- Noch was zu Cargolifter... - Jochen, 28.05.2002, 21:15
- Re: Noch was zu Cargolifter... / klasse! Bananenrepublik live (owT) - JĂŒKĂŒ, 28.05.2002, 21:31
- Re: Noch was zu Cargolifter... ein Bild - Hirscherl, 29.05.2002, 09:36
- Hey, i've seen that guy before! ;) (owT) - rodex, 29.05.2002, 10:47
- Re: Noch was zu Cargolifter... ein Bild - SchlauFuchs, 29.05.2002, 11:12
Noch was zu Cargolifter...
...aus"Pilot und Flugzeug" (www.pilotundflugzeug.de)
In eigener Sache: Wir prognostizierten das Ende der Firma Cargolifter 18 Monate, bevor es eintraf.
Hören wollte auf uns niemand
Was sich in den letzten 10 Tagen in Brand/Brandenburg, Potsdam und Berlin abspielte, hat in der Deutschen Industriegeschichte, der Luftfahrtindustrie zumal, keine Parallele.
Zur Erinnerung:
Ein gewisser Freiherr von Gablenz, Enkel des Luftfahrtpioniers von Gablenz und Sohn des frĂŒheren Chefpiloten der Deutschen Lufthansa, hatte Probleme, hierzulande Tritt zu fassen.
Nach einer nicht sonderlich erfolgreichen TĂ€tigkeit in der Industrie, tauchte er plötzlich als Honorarprofessor in North Carolina auf, kehrte zurĂŒck mit dem Nimbus des Logistikfachmanns.
Um zunÀchst eine Abfuhr zu erhalten:
In Mecklenburg-Vorpommern wollte er ein Drehkreuz fĂŒr den Frachtluftverkehr einrichten.
Man wies ihm in Schwerin höflich aber bestimmt die TĂŒr.
Seine nÀchste Idee:
Ein Grossluftschiff sollte gebaut werden, das 160 Tonnen Last ĂŒber 10.000 km befördern kann.
Abermals winkte die Landesregierung ab.
Gablenz lenkte seine Schritte nach SĂŒden, im Paradies aller Subventionsschöpfer, im Land Brandenburg eben, war er erfolgreich:
Rund 110 Millionen Mark schaufelte der Wirtschaftsminister des Landes aus den öffentlichen Kassen, Gablenz hielt begeistert seine Taschen auf.
Mit viel Geschick und basierend auf einer eher kindlichen Welle der Emotionen gelang es Gablenz, mittlerweile ĂŒber 70.000 KleinaktionĂ€re dazu zu bewegen, seine Luftschiffidee zu subventionieren.
Der Ausgabekurs von knapp ĂŒber 15 Euro stieg kurzfristig auf 28 Euro, die Presse war euphorisch, jedermann lobte in nicht nachvollziehbarer Art und Weise die PlĂ€ne des Freiherrn.
Der baute eine riesige Halle.
Das war's dann aber auch.
Im November 2000 wies Pilot und Flugzeug nach, dass diese LuftschiffplÀne nicht realisierbar sind.
Gablenz reagierte völlig inkompetent:
Statt sich mit den VorwĂŒrfen, sie waren technischer, operationeller und finanzieller Art, auseinanderzusetzen, trat der promovierte Jurist eine Welle von Gegendarstellungs-Forderungen und AntrĂ€gen auf Einstweiligen VerfĂŒgung los, jeweils ohne Erfolg.
Gablenz eskalierte dann mit diversen Strafanzeigen und zivilen Klagen, wieder absolut erfolglos:
Weder StaatsanwÀlte noch Richter konnten den wirren VortrÀgen der Dr. jur. von Gablenz folgen.
Nun war es soweit:
Vor einer Woche erklÀrte Gablenz, das Luftschiff werde nicht gebaut:
Man hat kein Geld.
Dieser Fakt war fĂŒr jeden, der die Unternehmensnachrichten verfolgte und die Grundrechenarten beherrscht, seit ĂŒber einem Jahr völlig unzweifelhaft:
Da Geld in der Kasse reichte immer nur knapp fĂŒr den monatlichen Cashburn, aber kein Cent blieb ĂŒbrig, um etwa Material fĂŒr den Prototypen einzukaufen.
Gleichwohl hatte Gablenz im September 2001 in Gegenwart des BundesprĂ€sidenten Rau der Ă-ffentlichkeit vorgelogen, der Bau des Prototypen werde nun begonnen.
Aber statt aufzugeben, ehrlich als Kaufmann und Unternehmer zu erklÀren, ich bin gescheitert, macht Gablenz weiter:
Die Cargolifter AG kaufte vor etwa einem Jahr in den USA einen riesigen Helium-Ballon. Kaum war der aufgeblasen, brĂŒstete man sich mit einer neuen Technologie:
Das Monstrum, das inklusive 75 Tonnen Nutzlast eine Masse von 100 Tonnen reprÀsentiert, wollte man mit Hubschraubern, Landfahrzeugen oder Schiffen durch die Gegend ziehen.
Wieder jubelte das AktionĂ€rsvolk, sogar die Presse griff, man glaubt es nicht, diese undurchfĂŒhrbare Ideen auf.
In Kanada wurde eine Briefkastenfirma gegrĂŒndet, die dann am Tage der letzten Hauptversammlung erklĂ€rte, den ersten dieser Ballons gekauft zu haben.
Wieder schluckte die Ă-ffentlichkeit dieses extrem plumpe TĂ€uschungsmanöver.
Und wieder waren es nur wir von Pilot und Flugzeug, die recherchierten:
Ein Anruf in Kanada genĂŒgte, um sicherzustellen, dass diese Firma mit Sicherheit keine 10 Millionen Dollar fĂŒr einen in USA gebauten Ballon, der dann von Deutschland aus geliefert wird, bezahlen wird.
Nachdem nun das Luftschiff gestorben ist, klammert sich Gablenz an diese - man darf mit Fug und Recht sagen: dĂŒmmste jemals in der Luftfahrt ventilierte - Idee des Transportballons, der von dem begnadeten Kommunikator Gablenz flugs zur"Kernkompetenz" seines Unternehmens erhoben wurde.
Der Kurs sackte im Zuge dieser VorgÀnge auf 1,30 Euro.
Diese Geschichte ist auch eine Geschichte der Brandenburger Politik.
Ich erlaube mir nach dem Scheitern der Cargolifter AG - noch heute werden massiv und nassforsch-frech von Bund und Land finanzielle UnterstĂŒtzung in Millionenhöhe gefordert! - darauf hinzuweisen, dass ich dem Wirtschaftsminister FĂŒrniss, in Abschrift ging das Schreiben an MinisterprĂ€sident Stolpe, bereits 18 Monate vor den Bruchlandung Cargolifters geschrieben habe, dass es das Luftschiff nicht geben wird.
Ich habe weiter gefragt, aufgrund welcher Beratung sich die Landesregierung in der Lage sah, Gablenz die Millionen Fördergelder auszureichen.
FĂŒrniss schrieb zurĂŒck:
Cargolifter werde streng und regelmĂ€ssig ĂŒberprĂŒft.
Was FĂŒrniss zurĂŒckschrieb, war natĂŒrlich unwahr:
HandlungsunfÀhig starrte die Brandenburgische Regierung auf den sichtbaren Verfall der Wahnideee des Freiherrn von Gablenz, die geeignet ist, den Standort Deutschland in der Welt lÀcherlich zu machen.
Meine Meinung:
Die Geschichte der Cargolifter AG ist ein StĂŒck aus dem Tollhaus, ein StĂŒck WirtschaftskriminalitĂ€t, aber auch ein StĂŒck der Geschichte hiesiger Pressekultur:
Nur zu schnell und sehr oft völlig unkritisch druckten diverse Zeitungen die LĂŒgengeschichten und Halbwahrheiten dieses"Unternehmens".
Beispiel:
Gablenz prÀsentierte einen Letter of Intent zwischen Boeing und Cargolifter.
In dieser AbsichtserklĂ€rung stand und steht, dass man prĂŒfe, ob eine Zusammenarbeit möglich wĂ€re.
Die Presse machte daraus:
Boeing vereinbart Einstieg in Cargolifter.
Hier zur Erinnerung mein Schreiben vom 23.11.2000:
An den
Minister fĂŒr Stadtentwicklung, Wohnen und
Verkehr des Landes Brandenburg
Fax 0331 866
8360
23.11.00
Nachrichtlich:
Herrn
MinisterprÀsident Dr. Stolpe
Fax 0331 8661400
Zur Information:
Bundesminister fĂŒr Verkehr, Bau und
Wohnungswesen
Fax: 0228 300 3428
Betr.: Presseanfrage
Hier: Cargolifter
Sehr geehrter Herr Minister,
seit etwa 4 Wochen recherchieren wir zum Thema Cargolifter und berichten hochaktuell ĂŒber unsere Erkenntnisse im Internet.
So waren wir wohl die ersten, die jemals und öffentlich aufgezeigt haben, dass die PlÀne der Cargolifter AG wie im Verkaufsprospekt des Unternehmens dargelegt, nicht zu verwirklichen sind.
So unter anderem:
Wir haben aufgezeigt, dass das geplante Luftschiff eben nicht weltweit operieren kann mit Reichweiten von 10.000 km.
Wir haben aufgezeigt, dass dieses Luftschiff maximal ca. 65% der ErdoberflÀche befahren kann (WasserflÀchen ausgenommen) wegen seiner maximalen Fahrhöhe.
Wir haben aufgezeigt, dass dieses Monstrum ein Spielball auch eher harmloser meteorologischer Erscheinungen wie Wind, Regen, Schnee und Eis sein wĂŒrde.
Wir haben aufgezeigt, dass rund 50% der von Cargolifter angestrebten Jahreserlöse von DM 37 mio pro Luftschiff allein zur Finanzierung des Betriebs der 16 Triebwerke aufgewendet werden mĂŒssten mit der nachvollziehbaren Konsequenz, dass das Luftschiff ein kolossales ZuschussgeschĂ€ft werden mĂŒsste.
Wir haben aufgezeigt, dass etwa die Behauptung, das angeschaffte Luftschiff Skyship 600 diene der Pilotenausbildung, falsch ist: Dieses Fahrzeug ist amerikanisch registriert, derzeit in Deutschland nicht zulassungsfÀhig. Ausbildung darf aber hier nur mit hier registrierten Luftfahrzeugen vorgenommen werden.
Wir haben aufgezeigt, dass die angesetzten Entwicklungskosten sicher ĂŒber eine Milliarde Mark liegen werden, damit der Ansatz von Cargolifter zu dieser Position absolut falsch sei.
Wir haben aufgezeigt, dass heutige Luftverkehrsregeln den Einsatz dieses Luftschiffes schon ĂŒber den deutschen Mittelgebirgen nicht ermöglichen.
Nach dieser unserer Berichterstattung im Internet, die auf harten Widerstand der Cargolifter stiess, werden nun plötzlich die von uns angegriffenen Positionen zurĂŒckgenommen:
Von Gablenz redet nicht mehr von 10.000 km Fahrstrecke, sondern von 3.000 km.
Plötzlich soll der Cargolifter nicht mehr weltweit Punkt zu Punkt operieren, keine Ozeane mehr ĂŒberqueren, sondern SeehĂ€fen bedienen.
In einem mir vorliegenden SchriftstĂŒck gibt Cargolifter zu, dass in der Vergangenheit Luftschiffe unter Schneelast zusammengebrochen oder umgekippt sind. Man plant daher, den Betrieb des Luftschiffes in den Wintermonaten in âschneefreie Zonenâ zu verlegen.
Von Gablenz gab nun laut der Financial Times auch zu, dass die Entwicklungskosten nicht DM 500 mio, sondern eher DM 1 Milliarde betragen.
Von Gablenz gab nun gestern auch zu, dass Cargolifter âein Problemâ habe, wenn das Luftschiff nicht in 4 Jahren fertig sei.
Seit gestern liegt dieser Redaktion ein GesprÀchsprotokoll mit einem hochqualifizierten, ehemaligen Cargolifter-Mitarbeiter (Luftschiffpilot) vor.
Dieser Mann gibt zweifelsfrei zum Ausdruck, dass der Zeitplan, wie von Cargolifter veröffentlicht, ein Hirngespinst sei, der auch im Ansatz keine Chance der Realisation habe.
Zitat:
It is impossible to build something of this size and have it flying in two years even if you have the parts already on the floor. They have even agreed about the design
yet!
