- Einfache Problemlösung: mehr Schulden machen! Interview mit Joseph Stiglitz - marsch, 17.04.2002, 17:26
- Nicht Vergessen: Der"Ã-konomie-Nobelpreis" ist überhaupt kein Nobelpreis - mguder, 17.04.2002, 17:45
- Das ist schnell gesagt..... - RetterderMatrix, 17.04.2002, 18:37
- Vorschlag z.B.:"Stadtrecht bricht Landesrecht" - mguder, 17.04.2002, 20:36
- Gut gebrüllt Löwe... - Zardoz, 17.04.2002, 21:01
- Re: Vorschlag z.B.: - RetterderMatrix, 18.04.2002, 18:15
- Vorschlag z.B.:"Stadtrecht bricht Landesrecht" - mguder, 17.04.2002, 20:36
- Das ist schnell gesagt..... - RetterderMatrix, 17.04.2002, 18:37
- Da hätte dieses Forum aber schon mehr Preise verdient. - Zardoz, 17.04.2002, 19:13
- Nicht Vergessen: Der"Ã-konomie-Nobelpreis" ist überhaupt kein Nobelpreis - mguder, 17.04.2002, 17:45
Einfache Problemlösung: mehr Schulden machen! Interview mit Joseph Stiglitz
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Ã-konomie-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz über die Rivalität von Keynesianismus und Neoliberalismus und über den europäischen Stabilitätspakt
Joseph Stiglitz ist Ã-konomie-Professor an der Columbia University in New York. Im vergangenen Jahr erhielt er den Wirtschaftsnobelpreis. Von 1993 bis 1996 beriet er die Regierung Clinton in Wirtschaftsfragen, von 1997 bis 2000 war er Chefökonom und Vizepräsident der Weltbank. Nachdem er den Internationalen Währungsfonds für sein Vorgehen in der Asien- und Russlandkrise hart kritisiert hatte, musste er auf Druck des US-Finanzministeriums die Weltbank verlassen.
Herr Professor Stiglitz, Sie wenden sich gegen das"neoliberale Dogma": Gegen die Politik von rigider Privatisierung, Deregulierung sowie unbedingter Geldwertstabilität und gegen den Markt als Allheilmittel. Nun plädieren inzwischen alle Politiker für eine stärkere Rolle des Staates und gegen den"Marktfundamentalismus". Ist der Neoliberalismus tot? Hat es ihn je gegeben?
Für eine kurze Zeit, in den 80er-Jahren, gab es unter einigen Ã-konomen den starken Glauben, dass freie, unregulierte Märkte effiziente Ergebnisse bringen. Das war die Zeit von Thatcher und Reagan. Diese Ansicht wurde auf der politischen Ebene aber nie voll geteilt. Und heute glaubt auch unter Wirtschaftswissenschaftlern kaum noch jemand an das neoliberale Dogma.
Woher kommt dann die Macht neoliberaler Argumente in der politischen Debatte?
Neoliberalismus war immer eher ein Instrument, um einzelne Interessen zu legitimieren. Die Wahrheit ist doch: Alle sind für freie Märkte, außer in ihrer Branche. Alle sind gegen Subventionen, außer für sich.
Nennen Sie ein Beispiel.
Ronald Reagan sagte, er sei für freie Märkte. Als er abtrat, waren 25 Prozent aller US-Wirtschaftssektoren vor Importen geschützt. Oder Paul O Neill: Als er noch Chef des Aluminiumkonzerns Alcoa war, verlangte er von der US-Regierung die Bildung eines globalen Kartells, um den Aluminiumpreis zu stützen. Heute als US-Finanzminister fordert er den Abbau von Handelshemmnissen - aber nach dem Motto: Freihandel ist gut, Importe sind schlecht. Sie sehen: Der Marktfundamentalismus ist ein Deckmantel, eine ideologische Maske.
Und was steckt hinter der Maske?
Die Interessen der Geldanleger, der Investmentbanken.
Wie kommen Sie darauf?
Nehmen Sie den IWF. Die Wall Street wie die Regierungen plädieren für freie Märkte. Gleichzeitig sind sie aber sehr dafür, dass der IWF Milliarden Dollar ausgibt, um die Währungsmärkte zu stabilisieren und überhöhte Wechselkurse zu stützen. In der Asienkrise ermöglichte diese Politik den Banken, ohne Verluste ihr Kapital zu retten und das Krisenland tief verschuldet zurückzulassen. Die internationalen Finanzinstitutionen geben weit mehr dafür aus, die Finanzmärkte zu stabilisieren als für soziale Programme. Gleichzeitig liberalisieren sie den Kapitalverkehr, damit das Kapital freie Fahrt hat. Die Arbeitsmärkte aber werden nicht geöffnet. Arbeitnehmer können nicht gehen, wenn es ihnen nicht mehr gefällt.
Letztlich war der IWF doch erfolgreich dabei, den asiatischen Staaten zu helfen. Heute haben sie die Krise halbwegs überstanden.
Erstens stimmt das nicht. Thailand und Indonesien stecken noch tief in der Krise. Zweitens haben Länder wie Korea und Malaysia es nicht wegen, sondern trotz der IWF-Empfehlungen geschafft, die Krise zu überwinden. Für die Krisenländer ist die Politik des IWF katastrophal. Nehmen Sie Argentinien, den ehemaligen Musterschüler des IWF. Als es Argentinien schlecht ging, verordnete der Währungsfonds dem Staat ein striktes Sparprogramm, um den Wert des Peso zu sichern. Das hat Argentinien ruiniert. Eine Wirtschaft kann man nicht beleben, indem man dem Staat sagt, dass er weniger ausgeben muss.
In Deutschland gibt es derzeit eine ähnliche Diskussion: Obwohl die Wirtschaft lahmt, begrenzt der EU-Stabilitätspakt die staatliche Neuverschuldung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Mit dem Stabilitätspakt hat Europa ein großes Problem. Die Geldpolitik haben die EU-Staaten bereits an die Europäische Zentralbank abgegeben, und die ist gebunden an ein Inflationsziel von zwei Prozent. Ihnen bleibt nur die Fiskalpolitik. In einer Rezession muss der Staat expansive Fiskalpolitik betreiben, also mehr ausgeben, manchmal sehr viel mehr. Mit dem Stabilitätspakt ist Europa jetzt unglücklicherweise gefesselt an etwas, das ich als fehlerhaftes ökonomisches Modell bezeichnen würde.
Der Stabilitätspakt war dafür gedacht, den Euro zu stärken, indem exzessive Verschuldung verhindert wird. Was ist daran falsch?
Wenn man in der Rezession restriktive Fiskalpolitik betreibt, dann bekommt die Wirtschaft keinen Schwung, die Steuereinnahmen sinken und der Staat muss als Reaktion darauf abermals seine Ausgaben senken. Eine Abwärtsspirale. Das kann sehr teuer für Europa werden.
Was schlagen Sie vor?
Europa braucht eine Neuinterpretation des Paktes. Das Drei-Prozent-Limit darf nicht so streng gelten. Im Rezessionsfall muss das Defizit höher liegen können, um die Wirtschaft zu stimulieren.
In Deutschland hofft man noch darauf, dass der Aufschwung in den USA die Rettung bringt.
Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass der kommende US-Aufschwung sehr moderat sein wird - und damit nicht stark genug, um Deutschland aus der Grube zu ziehen. Denn die USA haben ein doppeltes Problem: ihren Kapitalstock und die Investitionen. Im Boom hatten die US-Unternehmen zu hohe Bestände aufgebaut - Computer, Telefonanlagen, Software, Hochgeschwindigkeitsleitungen -, die vielleicht niemals benutzt werden. Diese Ausrüstungen sind in den vergangenen Monaten abgeschrieben worden und belasten nun nicht mehr die Ergebnisse. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Es gibt für die Firmen derzeit keinen Grund zu investieren. Die Kapazitäten sind nicht ausgelastet, und auch der Konsum läuft nur schleppend, weil die Arbeitslosigkeit hoch bleibt. Deutschland kann also kaum auf die USA als Retter zählen.
Was kann Deutschland tun?
Langfristig braucht Deutschland ein effizientes Steuersystem, Investitionen in Bildung und Forschung und eine Stärkung des Dienstleistungssektors. Kurzfristig kann der Staat die Kreditnachfrage steigern, beispielsweise durch eine aktive Kreditpolitik mittels Bürgschaften und Garantien. Leider will die EU aber den staatlichen Banken in Deutschland die Privilegien nehmen.
Die Gewerkschaften haben eine andere Idee: Sie fordern höhere Löhne, um die Nachfrage zu stärken. Die Unternehmer entgegnen, höhere Lohnkosten würde die Investitionen sinken lassen. Wer hat Recht?
Schwer zu sagen. Auch ich vermute, dass das Problem der deutschen Wirtschaft ein Nachfragemangel ist. Daher haben die Argumente der Gewerkschaften in der aktuellen Situation in Deutschland einiges für sich. Denn die Frage lautet: Leiden die Unternehmen nicht an hohen Zinsen oder Kreditmangel, sondern fehlen ihnen nur die Investitionsgelegenheiten, dann bringen höhere Löhne zwar geringere Gewinne. Doch die niedrigeren Gewinne führen nicht zu geringeren Investitionen. Gleichzeitig wäre die Nachfrage gestärkt, allerdings nur kurzfristig. Wenn das Problem jedoch ist, dass die Unternehmen zwar Investitionsprojekte sehen, aber zu wenig Geld haben, um die Investitionen zu finanzieren, dann sind Lohnerhöhungen Unsinn. Denn sie ziehen weiteres Geld aus den Unternehmen.
Das Gespräch führten Stephan Kaufmann und Henning Heine.
http://www.berlinonline.de/aktuelle...ung/wirtschaft/.html/135578.html
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