- Bush's *Ruf nach Führerschaft* im Original (mit Anmerkungen) - Wal Buchenberg, 05.04.2002, 08:51
- Re: Größter Rohöl-Nachfrager und -verbraucher redet den Preis herunter - JLL, 05.04.2002, 08:57
- Ja, ein erfolgreicher US-Krieg in Nahost macht vielleicht das Ã-l billiger.... - Wal Buchenberg, 05.04.2002, 11:02
- Re: um welchen Preis - silvereagle, 05.04.2002, 12:58
- Also Steuerstreik und Leistungsverweigerung. (owT) - Zardoz, 05.04.2002, 14:24
- Re: Märtyrer... - silvereagle, 05.04.2002, 14:40
- Also Steuerstreik und Leistungsverweigerung. (owT) - Zardoz, 05.04.2002, 14:24
- Re: um welchen Preis - silvereagle, 05.04.2002, 12:58
- Der Grund... - Toplevel, 05.04.2002, 11:45
- Ja, ein erfolgreicher US-Krieg in Nahost macht vielleicht das Ã-l billiger.... - Wal Buchenberg, 05.04.2002, 11:02
- Eine Invasion mit Panzern bringt keinen Frieden - marsch, 05.04.2002, 09:22
- Re: Größter Rohöl-Nachfrager und -verbraucher redet den Preis herunter - JLL, 05.04.2002, 08:57
Eine Invasion mit Panzern bringt keinen Frieden
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<td> <font size=5> Eine Invasion mit Panzern bringt keinen Frieden </font>
( von Robert Fisk)
The Independent / Znet vom 2. April
Wenn das hier ein"Krieg gegen den Terror" sein soll, dann ist Jesus nicht in Bethlehem geboren. Der Erste, der getötet wurde, war ein 80jähriger Palästinenser, dessen Körper nie in einer offiziellen Leichenhalle auftauchen sollte. Die Nächsten, die es traf, waren eine Frau u. ihr Sohn, schwer verletzt durch israelisches Gewehrfeuer.
Eine Wolke aus schwarzem Rauch von der anderen Seite des Manger-Platzes wirbelt im Sturmwind hoch. Ein brennendes israelisches Panzerfahrzeug, so wird gesagt, aber wir können es nicht verifizieren, wir sind damit beschäftigt, um unser Leben zu rennen. Überall um uns herum schlagen Kugeln ein - etwas unterhalb der"Erlöserkirche". Die Luft erfüllt vom Krachen der Granaten u. des Gewehrfeuers, während der Regen wellenartig über die israelischen Panzer schlägt, die sich zwischen den ottomanischen Steinhäusern geduckt halten - Panzer, die Autos zusammenfahren u. Reklameschilder von Läden zerstören.
Ja, die kleine Stadt Bethlehem ("O little town of Bethlehem"* - Titel, eines englischen Weihnachtslieds) lag ruhig da, ihre dunklen Straßen ausgestorben, mit Ausnahme der Israelis natürlich, aber das nie verlöschende Licht war nirgends in Sicht, u. von tiefem u. traumlosem Schlaf konnte auch keine Rede sein. Während wir in unserem von Furcht erfüllten Raum zusammenkauerten - gemeinsam mit Norma Hazboun, einer Professorin für Sozialwissenschaften an der Universität von Bethlehem - sahen wir einen Merkava-Panzer in Richtung Qutaa-Straße vorbeischießen, die nur 600 Meter vom Geburtsort Christi entfernt ist. All die Hoffnungen u. Ängste sovieler Jahre fließen im Symbol dieses Panzers zusammen.
Oslo,"Frieden" und"gegenseitiger Respekt" haben uns hierher gebracht. Wiedereinmal wird von den Israelis ein"abgeriegeltes militärisches Sperrgebiet" eingerichtet. Wahrscheinlich hat Jesus damals auch mit"abgeriegelten militärischen Sperrgebieten" zu tun gehabt - denen der Römer nämlich - aber wenigstens hatte er ja Gott auf seiner Seite. Die Menschen in Bethlehem hatten gestern niemanden auf ihrer Seite.
Sie warteten - warteten auf eine Erklärung des Papstes, des Vatikans, der EU. Statt dessen bekamen sie einen gepanzerten Einmarsch. Den ganzen Morgen konnten wir sie beobachten - die Merkavas u. die APCs ("Armed Personnel Carriers" = gepanzerte Mannschaftswagen), wie sie sich durch die altehrwürdigen Straßen stahlen, auf ihrer Suche nach den"Barbaren des Terrors". Ariel Scharon hat uns ja alles über sie erzählt Und währenddessen saßen wir also in unserm Bethlehemer Zimmer u. sahen im Fernseher auf dem Fensterbrett, wie um uns herum Palästina zusammensank. In Ramallah wurden die Büros des Palästinensischen Geheimdienstes angegriffen. Die Palästinenser erklärten uns, daß nicht nur Männer sondern auch hunderte von Frauen u. Kindern sich in dem zusammengebombten u. belagerten Gebäude dichtgedrängt aufhielten. Als Nächstes fielen die Granaten auf das Lager Dheisheh. Aber das wußten wir auch ohne Fernsehen. Dheisheh ist so nah, daß unsere Fenster vibrierten.