Es heisst in diesem GesprĂ€chsprotokoll weiter, Cargolifter wende tĂ€glich DM 1 mio auf, um das Unternehmen tĂ€tig zu halten, was nach Ansicht Schweizer Finanzkreise dazu fĂŒhren soll, dass Cargolifter bereits im Juli/August 2001 neues Geld benötige, um nicht die GeschĂ€ftstĂ€tigkeit einstellen zu mĂŒssen.
Zitat:
A Swiss banker told me that they are spending 1million DM a day to stay open and at that rate they will be out of business in for 13 months. That was in July.
Vor allem sagt dieser Mann aber, dass das GeschÀft von Cargolifter eher der Disneyworld gleiche.
Zitat:
All Cargolifter has is a modified Disneyworld with balloons and hangars and a blimp. I saw no evidence of a heavy lift anything.
Das GeschÀftsgebahren Cargolifters beschreibt dieser Mann so:
Cargolifter is doing everything with smoke and mirrors.
Die âDisneyworldâ Cargolifters werden Sie, Herr Minister, sicherlich am 25. November geniessen, wenn man diesen Hangar einweiht, der gute Chancen hat, kurzfristig Brandenburgs Monument verfehlter Wirtschafts- und Subventionspolitik zu werden.
Selbst wer angesichts dieser Thematik seine Visionen nicht verliert, muss mindestens anerkennen, dass der Zeitplan der Cargolifter AG nicht einzuhalten ist:
Es ist ausgeschlossen, dass in den nĂ€chsten 3 Jahren ein fahrbares Luftschiff der Grösse und Konzeption des CL 160 verfĂŒgbar, geschweige mit einer Musterzulassung des LBA/der JAA versehen ist.
Nach meiner Meinung wĂŒrde von diesem Luftfahrzeug ausserdem eine Gefahr fĂŒr die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen.
Es darf ausgeschlossen werden, dass sich je eine Ordnungsbehörde finden wird, die eine Aussenlandegenehmigung in HÀfen, IndustriegelÀnden oder nahe bebautem Gebiet erteilt.
Auch diese Tatsache fĂŒhrt hier zu der Ăberzeugung, dass Cargolifter grandios scheitern wird, von Gablenz hat das in der Financial Times Deutschland vom heutigen Tage im Grunde zugegeben, wenn er zitiert wird, ein âProblem zu habenâ wenn der Zeitplan nicht eingehalten wird.
Sie, Herr Minister, tragen die politische Verantwortung fĂŒr dieses sich ankĂŒndigende Desaster.
Nachdem ich vor 3 Wochen mit Ihrem Herr Obermann sprach und die Bitte Ă€usserte, mir die Quellen der Ihnen sicher vorliegenden positiven Gutachten zu Cargolifter zu nennen, sagte Herr Obermann das zu und Ă€usserte ausserdem, vom Luftfahrt-Bundesamt âpositive Zeichenâ zum Projekt Cargolifter bekommen zu haben.
Das LBA Àussert sich dazu nicht.
4 Tage spĂ€ter weigerte sich Herr Obermann, eben Hinweis auf diese Gutachten zu geben mit dem Argument des âDatenschutzesâ.
An seine Aussage ĂŒber das Luftfahrt-Bundesamt wollte er sich nicht mehr erinnern und dementierte, jemals derartiges gesagt zu haben.
Nach allem, was wir heute wissen, scheint der Vorwurf berechtigt, dass der Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg mit öffentlichen Mitteln ein Projekt gefördert hat, das schon bei oberflĂ€chlicher PrĂŒfung zum Scheitern verurteilt ist.
Sicher scheint mir heute, dass das Luftfahrt-Bundesamt sich positiv zum Thema Cargolifter geÀussert hat, mindestens aber grob fahrlÀssig vermieden hat, die Politik auf die nicht vorhandene RealisationsfÀhigkeit des ausgewiesenen Zeitplans, an dem zwingend der Finanzplan hÀngt, hinzuweisen.
Ich bitte Sie daher nun noch einmal, uns, damit der interessierten Ă-ffentlichkeit zu erklĂ€ren, wer Sie in dem Zusammenhang mit Cargolifter derart beraten hat, dass es zu Freisetzung der geflossenen Gelder und BĂŒrgschaften gekommen ist.
Mit freundlichen GrĂŒssen
Heiko Teegen
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