- Hedonische Indizes in Deutschland - hatten wir das schon? - JLL, 19.06.2002, 11:01
- Re: Hedonische Indizes in Deutschland - hatten wir das schon? - Hirscherl, 19.06.2002, 11:13
- ...passt doch der Fälscher-Clique bestens in den Kram - Koenigin, 19.06.2002, 13:08
- Danke JLL - toller Kommentar - stocksorcerer, 19.06.2002, 11:54
- Re: wir haben doch keine Infla., keiner gibt mehr Geld aus, er ist eh am Limit - LenzHannover, 19.06.2002, 13:37
- Re: Hedonische Indizes in Deutschland - hatten wir das schon? - Euklid, 19.06.2002, 12:02
- Re: @Euklid Computerpreise & Studieren... - LenzHannover, 19.06.2002, 13:44
- Re: @Euklid Computerpreise & Studieren... - Euklid, 19.06.2002, 14:01
- Re: @Euklid Computerpreise & Studieren... - LenzHannover, 19.06.2002, 13:44
- das BIP ist einzig und allein eine Maßzahl zurm Messung der wirtschaftlichen - Amanito, 19.06.2002, 15:14
- Re: Hedonische Indizes in Deutschland - hatten wir das schon? - Hirscherl, 19.06.2002, 11:13
Hedonische Indizes in Deutschland - hatten wir das schon?
Ich habe gerade beim Ausmisten etwas Interessantes gefunden (Deutsche Bundesbank Auszüge aus Presseartikeln Nr. 25 6. / Juni 2002). Dort wird auf Seite 6 aus dem Wirtschaftsdienst der BHF-Bank Nr. 2053 vom 1. Juni 2002 zitiert (ich bringe hier nur die wesentlichen Passagen - Anmerkungen in [] sind von mir):
"... In Spanien wird zudem seit Jahresanfang die so genannte hedonische Preismessung angewendet, die auch ab Mitte des Jahres in Deutschland partiell zum Tragen kommen soll [!]...."
"... Eine weitere statistische Veränderung in Spanien und Italien betrifft die veränderten Verbrauchsgewohnheiten der Konsumenten. Seit neuestem werden nämlich die zur Preismessung verwendeten Warenkörbe jährlich aktualisiert. Bisher geschah dies nur alle fünf bis sieben Jahre. Bei der nun jährlichen Anpassung der Warenkörbe wird die Gewichtung derjenigen Güter verringert, die aufgrund von Preiserhöhungen weniger nachgefragt werden [!]. Angenommen, einem Verbraucher ist es egal, ob er Kaffee oder Tee trinkt. Wenn Kaffee nun im Vergleich zu Tee teurer wird, dann wir er zunehmend Tee statt Kaffee konsumieren [Ist ja auch gesünder]. Im Folgejahr wird dieses geänderte Verhalten im Warenkorb des Verbraucherpreisindexes berücksichtigt. Preistreiber verlieren somit sukzessive an Gewicht [Wie außerordentlich praktisch]. Im Vergleich zur alten [=rückständigen] Preismessung, bei der trotz veränderter Verbrauchsgewohnheiten über längere Zeit der gleiche Warenkorb verwendet wurde, dürfte die Inflationsrate von nun an geringer ausfallen [Zwar ändert sich real nichts, aber die Statistiker betätigen sich als Kosmetiker]...."
"Mittlerweile berechnen fast alle EWU-Länder einen solchen Kettenindex, der jährlich angepasst wird. Prominenteste Ausnahme ist Deutschland.... Begründet wird dies mit mangelnder Vergleichbarkeit [= Transparenz. Braucht die noch jemand?]. Ein Kettenindex, der laufend an die Verbrauchsgewohnheiten angepasst wird, misst heute nämlich nicht mehr die Preissteigerung eines Warenkorbes, der beispielsweise noch vor fünf Jahren gegolten hat. Die ausgewisene Inflationsrate drückt damit nicht nur reine Preisveränderungen aus, sondern auch das veränderte Konsumverhalten. Es ist aber nicht auszuschließen, dass im Zuge der weiteren europäischen Harmonisierung [= Verschleierung] auch in Deutschland ein Übergang zum Kettendindex erfolgen könnte [Darauf möchte ich fast wetten.]...."
