- Zur Kreditaufnahme durch den Staat. - @Dimi - Galiani, 25.03.2002, 18:01
- Re: Zur Kreditaufnahme durch den Staat. - Galiani - Dimi, 25.03.2002, 19:55
Zur Kreditaufnahme durch den Staat. - @Dimi
Hallo Dimi
Also, nachfolgend, wie versprochen, meine kurze Antwort auf Dein Posting:
Du schreibst:
>Auch heute wird also das meiste Geld in der Privatwirtschaft geschöpft.
>Wenn der Staat keinen Kredit aufnehmen darf,....
Eine solche Forderung erscheint mir aus einer ganzen Reihe von Gründen problematisch; vor allem aber ist sie eine Utopie!
Schon im 17. Jahrhundert, nach dem 30-jährigen Krieg, berichtet Ulricus Huber (1636-1694) lt. Roscher IV,1,134 daß die Staaten mit ungeheuren Schulden belastet gewesen seien. Im Jahre 1793, so errechnet ein Autor, hätten alle Staatsschulden auf der Welt umgerechnet den Wert von rund 3'700 Tonnen Gold betragen. Bis etwa 1880 war diese Zahl auf rund 29'300 Tonnen Gold angewachsen. Heute dürfte sich die Summe aller Staatsschulden in Gold - vorsichtig gerechnet (ca. 10'000 Mia $ bei 300$/oz.tr) - auf etwas über 1 Million Tonnen belaufen (was übrigens die insgesamt bisher in der gesamten Menschheitsgeschichte geförderte Goldmenge bei weitem übersteigt, was einiges über die Angemessenheit des Goldpreises aussagt). Das deutet auf eine sich beschleunigende Zunahme der Staatsverschuldung im Ausmaß von rund 3% pro Jahr hin, also auf eine Verdoppelung der Summe der Staatsschulden in Gold gerechnet alle 24 Jahre. Ich glaube nicht, daß die bloße Vernunft der Menschen ausreicht, die Wucht einer solchen Lawine zu stoppen.
>wird letztlich alles Geld in der Privatwirtschaft geschöpft. Der Staat hat dann nur noch die Oberaufsicht (Standardisierung, Notenausgabe, Kontrolle der privaten Geld- und Kreditschöpfungsvorgänge...
>Desweiteren benötigt Privatgeld ebenfalls eine Oberaufsicht, wenn auch eine anders geartete (keineswegs kleinere), wenn Privatgeld genauso gut sein soll wie gutes staatliches Geld (sonst Ausfall-, Betrugsrisiko etc.).
Lieber Dimi, ich habe bereits aus Deinem Wortwechsel mit R.Deutsch Dein großes Vertrauen in die Ordnung stiftende Kraft des Staates entnommen. Ich möchte Dir hier nicht widersprechen, noch diese Frage überhaupt diskutieren. Ich weise lediglich darauf hin, daß der Schöpfer des Hayek-Planes, Friedrich August von Hayek, ausdrücklich gefordert hat, daß sich der Staat, der sich ja durch die Jahrhunderte hindurch als völlig unfähig erwiesen hat, ein ordnungsgemäßes, einigermaßen wertstabiles Geldsystem frei von Betrug über längere Zeit aufrecht zu erhalten, völlig aus dem Geldwesen heraushalten sollte. v. Hayek setzt diesbezüglich vielmehr mit guten Gründen auf die Kraft des Wettbewerbes unter den verschiedenen Emissions-Banken.
>Das Verbot der staatlichen Kreditaufnahme und nur das Verbot der staatlichen Kreditaufnahme vermag den wesentlichen Vorgang im Kontext von Geld & Kredit, die Schöpfung von monetärer Nachfrage, zur Gänze in der Hand der Privatwirtschaft zu belassen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Privat- oder um ein Staatsgeldsystem handelt.
Das ist zwar vollkommen richtig, ist auch schon öfters versucht worden, hat aber bisher noch nie in der Geschichte geklappt, - weder im alten Griechenland, noch im Römischen Reich oder sonst wo. Insbesondere am Anfang, wenn der Staat schuldenfrei ist, ist die Versuchung sich Ausgabenspielräume durch Vorgriffe auf die Zukunft zu schaffen allzu groß, als daß ihr die Fürsten, Könige oder demokratische Regierungen je hätten widerstehen können; und später ist die Sache politisch nicht mehr zu stoppen. So kommt es, daß die meisten Staaten, wie es ein französischer Finanzminister, Abbé Terray, einst ausdrückte, einmal in jedem Jahrhundert gezwungen sind, einen Staatsbankrott hinzulegen ("La baqueroute était nécessaire une fois tous les siècles, afin de mettre l'Etat au pair!") Und dann fangt alles wieder von vorne an. Ein Finanzwissenschaftler hat es einmal sehr schön wie folgt beschrieben:"Gleich wie von geringem Anfang, aus sich selbst, der Seidenwurm sein glänzendes Grab schließt, so spannen sich Anleihen aus Anleihen um den Staat." (E. Sulzer, Ideen über Völkerglück).
Gruß
G.
P.S. Danke für den Link zu Deinen interessanten Seasonal Charts.
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