- Kredit & Krisen (Marx über Kredit - 2/2) - Wal Buchenberg, 06.05.2002, 08:05
Kredit & Krisen (Marx über Kredit - 2/2)
Marx über Kredit (Teil 2/2)
4. Kredit und Krisen
4.1. Krisenhaft ist das Auseinanderfallen von Warenübergabe und Geldübergabe durch den Kredit.
„Analysieren wir... zunächst den kommerziellen Kredit, d.h. den Kredit, den die in der Reproduktion beschäftigen Kapitalisten untereinander geben. Er bildet die Basis des Kreditsystems. Sein Repräsentant ist der Wechsel, Schuldschein mit bestimmtem Zahlungstermin... Jeder gibt Kredit mit der einen Hand und empfängt Kredit mit der anderen. Sehen wir zunächst ganz ab vom Bankierkredit, der ein ganz anderes, wesentlich verschiedenes Moment bildet.
Soweit diese Wechsel unter den Kaufleuten selbst wieder als Zahlungsmittel zirkulieren... ist es nichts als eine Übertragung der Schuldforderung von A auf B und ändert absolut nichts am Zusammenhang. Er setzt nur eine Person an die Stelle einer anderen....
Es ist nun bei dem Kreislauf dieses rein kommerziellen Kredits zweierlei zu bemerken:
Erstens: Die Saldierung dieser wechselseitigen Schuldforderungen hängt ab vom Rückfluss des Kapitals; d.h. von der Verwandlung von Ware in Geld, dem Verkauf, das nur vertagt ist. Wenn der Spinner einen Wechsel vom Tuchfabrikanten erhalten hat, so kann der Tuchfabrikant zahlen, wenn das Tuch, das er auf dem Markt hat, in der Zwischenzeit verkauft ist....
Es hängen also diese Zahlungen ab von der Flüssigkeit der Reproduktion, d.h. des Produktions- und Konsumtionsprozesses. Da die Kredite aber wechselseitig sind, hängt die Zahlungsfähigkeit eines jeden zugleich ab von der Zahlungsfähigkeit eines anderen;...
Zweitens: Dies Kreditsystem beseitigt nicht die Notwendigkeit barer Geldzahlungen. Einmal ist ein großer Teil der Auslagen stets bar zu zahlen, Arbeitslohn, Steuern etc. Dann aber z.B. hat B, der von C einen Wechsel an Zahlungsstatt erhalten, ehe dieser Wechsel fällig ist, selbst einen fälligen Wechsel an D zu zahlen, und dafür muss er bares Geld haben....
Die Grenzen für diesen kommerziellen Kredit, für sich betrachtet, sind 1. der Reichtum der Industriellen und Kaufleute, d.h. ihre Verfügung über Reservekapital im Fall verzögerter Rückflüsse; 2. diese Rückflüsse selbst. Diese können der Zeit nach verzögert werden, oder die Warenpreise können in der Zwischenzeit fallen, oder die Ware kann momentan unverkäuflich werden bei Stockung der Märkte.
Je langsichtiger die Wechsel, desto größer muss erstens das Reservekapital sein und desto größer ist die Möglichkeit einer Schmälerung oder Verspätung des Rückflusses durch Preisfall oder Überfüllung der Märkte. Und ferner sind die Rückflüsse um so unsicherer, je mehr die ursprüngliche Transaktion durch Spekulation auf Steigen oder Fallen der Warenpreise bedingt war.
Es ist aber klar, dass mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktion beherrschen muss.
Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, dass sich das Kapital der Nation verdoppele, so dass der Handel für sich fähig wäre, mit eigenem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier unerlässlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsendem Wertumfang der Produktion und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und kaufmännischen Operationen.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 496-498.
„Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht beim Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt.
In der Krise selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muss, um zu zahlen, ist die Masse... des in seinem Reproduktionsprozess gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn der Kreditmangel am größten ist...“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 500.
„Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher....
Andererseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei (für einen fälligen Wechsel wird ein neuer Wechsel ausgestellt, der fällige Zahlungstermin wird verschoben), teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozess so sehr, dass der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 501.
„Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozess, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze getrieben wird, und zwar deshalb so weit getrieben wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehen als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst als Geschäftsmann fungiert.
Es tritt damit nur hervor, dass die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine innere Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird.
Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 457.
