- Kirch und die Banken - JüKü, 04.03.2002, 12:33
Kirch und die Banken
Die Suche nach einem Moderator, der die acht Gläubigerbanken in den Entschuldungs-Verhandlungen mit der Kirch-Gruppe vertreten soll, zieht sich hin. Dass sich die Kreditinstitute nach Angaben aus Branchenkreisen frühestens in der laufenden - und nicht wie ursprünglich geplant bereits in der vergangenen Woche - auf einen Moderator verständigen wollen, offenbart Experten zufolge das Misstrauen, das sie gegenseitig hegen. Zu unterschiedlich sind die Lage und die Interessen der einzelnen Banken in den Verhandlungen mit dem angeschlagenen Medienkonzern, als dass man sich mehr als nur zaghaft auf einander zubewegen könnte."Die Banken schwanken zwischen Gier und Panik", fasst ein Kenner der Verhandlungen die Stimmung zusammen.
Um mindestens 6,5 Milliarden Euro Bankverbindlichkeiten geht es, unter Berücksichtigung aller Kirch-Tochtergesellschaften ist in Bankenkreisen sogar von 7,1 Milliarden Euro die Rede. Zu viel angesichts von Kreditlinien, die damit nahezu aufgebraucht sind. Um die Last zu reduzieren, hat die HypoVereinsbank ein Angebot auf den Tisch gelegt, allein oder mit den anderen Banken zusammen den 40-Prozent-Anteil Kirchs am Hamburger Axel Springer Verlag für mehr als 1,1 Milliarden Euro zu übernehmen. Daneben will sich Kirch von einer 25-Prozent-Beteiligung an dem spanischen Fernsehsender Telecinco trennen, deren Wert auf 500 Millionen Euro veranschlagt wird. Aber ob das reicht, um Kirch aus den größten Nöten zu helfen, mag keine Bank garantieren.
WARNSCHÜSSE OFFENBAREN NERVOSITÄT
Mit Nervosität erklären Branchenkenner die Warnschüsse, die aus dem Umfeld einzelner Banken gegen andere abgefeuert werden. Da werden in Zeitungen Zweifel geäußert an der Gültigkeit der Verpfändung des Telecinco-Pakets, mit dem die Dresdner Bank ihren 460-Millionen-Euro-Kredit abgesichert hat. Dabei drängt die Zeit, denn der Kredit läuft im April aus. In Bankenkreisen wird die Diskussion als Warnung an die Dresdner verstanden, nicht auszuscheren aus dem Konsortium und sich wie die Deutsche Bank abfinden zu lassen.
Denn die gut 400 Millionen Euro, die nach dem Springer-Deal nach der Ablösung eines 700-Millionen-Euro-Kredits der Deutschen Bank übrig bleiben, sollen nach den Vorstellungen von HVB-Chef Albrecht Schmidt zumindest zum Teil Kirch selbst zugute kommen, um dringend benötigte Liquidität zu erhalten."Wenn ich das Geld an die Banken verteile, hat Kirch keinen Millimeter gewonnen", stellt ein Vertreter des Bankenkonsortiums fest. Auch die WestLB kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass eine Umschuldung ohne frisches Kapital für Kirch dessen Probleme nicht lösen könnte."Das heißt, dass die KirchGruppe Tag für Tag noch mehr Schulden anhäufen würde", erklärt Analyst Simon Wallis.
DEUTSCHE BANK IN KOMFORTABLER LAGE
"Die schlechteste Lösung für alle ist, wenn die Kirch-Gruppe zusammenbricht", sagt ein Bankenexperte. Mit einer Ausnahme: Die Deutsche Bank AG braucht sich keine Sorgen zu machen."Sie ist in der komfortablen Situation, dass die - als einzige - einen Kredit hat, der überbesichert ist", erklärt ein Analyst. Sie habe daher keinen Anlass, sich an einer umfassenden Lösung von Kirchs Problemen zu beteiligen. Die anderen müssten jedoch zusammenhalten. Nicht eine der sieben Banken dürfe ausscheren und ihre Kredite fällig stellen, ehe Kirch sein wackelndes Imperium neu geordnet habe.
Bereits seit dem Herbst hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) ein besonderes Auge auf Kirch und sammelt alle Daten über das Kreditvolumen des Konzerns. Einen Grund zum Einschreiten gegen eine Bank, die sich übernommen hätte, hat es bisher offensichtlich nicht gesehen."Zunächst beobachten wir das Ganze", sagt ein BAKred-Sprecher lediglich. Die Ergebnisse der Untersuchungen unterlägen dem Bankgeheimnis.
BAYERISCHE LANDESBANK STEHT IM REGEN
Das größte Interesse an einer Lösung müsste die Bayerische Landesbank haben. Mit 1,9 Milliarden Euro ist das halbstaatliche Institut der größte Einzelgläubiger Kirchs, der Jahrzehnte lang seine Beziehungen zur Landesregierung pflegte. Sie hatte zuletzt noch den 1,6 Milliarden Euro teuren Einstieg in die Formel 1 mit finanziert, der Kirch nun zu überfordern droht. Die Kredite der BayernLB sind nach Angaben aus Kreisen überwiegend mit Filmrechten besichert, deren Wert zweifelhafter ist als der eines Aktienpakets.
Ein dickes Minus in der Gewinn- und Verlustrechnung würde die Landesbank bei einem Zusammenbruch des Konzerns wohl nicht vermeiden können."Der Landesbank wird es heftig hinein regnen, die anderen würden es verkraften", sagt ein Bankenanalyst. Doch Finanzchef Peter Kahn beruhigt: In ihrer Existenz gefährdet sei die Bank selbst dann nicht. Die stillen und offenen Reserven seien weit höher als das Risiko. Nervös ist nach Angaben von Analysten auch die DZ Bank, die auch ohne Kirch unter hohen Rückstellungen leidet. Das genossenschaftliche Institut hatte sogar gedroht, einen 400-Millionen-Euro-Kredit einzufordern, um wenig später auf die Linie der anderen Banken einzuschwenken.
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