismus) ins Wanken. Vielfach gelang es den Regierugen nicht mehr, Staatsdefizit und Inflation unter Kontrolle zu halten.... Die Konservativen erhoben darum nach ihren Wahlsiegen 1979 in GB und 1980 in USA ein grundsätzlich anderes.. Dogma zur Richtschnur ihrer Politik: den sogenannten Neoliberalismus solcher Ã-konomen wie des Reagan-Beraters M. Friedman und der Thatcher-Mentors F.A. v. Hayek. Diese Theoretiker billigten dem Staat nur noch die Rolle des Ordnungshüters zu. ( siehe auch Hobbes: Leviathan, J.) Auf breiter Front schafften sie ( liberale Regierungen, J.) Kontrollen und staatl. Eingriffsmöglichkeiten ab und drängten unwillige Partnerländer duch Handelssanktionen oder andere Druckmittel, diesem Kurs zu folgen.
Von mir sei angemerkt, daß die Politik des IWF und der Weltbank darauf hinausläuft, Ressourcen und Produktionsmittel in Asien und Osteuropas in westliche und damit vorwiegend amerikanische Hände zu bekommen. Der Druck, immer mehr Entlassungen vorzunehmen, mehr zu sparen, Betriebe zu schließen etc. hat nicht zu einer Verbesserung in Russland oder Ostasien geführt. Ganz im Gegenteil. Es freut sich die westliche Finanzoligarchie, die jetzt russisches,thailändisches...usw... Volksvermögen sich zu Dumpingpreisen aneignet.
Fusionswahn
Mit 77000 Mitarbeitern brachte es... AT&T....im Geschäftsjahr 1995 auf 5,49 Mrd. $ Gewinn. Die dt. Telekom beschäftigte bei gleichem Umsatz 210000 Mitarbeiter und wies 3,5 Mrd.$ Gewinn aus.................
Einigen von Euch ist sicher nicht entgangen, daß die Cobank neulich verkündet hat, 20% ihrer Filialen zu schließen. Gleichzeitig wurde ein neuer Rekordgewinn vermeldet.
Das Verschwinden der Mittelklasse
Über ein junges amerik.Paar:"......Allison gab ihren Job in der Hauptstadt auf und verdient als Wahlkampfmanagerin einer republikanischen Kandidatin.... kümmerliche 1100 Dollar im Monat. Justins Lohnzettel weist alle zwei Wochen.... netto 1157 Dollar aus. Allein die Monatsmiete für ihr behagliches, aber winziges Apartment in der 39.Straße beträgt 1425 Dollar...., Strom und Telefon nicht mitgerechnet." Beide haben übrigens College-Abschluß. Alison:" Schau dir doch die Leute an, die jünger sind als wir und mit 22 oder 23 Jahren soeben das College abschließen. Die kriegen oft nur noch einen Job als Bedienung im Lokal oder dürfen für einen Botendienst Fahrrad fahren." Die Mittelklasse schwindet und verschwindet.
Der Zusammenhang von Existenzangst und Aktienwahn ist ganz klar. Die Leute wissen, daß sie es nur noch mit Aktien schaffen können und investieren ihr knappes Geld dort. Dieses Geld dürfen sie auf keinen Fall verlieren, da viele sonst auf der Straße landen. Die Angst ist mit eine Haupttriebkraft des Börsenboomes.
"20 Millionen US-Haushalte zocken schon im Aktienroulette....." Jetzt die Krux:..."so geben erst die Sparer den Fondsmanagern die Macht, überall auf Lohnkürzungen und Jobabbau zu drängen, oft auch in Unternehmen, die diesen Kleinanlegern bislang Arbeit boten."
Langsam schmerzen mit die Finger, ich hoffe aber, daß ich Euer Interesse geweckt habe, das Buch selber zu lesen. Es wird noch geschrieben vom"Staatsversagen vor der Anarchie des Weltmarktes, dem Systemfehler der globalen Integration, (da mehr Verlierer als Gewinner), dem bevorstehenden Börsencrash..................
Der Ausspruch eines amerik. Ã-konomen (Ethan Kapstein) liefert einen passenden Abschluß. Er schrieb im Mai 96:" Die Welt steuert unerbittlich auf einen dieser tragischen Momente zu, der künftige Historiker fragen lassen wird, warum wurde nicht rechtzeitig etwas unternommen."
Bis zum nächsten Mal.
Jan
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: