- Holzmann nutzte Lohnverzicht der Mitarbeiter aus - marsch, 23.03.2002, 13:57
Holzmann nutzte Lohnverzicht der Mitarbeiter aus
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Aus der FTD vom 22.3.2002
Von Jörn Paterak, Hamburg
Während der insolvente Holzmann-Konzern um sein Überleben kämpft, reiben sich viele mittelständische Bauunternehmer erfreut die Hände. In der ohnehin durch enormen Preisdruck geprägten deutschen Bauindustrie ist Holzmann nämlich geradezu verpönt für spektakuläre Dumping-Angebote.
Baukonzern am Ende
"Merkwürdig ist, dass wir von Holzmann bei unseren Angeboten regelmäßig um rund 15 Prozent unterboten worden sind", sagt ein Vorstandsmitglied eines namhaften deutschen Baukonzerns der FTD. Eine Sprecherin des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes unterstützt die Kritik:"Mit seiner Preispolitik versuchte Holzmann massiv den Mittelstand aus dem Markt zu drängen." Der Geschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmer (BVMB), Elmar Halbach-Velken, meint, Holzmann habe den ruinösen Wettbewerb des Gewerbes kräftig angeheizt:"Jedes Bauunternehmen mit einer ruinösen Preispolitik, das vom Markt verschwindet, ist ein Gewinn."
Preiskämpfe sind in der durch starke Überkapazitäten geprägten Baubranche an der Tagesordnung. Holzmann nahm bei diesen Auseinandersetzungen allerdings eine Sonderrolle ein: Nach der von der Politik in letzter Sekunde durch eine Kapitalspritze sowie eine Bürgschaft im Gesamtvolumen von 250 Mio. DM verhinderten Pleite vor zwei Jahren forderte Holzmann von der Belegschaft finanzielle Zugeständnisse. So wurde etwa eine Stunde unbezahlte Mehrarbeit pro Woche vereinbart.
Konkurrenten werfen dem Konzern Preis-Dumping vor
Nach Berichten etlicher Brancheninsider hat der zweigrößte deutsche Baukonzern diese Kostenvorteile hemmungslos dazu eingesetzt, konkurrenzlos günstige Angebote zu kalkulieren. Damit hat er ein ohnehin akutes Problem des Gewerbes deutlich verstärkt: Die Preisspirale dreht sich seit langem nach unten - durch die schwache Baukonjunktur, eine Vielzahl vorwiegend mittelständischer Betriebe und ein Heer illegal beschäftigter Arbeiter, deren Zahl Branchenkenner mit rund 250.000 beziffern. Legal beschäftigt sind in deutschen Baubetrieben über 920.000 Menschen.
"Nach wie vor ist der Preis für Bauherren das entscheidende Kriterium für die Auftragsvergabe", sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Arndt Frauenrath, bereits Ende Februar während einer Pressekonferenz."Daher ist es nicht verwunderlich, dass wirtschaftlich nicht nachvollziehbare Dumping-Angebote den Zuschlag erhalten." Vorausschauend sagte er weiter:"Ich kann meine Unternehmerkollegen nur immer wieder auffordern, diesen Unsinn zu lassen und keine Angebote mehr abzugeben, die nicht auskömmlich kalkuliert sind. Dieser Weg ist ein Irrweg, der am Ende zur Insolvenz führt."
Diesen Irrweg haben offenbar auch etliche von Holzmann abhängige Subunternehmer beschritten. Branchenkenner schätzen, dass rund 100 Bauunternehmen für Holzmann tätig sind, die bis zu 15.000 Mitarbeiter beschäftigen."Es sind oft keine gesunden Unternehmen, die sich zuletzt auf die Zusammenarbeit mit Holzmann und die damit verbundenen Knebelverträge eingelassen haben", meint BVMB-Geschäftsführer Halbach-Velken. Viele der betreffenden Betriebe seien auf Grund der Branchenkrise bereits angeschlagen und dringend auf Aufträge angewiesen gewesen. Koste es, was es wolle. Geht Holzmann die Luft aus, droht auch ihnen das Aus.
Holzmann betreibt in Deutschland derzeit rund 500 größere Baustellen. Am Donnerstag wurde bereits an ersten Rohbauten die Arbeit eingestellt. Je nach Verlauf des Insolvenzverfahrens drohen früher oder später weitere Baustopps. Das größte deutsche Bauunternehmen Hochtief führt derzeit noch keine Gespräche mit Bauherren, um möglicherweise in die Bresche zu springen, versichert eine Konzernsprecherin."Allerdings betreiben wir eine Handvoll Projekte gemeinsam mit Holzmann, etwa eine Baustelle am Hamburger Elbtunnel", erklärt sie."Fällt unser Partner aus, haften wir für die Fertigstellung dieser Projekte." Durch dieses Problem sei aber keine Belastung des Konzerngewinns zu erwarten.
Baubranche leidet unter ruinösem Wettbewerb
Hochtief schließt dagegen nicht aus, Geschäftsbereiche des angeschlagenen Holzmann-Konzerns zu übernehmen."Einzelne Teile könnten für uns von Interesse sein", sagte die Sprecherin. An einer kompletten Übernahme von Holzmann habe Hochtief jedoch kein Interesse.
Die Konkurrenz hat vor allem die profitable Dienstleistungstochter HSG im Auge. Als lukrativ gelten auch die US-Aktivitäten, die rund 50 Prozent des Holzmann-Geschäfts ausmachen. Der Baukonzern Bilfinger+Berger hatte bereits Interesse an diesen Filetstücken bekundet.
Analysten rechnen damit, dass sich die Holzmann-Pleite positiv auf die angespannte Lage der deutschen Bauindustrie auswirken könnte. Umwälzende Markteffekte dürfte allerdings selbst das völlige Verschwinden des Konzerns nicht auslösen. Selbst so genannte Bauriesen wie Holzmann halten auf dem stark fragmentierten deutschen Markt nur Anteile im einstelligen Prozentbereich.
© 2002 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa
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