- Sieg für Kohl - dira, 08.03.2002, 16:04
Sieg für Kohl
Die Stasi-Unterlagen-Behörde darf die Akten über Altkanzler Helmut Kohl nicht herausgeben. Das entschied am Nachmittag das Bundesverwaltungsgericht.
Berlin - Das Bundesverwaltungsgericht kippte mit seiner Entscheidung die zehnjährige Praxis der Stasi-Akten- Behörde, Unterlagen über so genannte Personen der Zeitgeschichte zu Forschungszwecken an Journalisten oder Wissenschaftler herauszugeben.
Der 3. Senat bestätigte damit das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts vom Juli vergangenen Jahres zu Gunsten von Kohl und wies die Revision der Behörde der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, zurück. Eine andere Praxis der Herausgabe könnte jetzt nur noch der Bundestag beschließen. (BVerwG 3 C 46. 01)
Das Urteil hatte sich schon vorher angedeutet: Der Hinweis der Stasi-Unterlagen- Behörde, man sei mit den Akten zehn Jahre lang so wie bisher verfahren,"ist nicht von durchschlagender Argumentationskraft", sagte der Vorsitzende Richter des 3. Revisionssenats, Hans-Joachim Driehaus, am Ende der mündlichen Revisionsverhandlung in Berlin.
Es sei auch schwierig, das Stasi-Unterlagengesetz gegen seine Entstehungsgeschichte auszulegen, sagte Driehaus. Dem Argument, ein Verbot der Herausgabe widerspreche dem Aufarbeitungszweck des Gesetzes, sei schon das Berliner Verwaltungsgericht entgegengetreten. Dort hatte sich Kohl in erster Instanz gegen die Stasi-Unterlagen-Behörde durchgesetzt, die etwa 2500 der 7000 Stasi-Blätter für veröffentlichungswürdig hält.
In der nur rund einstündigen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es noch einmal um grundsätzliche Rechtsfragen wie das im Grundgesetz festgeschriebene Persönlichkeitsrecht und die Frage, wie das Stasi-Unterlagen-Gesetz für Personen der Zeitgeschichte auszulegen ist.
Ein besonderes Kuriosum würdigten dabei auch die Richter: Eigentlich hatten die Anwälte der Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen die Bundesrepublik in dem Verfahren zu vertreten. Für das Innenministerium war aber ein zusätzlicher Oberbundesanwalt erschienen - der als Vertreter des Bundes im Sinne Otto Schilys Position bezog - gegen die Birthler-Behörde.
Ein Nebensatz im Mittelpunkt
Im Mittelpunkt des komplizierten Verfahrens stand ein Nebensatz, nachdem Forscher und Journalisten zwar einen Anspruch darauf haben, Stasi-Akten früherer Amtsträger und Prominenter einzusehen, aber nur"soweit sie nicht Betroffene oder Dritte" sind, also Opfer der Stasi. Das wären sie aber in jedem Fall. Zentrale Streitfrage war nun, ob im Sinne des Wortlauts dieses Paragrafen ein absoluter Opferschutz gilt, oder dieser Nebensatz anders gedacht war oder sogar überflüssig ist. Darüber muss nun voraussichtlich der Gesetzgeber neu entscheiden. Dafür haben alle Parteien bereits vorgesorgt: Ende April ist im Bundestag bereits eine Experten-Anhörung über eine Korrektur des Stasi-Unterlagengesetzes angesetzt.
Quelle: n-tv
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