"Neben der Berücksichtigung von Sonderverkäufen und der Aktualisierung der Warenkörbe hat sich in Spanien auch die Methode der eigentlichen Preismessung verändert. Seit Jahresanfang werden dort hedonische Verfahren verwendet. Bei dieser Methode wird ein Gut in seine Bestandteile zerlegt, welche die wichtigesten Qualitätsmermale beschreiben.... Mithilfe von statistischen Analyseverfahren wird der Einfluss dieser Bestandteile auf den Preis bestimmt, um so qualitätbegründete Preiserhöhungen herauszurechnen [und was ist mit den Qualitätsminderungen? Lebensdauer, etc.?]. Wenn beispielsweise der Preis eines PCs trotz Qualitätsverbesserungen gleich bleibt, kommt die hedonische Preismessung zu dem Ergebnis, dass ein Computer mit gleich bleibender Qualität billiger geworden sein muss...."
"... Auch in Deutschland wird die Hedonik in diesem Sommer erstmals eingeführt [!!!]. Den Anfang macht der Computerbereich, während andere Bereiche, wie z.B. Pkws und Haushaltsgeräte, bis 2004 folgen sollen. Weitere Gütergruppen sind bislang noch nicht geplant. Die Auswirkungen der hedonischen Preismessung auf die Inflationszahlen lässt sich zwar nicht exakt bestimmen. Eine Studie der Bundesbank aus dem Jahr 1998 geht jedoch davon aus, dass die Inflationsraten in Deutschland aufgrund der bis dato ungenügenden Berücksichtigung der Qualtitätsverbesserungen tendenziell zu hoch ausgewiesen werden. Der Schätzfehler könnte bei rund einem halben Prozentpunkt pro Jahr liegen. Durch die Einführung der Hedonik dürfte deshlab in Zukunft die Inflation in Deutschland niedriger ausgewiesen werden [eine sehr treffende Formulierung. Real ändert sich nichts, nur am Ausweis]. Dieser dämpfende Effekt wirkt sich auch auf die gesamte Euroland-Inflation aus. Mit Spanien und Deutschland sind zwei Länder mit großem Gewicht am Gesamtindex hinzugekommen, die die hedonsche Preismessung anwenden...."
Fazit: Es gilt das alte Churchill-Wort, wonach man keiner Statistik trauen solle, die man nicht selbst gefälscht hätte. Es wird also heftig gedreht und geschraubt um die ausgewiesene (!) Preissteigerung nach unten zu bekommen, sei es durch rotierende Warenkörbe, aus denen die Preistreiber herauspurzeln oder durch die ach so moderne Hedonik, etc. In dieser schönen neuen Statistikwelt (Von Amerika lernen heißt eben doch Siegen lernen) werden primär preisdämpfende Aspekte eingearbeitet. Insbesondere Qualitätsverschlechterungen (z.B. durch geringere tatsächliche oder wirtschaftliche Lebensdauer) finden dagegen keine Berücksichtigung. Auch der Kfz-Bereich ist ein schönes Beispiel, wie Produkte mit mehr und mehr preistreibenden Unnützlichkeiten überfrachtet werden. Zwar kostet ein Mittelklasse-Auto heute einige zig Prozent mehr als vor 10 Jahren, doch durch die Hedonik werden wir erfahren, dass es - wissenschaftlich richtig betrachtet - eigentlich billiger geworden ist. Spätestens durch die Hedonik werden wir dann ab Juli rückläufige Preiszuwächse präsentiert bekommen und ab nächstem Januar ist durch den Basiseffekt ohnehin alles weggebügelt. Real ändert sich natürlich nichts. Der kardinale Denk- und Wahrnehmungsfehler, der allerdings von Medien, Regierung, etc. nach Kräften unterstützt werden wird, ist, dass man die neuen tendenziell niedrigeren Zahlen unkritisch und 1:1 mit den alten Zahlen vergleichen wird - natürlich blanker Unsinn, wenn man die zugrundeliegenden Berechnungsmethoden verändert hat! Trotzdem werden sich die Medien angesichts der Stabilitätserfolge vor Jubel überschlagen und die Leute werden es glauben...
Schönen Tag
JLL
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