- Demokratieverständnis der USA - zum Beispiel Venezuela - marsch, 19.04.2002, 21:34
- Und noch einen! - marsch, 19.04.2002, 21:50
Und noch einen!
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<tr><td><font face="Arial"><font size=5> CIA-Putsch in Venezuela gescheitert? (Teil 1, 19.4.)
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Während ich die ausgedruckten Quellen für diesen Text zusammensuche, zeigt CNN Bilder, die sehr an den 11. September erinnern. Denn wir sehen Russpuren an Stockwerken eines Hochhauses in Mailand, in das ein Flugzeug krachte. Natürlich hat jede/r sofort entsprechende Assoziationen, wobei selbstverständlich auch ein Unfall passiert sein kann. Umso mehr, als dass CNN im nächsten Beitrag News über Flug 93 bringt, der 9-11 in ein Feld in Pennsylvania krachte.
Aber wenden wir uns nun dem Putsch in Venezuela zu, der Präsident Hugo Chavez für ein paar Tage aus seinem Amt entfernte. William Blum, der Autor von Büchern wie"Killing Hope: US Military and CIA Interventions Since World War II" und"Rogue State: A Guide to the World's Only Superpower" hat sich genug mit verdeckter amerikanischer Außenpolitik befasst, um die Dinge recht nüchtern zu betrachten. Er fragt ironisch, wie wir wissen können, ob die CIA dahintersteckt, und fragt dann, wie wir annehmen können, dass die Sonne am Morgen aufgeht.
Denn sowas wird immer gemacht und es gibt keinerlei Grund zu vermuten, dass morgen alles ganz anders sein wird. Ein passender Vergleich, denn daran dachte ich auch angesichts dessen, dass in der Diskussion über die CIA seit 9-11 so getan wird, als handle es sich um einen Haufen Chorknaben, die ganz und gar unfähig sind zu derlei schmutzigen Spielereien. Warum sollten Chile, Guatemala, Iran, Irak, Portugal, Griechenland etc. Beispiele aus der Vergangenheit sein ohne Gegenstücke in der Gegenwart? Blum zählt dann nüchtern die"Verbrechen" von Präsident Chavez auf: er kritisierte den Krieg in Afghanistan und forderte ein Ende des Niedermetzelns Unschuldiger. Er pflegt gute Beziehungen zu Kuba und dessen Staatschef Fidel Castro. Der Verteidigungsminister forderte die USA auf, die militärische Präsenz in Venezuela zu beenden.
Chavez verweigerte den Überflug von amerikanischen Antidrogenflügen und ebenso Auskünfte über die arabischen Gemeinschaften im Land. Er stellte die Segnungen der Globalisierung in Frage und trat für eine regionale Freihandelszone in Lateinamerika ein, wobei er auch Ã-lförderungen bündeln wollte gegen die wirtschaftliche Dominanz der USA. Und er hat Kontakte zu Saddam Hussein und Muammar Gaddafi"und noch mehr von der Art", was die"Aristokratie Washingtons" von der"dienenden Klasse" nicht gewöhnt ist. Die USA haben einige Regierungen für weit weniger gestürzt, stellt der Experte trocken fest.
Er zitiert aus der"Washington Post" vom 13. April, wonach sich Mitglieder zahlreicher Oppositionsgruppen innerhalb der letzten Wochen in der amerikanischen Botschaft eingefunden hatten. Sie wollten US-Hilfe beim Sturz der Regierung Chavez, wobei sich unter ihnen aktive und ehemalige Militärs, Politiker und Medienleute befanden. Sie stellten eine Menge"Was wäre, wenn...."-Fragen, um abzuchecken, wie sich die USA verhalten würden, ob sie wohl zur Seite sehen, wenn geputscht wird. Angeblich sagten die US-Vertreter zu jedem der angebotenen Szenarios nein, denn Putsche werden ja überhaupt nicht unterstützt.
Man benennt derlei einfach um in"Regierungswechsel" und behauptet, es handle sich dabei um den Wunsch des jeweiligen Volkes, also reinste Basisdemokratie. Zufälligerweise wurden in den letzten Monaten Oppositionspolitiker nach Washington gebracht, wobei zumindest eine Delegation vom"International Republican Institute" gesponsert wurde. Dieses wiederum ist integraler Bestandteil des seit der Reagan-Ära bestehenden"National Endowment for Democracy", welches für CIA covert operations im Ausland verwendet wird (darunter ist zu verstehen, was als scheinbar unabhängiges Engagement für Menschenrechte und Demokratie auftaucht). Blum schliesst sarkastisch damit, dass die einzige Möglichkeit KEINER CIA-Beteiligung am Putsch darin bestehen könnte, dass die Agency heimlich aufgelöst worden ist.
