- Zum 400. Geburtstag der Aktie - Galiani, 28.03.2002, 18:40
Zum 400. Geburtstag der Aktie
Hallo
Über Anregung des Finanzmannes Jan Oldenbarneveldt wurde am 20. März 1602 die Vereenigde Oostindische Compagnie ( V.O.C. ) mit einem Stammkapital von 6 500 000 Gulden gegründet. Das in Anteile zerlegte Gründungskapital wurde von fünf holländischen Städten aufgebracht; Amsterdam allein übernahm die Hälfte. Dies gilt als Geburtsstunde unserer heutigen Aktie.
Jede Aktionärin, also jede der beteiligten Städte, hatte ihre eigene Verwaltungseinheit in der Compagnie, »Kammer« genannt, mit eigenem Rechnungswesen sowie einem eigenen Direktor. Über diesen Kammern gab es ein Direktorium, die »17 Herren«, die aus dem Kreis der Kaufleute, Bürgermeister, Richter und Beamten gewählt wurden, wobei diesem Kreis bald auch die 1609 gegründete Bank von Amsterdam, die sog. Wisselbank, angehörte. Dieses Gremium erließ Richtlinien für die Rechnungsführung, ernannte die Führungskräfte der Compagnie und vor allem den Gouverneur von Batavia. Alle 10 Jahre sollte Bilanz gelegt werden, was nicht immer geschah. Die Dividenden erfolgten zwar nicht im Verhältnis zum Gewinn, beliefen sich aber auf stattliche zwölf bis 50 Prozent pro Jahr.
Anfänglich waren die eingesetzten Schiffe gechartert worden. Ab 1613 jedoch baute die V.O.C. ihre Schiffe nach von den »17 Herren« gegebenen Richtlinien selber. Die Tonnage nahm daraufhin progressiv zu: Schon 1659 gehörten zur Flotte 17 Handelsschiffe mit 1'000 Bruttoregistertonnen oder mehr. Um 1750 waren es 50. Diese Schiffe waren mit etwa 30 Geschützen ausgerüstet, einige sogar mit bis zu 60 und vier mit 70 bis 80. Aber das waren nur die Handelsschiffe. Daneben verfügte die Compagnie über ausgesprochene Kriegsschiffe, die noch viel besser bewaffnet waren. Eine ungefähre Vorstellung vom wirtschaftlichen und politischen Gewicht der Compagnie erhalten wir, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die gesamte V.O.C.-Flotte im Jahre 1664 150 Handels- und 50 spezifische Kriegsschiffe zählte mit einer Besatzung von insgesamt etwa 30 000 Mann und nochmals 10 000 Soldaten in Batavia. Um 1700 dagegen belief sich die gesamte Personalstärke der Compagnie einschließlich der Soldaten in Batavia auf 120 000 Mann. Innerhalb von wenig mehr als einem halben Jahrhundert hatte die Compagnie sämtliche portugiesischen Besitzungen und Handelsplätze in Indien, Fernost und Japan mit Ausnahme von Goa und Macao übernommen, die dortige portugiesische Kolonialherrschaft beendet und sich so zum ersten Multi-Konzern in der Geschichte entwickelt.
Im Jahre 1696 belief sich der ausgewiesene Gewinn der V.O.C. auf unvorstellbare 40 204 799 Gulden. Später mischte sich der Staat mehr und mehr in die Geschäfte, sehr zum Nachteil des Ertrages: Im Jahr 1700 ergab sich ein Gewinn von »nur« noch 21 800 000 Gulden. Aber auch noch danach blieb die V.O.C. lange Zeit ein gutes Geschäft. Zu ihren Aktionären zählte übrigens auch der Ã-sterreicher Prinz Eugen, der von 1714 bis 1724 Generalstatthalter der Niederlande gewesen war. Beim Verkauf seiner Aktien konnte er einen Gewinn von 41 145 Gulden einstreichen.
Ab 1737 ging es dann allerdings rasch bergab. 1796 wurden die »17 Herren« schließlich - nach 200 Jahren und rund 3 750 Schiffsreisen von Holland nach Südostasien und zurück - formell aufgelöst.
Gruß
G.
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: