- @ Tempranillo - antideutschen Klischees - Turon, 30.05.2002, 04:18
- Re: @ Tempranillo - antideutschen Klischees - Tempranillo, 30.05.2002, 10:49
Re: @ Tempranillo - antideutschen Klischees
Hi Turon,
es ist ein feiner Zug von Dir, dass Du Dir so viel Mühe mit meinem Posting gegeben hast. Damit hast Du einen Maßstab gesetzt, dem ich vermutlich nicht entsprechen kann. Also schon mal ein Danke vorneweg. Ich möchte versuchen, auf ein paar Passagen einzugehen, die mir in diesem Zusammenhang als besonders interessant erscheinen.
>Von antideutschen Klischees hat scheinbar noch niemand was gehört.
>O doch!!!!!!!!! keine Sorge!
Es ist halt seltsam, dass in der gesamten öffentlichen Diskussion immer davon die Rede ist, Deutsche würden andere Nationalitäten, Religionen etc. verunglimpfen -- was leider oft genug der Fall ist --, aber niemals bemerke ich einen Aufschrei der Empörung, wenn z.B Herr Paul Spiegel uns alle, die wir größtenteils nach 1945 geboren sind als"Volk der Mörder bezeichnet". Eine derartige Äusserung mag auf Grund seiner persönlichen Biographie verständlich sein, ich finde trotzdem, damit wäre eigentlich der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Es hätte nichts geschadet, gegen Herrn Spiegel ein Verfahren einzuleiten, ob es dann zur Verurteilung kommt, wäre sekundär. Wichtig scheint mir, klar zu machen, dass es auf Dauer nicht angehen kann, dass es auf der ganzen Welt nur eine Gemeinschaft gibt, die es sich gefallen lassen muss, von allen Seiten über Jahrzehnte hinweg mit Dreck beworfen zu werden, die Deutschen. Und das alles wegen der Verbrechen der Vorfahren.
>Heute glaube ich Folgendes zu sagen:
>Die Deutschen sind ein in die tiefste Wurzeln verängstigtes Volk gewesen und sie sind es bis heute
Genau. Ich halte für die herausragende deutsche Charaktereigenschaft nicht etwa Mut, ganz im Gegenteil, für mich ist die herausragendste deutsche Eigenschaft eine schier unvorstellbare Feigheit. Fehlende (Zivil-)Courage als Lebensprinzip.
>Für die Deutschen wünschte ich mir in jeder Zelle, mehr Eigenständigkeit
>und Individualität, daß ist das was ich unzertrennlich immer bei mir unbewußt suche. Recht muß es geben: Freiheit, Meinungsfreiheit, Entfaltungsfreiheit.
Du mußt irgendwann mal bei mir abgeschrieben haben. ;-)))
>Die Deutschen opfern zu gerne diesen Gedanken, um sich vor der Verantwortung drücken zu können, Individualist zu sein. Das geht so weit, daß sie einfach fast alles über sich akzeptieren würden. Das über Euch ist Euch heilig. Wieso?
Eigenverantwortung verunsichert. Wer nachdenkt, fängt an untergraben zu werden. Das Spiesserglück im stillen Winkel ist den Deutschen -- oh je, ich bin ja selber einer -- heilig. Nicht nur Eigenverantwortung verunsichert, auch die mit dem Individualismus häufig verbundene Isolation. Was der deutsche Mensch im Grunde seines Herzens wünscht, ist"das Weideglück der großen Herde" Nietzsche).
>Die Problematik der deutschen Geschichte resultiert daraus und exakt diese Problematik bietet Angriffsfläche. Methoden der Abwehr solche Angriffe muß
>noch erfunden werden.
Ein ganz wichtiger Aspekt. Wir befinden uns im Inneren des Untertanengeistes.
>Zu den Deutschen selbst: ihr habt zwar Kriege geführt - aber ich bezweifle bei meiner Kenntnis dieses Landes, daß Jemand von Euch diese Kriege tatsächlich gewollt haben kann. Es war der Opportunismus der Einzelnen
Kriege haben sich die Wenigsten gewünscht. Aber der Opportunismus hat dann die Oberhand behalten. Wo wird man so schnell befördert wie im Krieg? Wenn man ein bißchen wegsieht, was alles so hinter der Front abläuft, kann es einem bestimmt mal nützen. Das hat man doch zuhause auch gemacht, als am 9. November 1938 die Schaufenster zu Bruch gegangen sind. Wie unvorstellbar groß des Ausmaß des deutschen, unendlich verantwortungslosen Opportunismus ist, geht aus Briefen hervor, die hohe Militärs (Generäle) 1944 von der Ostfront nach Hause geschickt haben. Darin schreiben sie, sie wüßten ganz genau, dass der Krieg verloren sei und Deutschland in eine ungeheure Katastrophe laufen werde."Aber in diesem Moment kann ich doch nicht meine Beförderung aufs Spiel setzen. Erst gestern hat der Führer eine diesbezügliche Andeutung gemacht." War mal im SPIEGEL zu lesen.
>Ich persönlich, sehe die Machenschaften der Friedmans etc, nur noch mit Argußaugen.
Ich auch. Mich stört die Instrumentalisierung des Leidens, der Versuch, aus den Toten Kapital zu schlagen.
>Als erstes versucht der Herr Friedman, die Deutschheit in die Situation der Schuldigen zu zwingen.
Ja. Was ich dabei am widerwärtigsten dabei finde ist folgendes: Niemand hat jemals richtig gestellt, dass die wirklich Schuldgen größtenteils auf dem Friedhof liegen, und es eine Schäbigkeit sondergleichen ist, Generation um Generation für die Untaten der Vorfahren in Haftung zu nehmen. Dieser Vorwurf trifft in erster Linie die deutschen Politiker, aber damit sind wir wieder bei Feigheit und Opportunismus. Wenn Herr Friedman und Herr Spiegel glauben, mit derartigen Machenschaften ihre eigenen Interessen besser durchsetzen zu können, so habe ich dafür Verständnis. Überhaupt kein Verständnis habe ich für jene Deutschen, die, um nur ja nicht in der eigenen Spießbürgerlichkeit gestört zu werden, die Haut ihrer eigenen Kinder verkaufen.
>Und ich bin mir sicher, daß Polen selbst Gott nach Hause schicken würde, wenn Gott ein Amerikaner wäre:
Vielleicht bin ich Pole und weiß es nicht? ;-)))
>Die Deutschen müssen sich erst nach Freiheit sehnen, um diese zu erlangen,
>und nach etwa 400 Jahren Gefangenschaft und Bevormundung - ist diese Entwicklung - zumindest in deiesem Jahrtausend absehbar.
Du hast wieder den Nerv getrofen. Hier liegt der Hund begraben. Alles ist verloren, wenn wir unsere Freiheitsmöglichkeiten, so beschränkt sie auch sein mögen, nicht nutzen, wenn wir unsere Freiheit verhökern.
>Eines weiß ich aber:
>ich kann es nicht mehr ertragen linientreue Opportunisten zu hören, die zwischen zwei Parteien wählen. Dieser Pack von SPD und CDU gehört längstens
>in die Tonne geschmissen.[/b]
Nachbarin, euren Speikübel, sage ich mir jedesmal, wenn ich eine Zeitung aufschlage oder den Fernseher einschalte. Da war Dein Posting die schiere Wohltat.
Es ist etwas Schönes, von Zeit zu Zeit zu erfahren, dass man mit seinen (verschrobenen?) Ansichten doch nicht ganz allein steht.
Tempranillo
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: