- @nereus: 'Kollektiv' und 'kollektivistische Zwangssysteme" = nicht dasselbe - silvereagle, 20.04.2002, 16:20
- Re: @nereus: 'Kollektiv' und 'kollektivistische Zwangssysteme - Uwe, 20.04.2002, 18:12
- Re: @Uwe - silvereagle, 21.04.2002, 10:16
- Re: @silvereagle - Uwe, 22.04.2002, 00:17
- Re: @Uwe - silvereagle, 21.04.2002, 10:16
- Re: @nereus: 'Kollektiv' - da hat der Uwe mir doch fast die Show gestohlen ;-) - nereus, 20.04.2002, 18:33
- Re: @nereus... - Uwe, 20.04.2002, 18:53
- Re: Uwe!!!!! - nereus, 20.04.2002, 19:15
- Re: und nun zu nereus - silvereagle, 21.04.2002, 11:44
- Re: Kollektiv, Zwang, Unfreiheit usw... an Silvereagle - nereus, 21.04.2002, 16:38
- Re: @nereus... - Uwe, 20.04.2002, 18:53
- Mann, Junge!! - Taktiker, 21.04.2002, 00:44
- Re: Mann, Junge!! - Euklid, 21.04.2002, 10:28
- Re: auf dem Weg - silvereagle, 21.04.2002, 22:57
- Re: auf dem Weg - Taktiker, 22.04.2002, 00:12
- Re: auf dem Weg - Zardoz, 22.04.2002, 01:07
- Re: auf dem Weg - nun ja, etwas differenzierter kann man es schon sehen - nereus, 22.04.2002, 11:15
- Re: auf dem Weg - nun ja, etwas differenzierter kann man es schon sehen - Zardoz, 23.04.2002, 13:25
- Re: auf dem Weg - nun ja, etwas differenzierter kann man es schon sehen - nereus, 22.04.2002, 11:15
- Re: auf dem Weg - Zardoz, 22.04.2002, 01:07
- Re: auf dem Weg - Taktiker, 22.04.2002, 00:12
- Re: @nereus: 'Kollektiv' und 'kollektivistische Zwangssysteme - Uwe, 20.04.2002, 18:12
Re: @Uwe
Na, da hab ich ja mit meinen provokanten Ansichten offensichtlich voll ins Schwarze getroffen, den Reaktionan nach zu urteile (and be aware - there is yet more to come!). Ich bin mir voll bewusst, dass da noch lĂ€ngst nicht alles perfekt durchĂŒberlegt und - argumentiert ist. Aber Ihr gebt mir eine vortreffliche Chance, und die will ich - so gut es mir gegenwĂ€rtig möglich ist - nĂŒtzen.
Also, einer nach dem anderen (in chronological order):
Hallo Uwe,
es war wohl (m)ein Fehler, unseren weiter unten angefangenen Thread nicht fortzufĂŒhren, wenngleich es keine Absicht, sondern schlicht aufgrund mangelnder Zeit war. Da hĂ€tten wir schon so manches MissverstĂ€ndnis von vornherein ausrĂ€umen können.
Ich lese Deine fundierten Postings hier immer wieder gerne, und schĂ€tze Dich als einen besonnenen Menschen; den (zeitweise) etwas herablassenden Unterton in Deiner Antwort will ich folglich nicht ĂŒberbewerten, zumal dieser Ton Deiner Argumentation auch keine zusĂ€tzliche StĂ€rke verleiht. Der Silberadler hat auch nicht immer die GröĂe und Toleranz drauf, die er so gerne predigt. ;-)
> Jedes gute Fremdwörterlexikon wird Dir die verschiedenen Nutzungsbedeutungen des Wortes Kollektiv aufzeigen (siehe unten).
Jetzt wirst Du mich wohl gleich fĂŒr tollkĂŒhn halten (andere Adjektive werde ich nicht akzeptieren ;-)): Aber nehmen wir doch ruhig die zitierten Lexikon-Definitionen einmal her. Ich behaupte nĂ€mlich, dass das zwar durchaus âgĂ€ngige Definitionenâ sind, also âGruppeâ, âGesamtheitâ etc., die uns aber gegenstĂ€ndlich in Wahrheit um nichts weiterbringen. Warum?
