- Nochmal Telekom - JÜKÜ, 19.03.2002, 11:42
Nochmal Telekom
Die Deutsche Telekom will nach dem geplatzen Verkauf ihres Kabelnetzes erstmals die Dividende kürzen und entgegen anders lautender Äußerungen von Vorstandschef Ron Sommer den Schuldenabbau um ein Jahr strecken. Auch der angepeilte Börsengang der Tochter T-Mobile werde abermals auf unbestimmte Zeit verschoben, teilte die Telekom mit.
Der Kurs der T-Aktie gab am Dienstagvormittag deutlich um 2,35 Prozent auf 16,63 Euro nach. Telekom-Analysten äußerten sich zum Teil enttäuscht über die Entscheidungen des Konzerns und sagten einen Kursrutsch auf bis zu 15 Euro voraus. [vor etwa 2 Jahren habe ich"Telekom unter 10" gesagt, damals 100]
Die Telekom hatte die Maßnahmen am Montagabend nach Börsenschluss mitgeteilt und erklärt, sie reagiere damit auf die Untersagung des TV-Kabelnetzverkaufs durch das Bundeskartellamt, was einen Einnahmeausfall in Höhe von 5,5 Milliarden Euro mit sich bringe.
Noch in der vergangenen Woche hatte Konzernchef Ron Sommer das von Analysten als ehrgeizig eingeschätzte Schuldenabbau-Programm von gut 16 Milliarden Euro bis Jahresende bekräftigt und nicht ausgeschlossen, T-Mobile im Juni an die Börse zu bringen. Er rechne mit einer Aufhellung des Börsenumfelds im Laufe dieses Jahres, hatte Sommer erklärt.
Die Telekom teilte nun jedoch mit, für das vergangene Jahr lediglich eine Dividende von 0,37 Euro je Aktie zahlen zu wollen, nach 0,62 Cents im Vorjahr. In der vergangenen Woche hatte der Bund Forderungen zurückgewiesen, auf seine Dividende zu verzichten. Er ist mit rund 43 Prozent an der Telekom beteiligt. Das Bundesfinanzministerium lehnte am Dienstag einen Kommentar zur geplanten Dividendenkürzung ab. Der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung müssen den Dividendenvorschlag noch akzeptieren.
Die Telekom werde den Börsengang ihrer Tochter T-Mobile angesichts des"weltweit negativen Börsenklimas" auf unbestimmte Zeit verschieben, teilte der Konzern mit. Außerdem gehe die Telekom davon aus, ihr langfristiges Schuldenziel von 50 Milliarden Euro nun erst Ende 2003 zu erreichen statt bislang Ende 2002.
Dem Telekom-Konzern droht nun eine Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit durch die Ratingagenturen, was nach Analysteneinschätzung einen erhöhten Zinsaufwand von 80 bis 120 Millionen Euro im Jahr nach sich ziehen könnte. Die Telekom will zudem die Investitionen in Sachanlagen, die im Vorjahr bei 9,9 Milliarden Euro gelegen hätten, in diesem Jahr deutlich kürzen. Der Verkauf des Kabelnetzes soll weiter voran getrieben werden. Die Wachstums- und Ergebnisprognosen wurden bekräftigt.
Bei Analysten und Fondsmanager stießen die Pläne der Telekom auf ein geteiltes Echo. Während einige Verständnis für die Dividendenkürzung zeigten, äußerten sich andere enttäuscht. Ein Analyst in London sagte:"Es ist ein vernünftiger Schritt, auch wenn er einen schlechten Nachgeschmack hat, da der Konzern bis vor einigen Wochen noch eine andere Prognose gegeben hat." Er fügte hinzu:"Es ist jetzt klar, dass sie keinen magischen Hasen im Hut haben und dass sie wirklich hart von der Entscheidung des Kartellamts getroffen wurden."
Ernst Konrad, Fondsmanager bei Activest in München, sagte hingegen:"Das ist sehr enttäuschend." Die meisten Investoren hätten eine unveränderte Dividendenzahlung erwartet. Allerdings reichten die freien Finanzmittel (free cash flow) der Telekom nicht aus, um eine unveränderte Dividende zu zahlen. Deshalb mache die Kürzung zwar Sinn, sei aber dennoch eine große Enttäuschung für die meisten Investoren. In der Vergangenheit hatten zahlreiche Investoren Telekom-Aktien wegen der Dividendenhöhe von zuletzt 0,62 Cents gekauft hatten, da dies einer vergleichsweise hohen Dividendenrendite von 3,6 Prozent entsprach.
Raj Karia, Telekom-Analyst bei Canaccord in London, sagte, er rechne mit einem weiteren Kursverlust der Telekom-Aktien auf 15,50 bis 15 Euro. Danach würden sich aber wieder Kaufchancen bieten. Die Dividendenkürzung sei"gar nicht so schlecht", weil die Telekom dadurch rund eine Milliarde Euro spare.
Aus Sicht von Telekom-Analyst Hans Huff von der Bankgesellschaft Berlin hat die Dividendenkürzung zwei Seiten:"Aus Sicht der Kleinanleger ist das Image der Volksaktie nun endgültig ramponiert. Bei den institutionellen Anlegern war hingegen seit längerem bekannt, dass die Cash-Position der Telekom schlecht ist. Daher könnte man sich fragen: Warum zahlt die Telekom überhaupt eine Dividende?" Von der Streckung des geplanten Schuldenabbaus zeigte sich der Analyst nicht überrascht:"Jeder hat sich gefragt, wie die Telekom das überhaupt noch schaffen wollte."
Der Telekom-Konzern hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr trotz Erträgen aus Beteiligungsverkäufen mit einem Milliardenverlust das schlechteste Ergebnis seit seinem Börsengang 1996 verbucht. Den um Sondereinflüsse bereinigten und damit vergleichbaren Konzernverlust hatte die Telekom auf 4,7 (Vorjahr: minus 1,5) Milliarden Euro beziffert.
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