- Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - marsch, 18.03.2002, 19:08
- Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - Jochen, 18.03.2002, 19:21
- Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - JeFra, 19.03.2002, 08:05
- Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - JeFra, 19.03.2002, 08:14
- Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - JeFra, 19.03.2002, 08:05
- Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind' - Jochen, 18.03.2002, 19:21
Re: Reportage Tip! ARD, 21.45 Uhr, 'Drei Kugeln und ein totes Kind'
Ich habe die Hauptfiguer des Buches Esther als eine Massenmörderin bezeichnet, was natürlich eine nähere Begründung erfordert, denn zunächst stellt das AT den Fall als eine Notwehrhandlung dar. Bei genauerer Betrachtung ist es aber so, daß die Gefahr von den Juden schon in Esther 7 abgewendet ist und diese danach noch bei Xerxes nachstänkern, damit sie auch noch die Frauen und Kinder ihrer Feinde liquidieren (Esther 9) und Glaubensterror unter den Andersdenkenden (Esther 9, 3) verbreiten können. Der Vorfall ist überdies im Zusammenhang der zahlreichen anderen Stellen des AT zu sehen, die den Massenmord an Andersgläubigen zum religiösen Ideal erheben.
Relevant ist hier auch die Betrachtung des geschichtlichen Hintergrundes. Allein schon der Anfang des Buches Esther selbst spricht dafür, daß das persische Reich zur Zeit des Xerxes einen offen despotischen Charakter angenommen hat: Die bisherige Frau des Xerxes hatte sich dem betrunkenen König verweigt, und Esther gelangt zur Macht, weil sie bereit ist, sich dem Xerxes zu prostituieren. Auf dieselbe Annahme deutet auch die Tatsache des Mißlingens der Versuche, die ökonische Lage des persischen Weltreiches durch Expansion (Griechenland) zu verbessern. In Fischer Weltgeschichte (Bd. 5, S. 334ff, von Prof. Maurice Meuleau) steht dazu Folgendes:
Als König machte Xerxes der Politik seiner Vorgänger ein Ende; an Stelle eines auf den politischen Eigencharakter Ägyptens und Babyloniens gegründeten Gleichgewichts führte er eine neue Ordnung der Dinge ein, in der alle im persichen Reich vereinigten Territorien gleich streng behandelt wurden, ohne Rücksicht auf das Ansehen ihrer reichen Zivilisationen.... Die Ruinen [ aus der Zeit der Zerschlagung des babylonischen Aufstandes gegen diese Politik, J. F. ] sind zahlreich, und es ist wahrscheinlich, daß Borsippa zerstört wurde, denn kein Dokument sollte hier wieder geschrieben werden.... Babylon wurde also geplündert,..., in ihrer Seele aber wurde die Stadt durch die Vernichtung ihrer Heiligtümer getroffen, durch die Zerstörung des Esagil und der Ziqqurat des Etemenanki und das Verschwinden der Statue des Marduk, die eingeschmolzen wurde; die Priester des Nationalgottes wurden verhaftet und zum Teil hingerichtet. Materiell konnte das Königreich Babylon nicht mehr existieren;... Ein politische Status der Mäßigung, des Gleichgewichts zwischen den einzelnen Teilen des Reiches hatte sein Ende gefunden...
Man kommt nicht umhin, die Frage zu erwägen, ob es sich bei dem Haman des Buches Esther um einen Widerstandskämpfer gegen diese Entwicklung gehandelt hat.
Jedenfalls wird die brutale Bereicherung durch Komplizenschaft mit einem kriminellen Terror-Regime auch in Genesis 47 zum religiösen Ideal erhoben. Joseph beschwatzt erst den Pharao, die Abgaben auf 20% zu erhöhen und so die königlichen Vorratshäuser zu füllen, während die ägyptischen Bauern keine Notvorräte mehr bilden können. Diese sollten nun eigentlich zur Zeit der Hungersnot Anspruch auf kostenlose Unterstützung durch den Pharao haben, wurden aber von Joseph gezwungen wurden, erst Haus und Hof und dann sich selbst in die Sklaverei zu verkaufen. Interessanter als die Frage, ob ein historischer Hintergrund dazu existiert und in die Zeit der berüchtigten Hyksos-Herrscher fällt, ist natürlich die Frage, welche Handlungsweisen durch dieses Buch zum religiösen Ideal erhoben werden. Verfilmungen des AT, wie sie in letzter Zeit mehrfach entstanden sind, lassen die Versklavung der Ägypter durch Joseph aus.
Ähnliche Fälle gibt es natürlich auch später viele, siehe etwa Feuchtwangers Roman"Jud Süß", wobei Feuchtwanger die Opfer der Politik diese Finanzdirektors auch noch verhöhnt. Der Sklavenhandel der Rothschilds (Verkauf von Hessen an die britische Armee) wäre ein weiteres Beispiel.
Aber selbst wenn man nicht glaubt, daß Haman ein Widerstandskämpfer gegen eine solche Politik war, zu der die Juden noch und noch gegriffen haben, wird man zugestehen müssen, daß die Liquidierung der unschuldigen Frauen und Kinder durch Esther keine Notwehrhandlung, sondern Ausdruck von Mordlust war.
MfG
JeFra
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