- Optionen der Schuldenmacher: Veit, Währungsreform 1948 (2/3) - Wal Buchenberg, 20.06.2002, 07:41
- Re: Optionen der Schuldenmacher: Veit, Währungsreform 1948 (2/3) - Tassie Devil, 20.06.2002, 19:44
- Re: Optionen der Schuldenmacher (Hitler und die Weltherrschaft) - Wal Buchenberg, 20.06.2002, 20:08
- Re: Optionen der Schuldenmacher (Hitler und die Weltherrschaft) - Tassie Devil, 21.06.2002, 00:01
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Optionen der Schuldenmacher: Veit, Währungsreform 1948 (2/3)
Optionen der Schuldenmacher: Otto Veit, Währungsreform 1948 (Teil 2/3)
„Um den Geldüberhang zu beseitigen, wurden von verschiedenster Seite Pläne vorgelegt. Theoretisch waren die Möglichkeiten zur Sanierung auf wenige grundsätzliche Formen rückführbar. Mit zulässiger Vereinfachung lassen sie sich aufzeigen an Hand der bekannten Verkehrsgleichung:
H x P = G x U
(H = Handelsvolumen, P = Preisspiegel, G = Geldvolumen, in unserem Fall = Geldvermögen; U = Umlaufsgeschwindigkeit).
Nimmt man mit anderen Worten an, daß bei der nach dem Krieg gegebenen Situation das Handelsvolumen (H) nicht im erforderlich Maß ausgedehnt werden konnte, so blieben folgende Möglichkeiten der Anpassung: <font color=red> Das ist eine Perle der universitären Finanzwissenschaft: Nicht das Geldvolumen war über Gebühr ausgedehnt, nicht die Gelddruckmaschinen waren zu schnell gelaufen, sondern das Produktionsvolumen war „nicht im erforderlichen Maß ausgedehnt“ worden.
So werden Verantwortlichkeiten vertuscht: Nicht der Staatsapparat und die politische Führung waren Verursacher der Überschuldung, sondern die Wirtschaft, die im Krieg trotz Zwangsarbeit und Terror nicht so schnell produzieren konnte, wie Speer&Hitler es für ihre Weltherrschaftspläne wünschten und die nun nach der Kapitulation hätte nachholen sollen, was vorher unter größter Anspannung nicht gelungen war?!
Aber sehen wir, was zur Behebung der inflationären Überschuldung in Deutschland vorgeschlagen wurde:</font>
1) Freigabe der Preise (P), was auch die Löhne und die Wechselkurse in Bewegung gebracht hätte; <font color=red> Dadurch wäre die bisher verborgene Inflation nur sichtbar geworden. Dieses Rezept war nach dem ersten Weltkrieg eingeschlagen worden. Das hieß Enteignung der Geldbesitzer durch die „Marktkräfte“.</font>
2) Verringerung des Geldvermögens (G); <font color=red> Sprich: Die sofortige und gezielte Enteignung der Geldbesitzer durch Regierungshandeln.</font>
3) Senkung der Umlaufsgeschwindigkeit des Geldes (U). <font color=red> Sprich: eine Fortsetzung der bisherigen Geldpolitik: Einfrieren der Geldguthaben, das Verschieben vor Forderungen. Das ist die schleichende Enteignung durch Regierungshandeln.
Das ist das Rezept, das IWF, Weltbank, die großen Notenbanken und Regierungen heute favorisieren und überall dort anwenden, wo - wie in Japan und Argentinien - die Überschuldungskrise akut wird.
Alle drei Methoden laufen auf die (teilweise) Enteignung der Geldbesitzer hinaus, nur die Wege und das Tempo dorthin unterscheiden sich.</font>
Die Methode (1) wurde nur in wenigen Entwürfen zur Währungsreform empfohlen und von den mit der Durchführung der Sanierungsaufgaben betrauten Stellen <font color=red> - „Stellen“, die mit der Enteignung betraut sind? Auch das ist „wissenschaftliche“ Beschönigung: Die Verantwortung von Menschen(klassen) wird vertuscht. - </font> niemals ernstlich erwogen. Die Ã-ffnung der Schleusen des Preisstops und der Rationierung hätte selbst unter Beibehaltung von festen Wechselkursen und Devisenbewirtschaftung ökonomische Folgen und Vermögensverschiebungen mit sich gebracht, die man nicht in Kauf nehmen wollte. <font color=red> Wieder eine Lüge: Man wollte keine „Vermögungsverschiebungen in Kauf nehmen“? Die Geldvermögen waren nur noch nominell. Sie mussten vernichtet, enteignet werden. Aber eine Enteignung über „Marktkräfte“ ist nicht steuerbar. Den „Stellen“ ist eine gesteuerte Enteignung lieber. Da können sie die Interessen ihrer kapitalistischen Auftraggeber besser schützen.</font> Auch konnte man nicht sicher sein, ob eine offen zugelassene Preisinflation an einem bestimmten Punkt zum Stehen gekommen wäre, ob die Bevölkerung wieder Vertrauen zum Geld gewonnen hätte, ob die Hortungslager tatsächlich aufgelöst worden wären und ob nicht spekulative Verschuldungen der Wirtschaft dauernde Lohn- und Preiserhöhungen begünstigt hätten. Immerhin wäre denkbar gewesen, durch scharfe Kontrolle des Kreditvolumens die Stabilisierung zu erreichen und durch geeignete steuerliche Mittel einen Teil der Inflationsgewinne abzuschöpfen. Zweifellos wären jedoch Personen mit einem hohen im Schwarz- und Schleichhandel erworbenen Bargeldbesitz begünstigt worden. <font color=red> Ja ja, die Schwarz- und Schleichhändler waren das Problem, nicht die Rüstungsindustriellen, nicht die Zwangsarbeiterbetriebe, nicht die Heereszulieferer und Kriegsgewinnler, nicht Speer&Hitler, die das Vermögen schneller verpulverten als es geschaffen werden konnte.</font>
Für den Weg (2), die Reduzierung des Geldvermögens, boten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten an
(a) Steuerliche Abschöpfung des Geldüberhanges durch eine einmalige schnellwirkende Vermögensabgabe;
(b) Kraftloserklärung eines Teils des Geldvermögens.
Nach der Methode (a) hätten Sach- und Geldvermögen gleich behandelt werden können; damit wäre zugleich das Problem des Lastenausgleichs gelöst worden. Erhebliche Schwierigkeiten hätte die Frage der Bemessungsgrundlage bereitet. <font color=red> Die „Frage der Bemessungsgrundlage“ ist nur eine Teppichhändlerfrage. Es ist ein zarter Hinweis darauf, dass die Kapitalisten nicht zur Schuldentilgung beitragen wollten.</font> Voraussetzung für eine steuerliche Abschöpfung wäre gewesen, daß der Staat die eingenommenen Mittel vernichtet hätte. In einem von Paul Binder bereits 1945 vorgelegten Plan war vorgesehen, das gesamte Geldvermögen auf dem Wege einer gesetzlichen Schuldenherabsetzung um 70 % zu reduzieren und das Sachvermögen mit einer Zwangshypothek von 70 % zu belasten. <font color=red> Das hätte immerhin einen Teil des Kapitalvermögens zur Schuldenreduzierung herangezogen. Statt dessen ging man den „Weg des geringsten Widerstands“. Die Kleinen wurden enteignet, die Großen ließ man laufen.</font>
Vor eingehenderer Betrachtung der Methode (b), der Kraftloserklärung eines Teils des Geldvermögens, nach der schließlich die Reform im wesentlichen gestaltet wurde, erläutern wir noch kurz den unter (3) genannten Weg einer Herbeiführung des Gleichgewichts durch Senkung der Umlaufsgeschwindigkeit. <font color=red> Wieder eine sehr wissenschaftlich-blumige Umschreibung für die Enteignung der Geldbesitzer!</font>
War die Bevölkerung durch den Preis- und Lohnstop und durch die Bewirtschaftungsmaßnahmen indirekt gezwungen, Bargeld zu horten oder den Banken als Einlagen zu übergeben, so hätten nunmehr erhebliche Teile des Geldvermögens rechtlich und faktisch blockiert werden müssen. <font color=red> Das ist der „Entschuldungsweg“ d.h. der Enteignungsweg, den Argentinien heute geht. </font> Verschiedene Reformpläne, so das „Detmolder Memorandum“ vom November 1945 (verfaßt von Finanzreferenten aus der. britischen Besatzungszone), Vorschläge der Volkswirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft für Bayern (auf Initiative von Adolf Weber in München), der Plan „G“ der Gewerkschaften von 1946 sowie der Plan, der im April 1946 von der vom Finanzausschuß des Länderrats der amerikanischen Besatzungszone beauftragten Sachverständigenkommission vorgelegt wurde, sahen eine solche Blockierung des Geldvermögens vor. Unterschiedlich waren dabei die Meinungen über die Höhe der stillzulegenden Mittel. <font color=red> Immerhin bekommen wenigstens ein paar „Stellen“ jetzt Gesichter und Namen. Interessant, dass die Gewerkschaftsführer bei der kalten Enteignung der Privatvermögen mitwirken wollten - wohl nach der Devise: Enteignen wir nicht die Großen, dann halt die Kleinen! Aber enteignet wird!</font>
Eine sehr umstrittene Frage war, was mit den auf Sperrkonto eingezahlten Beträgen geschehen sollte, in welchem Umfang und innerhalb welches Zeitraums sie wieder zu aktivem Geld gemacht werden sollten. Dabei war denkbar eine Kombination der Wege (2) und (2) und (3), also eine Blockierung des Geldvermögens und nachträgliche Vernichtung eines Teils der gesperrten Beträge und (oder) eine Zusammenfassung für die Zwecke des Lastenausgleichs. In dieser Richtung lagen auch Vorschläge des „Homburger Planes“, der von der „Sonderstelle Geld und Kredit“, einer von der deutschen Verwaltung eingesetzten Sachverständigengruppe, vorgelegt worden war. Schließlich enthielt aber auch die von der Militärregierung ausgearbeitete Reform eine Verbindung der Wege (2) und (3), allerdings ohne den Lastenausgleich zu regeln.
Text in Normaldruck geringfügig gekürzt aus: Otto Veil, Grundriss der Währungspolitik. 2. Aufl. Frankfurt 1961, 575 - 585.
(Wal Buchenberg,
Schluss folgt morgen)
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