- Telekom: Was kostet die Welt? - JüKü, 27.05.2002, 11:16
- Wenn schon pleite, dann mit Pauken und Trompeten - Diogenes, 27.05.2002, 12:22
Telekom: Was kostet die Welt?
Telekom pokert hoch um Fußball-Rechte
Von René Gribnitz, Thomas Clark und Andreas Krosta, Hamburg
Die hoch verschuldete Deutsche Telekom ist bereit, für die Rechte an den Spielen der Fußball-Bundesliga tief in die Tasche zu greifen. Bei den Kleinaktionären könnte das für Ärger sorgen.
Dies ergibt sich aus den Details eines Angebotes, das der Bonner Konzern gemeinsam mit der Tele München Gruppe dem Deutschen Ligaverband (DFL) vorgelegt hat. Nach FTD-Informationen haben die beiden Unternehmen mehr als 1 Mrd. Euro für die begehrten Spiele geboten, wobei der Anteil der Telekom zwischen 400 und 500 Mio. Euro liegt.
"Es hat auf Arbeitsebene erste Gespräche gegeben, und es wurden Preisvorstellungen genannt", bestätigten Verhandlungsteilnehmer aus dem Umfeld der Telekom. Federführend in den Gesprächen sind die Konzerntöchter T-Mobil (Mobilfunk) und T-Online (Internet/Medien).
Offiziell will sich der Konzern zu den Verhandlungen nicht äußern."Kein Kommentar", sagte ein Sprecher. Die Zurückhaltung erklärt ein Insider damit,"dass der Bär noch nicht erlegt ist, dessen Fell hier zerteilt wird". Der Konzern wolle sein ernsthaftes Engagement nicht von Preistreibern missbraucht sehen.
Unmut der Kleinaktionäre
Zudem fürchtet Telekom-Chef Ron Sommer den Unmut vor allem der Kleinaktionäre, vor denen er sich am Dienstag auf der Hauptversammlung rechtfertigen muss. Vielen Aktionären war bereits bitter aufgestoßen, als die Telekom am Anfang des Jahres bekannt gab, neuer Hauptsponsor des millionenschweren Fußballclubs Bayern München zu werden. Fast zeitgleich hatte Sommer den Aktionären die Dividende gekürzt.
Das Angebot der Telekom und ihrer Partnerfirma umfasst einerseits die Fernsehrechte für die nächsten drei Jahre. Kosten und Verwertung dieser TV-Rechte soll mehrheitlich die Tele München Gruppe übernehmen. Gleichzeitig umfasst die Offerte aber auch die Internet- und Online-Rechte und zwar für die nächsten fünf Jahre - also bis zur Saison 2006/2007. Hier soll die Telekom die Kosten tragen.
Ratenzahlung
Was die Geldflüsse betrifft, müsste der Bonner Konzern den Großteil seines angebotenen Gesamtbeitrages erst in den Jahren vier und fünf an die Liga bezahlen. In ein paar Jahren, so die Ansicht der Strategen aus Bonn, könnten die digitalen Rechte an den Fußballspielen als wertvoller Köder für die neuen UMTS-Handys eingesetzt werden.
Noch liegen die Rechte für die Übertragung der nächsten beiden Spielzeiten bei der insolventen Kirch Media, die der Liga jedoch noch Geld für die abgelaufene Saison schuldet (rund 80 Mio. Euro) und zudem den Preis für die nächsten beiden Saisons von insgesamt 870 Mio. Euro auf 600 Mio. Euro trimmen möchte. Dies wird von den Bundesliga-Vereinen derzeit als inakzeptabel empfunden, zumal es an Sicherheiten fehle. Die Fußball-Bundesliga hat Kirch Media bis zum 15. Juni Zeit gegeben, das Angebot nachzubessern. Sollte die Sache schief gehen, könnte ein neuer Käufer für die Rechte gesucht werden.
Zweifel an Gewinnaussichten
Unter anderem will sich Telekom-Chef Sommer dazu auf der Hauptversammlung eine Änderung des Geschäftszwecks absegnen lassen. Die Telekom soll in Zukunft auch in den Bereichen Unterhaltung und Multimedia agieren dürfen. Rolf Drees, Sprecher der Investmentfondsgesellschaft Union Invest, sieht ein Engagement in der Bundesliga kritisch."Die Telekom muss erstmal erklären, wie sich das Investment rechnen soll."
Nach Vorstellung der Telekom sollen die Spiele live über den schnellen DSL-Internetzugang im Festnetz und mit der Einführung der neuen Mobil-funktechnik UMTS auf Handys, Westentaschencomputern oder Laptops empfangen werden können. Beide Techniken ermöglichen die ruckelfreie Übertragung von bewegten Bildern. Der Empfang soll kostenpflichtig sein. Finanzieren soll das Geschäft die Internettochter T-Online, die anders als die hoch verschuldete Konzernmutter mit über 3 Mrd. Euro über eine gut gefüllte Kasse verfügt.
T-Online hat im März seinen Dienst"T-Online-Vision" mit kostenpflichtigen Inhalten wie Spielen und Filmen gestartet, das derzeit von über zwei Millionen DSL-Kunden der Telekom in Deutschland genutzt werden kann."Fußballrechte sind nichts Aufregendes", sagt Klaus Martini, Fondsmanager der DWS."Aber es passt zu dem, was die Telekom machen muss."
Der Konzern hatte im August 2000 für 8,4 Mrd. Euro eine der sechs UMTS-Lizenzen ersteigert. Weitere Milliarden werden in den Aufbau der Infrastruktur investiert. Die hohen Kosten, technische Schwierigkeiten und die frühere Überschätzung des Marktes haben Zweifel genährt, ob sich die Investition jemals rentiert. Zudem drücken hohe Abschreibungen nach der Übernahme des US-Mobilfunkanbieters Voicestream das Telekom-Ergebnis ins Minus. Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick kündigte am Wochenende in der"Welt" für das Jahr 2002 einen Abschreibungsbedarf von 16 bis 17 Mrd. Euro an - 2 Mrd. Euro mehr als im Vorjahr.
© 2002 Financial Times Deutschland
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