4.2. Geld- und Kreditknappheit in der Krise
„Die Bedeutung, die in Krisen das bare Geld bekommt, rührt nur daher, dass... Verpflichtungen zu zahlen sind; dass neben der unterbrochenen Zirkulation (Verkauf und Kauf der Waren) eine Zwangszirkulation von Zwangsverkäufen stattfindet.“ K. Marx, Grundrisse, 494.
„Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel (=zur Begleichung einer Schuld) schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten ist, tritt es nicht als Zirkulationsmittel (=Tauschmittel für alle Waren) auf, als nur verschwindende und vermittelte Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit (=Verkörperung von Wert), selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware.
Dieser Widerspruch eskaliert in dem Moment der Produktions- und Handelskrise, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die aufeinanderfolgende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch normale Waren....
Eben noch erklärte der Bürger in prosperitätstrunkenem Aufklärungsdünkel das Geld für leeren Wahn. Nur die Ware ist Geld.
Nur das Geld ist Ware! gellt es jetzt über den Weltmarkt. Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit seine Seele nach Geld, dem einzigen Reichtum.
In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 151f.
„Den Höhepunkt erreicht die Menge des umlaufenden Geldes in der Periode der Überspannung und Überspekulation - da bricht die Krise herein und über Nacht sind die gestern noch so reichlichen Banknoten vom Markt verschwunden und mit ihnen die Diskontierer von Wechseln, die Vorschussleister auf Wertpapiere, die Käufer von Waren....
Sowie die Krise hereinbricht, handelt es sich nur noch um Zahlungsmittel (=Bargeld zur Schuldtilgung). Da aber jeder vom anderen abhängig ist für den Eingang dieser Zahlungsmittel und keiner weiß, ob der andere imstand sein wird, am Verfalltag zu zahlen, tritt ein vollständiges Kirchturmrennen ein um die im Markt befindlichen Zahlungsmittel, d.h. für Banknoten. Jeder schatzt davon auf, so viele er erhalten kann, und so verschwinden die Noten aus der Zirkulation am selben Tag, wo man sie am nötigsten braucht.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 543.
„Dass es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln (Bargeld zur Schuldtilgung) fehlt, ist selbsteinleuchtend.... Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45 kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.
In einem Produktionssystem, wo der ganze Zusammenhang des Reproduktionsprozesses auf dem Kredit beruht, wenn da der Kredit plötzlich aufhört und nur noch bare Zahlung gilt, muss augenscheinlich eine Krise eintreten, ein gewaltsamer Andrang nach Zahlungsmitteln.
Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar. Und in der Tat handelt es sich nur um die Konvertibilität der Wechsel in Geld. Aber diese Wechsel repräsentieren der Mehrzahl nach wirkliche Käufe und Verkäufe, deren das gesellschaftliche Bedürfnis weit überschreitende Ausdehnung schließlich der ganzen Krise zugrunde liegt.
Daneben aber stellt auch die ungeheure Masse dieser Wechsel bloße Schwindelgeschäfte vor, die jetzt ans Tageslicht kommen und platzen;
ferner mit fremdem Kapital getriebene, aber verunglückte Spekulationen;
endlich Warenkapitale, die entwertet oder gar unverkäuflich sind, oder Rückflüsse, die nie mehr einkommen können.
Das ganze künstliche System gewaltsamer Ausdehnung des Reproduktionsprozesses kann natürlich nicht dadurch kuriert werden, dass nun etwa eine Bank, z.B. die Bank von England, in ihrem Papier allen Schwindlern das fehlende Kapital gibt und die sämtlichen entwerteten Waren zu ihren alten Nominalwerten kauft.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 507.
„Es ist Grundlage der kapitalistischen Produktion, dass das Geld als selbständige Form des Werts der Ware gegenübertritt oder dass der Tauschwert selbständige Form im Geld erhalten muss, und dies ist nur möglich, indem eine bestimmte Ware das Material wird, in deren Wert sich alle anderen Waren messen, dass sie eben dadurch die allgemeine Ware, die Ware im eigentlichen Sinn im Gegensatz zu allen anderen Waren wird.
Dies muss sich in doppelter Hinsicht zeigen, und namentlich bei kapitalistisch entwickelten Nationen, die das Geld in großem Maß ersetzen, einerseits durch Kreditoperationen, andererseits durch Kreditgeld.
In Zeiten der Klemme, wo der Kredit einschrumpft oder ganz aufhört, tritt plötzlich Geld als einziges Zahlungsmittel und wahres Dasein des Werts absolut den Waren gegenüber. Daher die allgemeine Entwertung der Waren, die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit, sie in Geld zu verwandeln...
Zweitens aber: das Kreditgeld selbst ist nur Geld, soweit es im Betrage seines Nominalwerts absolut das wirkliche Geld vertritt...
Eine Entwertung des Kreditgeldes... würde alle bestehenden Verhältnisse erschüttern.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 532.
4.3. Kredit und Außenhandel in der Krise
„Mit Bezug auf Einfuhr und Ausfuhr ist zu bemerken, dass der Reihe nach alle Länder in die Krisis verwickelt werden und dass es sich dann zeigt, dass sie alle, mit wenigen Ausnahmen, zuviel (Geld oder Waren) exportiert und zuviel (Geld oder Waren) importiert haben, also die Zahlungsbilanz gegen alle ist, die Sache also in der Tat nicht an der Zahlungsbilanz liegt....
(Allerdings tritt ein Unterschied ein zwischen dem Land, das auf Kredit exportiert, und denen, die nicht oder nur wenig gegen Kredit exportieren. Die letzteren importieren dann aber auf Kredit...).
Die Krise mag zuerst in... dem Land ausbrechen, das den meisten Kredit gibt und am wenigsten nimmt (das waren 1929 die USA, wb), weil die Zahlungsbilanz, die Bilanz der fälligen Zahlungen, die sofort liquidiert werden muss, gegen es, obgleich die allgemeine Handelsbilanz für es ist.
Dies letztere erklärt sich teils aus dem von ihm gegebenen Kredit, teils aus der Masse ans Ausland verliehener Kapitale, so dass eine Masse Rückflüsse in Waren, außer den eigentlichen Handelsrückflüssen, ihm zuströmen.
(Die Krise brach aber zuweilen auch zuerst in... dem Land (aus), das den meisten Handels- und Kapitalkredit... nimmt. =„Emerging-Market-Crisis“, wb)...
Nun kommt die Reihe an ein anderes Land. Die Zahlungsbilanz war momentan für es; aber jetzt ist der in normalen Zeiten geltende Termin zwischen Zahlungsbilanz und Handelsbilanz weggefallen oder doch verkürzt durch die Krise; alle Zahlungen sollen auf einmal erledigt werden. Dieselbe Sache wiederholt sich nun hier....
Was in dem einen Land als Übereinfuhr, erscheint in dem anderen als Überausfuhr und umgekehrt. Es hat aber Übereinfuhr und Überausfuhr in allen Ländern stattgefunden (- im einen Land Übereinfuhr von Geld und Überausfuhr von Waren, im anderen Land Übereinfuhr von Waren und Überausfuhr von Geld, wb) (wir sprechen hier nicht von Missernten etc. sondern von allgemeiner Krise); d.h. Überproduktion befördert durch den Kredit und die ihn begleitende allgemeine Aufblähung der Preise....
Die Zahlungsbilanz ist in Zeiten der allgemeinen Krise gegen jede Nation, wenigstens gegen jede wirtschaftlich entwickelte Nation, aber stets bei einer nach der anderen, wie in einem Rottenfeuer, sobald die Reihe der Zahlungen an sie kommt; und die einmal... ausgebrochene Krise drängt die Reihe dieser Termine in eine ganz kurze Periode zusammen.
Es zeigt sich dann, dass alle diese Nationen gleichzeitig überexportiert (also überproduziert) und überimportiert (also überhandelt) haben, dass in allen die Preise aufgetrieben waren und der Kredit überspannt ist. Und bei allen folgt derselbe Zusammenbruch.
Die Erscheinung des Goldabflusses (soweit der Goldstandard gilt, - bei Kreditgeld tritt eine Kreditverknappung und ein Fall des Wechselkurses ein - bis hin zur Zahlungsunfähigkeit, wb) kommt dann an alle der Reihe nach und zeigt eben durch ihre Allgemeinheit 1., dass der Goldabfluss bloßes Phänomen der Krise, nicht ihr Grund ist; 2., dass die Reihenfolge, worin er bei den verschiedenen Nationen eintritt, nur anzeigt,... wann der Termin der Krise bei ihnen eingetreten und die latenten Elemente derselben bei ihnen zum Ausbruch kommen.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 508f.
5. Bankkapital und industrielles Kapital
„Das Kreditsystem, das seinen Mittelpunkt hat in den angeblichen Nationalbanken und den großen Geldverleihern und Wucherern um sie herum, ist eine enorme Zentralisation und gibt dieser Parasitenklasse eine fabelhafte Macht, nicht nur die industriellen Kapitalisten periodisch zu dezimieren, sondern auf die gefährlichste Weise in die wirkliche Produktion einzugreifen - und diese Bande weiß nichts von der Produktion und hat nichts mit ihr zu tun.“ MEW 25, 560.
„Das Banksystem ist, der formellen Organisation und Zentralisation nach... das künstlichste und ausgebildetste Produkt, wozu es die kapitalistische Produktionsweise überhaupt bringt. Daher die ungeheure Macht eines Instituts wie die Bank von England auf Handel und Industrie, obgleich deren wirkliche Bewegung ganz außerhalb ihres Bereichs bleibt und sie sich passiv dazu verhält.
Es ist damit allerdings die Form einer allgemeinen Buchführung und Verteilung der Produktionsmittel auf gesellschaftlicher Stufenleiter gegeben, aber auch nur die Form.
Wir haben gesehen, dass der Durchschnittsprofit des einzelnen Kapitalisten, oder jedes besonderen Kapitals, bestimmt ist nicht durch die Mehrarbeit, die dies Kapital in erster Hand aneignet, sondern durch das Quantum von Gesamtmehrarbeit, die das Gesamtkapital aneignet und wovon jedes besondere Kapital nur als proportionaler Teil des Gesamtkapitals seine Dividende zieht. Dieser gesellschaftliche Charakter des Kapitals wird erst vermittelt und vollauf verwirklicht durch volle Entwicklung des Kredit- und Banksystems.
Andererseits geht dies weiter. Es stellt den industriellen und kommerziellen Kapitalisten alles disponible und selbst potentielle, nicht bereits aktiv engagierte Kapital der Gesellschaft zur Verfügung, so dass weder der Verleiher noch der Anwender dieses Kapitals dessen Eigentümer oder Produzenten sind.
Es hebt damit den Privatcharakter des Kapitals auf und enthält so an sich (im Keim)... die Aufhebung des Kapitals selbst.
Durch das Bankwesen ist die Verteilung des Kapitals den Händen der Privatkapitalisten und Wucherern als ein besonderes Geschäft, als gesellschaftliche Funktion entzogen. Bank und Kredit werden aber dadurch zugleich das kräftigste Mittel, die kapitalistische Produktion über ihre eigenen Schranken hinauszutreiben, und eins der wirksamsten Vehikel der Krisen und des Schwindels.
Das Banksystem zeigt ferner durch die Ersetzung verschiedener Formen von zirkulierendem Kredit (Banknoten, Papiergeld) an Stelle des Geldes, dass das Geld in der Tat nichts anderes ist als ein besonderer Ausdruck des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit und ihrer Produkte, der aber als im Gegensatz zu der Basis der Privatproduktion stets in letzter Instanz als ein Ding, als besondere Ware neben anderen Waren sich darstellen muss.“ MEW 25, 620f.
„Endlich unterliegt es keinem Zweifel, dass das Kreditsystem als ein mächtiger Hebel dienen wird während des Übergangs aus der kapitalistischen Produktionsweise in die Produktionsweise der assoziierten Arbeit; jedoch nur als ein Element im Zusammenhang mit anderen großen organischen Umwälzungen der Produktionsweise selbst.
Dagegen entspringen die Illusionen über die wunderwirkende Macht des Kredit- und Bankwesens, im sozialistischen Sinn, aus völliger Unkenntnis der kapitalistischen Produktionsweise und des Kreditwesens als einer ihrer Formen.
Sobald die Produktionsmittel aufgehört haben, sich in Kapital zu verwandeln (worin auch die Aufhebung des Privateigentums eingeschlossen ist), hat der Kredit also solcher keinen Sinn mehr...
Solange andererseits die kapitalistische Produktionsweise fortdauert, dauert das zinstragende Kapital als eine ihrer Formen fort und bildet in der Tat die Basis ihres Kreditsystems.“ MEW 25, 621.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 2.5.2002
Der komplette Text steht hier: Marx über Kredit
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