- S&P kaum 850 Punkte wert? - Reinhard, 05.04.2002, 15:28
S&P kaum 850 Punkte wert?
Aktuelle Nachrichten von Financial Times Deutschland
05.04.02 / 13:33
Das Kapital: Der S&P 500 ist kaum 850 Punkte wert
Die Stimmung an den Börsen ist mittlerweile wieder so miserabel, dass es fast schon für ein Kursplus von ein paar Prozent über die kommenden Wochen reichen sollte. Es wäre nicht die erste und nicht die letzte (Mini-)Rally in einem Bärenmarkt - der vermutlich noch einige Jahre anhalten wird.
Die Analysten sagen, der Markt sei billig. Vielleicht stimmt das im einen oder anderen Fall. Aber die Musik wird an der Wall Street gespielt. Und die ist teuer, extrem teuer. Das kann man drehen und wenden wie man will.
Fangen wir simpel an und setzen den S&P 500 mit seinem langfristigen Trend ins Verhältnis. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs gerechnet, liegt der Trend jetzt bei etwa 840 Zählern, ein Viertel unter dem aktuellen Indexstand. Inflationsbereinigt ist die Kluft noch etwas höher, bei 30 Prozent. Mit dem nominalen US-BIP verglichen, ist der wichtigste Index der Welt um etwa 35 Prozent teurer als im Schnitt der letzten 50 Jahre.
Jetzt kann man sagen, dass heute alles anders ist, wo doch Inflation und Zinsen so niedrig sind und die Produktivitätsfortschritte so immens. Mal davon abgesehen, dass auf dieses Postulat schon viele Generationen reingefallen sind, stellt sich die Frage, wo sie denn sind, die vielen Gewinne. Wieder den Trend seit dem Zweiten Weltkrieg betrachtet, hätten die Firmen im S&P 2001, auf den Index umgerechnet, etwa 48,6 $ verdienen müssen. Tatsächlich waren es 38,7 $ - in einem Jahr, in dem die Wirtschaft real um 1,2 und nominal um 3,4 Prozent gewachsen ist. Zudem ist die Börse auch ab Mitte der 60er Jahre schlecht gelaufen, obwohl die Inflation noch fast bis zum Ende dieses Jahrzehnts verhalten war.
Gehen wir einen Schritt weiter. Unterstellen wir, dass die Firmen trotz der schweren US-Ungleichgewichte 2002 wieder operative Gewinne in Höhe des Trends erzielen können, also knapp 52 $ im S&P. Immerhin ist der wirtschaftliche Stimulus durch Fed und Fiskalpolitik enorm. Die Frage ist, wie schnell die Gewinne danach wachsen werden. Seit 1945 sind sie im Schnitt um 6,4 Prozent jährlich gestiegen, inflationsbereinigt um 2,2 Prozent. Seien wir großzügig und taxieren die reale Wachstumsrate auf Grund des technischen Fortschritts auf nunmehr 3,3 Prozent, also die Hälfte höher als im langfristigen Vergleich. Rechnet man zwei Prozent Inflation hinzu, ergibt sich eine nominale Gewinnwachstumsrate von 5,3 Prozent. Das entspricht in etwa dem Schnitt seit 1988 - und der Rendite auf zehnjährige Staatsanleihen. Letzteres ist insofern kein Zufall, als die Renditen am Bondmarkt das erwartete nominale Wirtschaftswachstum indizieren. Seit zehnjährige Anleihen 1962 regelmäßig aufgelegt wurden, war ihre durchschnittliche Verzinsung genauso hoch wie das Wirtschaftswachstum in dieser Zeit.
Wenn man von Aktien nur drei Prozent mehr Rendite erwartet als von Anleihen und - wie im Schnitt der letzten 50 Jahre - eine Gewinnausschüttungsquote von 50 Prozent unterstellt, errechnet sich für den S&P ein Wert von 860 Zählern. Schwer vorstellbar, dass der Index auf dieses Niveau fällt. Die Fed jedenfalls wehrt sich mit Händen und Füßen. Aber sie wird es nicht verhindern können, dass die Börse letztlich auf ihren Trend zurückfällt, wie das immer der Fall ist. Geht es danach, wäre der S&P erst in knapp viereinhalb Jahren die jetzigen 1130 Punkte wert. Es wird kein Spaß an der Börse bis dahin.
Anmerkung:
Außer beim Goldpreis
Scheitec
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