Gregory Wilpert beschreibt im CounterPunch seine Eindrücke vom Putsch als Augenzeuge. Eingangs stellt er die offizielle Version dar, die in Medien verbreitet wurde: Hugo Chavez war ein faschistischer kommunistischer Diktator, der die Wahrheit nicht ertragen konnte und deshalb gnadenlose Zensur ausübte. Für seinen persönlichen Profit und jenen seiner Henkersknechte in der Regierung (darunter mehr Henkerinnen als je zuvor in einer Regierung) brachte er das Land an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Es war dann einfach notwendig, dass die Zivilgesellschaft des Landes entschied, dass es genug ist, und daran ging, Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und Wachstum wiederherzustellen.
Das Militär selbst nannte als Hauptgrund für den Putsch vom 11. April Massenproteste der"Zivilgesellschaft", die eine Demo von 100.000 bis 200.000 Menschen organisierte, die zum Sitz der venezolanischen Ã-lgesellschaft PDVSA marschierten. Immerhin sendeten die privaten Fernsehstationen alle zehn Minuten Aufrufe für die Demonstration. Die Kundgebung war friedlich und wurde von der Regierung in keiner Weise behindert, obwohl illegalerweise die Hauptverkehrsader von Caracas blockiert worden ist. Angeblich spontan wurde dann beschlossen, zur Pro-Chavez-Demo zu ziehen, zu der sich 5000 Menschen vorm Regierungssitz versammelt hatten.
Dazwischen war, wie überall auf der Welt in solchen Situationen, die Polizei unter der Kontrolle des oppositionellen Bürgermeisters der Stadt (und auch die Nationalgarde, die dem Präsidenten unterstellt ist). Beide Seiten meinten, sie wollten friedlich demonstrieren und nicht provozieren. Wilpert wurde dann Augenzeuge, als Steine von der Oppositionsdemo flogen, die mit Tränengas beantwortet wurden. Wer angefangen hatte, war wie meist nicht festzustellen. Später dann fielen Schüsse, und da sah Wilpert klar, dass drei Seiten beteiligt waren: die Stadtpolizei, Unterstützer von Chavez und Heckenschützen, die in Gebäuden postiert waren. Mindestens 10 Personen wurden getötet und beinahe 100 verwundet, die meisten davon Demonstranten.
Einem Sender gelang es, aus der Perspektive einer der drei schiessenden Parteien zu filmen und so den Eindruck zu erwecken, als gehe die Gewalt von Seiten Chavez' Unterstützern aus. Diese Bilder wurden natürlich immer wieder gesendet, obwohl die meisten Toten zu Chavez gehörten. Ebenfalls verschwiegen wird, dass die Heckenschützen Mitglieder der extremen Oppositionspartei Bandera Roja sind. Wilpert rechnet nicht damit, dass lokale Medien dies berichten und vermutet, dass auch internationale Medien einfach nachäffen werden, was lokal geschrieben wird. Chavez machte dann, so Wilpert, den grössten und vielleicht einzigen Fehler an jenem Tag, die privaten Sender auszuschalten, und zwar im Namen der öffentlichen Sicherheit wegen der übertriebenen Berichte.
Nun konnte die"Zivilgesellschaft" gemeinsam mit Medien und Militär behaupten, Chavez habe sich gegen sein eigenes Volk gewendet. Mit dieser Lüge wird auch vergessen gemacht, welche Errungenschaften die Regierung Chavez gebracht hat: eine neue demokratische Verfassung, die das Monopol der beiden grossen und hoffnungslos korrupten Parteien gebrochen hat, eine fundamentale Landreform, fortschrittliche Umweltprojekte, Kampf gegen Korruption, eine Schulreform, die mehr als einer Million Kindern zugute kam und eine Verdoppelung der Ausgaben für Bildung, eine Regulierung der informellen Wirtschaft zum Wohle der Armen, einen fairen Ã-lpreis über die OPEC, was die Staatseinnahmen deutlich ansteigen liess, und auf der internationalen Ebene einen unermüdlichen Kampf gegen den Neoliberalismus.