Die Bethlehemer Fernsehstation - 200 Meter entfernt von uns - sendet immer noch. Die Israelis sind noch nicht so weit gekommen. Und auf dem Bildschirm taucht plötzlich Scharon auf. Er bietet den Europäern an, Jassir Arfat aus Ramallah auszufliegen, unter der Bedingung, daß Arafat nie mehr in das Land zurückkehren darf, das er"Palästina" nennt. 1982 hat Scharon Arafat dieses Angebot schon einmal gemacht: Arafat mußte von Beirut ausfliegen u. ins Exil. Die Amerikaner halfen bei dem Arrangement. Aber diesmal nimmt Arafat nicht an: Angebot zurückgewiesen.
Vor unserem Fenster jetzt neuauflammende Schießereien. Ein Panzer war die Straße heruntergekommen, sein Geschützrohr reißt die grüne Markise eines Ladens weg, dann schwenkt es nach oben u. zielt genau auf unser Fenster. Wir ziehen uns ins Treppenhaus zurück. Haben sie vielleicht gesehen, daß wir sie beobachtet haben? Eine Weile stehen wir auf der kalten feuchten Treppe, dann schleichen wir zurück, spähen vorsichtig zum Fenster hinaus. Zwei israelische Soldaten rennen am Haus vorbei. Ein zweiter Panzer poltert die Straße herauf u. richtet seinen Gefechtsturm nach Süden aus.
Wir wußten alles über derlei Panzer, kannten ihre maximale Geschwindigkeit, das Geräusch, das ihre gewaltigen Motoren machen. Einmal raste einer über eine Kreuzung, auf der wir gerade standen. Wir trugen blaue u. schwarze schußsichere Westen, auf denen mit großen aufgeklebten Buchstaben"TV" stand. Wir spreizten die Arme wie Enten ihre Flügel, zum Zeichen, daß wir unbewaffnet waren. Jedesmal, wenn wir uns in eine kleinere Straße zurückzogen, trafen wir dort wieder auf ein israelisches Armeefahrzeug.
Als wir uns schließlich dem Manger-Platz näherten, hatten wir Panzer vor uns, APCs sowie einen weiteren Panzer hinter uns. In diesem Moment begann die Schießerei - das Krack-krack-krack von Kugeln, die nur wenige Meter weiter abgefeuert wurden. Waren es israelische Schützen? Also falls es Palästinenser waren, dann waren das Selbstmörder - so nah, wie sie den israelischen Panzern in dem Fall gekommen wären. Jedenfalls, wir rannten über die Straße, rannten in einen dunklen Durchgang hinein. In diesem Moment schließt Frau Professor Hazboun uns ihre eiserne Haustüre auf u. läßt uns rein.
Obwohl wir uns neben ihrem kleinen Gasfeuer wohl u. behaglich fühlten, fühlten wir uns in ihrer kleinen Wohnung doch auch gleichzeitig wie in der Falle - völlig unserer Bewegungsfreiheit beraubt. Der Fernsehapparat zeigte uns das Auseinanderfallen Palästinas. Der Nachrichtensprecher stolperte über seine eigenen Worte: Iran u. Irak würden eventuell ihre Erdölexporte stoppen, um Druck auf die Amerikaner auszuüben, Israel zu einem Rückzug zu bewegen. Arafats Geheimdiensthauptquartier in Ramallah stehe in Flammen. Ein israelischer Soldat sei auf der anderen Seite des Manger-Platzes in seinem APC getötet worden - getroffen von zwei palästinensischen Mörsergranaten. In Ramallah würden 700 Gefangene gefesselt u. mit Augenbinden versehen. Colin Powell, der amerikanische Außenminister, bestehe weiterhin darauf, Arafat als Palästinenserführer"anzuerkennen", u. diese Anerkennung bleibe bestehen, ganz gleich, ob Arafat sich in Europa aufhalte oder sonstwo.
Hinterm Manger-Platz stieg nach wie vor Rauch auf. Der Panzer im oberen Teil der Straße bewegte sich rückwärts aufs Trottoir u. stieß dabei in eine seitliche Hauswand. Unser Nachrichtensprecher - müde, unrasiert u. mit Lederjacke - verliest jetzt eine Erklärung der Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden, die ja zu Scharons tödlichsten Feinden gehören. Die bösen, grausamen Selbstmordattentäter, die wie eine Plage über Israel gekommen sind, sagen:"Wir werden standhaft bleiben, wie Abu Amar (Jassir Arafat) gesagt hat: der Märtyrertod führt uns zum Sieg, wie unser Feind ja weiß." Draußen, neben einer Gruppe Zitronenbäume, tauchen plötzlich zwei gepanzerte Armeefahrzeuge auf. Ihre israelischen Fahrer versuchen in verzweifelter Hast, Benzin von einem Fahrzeug ins andere zu pumpen. Aber dann werden sie von palästinensischen Heckenschützen entdeckt. Binnen Sekunden schlagen ringsum Kugeln ein, u. die zwei verängstigten Soldaten werfen sich von ihren Fahrzeugen, suchen Schutz in einem der Läden.
Plötzlich klingelt unser mobiles Telefon. Eine englische Stimme, eine Frau aus Wateringbury in Kent. Ich habe einmal im benachbarten Dorf, nämlich East Farleigh, gewohnt. Aber Liz Yates hielt sich momentan nicht in Kent auf sondern nur 2 Meilen von uns entfernt im Aida-Flüchtlingslager - zusammen mit 9 weiteren Westlern: zwei aus Frankreich u. zwei aus Schweden, 5 aus den USA. Die 9 weigern sich, das Lager zu verlassen. Frau Yates Stimme hat diese Schärfe, die aus sehr starker Müdigkeit gepaart mit Angst geboren ist:"Wir wollen den 4000 Flüchtlingen hier helfen. Jeder hier glaubt, daß die Israelis reinkommen, u. wir haben versprochen, in diesem Fall dazubleiben. Es wird einen gewissen Schutz gewährleisten. Wir werden von unseren Botschaften fordern, die Israelis zum Rückzug zu drängen".
Wenigstens etwas Hoffnung. Es ist erst einen Tag her, daß ein israelischer Soldat in der Nähe von Bethlehem das Feuer auf eine Gruppe unbewaffneter westlicher Protestierer eröffnet hat u. 5 davon verwundet - vor den Augen der BBC-Kameras, man stelle sich vor. Anschließend versuchte der Soldat, den TV-Reporter Orla Guerin zu erschießen. Daran dachten wir, als wir draußen auf der Straße im Zentrum Bethlehems gestanden hatten u. rings um uns die Kugeln einschlugen. Und daran dachten wir auch, als wir jetzt, am späten Nachmittag, das Haus (der Professorin) auf leisen Sohlen verließen.
Aber bevor wir uns von Frau Profesor Haboun verabschiedeten, hatte ich noch einen weiteren Anruf. Es war eine Amerikanerin, die für eine palästinensische Menschenrechtsgruppe in Gaza arbeitete. Sie könne das Rafah-Flüchtlingslager (telefonisch) nicht mehr erreichen. Im Moment sei sie gerade dabei, das Computermaterial ihrer Gruppe auf Kopien zu speichern, damit es ihr nicht gehe wie in Ramallah, wo die Israelis ja alle Originale mitgenommen hätten."Jeder glaubt, sie kommen". Ja, davon gehen sie auch im Lager Aida aus. Die Israelis kommen. Aber was schert es die Selbstmordattentäter?
Wie Roboter gingen wir die gefährlichen Straßen wieder zurück. So war es auch gewesen, als die Israelis - nachdem sie Arafat gedemütigt hatten -, in West-Beirut einmarschiert waren. 1982 war das. Auch damals hatte Scharon das Kommando. Die Israelis führten"einen Krieg gegen den Terror", auch das sagte er damals. Zivilisten wurden zu tausenden getötet. Und schließlich kam es zum Palästinenser-Massaker in Sabra u. Chatila durch Israels Verbündete. Wann wird das Massakrieren wohl hier beginnen, frage ich mich, während wir nach Jerusalem zurückkehren.
* O little town of Bethlehem (Frei übersetzt:) Oh, kleine Stadt Bethlehem
<table border="1" cellspacing="0" cellpadding="9" bordercolor="green">
<tr>
<td width=50% valign="top"><font size="-1">O little town of Bethlehem,
How still we see thee lie;
Above thy deep and dreamless sleep
The silent stars go by;
Yet in thy dark streets shineth
The everlasting light.
The hopes and fears of all the years
Are met in thee tonight. </font> </td>
<td width=50% valign="top"><font size="-1">Oh, kleine Stadt Bethlehem,
Wie ruhig sehen wir dich daliegen;
Über deinem tiefen u. traumlosen Schlaf
Ziehen die stillen Sterne dahin;
Und dennoch scheint in deinen dunklen Straßen
Das nie verlöschende Licht.
Die Hoffnungen u. Ängste sovieler Jahre
Erfüllen sich in dir diese Nacht.</font>
</td>
</tr>
</table>
Übersetzung: Andrea Noll
http://hfiedler.covers.de/fisk_invasion.htm
</td>
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