- Unglaublich - aber offenbar wahr! - R.Deutsch, 20.03.2002, 11:00
- was denn? Ohne Bewährung? - pecunia, 20.03.2002, 11:43
- Klar - SonSon, 20.03.2002, 12:11
- Re: Unglaublich - aber offenbar wahr! - Euklid, 20.03.2002, 11:56
- Re: Unglaublich - aber offenbar wahr! - Euklid - nereus, 20.03.2002, 12:58
- Re: Unglaublich - aber offenbar wahr! - Euklid - Euklid, 20.03.2002, 13:19
- Re: Unglaublich - aber offenbar wahr! - Euklid - nereus, 20.03.2002, 12:58
- was denn? Ohne Bewährung? - pecunia, 20.03.2002, 11:43
Unglaublich - aber offenbar wahr!
Betrügereien im Sozialamt!........kaum zu glauben die
Geschichte....
[ Geldcrash-Retten Sie Ihr Vermögen ]
Geschrieben von Black Rain am 19. März 2002 22:25:12:
.
.....
20.03.2002
Inland
harald Mühle
Robin Hood im Sozialamt?
Beim Berliner Sozialamtsmitarbeiter Lutz K. war ein Kunde sechs Jahre König. Unser Gerichtsbericht
Man weiß nicht recht, was man davon halten soll: War es ein großangelegter Betrug oder doch eher eine
überdimensionale Dummheit? Von letzterem wollten der Anwalt von Alimor A., Paul Eisermann, und die Anwältin von
Lutz K., Kersten Woweries, das Gericht überzeugen.
K. war bis 1999 Mitarbeiter des Sozialamtes Berlin-Neukölln, Außenstelle Britz. In diesem Amt hat er dem Türken Alimor
A. von September 1994 bis Januar 1999 insgesamt 461000 DM Sozialleistungen angewiesen. Macht im Schnitt 8700
DM pro Monat. Steuerfrei! Wie die Staatsanwaltschaft ermittelte, hatte der 45jährige von dieser Auszahlungssumme
367071,25 DM unrechtmäßig angewiesen. Der Diplom-Verwaltungswirt K. verdiente währenddessen selbst »nur« etwa
5000 DM brutto. Für seine »sozialen« Dienste soll der Beamte laut Staatsanwaltschaft vom Begünstigten A. über die
Jahre lediglich zehn- bis fünfzehntausend DM erhalten haben.
Teufelskreis mit Schmiergeld
Soweit die Fakten, über die die 20. Große Strafkammer des Berliner Landgerichts unter Vorsitz von Richter Josef Hoch
am Montag zu befinden hatte. Beide Angeklagten ließen durch ihre Verteidiger erklären, daß sie die Vorwürfe und Schuld
in vollem Umfang einräumen, ansonsten aber zu keinerlei Einlassungen bereit seien. Letztlich kam es auf die
Interpretation der Zahlen an. Wäre das Gericht der Verteidigung gefolgt, dann hätte K. einfach nur aus Mitleid gehandelt.
Die erste illegale Auszahlung wies er demzufolge an, weil Alimor von einer Stromabschaltung bedroht war. So baute sich
ein Teufelskreis auf. Einerseits war sich der Beamte gewiß der Strafbarkeit seiner Anweisungen bewußt, andererseits
konnte er sie auch nicht mehr stoppen. »Er hoffte nur noch, die Akte schließen zu können, indem er A. beruflich auf die
Beine hilft«, interpretierte Verteidigerin Woweries die Situation. Andere Mitarbeiter hätten den Betrug sofort entdeckt,
wenn K. die Zuständigkeit hätte abgeben müssen.
Es sei ebenso verhängnisvoll dumm gewesen, daß ihr Mandant die, wenn auch verhältnismäßig kleinen, finanziellen
Zuwendungen für seine Überweisungen angenommen habe. Für dieses Argument spricht, daß Lutz K. seine
Geldanweisungen mehrfach für berufliche Startmöglichkeiten von Alimor A. vorsah. So wies er im April 1996 fast 5900
DM für eine Fotoausrüstung an, im Oktober des gleichen Jahres fast 6000 DM für Werkzeug zur Arbeit als Elektriker,
im Sommer 1998 schließlich 58600 DM für die Aufnahme einer Gewerbetätigkeit als Automatenaufsteller. Nach den
Worten des Verteidigers von A., Rechtsanwalt Eisermann, habe dieses Gewerbe tatsächlich bestanden, »die Automaten
waren da, das Café existierte«. Später konnte allerdings nichts Sachliches mehr gepfändet werden. Schließlich zuckte
der Anwalt die Schultern: »Ich kann das alles nicht nachvollziehen.« Sicher wäre er allerdings, daß die beiden nur im
Sozialamt miteinander Kontakt gehabt hätten, privat hätten keine Verbindungen bestanden. War da ein moderner Robin
Hood am Werk?
Vom Hunderter zur Zahlungsorgie
Das Gericht hätte es auch anders sehen können. Hätte es die monatlichen Auszahlungen in ihrer zeitlichen Folge
betrachtet, dann hätte auffallen müssen, daß die Summen systematisch wuchsen. Alles begann mit 197,80 DM im
September 1994 und endete mit insgesamt 15000 DM im Januar 1999. Am 19. Januar waren beide festgenommen
worden. Dazwischen gab es Höhen und Tiefen. Die größte Monatszahlung lag bei 43600 DM im August 1998. 1994 bis
Anfang 1996 flossen je Monat zwischen 1500 und bis zu 3000 DM. Von April 1996 bis Mai 1997 ging es schon dreister
zur Sache, da stiegen die Beträge auf durchschnittlich vier- bis sechstausend DM. Hemmungslos wurde die
Zahlungsorgie ab Juni 1997: Kaum ein Monat verging, in dem die in Tranchen gezahlten Beträge nicht fünfstellig waren.
Und wie hätte das Gericht die etwa 120000 DM für »Scheidungskosten« interpretieren sollen, die A. seit Mai 1997 in
immer größeren Tranchen erhielt? Anwalt Eisermann erklärte das lapidar. Die Scheidung habe in der Türkei
stattgefunden und die dortigen Anwälte hätten seinen Mandanten über den Tisch gezogen. Beim Familienvater Lutz K.
fand die Staatsanwaltschaft nach der Festnahme außer 15000 DM nichts an Wert.
Oder war doch Alimor A. der Dumme, der in Wirklichkeit mit K. teilen mußte?
Freibrief durch mangelnde Kontrolle
Der Revisor des Sozialamts, Alexander K., erklärte als Zeuge vor Gericht, daß die Behörden gegenüber solchen
Betrügereien letztlich machtlos wären. »Das System gibt es nicht her, Datenbankausdrucke oder Übersichten
herzustellen«, stellte er fest. Im übrigen hätte sich Lutz K. die Regelung zunutze gemacht, daß Zahlungen bis 3000 DM
nicht vom Vorgesetzten abgezeichnet werden müssen. Es genüge, daß ein anderer Mitarbeiter gegenzeichne. Lutz K.
habe dafür immer wieder andere Kollegen angesprochen, damit die Zahlungen nicht aufflogen. Außerdem seien die
Mitarbeiter ohnehin alle überlastet. Ein Sachbearbeiter habe durchschnittlich 190 Sozialfälle zu bearbeiten, bei
Vertretungen weit über 200. Sein Schluß: Alles in allem »funktioniert die Sicherung nur, wenn man sie ernst nimmt«.
Offen bleibt, warum den gegenzeichnenden Kollegen nicht unerlaubte Begründungen wie »Scheidungskosten« auffielen.
Oder, wie A. im August 1998 an neun Tagen insgesamt 15mal an der Kasse auftauchen konnte und dabei 14mal 3000
DM abholen konnte, ohne daß jemand Verdacht geschöpft haben soll. Angesichts dieser Praxis war es sicherlich blanker
Zufall, daß im Januar 1999 doch eine Kassiererin Verdacht schöpfte, weil ihr A.s Gesicht langsam bekannt und die
abgeholten Summen extrem hoch vorkamen.
Die Ansicht von Anwältin Woweries, daß sich die mangelnde Kontrolle ihres Mandanten durch das Amt strafmildernd
auswirken müsse, ließ das Gericht gelten. Ebenso die Tatsache, daß beide Täter nicht vorbestraft waren. Es entdeckte
keine hohe kriminelle Energie und verurteilte Lutz K. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten, Alimor
A. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.
Unterm Strich bleibt nach diesem für den realen Alltag der Sozialhilfeempfänger untypischen Verfahren ein Satz von
Anwältin Woweries hängen: »Dieser Prozeß darf nicht dazu führen, daß es für anspruchsberechtigte
Sozialhilfeempfänger jetzt noch schwerer wird.«
Quelle...........http://www.jungewelt.de/2002/03-20/015.php
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