- Geht Gold den Weg des Silbers? - spieler, 01.06.2002, 15:56
- Re: Die Krise steckt auch in den Köpfen! - Wal Buchenberg, 01.06.2002, 16:32
- Re: Geht Gold den Weg des Silbers? 100%, Wartet noch ein Weilchen! (owT) - mangan, 01.06.2002, 21:24
- Und was kommt nach? - silvereagle, 02.06.2002, 00:42
- Re: Und schon wieder ein Autor, der uns von der Nutzlosigkeit des Goldes... - JLL, 01.06.2002, 23:31
- Genau so ist es! (owT) - Shakur, 02.06.2002, 01:57
- Der Schwachsinn hat Methode - Rumpelstilzchen, 02.06.2002, 08:53
- Re: Der Schwachsinn hat Methode / noch einer zum barbarischen Relikt - Toni, 02.06.2002, 11:47
- Re: Edelmetallinvestoren als FREAKS verunglimpft - Nerven liegen wohl blank? ;-) (owT) - JLL, 03.06.2002, 08:24
- Re: Der Schwachsinn hat Methode / noch einer zum barbarischen Relikt - Toni, 02.06.2002, 11:47
- Hab die Ausgabe des"THE ECONOMIST" bereits entsorgt! (oT) - mella, 03.06.2002, 00:31
- Re: Aufheben und in ein paar Jahren darüber schmunzeln ist besser.:-) - JLL, 03.06.2002, 08:10
Re: Und schon wieder ein Autor, der uns von der Nutzlosigkeit des Goldes...
zu überzeugen trachtet. Ist das nicht herrlich?!
Zunächst einmal bin ich froh, dass ich derartige Druckerzeugnisse nicht durch käuflichen Erwerb unterstütze.
Nun zum Artikel:
>A sucker's rally?
Diese Frage wäre bei den zahlreichen NASDAQ-, NEMAX-, DOW- und DAX-Rallies der letzten Zeit wohl angebrachter gewesen. Dort wurde sie jedoch bezeichnenderweise nicht in dieser Form gestellt. Es ist geradezu das Wesensmerkmal einer Hausse, dass die Analystenmehrheit, den Beginn als Rally fehlinterpretiert, während die klassischen Bearmarket-Rallies ebenso regelmäßig als Beginn einer neuen Hausse bejubelt werden. Insofern freue ich mich natürlich schon ein wenig über derartige Artikel. ;-)
>... The current rally is especially surprising, since gold barely moved after
>September 11th, when it might have been expected to rise....
Was uns der Autor sagen möchte, ist, dass diese Rally eigentlich unbegründet ist. Ungewollt liefert er aber das stärkste Argument für eine Fortsetzung der Hausse. Richtig, Hausse, Bullenmarkt und Aufwärtstrend sind die korrekten Vokabeln, nicht Rally!. Sie kam für die Mehrheit unerwartet und dürfte also die ganz überwiegende Anzahl der Marktteilnehmer auf dem falschen Fuß erwischt haben. Es gibt ein fast universelles Börsengesetz: Erst kommt die Bewegung, die Erklärung wird nachgeliefert!
>Gold's new strength has even made bulls of some ex-bears.
Wenn ich mir allerdings ansehe, dass der Herr Smith (der jetzt gleich auftreten wird) gegen Ende des Artikels über einen Goldpreis von 68 USD fabuliert, dann fällt es mir schon schwer, ihn als frisch konvertierten Goldbullen zu bewillkommnen. Aber ich will nicht vorgreifen...
>One of these, Andrew Smith of Mitsui Global Precious Metals, who expects the
>price to hit $355 an ounce by December, has turned bullish for none of the
>usual reasons. He ascribes gold's present good fortune to a broad shift out of
>American shares and bonds—because of an Enron-induced malaise—rather than to
>any revival in gold's role as the ultimate store of value.
Da isser auch schon.:-)
Und was läßt uns der neue Goldbulle wissen: Kein Revival als"ultimate store of value", natürlich. Nein, nur eine Phase. Phasen vergehen bekanntlich wieder. Interessant, dass man dazu übergeht, die Sorgen direkt anzusprechen (US shares and bonds). Nach diesem Muster der"neuen Offenheit" soll dem Leser suggeriert werden, man kenne diese Sorgen, habe sie bereits ausgiebig gewürdigt, komme aber trotzdem zu keinem günstigen Ergebnis für Gold.
>Gold's rise merely follows that of other commodities, keeping pace with
>platinum and silver, but with none of nickel's panache. Gold has, in effect,
>become just another form of alternative investment, like property, hedge funds >or art.
Eine sehr feinsinnig gestaltete Abstufung, danach kommen dann nur noch Briefmarken und Fußballsammelbilder. Immerhin sind wir jetzt an dem Punkt angekommen, wo man Gold eine gewisse Rolle als alternatives Investment zubilligt. Aber natürlich hat es nicht den Schwung und die Zugkraft von profanem Nickel; es hat keinerlei Führungsrolle, sondern schwimmt lediglich so mit. Will sagen: Gold hat keine eigene Kraft.
>Some bulls, though, take heart from a decline of hedging by gold companies.
>Such companies chose to protect the price of their future gold production by
>forward sales or by fancy financial options. These tactics were weighing
>prices down, it is argued.
Auch wenn der Autor die Tatsache, dass Verschiebungen von Angebot und Nachfrage Einfluß auf den Preis haben können, fast ungläubig kommentiert: Wenn weniger Angebot da ist, dann kann es u.U. schon mal passieren, dass der Preis ein wenig anzieht. Genau so, wie sich immmer mehr Minen seinerzeit in den unsinnigen Sog des Hedgens ziehen liessen (sie versuchten sich praktisch gegen den Angebotsdruck abzusichern, den sie durch ihre"Sicherungen" selbst hervorriefen - das ist das Ergebnis, wenn kluge financial engineers am Werke sind), genau so lösen nun immer mehr Minen diese unsinnigen Hedge-Geschäfte auf und die Sog-Wirkung kehrt sich natürlich um. Angebot und Nachfrage eben.
>Nowadays, low lending rates have made the forward price less attractive.
Ach so ist das, ich dachte immer es war genau anders herum. Je niedriger die Leihraten waren, desto größer war der Reibach. Aber wenn es der ehrwürdige Economist schreibt, dann wird es wohl stimmen...
>Companies that do not hedge have taken over some that did: for example,
>Newmont's buyout of Normandy. And a new push for accounting transparency has
>made many wary of the complex derivatives used by some hedgers.
Ok, hübsch referiert, Trend ist das natürlich keiner, eben nur ein paar ("some"). Viele sind eben ängstlich, die Dummerl kennen sich halt einfach nicht so gut aus, wie die Analysten bei Mitsui und die Redakteure beim Economist. Derweil wissen wir ja spätestens seit Enron, dass mit Derivate-Positionen praktisch nichts schiefgehen kann.
>Yet declining amounts of hedging may not be enough to keep the gold price up. >The world's central banks hold some 30,000 tonnes of gold in their vaults. Mr >Smith notes that AngloGold is trimming its hedging only at the same pace that >the Swiss National Bank, owners of a massive hoard, is selling. Who will >prevail in such a contest? “Place your bets,” he says.
Für einen"frischen Goldbullen" scheint mir dass aber eine reichlich negative Sichtweise zu sein, wenn das mal kein Trojaner ist. Er kann es sich einfach nicht verkneifen, mal wieder mit dem Damokles-Schwert der Notenbanken-Verkäufe zu drohen Puh, 30.000 Tonnen sind das schon, mir wird ganz anders.
Fazit: Die reale Angebotsverknappung durch die Rückführung der Hedges ist garnicht schlimm, denn es könnte ja sein, dass sie durch umfangreichste Verkäufe der Notenbanken kompensiert wird. Könnte aber auch sein, dass der Osterhase dieses Jahr nochmal kommt...
>Indeed, the long-term outlook for gold might mirror the fate of silver. A
>century ago, central banks hoarded silver as they do gold today, and it had a
>similar status befitting its role as a monetary metal. But now that central
>banks no longer keep silver reserves, the metal's purchasing power is back
>where it was at the beginning of the 19th century. By this measure, if central
>banks were to abandon gold, it would be worth around $68, says Mr Smith.
Was soll das? Sind die Leser dieser Zeitschrift kleine Kinder, mit denen man"Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann" spielt? Ja, wenn die Notenbanken alles Gold verkaufen, dann wird der Preis vorübergehend sinken, dann würde diese Drohung aber ohnehin dauerhaft wegfallen. Offenbar hat der Autor auch keinerlei Gefühl für Dimensionen. Der Goldschatz der Bundesbank ist weniger wert als das, was AOL oder Vodafone in diesem Jahr an Firmenwerten abgeschrieben haben. Ja, eine mächtige Drohung, fürwahr. Und für diesen rein hypothetischen Fall eines Totalausverkaufs gibt Smith dann auch noch ein Kursziel auf den Dollar genau an. Warum unterschlägt er uns eigentlich die Nachkommastellen, die hat unser frischer Goldbulle doch bestimmt auch schon"errechnet"? Merkt denn keiner, wie absurd und lächerlich das ist? Die entscheidenden Fragen sind doch: Warum sollten die Notenbanken überhaupt an einen Totalverkauf denken? Was kaufen sie statt dessen? Noch mehr Anleihen halb- und ganz bankrotter Staaten? Nein, es gibt keine Notenbank, die auf Gold als Reserve-Asset gänzlich verzichten würde, einige Zentralbanken Asiens bauen ihre Goldreserven sogar - hört, hört - auf. Und ein Großteil des letztjährigen Bundesbankgewinns kam nicht etwas von Gold- sondern von DOLLAR-VERKÄUFEN! An ihren Taten sollt ihr sie erkennen.
>Enjoy the run while it lasts.
Worauf Du Dich verlassen kannst.:-)
Was augenfällig ist, dass derartige Artikel verstärkt nach Anstiegen des Goldpreises in den Markt gegeben werden. Auch die FTD berichtete Anfang der Woche ja ausführlich über die Smith'schen 68 USD. Da müssen keineswegs immer böse Verschwörer am Werke sein. Diese tolle Wirtschaftspresse mit ihren hochqualifizierten Redakteuren hat unisono den einzigen Sektor in dem eine nennenswerte Performance gemacht werden konnte, schlicht verschlafen. Also müssen sie sich auch gegenüber ihren Lesern, die diesen ganzen Müll für mehrere hundert Euro pro Jahr abonnieren auch gelegentlich rechtfertigen, warum sie wiedermal nicht dabei sind. Wer etwas kann, tut es, wer es nicht kann, schreibt darüber. Deshalb höre ich jetzt auf. ;-)
Gute Nacht und schönen Sonntag Euch allen.
JLL
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