Nun, was eine Gruppe ist, weiss ich. FĂŒr so klug und âerfahrenâ magst Du mich ja doch halten. Auch unter einer âGesamtheitâ kann ich mir was vorstellen. Es sind beides Vereinfachungen, die sich das menschliche Gehirn erschafft, um die Vielfalt und KomplexitĂ€t der erlebten RealitĂ€t leichter erfassbar und verarbeitbar zu machen. Mit der RealitĂ€t selbst, wie sie auch DURCHAUS fĂŒr den erlebenden Menschen erfassbar WĂRE, haben sie - als ein âeigenes Etwasâ - nichts zu tun. Soll heissen: Es gibt keinen Wald. In Wahrheit gibt es nur BĂ€ume. Und das kann jeder sehen. Es steht nur leider nicht im Lexikon. ;-)
Ich gebe ohne Umschweife zu, dass sich die FĂ€higkeit des Menschen, komplexe Dinge zusammenzufassen und zu verkĂŒrzen, durchaus als hilfreich herausgestellt. Konkret wĂŒrde es keinen Sinn machen, etwa alle 10.547 Nadel- und 4.899 LaubbĂ€ume zuerst mĂŒhsam zu zĂ€hlen und dann von ebensolchen zu sprechen, wenn man etwa jemand dort hineinschicken wollte, um Tiere zu jagen und zu erlegen. Da genĂŒgt die unzweideutige Bezeichnung âWaldâ als âKollektiv von BĂ€umenâ vollauf, um zu wissen, was gemeint ist. Zudem spielt der Wald fĂŒr das Zusammenleben von Menschen, worum es uns hier geht, keine Rolle.
Halten wir hier mal kurz inne. Du wirst schon erkannt haben, worauf ich hinaus will, auch wenn Du das selbst nicht so siehst. Aber es hilft Dir vielleicht, meinen Standpunkt wenigstens zu akzeptieren, auch wenn Du ihn nicht teilen kannst.
Auch beim menschlichen Sozialverhalten ist es an sich keine unzulĂ€ssige Vereinfachung, den Begriff der Gruppe zu verwenden. Wenn jemand sagt, âdie Gruppe hat dieses und jenes beschlossenâ, so ist das absolut unproblematisch; es ist nicht weiter als die Vermeidung des umstĂ€ndlichen Satzes âDie Individuen ABC haben sich fĂŒr dieses und jenes ausgesprochen, und diese Individuen ABC sind mehr an der Zahl als die Individuen XYZ, die dagegen warenm und des hat dieses und jenes so zu geschehen.â Aber halten wir schon fest, dass die Gruppe KEIN eigenes Wesen ist. Und genau darum gehtâs mir mit dem Begriff des âKollektivsâ, wie er - abseits von Lexikadefinitionen - eben von vielen verwendet wird: Als HĂ-HERES GANZES (naja, in 1.a gehtâs im Klammerausdruck wohl in ebendiese Richtung), manchmal sogar eine Art Lebewesen sui generis (vergleiche zum Beispiel Le Bonâs âRassenseeleâ), die"natĂŒrlich" - und das ist das alles Entscheidende - ĂBER dem Individuum steht.
Es war also wohl ein MissverstĂ€ndnis: Ich wollte nicht den Begriff der âGruppeâ, âGemeinschaftâ, âGesamtheitâ als mir âunerklĂ€rlichâ darstellen, sondern dieses (angeblich) âhöhere Etwasâ (hab ich ursprĂŒnglich wohl auch zu wenig klar gemacht). Was aber - und darauf hab ich bereits im vorherigen Posting hingewiesen - nicht heisst, dass es so etwas nicht geben könnte. Dass es nichtsdestotrotz schwer vorstellbar ist, als Individuum wohlgemerkt, sollte doch auch Deiner Lebenserfahrung entsprechen. Kurzum: Auch wenn Du mir mit meinen AusfĂŒhrungen immer noch nicht zustimmen kannst, so haben wir dennoch vorhin aneinander vorbeigeredet (aber wir sind ja grad erst am Anfang - kommt in den besten Kollektiven vor ;-))
Ich vermute, dass es eben diese âVereinfachungâ, dieser Hang zur radikalen VerkĂŒrzung war, der die Idee der Existenz eines solchen âHöheren Ganzenâ zumindest stark begĂŒnstigte. Man glaubt, die âGruppenâ existierten wirklich, nur weil man die Ăberschreitung des schmalen Grates von Vermeidung unnötiger Kompliziertheit hin zu unzulĂ€ssiger Vereinfachung und VerkĂŒrzung nicht registrierte.
> Im ĂŒbrigen wirst Du die positive Bedeutung auch dann fĂŒr Dich erkennen, wenn Du die Situationen in Deinem Leben suchst, in der es in einer Gruppe FĂŒhrung ohne Beherrschung gab.
Ich habe bereits mehrmals - und hoffentlich unmissverstĂ€ndlich - zum Ausdruck gebracht, dass ich Zusammenarbeit mit anderen Individuen / Gruppen von Individuen als die wohl gröĂte Chance auf Fortkommen im menschlichen Leben erachte - das Board-Kollektiv sei mein Zeuge! ;-) Dass sich dabei immer verschiedene Rollen ergeben, ist ja nur ein anderes Wort fĂŒr Arbeitsteilung. Und dass diese eine Erfolgsstory ist, darĂŒber herrscht zwischen uns wohl Einigkeit. Und am besten funktioniert diese Arbeitsteilung, wenn die Zusammenarbeitenden als Menschen gleichwertig sind, dazu noch spĂ€ter.
> Ich wĂŒnsche Dir, dass Du dann erkennst, das Kollektivarbeit nichts mit Masochismus zu tun hat.
Das, was Du unter âKollektivarbeitâ zu verstehen scheinst, also Zusammenarbeit mit verschiedenen Rollen, hat in der Tat nichts mit Masochismus zu tun, und ich finde es ein wenig abenteuerlich, dies aus meinem Posting herauszulesen. Das stand nĂ€mlich ausschliesslich im Zusammenhang mit Ăber- und Unterordnung der Individuen untereinander, und es mag zwar gĂ€ngige Praxis, aber eben auch Beweis fĂŒr das erwĂ€hnte oftmalige Scheitern von Gruppen sein, dass es âObereâ und âUntereâ gibt (im Sinne von: Der Abteilungsleiter ist mehr WERT als der Sachbearbeiter, als Person; seine Arbeit ist dem Unternehmer aber durchaus mehr wert, weshalb er auch mehr bezahlt bekommt. Was ihn aber keinesfalls âbesserâ macht als jemand, der weniger erhĂ€lt, oder weniger Kompetenzen hat).
Vor der nÀchsten Passage bitte ich Dich, meine Antwort auf Dimi nochmals zu lesen, und die dargestellte Mimik (Anti-Smiley) zu beachten:
> Ein weiterer"Hemmschuh", neben Deiner, m.E. unsinnigen Zuordnung zum Masochismus), mag vielleicht in Deiner Sicht zu suchen sein, wenn Du einmal eine"notwendige Gleichwertigkeit von Individuen" in einem Kollektiv abverlangst (»Nun kommt der zentrale Punkt: Wenn ein Kollektiv aus Individuen besteht, dann logischerweise nur aus gleichwertigen Individuen. Denn sind sie nicht gleichwertig, dann werden sie das irgendwann erkennen und danach allesamt dem Kollektiv innerlich kĂŒndigen...« [Auszug aus diesem Beitrag]) und anderseits, 20 Minuten spĂ€ter in Deinem nĂ€chsten Beitrag feststellst: »Gleichwertigkeit ist eben eine Illusion, welche es auch gar nicht verdient, als solche aufgedeckt zu werden.« [Beitrag @ Dimi].
20 Minuten spÀter wurde also aus dem Ernst zur Abwechslung mal Ironie. Ich gebe zu, dies hier im Board noch nicht allzu hÀufig getan zu haben, aber der Silberadler kann auch das... ;-)
> Vielleicht ist es dann doch erforderlich, dass Du Deine Sicht zur"Gleichwertigkeit" mehr als nur in wenigen Worten erklĂ€ren mĂŒsstest, damit ich versuchen kann -wenn es Dir wichtig genug erscheint-, Deine Definition fĂŒr mich zu analysieren.
Gleichwertig heisst bei mir: Gleiche Rechte als MENSCH, was beispielsweise besondere berufliche Rechte nicht ausschliesst (z.B. das Weisungsrecht in einem Betrieb oder ein nach Einlagen gewichtetes Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung).
> FĂŒr mich jedenfalls ist das Funktionieren eines Kollektivs nicht von der"Gleichwertigkeit der Mitglieder", sondern von der Achtung der Leistung und der Notwendigkeit dieser Leistung, die jeder zum Gesamtgelingen nach seinem Vermögen erbringt, abhĂ€ngig. Da ich diese Sicht jedem Kollektivmitglied"abverlange", könntest Du natĂŒrlich von einer âGleichwertigkeit der Einsichtenâ ausgehen. Nur unter diesen Gesichtspunkten ist eine Arbeitsteilung möglich.
Stimmt. Aber die Gleichwertigkeit als Menschen, als Individuen, geht dem vor, weil es ansonsten wohl auch kaum zu einer âGleichwertigkeit der Einsichtenâ kommen kann, wenn sich die âWassertrĂ€gerâ als Menschen zweiter Klasse vorkommen. Aber auch diese Einsicht muss sich decken, sonst wirdâs auf die Dauer nicht klappen, da hast Du wohl Recht.
So, jetzt fehlt eigentlich nur noch ein geschmalzenes Pamphlet, dass man den Glauben an die Kooperation nicht mit bedingungsloser Unterordnung unter die reale Fuchtel des Staates verwechseln sollte (im Gegensatz zum Staat selbst ist die Fuchtel nÀmlich durchaus real), aber dazu komm ich heute nicht mehr. Wie ich bereits schrieb: More to come! ;-)
Der Silberadler wĂŒnscht allen Tapfer-bis-hierher-Durchgehalten-Habenden einen schönen Sonntag!
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