- Die kommunalen Finanzen sind im letzten Jahr massiv eingebrochen. - marsch, 02.05.2002, 12:57
Die kommunalen Finanzen sind im letzten Jahr massiv eingebrochen.
<table>
<table border="0" width="600">
<tr><td><font face="Arial"><font size=5>Neue Stadträte - alte Probleme </font></font><div align="Justify">
von Oberbürgermeister Josef Deimer, Vorsitzender des Bayer. Städtetags
Alles neu macht der Mai - ein altes Sprichwort, das zumindest auf die bayerischen Rathäuser zutrifft. Am 1. Mai beginnt die Amtsperiode der neu- und wiedergewählten Stadt- und Gemeinderäte, der Bürgermeister/innen und Oberbürgermeister/innen. Alt dagegen geblieben sind die Probleme und Sorgen, mit denen sich die neuen Kommunalparlamente auseinandersetzen müssen.
Dreh- und Angelpunkt der Arbeit in den kommunalen Gremien sind die Finanzen. Auf den Punkt gebracht heißt das „Ohne Moos nix los". Nur dieses Bonmot stimmt so nicht. Wenn den Städten das Geld fehlt und sie deshalb Leistungen für die Bürger einstellen oder zumindest einschränken müssen, dann ist durchaus „was los". Die Proteste aus der Bürgerschaft werden kommen, wenn Schlaglöcher in den Straßen nicht geflickt, Schulen nicht rechtzeitig saniert und Kindergärten geschlossen werden, weil Personal fehlt oder Bäder und Museen nur noch am Wochenende geöffnet sind. Das ist keine Schwarzmalerei, sondern es könnte in einigen Städten die nächste Zukunft sein.
Die kommunalen Finanzen sind im letzten Jahr massiv eingebrochen. Allein die Gewerbesteuer ist bundesweit im Jahr 2001 gegenüber dem Vorjahr um 2,6 Mrd. Euro zurückgegangen. Die Gründe für diesen dramatischen Rückgang der wichtigsten kommunalen Steuerquelle liegen auf der Hand. Zum einen müssen die Städte seit dem 1. Januar 2001 von der Gewerbesteuer 30 statt 20 Prozent an Bund und Land abgeben. Zum anderen haben die Steuergesetzgebung und die Globalisierung dazu geführt, dass viele der großen Kapitalgesellschaften keine Steuern mehr zahlen.
Diese Steuergesetzgebung des Bundes hat mehr als grobe handwerkliche Schwächen. Nur so ist es zu erklären, dass der Fiskus beispielsweise am Ende des letzten Jahres 0,41 Mrd. Euro Körperschaftssteuer an die Steuerpflichtigen zurückzahlen musste, statt Steuern einzunehmen. Noch im Jahr 2000 brachte die gleiche Steuer 23,57 Mrd. Euro in die Staatskasse. Mit anderen Worten: Statt Kapitalgesellschaften Steuern abzuverlangen, wird ihnen Geld hinterhergetragen. Natürlich trägt auch die schleppende Konjunktur ihren Teil an der Gewerbesteuermisere bei. Aber selbst wenn die Konjunktur in der zweiten Hälfte des Jahres anspringen sollte, wird die Gewerbesteuer nicht sofort fließen. Erfahrungsgemäß kann frühestens in zwei Jahren damit gerechnet werden.
Die Einnahmelöcher in den Stadtkassen sind aber nur die eine Seite der Medaille. Die Ausgabenseite wiegt mindestens ebenso schwer. Und das sind die Belastungen, die Bund und Land auf die Kommunen abwälzen. Allein die Verlagerung des Kindergeldes von der Bundesebene auf die Länder und Kommunen kostet die Städte und Gemeinden jährlich ca. 3 Mrd. Euro. Die bereits beschlossene Grundsicherung werden die Kommunen mit weiteren Millionen mitfinanzieren müssen. Zugleich steigen die Sozialausgaben unaufhörlich an. Sie haben sich im letzten Jahr im Bundesgebiet um drei Prozent auf 27,4 Mrd. Euro erhöht. In diesem Jahr wird mit einer Steigerung um 4,1 Prozent gerechnet. Dazu kommt die Absicht, die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe zusammen zu legen. Dabei befürchten wir nicht ohne Grund, dass wir einen Teil der Kosten für die Langzeitarbeitslosen übernehmen müssen.
Aber nicht nur die Bundesregierung lädt auf die Kommunen ab, auch der Freistaat spart Kosten zu Lasten der Städte und Gemeinden. Statt die Ganztagsschule zu favorisieren, setzt er auf Betreuungsangebote und erwartet, dass die Städte und Gemeinden 40 Prozent dieser Kosten tragen. Die dringend notwendigen Sozialpädagogen an den Schulen müssen die Städte und Gemeinden einstellen. Gleichzeitig weist der Freistaat mit großem Nachdruck darauf hin, dass die PC-Ausstattung an den Schulen nach der herrschenden Kostenteilung vom Sachaufwandsträger, d.h. von den Kommunen finanziert werden muss. Hier geht es aber mittlerweile nicht mehr um die Anschaffung von Schiefertafeln und Griffeln, sondern um Milliardenbeträge für den Kauf von PC’s und ihre Vernetzung. Ich meine, wer in Sachen Computerbetreuung an Schulen die Kosten klar den Kommunen als Sachaufwandsträger zuordnet, müsste so fair sein, die Schulsozialarbeit genauso klar der Bildungspolitik zuzuordnen.
Das sind nur einige Beispiele dafür, wie die Kommunen derzeit in die Mangel genommen werden. Mittlerweile scheint sich die prekäre Situation in den kommunalen Haushalten sogar bis nach Berlin herumgesprochen zu haben. Bundesfinanzminister Hans Eichel hat jetzt eine Expertenkommission einberufen, die sich mit einer Reform der Gemeindefinanzen befasst. So löblich diese Absicht ist, so weiß doch jeder, dass eine solche Reform nicht von heute auf morgen Ergebnisse bringen wird. Aber die Städte brauchen jetzt Hilfe und nicht erst im nächsten, oder übernächsten oder überübernächsten Jahr. Wir, d.h. die Kommunalpolitiker, müssen zäh und nachdrücklich den Bundes- und Landespolitikern in das Stammbuch schreiben, dass mit Schulen, in die es hineinregnet, und Straßen, die mit Löchern übersät sind, und Bibliotheken und Bädern, die geschlossen werden müssen, kein Staat zu machen ist.
Wer die Zukunft der Städte aufs Spiel setzt, setzt die Zukunft des gesamten Landes aufs Spiel. Deshalb ist es höchste Zeit für Sofortmaßnahmen, um die Substanz unserer Kommunen nicht zu gefährden. Dazu müssen vor allem die Gewerbesteuerumlage wieder gesenkt und die Steuerlücken geschlossen werden, damit zumindest die Betriebe, die Gewinne machen, sich nicht ihrer Steuerverpflichtung entziehen können.
Das sind alles keine rosigen Aussichten für neu gewählte Stadträte/innen, Bürgermeister/innen, Oberbürgermeister/innen. Aber trotzdem lohnt es sich für die Städte zu kämpfen, schließlich sind sie Heimat unserer Bürger/innen.
http://www.bay-staedtetag.de/ib2002/ib2002_3a.htm
</div>
</td>
</tr>
</table>
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: