- Neuer Service: Witz, Kurioses, Stimmungen - Heute: Sieben Stufen.... - Giraldus, 04.04.2002, 09:07
- Re: Neuer Service: Klasse! Jetzt täglich? Sammlung anlegen? owT - JÜKÜ, 04.04.2002, 09:29
Neuer Service: Witz, Kurioses, Stimmungen - Heute: Sieben Stufen....
... des psychischen Zerfalls im Laufe einer Baisse
Gehören Sie auch zu denen, die glauben, es gehe an der Börse ewig bergauf? Nun, ich verspreche Ihnen, wenn die Börse crasht, werden Sie folgende Phasen durchleben:
Phase 1:
Die Kurse fallen, die Profis raten zum"Buy on dips". Sie sagen sich, dass dies eine erstklassige Gelegenheit ist, Ihre"Lieblinge" billig einzusammeln. Verbilligen der bestehenden Positionen ist angesagt! Sie lachen die mahnenden Stimmen wie gewohnt aus und drehen den so genannten Weltuntergangspropheten eine lange Nase.
Phase 2:
Die Kurse fallen weiter, Ihr Bargeld wird knapp. Sie verfolgen die Börse nicht mehr so intensiv wie sonst und freuen sich, wenn Heiko Thieme in der n-tv-Telebörse auftritt. Jawohl, das sind die berühmten"Ostereier unter dem Christbaum". Und:"Der einzige Mist, auf dem nichts wächst, ist der Pessimist".
Sie versuchen, weiteres Bargeld flüssig zu machen, das Sie in die Schlacht werfen könnten. Sie schreiben Herrn Brichta eine eMail, dass doch der Thieme öfter auftreten solle, was dieser auch gerne verspricht, nachdem er selbst ein wenig gequält aus seinem braunen Anzug hervorlächelt. Sie fragen sich, ob der Herr Brichta den Herrn Siegert schon zum Essen eingeladen hat, oder ob er McDonalds-Gutscheine sammelt?
Phase 3:
Ihnen ist gar nicht gut zumute und Sie erkundigen sich nur noch über die Schlusskurse. Im Betrieb redet man(n) bevorzugt wieder über Frauen und die Bundesliga - sofern die Clubs bis dahin noch nicht an der Börse sein sollten. Sie schlafen schlecht ein und fragen sich, wie Sie nur so unvorsichtig sein konnten, alles Geld auf diesen Mist zu setzen. Sie haben sich auf ein dubioses Börsenpamphlet eines älteren Herren verlassen, der sich in der TV-Werbung so leger an seinen Kamin lehnte.
"Gier frisst Hirn" bekommt eine völlig neue Bedeutung für Sie und Sie haben das Gefühl, dass der Opa irgendwie schlauer zu sein scheint als Sie. Der hat die Kohle aus Ihrem Abo sicher. Wo und wann kann man da kündigen? Es reicht ja, wenn man ab und zu die vergleichsweise billige Bahnhofspostille seines Filius (sofern vorhanden) konsultiert.
Phase 4:
Die nackte Angst ergreift Sie, denn die Kurse fallen auf immer neue Lows. Obwohl ab und zu ein paar gute Tage dabei waren. Sie könnten sich selbst ohrfeigen, dass Sie wieder mal die günstige Gelegenheit verpasst haben, mit einem blauen Auge auszusteigen. Denn Sie hatten sich der Hoffnung hingegeben, dass dem verdammten Bären verdientermaßen das Fell über die Ohren gezogen wird.
Stattdessen sind Sie wieder der Angeschmierte und verfluchen den Tag, an dem Sie Ihr erstes Depot eröffnet haben. Sie rechnen im Stillen, was man mit Schatzbriefen hätte verdienen können und der Konjunktiv bestimmt zunehmend Ihr Denken: Ob sich der arrogante Lackaffe aus der Consors-Werbung noch seine Sushis reinpfeift, oder ist der auch schon - wie Sie - auf Pommes Rot-Weiß umgestiegen?
Phase 5:
Der Druck wächst, Sie sind übel drauf. Ihre Freunde meiden Sie, weil Sie kein gemeinsames Thema mehr haben, über das Sie reden möchten. Zum Bahnhof gehen Sie nur noch sporadisch. Alle Abos sind gekündigt, n-tv ist aus dem Programmspeicher Ihres Fernsehers gelöscht. Ihr Anlageberater wechselt vorsichtshalber die Straßenseite, wenn er sie sieht - doch es hilft nichts.
Die Börse, die weiter in Schüben kollabiert und schon mehr als die Hälfte Ihrer Ersparnisse vernichtet hat, scheint sich nun endgültig nie mehr erholen zu wollen. Hatten Sie doch anfänglich die Kurse mit den Augen eines Superbullen gesehen. Sie überlegen sich, ob Ihr restliches Vermögen reichen würde, um einen Killer auf Herrn Acampora anzusetzen. Na ja, man denkt ja an so manches.
Sie fühlen sich wie Phil, der Held in"Und täglich grüßt das Murmeltier": Jeder Börsentag gleicht dem anderen, die Kurse haben das Klettern verlernt. Friedhelm Busch, der den Schlamassel ja schon vor Jahren kommen sah, wie er stündlich zweimal betont, klingt beinahe wie Filmheld Phil, der Wetterfrosch:"Es wird kalt werden. Und es wird dunkel werden. Und so wird es lange, lange bleiben."
Phase 6:
Sie haben die Schnauze gestrichen voll - und nicht einmal Herr Thieme klingt mehr überzeugend, nachdem er mal wieder die Goldene Zitrone für den miesesten Fonds gewonnen hat. Sie schenken nun voller Hoffnung Herrn Staud Ihr Vertrauen, der nach mittlerweile sechs Monaten Baisse - zusammen mit Herrn Brichta - gestern vom Bullen- ins Bärenlager gewechselt ist. Er versucht, mit seinen Indikatoren die Theorie populär zu machen, dass der DAX demnächst ins Negativterritorium vorstoßen könne.
Das kommt dann selbst Ihnen irgendwie dubios vor (warum nur nicht Stauds"DAX-8000-Kampagne", verdammt noch mal?) und Sie machen völlig entnervt und aller Träume beraubt Kasse. Sie zählen nicht mal genau nach, was an Restvermögen geblieben ist. Aber seit Monaten fühlen Sie sich nun endlich wieder einmal richtig gut. Stille, Ruhe, Glücklichsein, einfach nur an Nichts mehr denken, vor allem nicht an die Börse. Börse? So fern, so weit weg und irgendwie so irreal.
Phase 7:
Die Katastrophe ist da! Wenige Tage, nachdem Sie Kasse gemacht haben, wird die Prognose dieser widerwärtigen Elliott-Waver wahr, auf deren Korrekturwarnungen Sie retrospektiv doch lieber mehr gegeben hätten: Die Börse startet einen neuen, dynamischen Upmove, der den DAX in wenigen Monaten wieder in die Nähe der alten Highs katapultiert. Das ganze aber bei deutlich dünneren Umsätzen als vormals, denn Sie haben die Freuden des Festgeldes kennen- und schätzen gelernt.
Es wird lange dauern, bis Sie wieder mitmischen werden.
Frisch geklaut aus dem Internet grüßt,
Giraldus
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