- US-Leading Indicators bei 111.70 - unmanipuliert moderates Wachstum:-) (owT) - tas, 20.05.2002, 20:21
- Re: Interessanter Artikel dazu: The Misleading Indicators - JÜKÜ, 20.05.2002, 20:28
- Re: Interessanter Artikel dazu: The Misleading Indicators - tas, 21.05.2002, 00:26
- Re: Interessanter Artikel dazu: The Misleading Indicators - JÜKÜ, 20.05.2002, 20:28
Re: Interessanter Artikel dazu: The Misleading Indicators
hallo,
in der tat interessant - jedoch als"misleading" würde ich den indikator dennoch nicht bezeichnen. das"misleading" liegt in der regel in der interpretation, besonders bei aus zahlreichen einzelgrößen"komponierten" indikatoren. und in der momentanen"sondersituation".
hinzu kommt noch die"medien-interpretation", die immer auf"sensation", schlagzeile oder quote ausgerichtet ist - oder reine unkenntnis darstellt.
ein beispiel waren die us-wachstumszahlen im 1. quartal - ungeheuerliche 5.80 %. jedoch NUR in der annualisierten jahresrate. nach üblicher berechnungsweise gegen vorjahresquartal dagegen ganz normale 1.6 %. diese zahl, vom census ebenso veröffentlicht, jedoch von den medien überhaupt nicht beachtet. ebensowenig die berechnungsweise der annualisierten jahresrate, die nach einem starken einbruch automatisch (!), rechnerisch (!) und logisch (!) zu einem so starken anstieg führen muß (prinzipiell: in % zum vorquartal mal 4 (!), was unter den gegebenen umständen automatisch einen überhöhten wert liefert). misleading also nur, wenn man die aktuellen voraussetzungen nicht beachtet.
ähnlich ist es mit der derzeitigen"inflationsrate". der deutsche"warenkorb" besteht aus 750 waren und dienstleistungen. betroffen von den unstrittigen preissteigerungen zum jahreswechsel waren jedoch hauptsächlich direkt im portemonnaie spürbare preise, benzin, tabak, lebensmittel. also gibt es einen"spread" zwischen"gefühlter" und realer inflation. der kostenanteil für"ernährung" am gesamten haushaltsbudget ist jedoch die letzen jahre durch sinkende preise anteilig stark zurückgegangen (arbeitsstunde pro steak). andere komponenten, z.b. mieten oder telekommunikation werden jedoch abgebucht, und preissenkungen weniger wahrgenommen. zumal man nicht dauernd umzieht, aber deutlich mehr telefoniert.
das mißtrauen in einzelne zahlen schwindet, sobald man sich näher damit beschäftigt und weniger auf die medienhysterie hört.
bei den verschiedenen"composite"-indikatoren sieht es momentan so aus, daß die sichtbaren anstiege seit dem herbst 2001 in sehr hohem maße nur den"weichen" (und volatileren) komponenten zu verdanken sind. dies ist ebenfalls logisch, klima, stimmung, vertrauen, aktienkurse haben eine kräftige gegenreaktion auf den einbruch/schock gezeigt. das muß auch so sein. und IST damit aber ein teil realität, den man schlicht nicht ignorieren darf. der jedoch auf dem hintergrund der ereignisse unbedingt entsprechend gewertet werden muß.
die frage ist daher, inwieweit diese"weichen" komponenten nicht nur einen"unvermeidlichen pendelschlag" in die gegenrichtung darstellen - der sich aber alsbald wieder relativieren wird. sogar eine gewisse erneute enttäuschung könnte (wiederum logisch vorprogrammiert) darauf folgen.
die"harten basisdaten" sind den weichen komponenten in usa bisher nur mäßig, in deutschland leider fast garnicht aufwärts gefolgt. insofern ist ein"mißtrauen" (besser: hinterfragen!) bei den konjunktur-indikatoren derzeit durchaus berechtigt. dies resultiert jedoch nicht aus schönfärberei oder manipulationen, sondern liegt eher im momentanen"spread" der schnellen und langsamen sowie weichen und harten indikator-komponenten. die die"realität" insgesamt aber durchaus korrekt wiedergeben, da"konjunktur" bildlich immer sowohl aus"stimmungen" als auch"gütern und leistungen" besteht.
ein gutes beispiel liefert der ifo-index: aktuelle LAGE eher besch..., KLIMA mittelprächtig erholt (logisch nach dem schock), ERWARTUNGEN gewaltig(!). was wird da wohl demnächst rauskommen?:-)
jedenfalls muß man diese (relativ seltenen) aktuellen umstände bei der bewertung mit berücksichtigen. das bild, was sich damit ergibt, zeigt allenfalls mal eine"erleichterung" in der psychologie, und lediglich einen gewissen return der harten zahlen auf die schwachen werte vom september. mehr nicht, aber auch nicht weniger! ausgerechnet die aktienbörsen zeigen in dieser situation eine"relative vernunft", als vorlaufender konjunktur-indikator (?).
einen"gewaltigen aufschwung" der wirtschaft wird es nicht geben, bestenfalls eine moderate konsolidierung - und die gefahr eines zweiten absackers (double-dip) oder einer längeren"depressiven phase" seitwärts abwärts ist absolut real. daß hier von der politik versucht wird, wenigstens die stimmung stabil positiv zu halten, ist nichts anderes als"staatstragend" und zu erwarten. die medien übertreiben wie üblich, dinge"schlechtreden" jedoch kann eine krise verschärfen, was in niemandes wirklichem interesse liegen dürfte (?).
besonders in deutschland, daß nach über 50 jahren"nachkriegs(schon)zeit" nur sehr langsam und mit gewaltigen ängsten und unsicherheiten wieder in die"weltrealitäten" zurückfindet, werden veränderungen und schocks wie der 11.september mit sehr viel hysterie und allgemeinem mißtrauen beantwortet. die"triple-w-time" (währungsreform-wiederaufbau-wohlstand) ist unwiderruflich zuende. symbol ist der (verdrängte aber tiefsitzende) verlust der dmark. die in der nachkriegs-geldgesellschaft hauptsächliches (einzig"erlaubtes"?) nationales indentifikationssymbol war. amerika geht es nicht viel anders, da der"technologie-bonus" aus den erbeuteten (europäischen) hochtechnologie-patenten nach 1945 und der"wirtschaftsvorteil" eines geteilten und gelähmten"alten europa" ebenso beendet sind. comeback der normalität, die aber als äußerst bedrohlich empfunden wird.
die wohlstandsverwöhnten bürger speziell in usa und deutschland sehen sich plötzlich nach einer sehr langen schönwetterphase wieder mit der rauhen wirklichkeit konfrontiert. und projezieren angst und mißtrauen zuallererst auf den staat, der bislang garant aller sicherheiten und des sorglosen wohlstands war. mit munterem trotz wird ignoriert, daß ein teil des wohlstands und der staatlichen fürsorge auf pump finanziert war und nun abgearbeitet werden soll.
daraus jedoch (insbesondere bei den biederen staatsbeamten!) eine bösartige verschwörung zu konstruieren, entspricht vielleicht speziell deutscher erfahrung und mentalität. in wirklichkeit kann man sich auf die"amtliche statistik" wahrscheinlich sogar dann noch verlassen, wenn sonst nix mehr funktioniert.
misleading sind allenfalls die aus den zahlen oft willkürlich oder emotional gezogenen schlußfolgerungen, besonders in"statistisch komplizierten" situationen wie jetzt.
die ad-linie in usa (nyse) ist übrigens stabil ansteigend, was einen starken wiederspruch zu den aktuellen indices beeinhaltet:-)
in diesem sinne, grüße, t.a.s.
(der aber NICHT beim statistischen bundesamt auf der gehaltliste steht):-)
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