Die Arbeitslosenrate sank von 18% auf 13%; ein grossangelegtes Mikrokredit-Programm kam vor allem Frauen und Armen zugute; eine Steuerreform reduzierte die Steuerflucht dramatisch und steigerte die Staatseinnahmen; die Kindersterblichkeit wurde von 21% auf 17% reduziert, und so weiter.... Die Gegner von Chavez hatten niemals derlei Anliegen, da sie vor allem zur alten Garde des Landes in Medien, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirche und Militär gehören. Im Gegenteil, sie nutzte ihr mediales Monopol für die Diskreditierung des Präsidenten und dämonisierten progressive zivilgesellschaftliche Gruppen, die ihn unterstützten.
Bereits am 15. April schrieb dann Christopher Reilly ebenfalls im CounterPunch über das seltene Ereignis eines Kurzzeitputsches. Die westlichen Medien verhielten sich so, wie Wilpert zwei Tage zuvor angenommen hatte. Eines nach dem anderen berichtete nur das, was jene Businesswelt in ihren Medien behauptete, die am Putsch beteiligt war. Selbstverständlich wurde diese Version dann auch vom Sprecher des Weissen Hauses in Washington, Ari Fleischer, übernommen. Chavez-Anhänger schossen, so Fleischer, auf unbewaffnete, friedliche Demonstranten. Militär und Polizei hingegen weigerten sich zu schiessen und ebenso, die Rolle der Regierung bei Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen.
Das State Department unterstrich diese Darstellung, indem es Bedauern darüber ausdrückte, dass Chavez keine Zurückhaltung übte und keinen Respekt für den friedlichen Ausdruck politischer Meinung zeigte. Freilich wurde dabei vergessen, dass auch Chavez-Anhänger starben; unter anderem wurde der Fahrer des Vizepräsidenten ins Gesicht geschossen. Dazu kommt noch, dass keineswegs sicher ist, dass Chavez seinen Kräften befahl, in die Menschenmenge zu feuern. Schliesslich sind jene, die dies berichteten, dieselben, die den Putsch unterstützten."Sie konnten diese Geschichte leicht fabriziert haben, um der Junta Legitimation zu verleihen."
Es sieht wirklich seltsam aus, wenn, wie Reilly aus dem britischen"Independent" zitiert, unter einem halben Dutzend schiessender Männer einer ein T-Shirt der Chavez-Partei trug. Diese Männer feuerten von oben in die Menschenmenge, die gerade dem Tränengas der Polizei ausgesetzt war. Kurz danach beschuldigten 10 Offiziere der Nationalgarde und der bewaffneten Truppen Chavez,"das Vertrauen des Volkes zu verraten". Wie wunderbar doch solche T-Shirt ins Bild passen, das erzeugt werden soll, denkt sich nicht nur Reilly. Dann entfernten Militärs Chavez aus dem Amtssitz und teilten den Medien im Land und in der Welt mit, dass der Präsident zurückgetreten sei.
Die Medien argumentierten auch, dass Chavez' Beliebtheit auf 30% gefallen sei, was seltsamerweise dann völlig aus den Schlagzeilen verschwand, als er wieder die Macht übernahm. Das US State Department drückte seine Solidarität mit dem venezolanischen Volk aus und freute sich auf die Zusammenarbeit mit allen demokratischen Kräften des Landes zur Sicherstellung demokratischer Verhältnisse. Sehr lange wird diese Freude wohl nicht angehalten haben, war es doch ausnahmsweise ein sehr kurzlebiger Putsch. Weniger glücklich waren andere Staaten Südamerikas, die den Putsch scharf verurteilten.
Reilly bezieht sich auf Blums zu Beginn zitierten Text und meint ebenfalls, dass Chavez nahezu alle Regeln gebrochen hat, die aus Sicht der CIA für südamerikanische Staatschefs gelten. Ausserdem weiss man ja, wie CIA-unterstützte Putsche so ablaufen, gerade aus der Geschichte Südamerikas. Dazu kommt, dass Venezuela das einzige OPEC-Mitglied der westlichen Hemisphäre ist und täglich fast 1,3 Millionen Barrel Rohöl und 250.000 Barrel Ã-lprodukte in die USA exportiert, was 13% der Importe für den grössten Ã-lverbraucher der Welt ausmacht. Die Versuchung muss da für die Regierung Bush und die CIA schon recht gross gewesen sein, eine Marionette an der Spitze dieses Staates einzusetzen. Leider wird die entgültige Wahrheit erst dann ans Licht kommen, wenn entsprechende Geheimdokumente freigegeben werden, meint Reilly abschliessend....
http://www.ceiberweiber.at/wahl1/19april.htm
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