- Spieltheorie - Bär, 21.06.2002, 12:36
- Re: Hochinteressanter Artikel. Hast Du die genaue Quelle? (owT) - JLL, 21.06.2002, 12:55
- Re: Spieltheorie - tas, 21.06.2002, 13:21
- Re: Spieltheorie / Vorsicht vor falschen Schlüssen mL - silvereagle, 21.06.2002, 15:06
- Re: Vorsicht vor falschen Schlüssen, aber trotzdem interessant. - JLL, 21.06.2002, 16:22
- Re: z.b. private gerichtsverfahren - tas, 21.06.2002, 17:28
- Re: Das ist ja das Verrückte, der Versuch insofern höchst aufschlußreich. (owT) - JLL, 21.06.2002, 17:58
- Re: Vorsicht vor falschen Schlüssen, aber trotzdem interessant. - silvereagle, 22.06.2002, 00:16
- Re: z.b. private gerichtsverfahren - tas, 21.06.2002, 17:28
- Re: Spieltheorie / Vorsicht vor falschen Schlüssen mL - tas, 21.06.2002, 17:34
- Re: Vorsicht vor falschen Schlüssen, aber trotzdem interessant. - JLL, 21.06.2002, 16:22
- Re: Spieltheorie - Rumpelstilzchen, 21.06.2002, 16:14
- Re: der in der Wirtschaftswissenschaft untersuchte homo oeconomicus... - Hirscherl, 21.06.2002, 16:21
Re: der in der Wirtschaftswissenschaft untersuchte homo oeconomicus...
... ist eine reine Fiktion aus dem Elfenbeinturm. Wirtschaftswissenschaftler bemühen den homo oeconomicus ja gerne, um zu erklären wie die"unsichtbare Hand" des Marktes funktioniert, wie Konsumenten zwischen A und B wählen etc.
Eine Annahme hinter dem homo oeconomicus ist ja: Menschen (Konsumenten) handeln so, daß sie auf lange Sicht ihren eigenen Vorteil suchen, also z.B. die Ausgaben für ein und dieselbe Dienstleistung möglichst minimieren, die Einnahmen maximieren.
Dazu aus einem Artikel von Karl Sigmund (Institut für angewandte Systemanalyse, Wien), Ernst Fehr (Institut für Empirische Wirtschaftsforschung, Zürich) und Martin Nowak (Institute for Advanced Study, Princeton) im Spektrum der Wissenschaften 03/2002:
" Stellen Sie sich vor, dass ihnen jemand 100 Euro gibt - allerdings unter einer Bedingung: Sie müssen sich mit einer anderen, ihnen unbekannten Person einigen, wie sie beide die Summe untereinander aufteilen.
Die Regeln sind streng. Sie und die zweite Person befinden sich in getrennten Räumen und können nicht miteinander kommunizieren, Ein Münzwurf entscheidet, wer von ihnen vorschlägt, wie das Geld aufzuteilen ist. Angenommen, das Los trifft sie. Sie dürfen dann ein einziges Teilungsangebot machen, und die andere Person kann dem Angebot zustimmen oder ablehnen. Diese andere Person kennt ebenfalls die Regeln und die Gesamtsumme, um die es geht.
Wenn sie zustimmt, wird das Geld dem Vorschlag gemäß aufgeteilt. Lehnt sie aber ab, so bekommt keiner von ihnen etwas. In beiden Fällen ist das Spiel damit zu Ende und wird nicht wiederholt. Wie viel würden sie offerieren?
Viele Menschen bieten fünfzig Prozent der Summe, weil sie das Gefühl haben, dass diese Aufteilung"fair" ist und daher vermutlich akzeptiert wird. Risikobereitere Spieler versuchen hingegen, mit einem geringeren Angebot besser abzuschneiden.
Bevor sie sich endgültig entscheiden, können sie versuchen, sich in die Position der anderen Person zu versetzen. Diese muss eine bestimmte Geldsumme akzeptieren oder zurückweisen. Wenn das Angebot sich nur auf zehn Prozetn beläuft, würden sie dann die 10 Euro annehmen und die andere Person mit 90 Euro abziehen lassen - oder würden sie vorziehen, dass beide gar nichts bekommen? Was, wenn das Angebot nur 1 Euro beträgt? Ist das nicht besser als gar nichts?
Bedenken sie dabei stets, dass Verhandlungen oder ein Herumfeilschen durch die Versuchsanordnung ausgeschlossen sind. Ein einziger Vorschlag kommt aufs Tapet, und der kann entweder angenommen oder abgelehnt, aber nicht diskutiert werden.
Was würden sie also tun?
Vermutlich wird es sie nicht überraschen, dass zwei Drittel der Vorschläge zwischen vierzig und fünfzig Prozent leigen. Nur vier von hundert Personen bieten weniger als zwanzig Prozent. Ein so geringes Angebot ist riskant, weil es abgelehnt werden kann: Mehr als die Hälfte aller Versuchspersonen weisen Angebote zurück, die unter zwanzig Prozent liegen.
Das ist nun allerdings sonderbar: Warum sollte jemand ein Angebot als"zu gering" verwerfen? Wenn man nur daran interessiert ist, ein möglichst großes Einkommen zu erzielen, wäre doch das einzig rationale Verhalten, jedes Angebot zu akzeptieren - nach dem Motto: ein Euro ist besser als keiner. Ein eigennütziger Anbieter, der sich sicher ist, dass der andere ebenfalls sein Einkommen maximieren will, sollte daher den kleinstmöglichen Betrag vorschlagn und den Rest für sich behalten. [...]
Lange Zeit haben Wirtschaftstheoretiker ein Retortenwesen namens homo oeconomicus zur Grundlage iherer Überlegungen gemacht [...] Aus dem Ultimatum Spiel und anderen, ähnlich einfachen Experimenten lernt man, dass schon bei einfachsten Transaktionen Gefühle mindestens so wichtig sind wie Logik und Eigennutz.
Kritiker solcher Studien wandten allerdings ein, dass dafür größtenteils Versuchspersonen aus relativ entwickelten Länder wie der Schweiz, Japan, den USA oder China herangezogen wurden; besonder häufig handelte es sich um Studenten [..] Kürzlich hat eine groß angelegte anthropologische Studie nicht weniger als 15 Stammesgeselschaften aus vier Kontinenten untersucht [...] Kulturelle Traditionen beim Schenken und die starken Verpdlichtungen beim Annehmen von Geschenken spielen bei manchen Gesellschaften eine wichtige Rolle. Die Au etwa lehnten allzu großzügige Angebote ebenso ab wie allzu geringe. Doch trotz all dieser kulturellen Variation war das Resultat weit entfernt von dem, was eine rationale Analyse des Verhaltens von eigennützigen Spielern vorhersagen würde. Im entschiedenen Gegensatz zur bloßen Maximierung des eigenen Einkommens legen die meistn Menschen überall auf der Welt hohen Wert auf Fairness.
Experimentelle Ã-konomen haben viele Varianten des Ultimatum-Spiels analysiert. Die Resultate sind höchst aufschlussreich. Wenn etwa die Entscheidung, wer von beiden Spielern das Angebot macht, nicht durch einen Münzwurf, sondern durch ein Gschicklichkeitsspiel bestimmt wird, sind die Angebote üblicherweise geringer und werden auch eher angenommen - dier Ungleichheit wird eher akzeptiert, und zwar von beiden Teilnehmern. Wenn ein Computer das Angebot macht, werden noch geringere Anteile ohne weiters akzeptiert. [...]
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