- Dottore, Dark Ages und China - Tobias, 26.06.2002, 21:59
- Re: Dottore, Dark Ages und China / Klasse, Tobias!........ - JÜKÜ, 26.06.2002, 23:48
- Re: Dottores Bargeldmanie hat etwas seltsames - Theo Stuss, 27.06.2002, 08:45
Dottore, Dark Ages und China
Nochmals ein fröhliches Servus! in die Runde,
dottore, der als"Baissier" hervorragende Beiträge im Systemfehler-Forum schreibt, hat kürzlich darauf hingewiesen, dass wir möglicherweise vor einer Zeit stehen, in der nicht mehr ausgebucht wird + alles ewig vor sich hergeschoben kommt, so wie es in Japan mit Billionensummen geschieht. Das ist das worst-case. Statt crash, Absturz und Umwälzung ein Dahinvegeterieren bis zum Sankt-Nimmerleinstag: 90% Staat, Essensmarken, Rentner- und Politikergesellschaft, das schleichende Siechen statt des Krachs, dark ages. Am 6. Juni diesen Jahres waren im Handelsblatt drei Artikel zu lesen, die genau dieses hier und heute für China zeigen:
Auszüge:
#1:
Bestand fauler Kredite steigt dramatisch an - Banken stehen vor einer
Vertrauenskrise
Chinas Kreditblase droht zu platzen
Mit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation muss China seine Märkte öffnen.
Doch die Staatsbanken sind für den internationalen Wettbewerb nicht
gerüstet. Hunderte Milliarden Dollar an faulen Krediten behindern die
dringend notwendigen Reformen in der Volksrepublik.
***Keine peanuts, hier.
SCHANGHAI."Zwei Dinge muss man über Chinas Bankensystem wissen", meint der
US-Wissenschaftler Gordon Chang von der renommierten Stanford Universität:
"Erstens, die Staatsbanken sind pleite. Zweitens, alle Anstrengungen, sie zu
retten, sind fehlgeschlagen."
***Das ist ein Wort!
Stimmt Changs These, dann droht dem
Finanzsystem Chinas im schlimmsten Fall der Kollaps, im besten Fall ist nur
die Kreditversorgung in Gefahr. Die Stunde der Wahrheit kommt, wenn die
Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) greifen. In fünf Jahren dürfen
ausländische Banken, die bislang nur 2 % des chinesischen Kreditmarktes
bedienen und 1 % aller Einlagen verwalten, Konten in lokaler Währung für
chinesische Kunden einrichten. Spätestens dann droht die staatliche
Kreditblase zu platzen, sollte der Bankensektor vorher nicht grundlegend
saniert werden und damit für chinesische Kunden attraktiv bleiben.
Chinas vier große Staatsbanken, (Bank of China, Industrial and Commercial
Bank of China, China Construction Bank und Agricultural Bank of China)
halten zwar 60 % aller Aktiva in der Volksrepublik. Sie sitzen aber auf
einem gigantischen Berg fauler Kredite. Der, so die Rating-Agentur Standard
& Poor's, durchaus an das Besorgnis erregende Volumen in Japan heranreicht.
"Die Summe aller notleidenden Kredite könnte sich auf bis zu 677 Mrd. US-$
addieren. Und die Blase wächst", warnt Terry Chan, Asien-Chef der Agentur in
Hongkong (Siehe"Nachgefragt"). Das übersteigt das eingezahlte Kapital im
chinesischen Bankensektor um das siebenfache und macht mehr als die Hälfte
von Chinas Bruttosozialprodukt im Jahr 2001 aus. Die Tendenz ist weiter
steigend.
***Wie schon bei champaign-Joe: The economic expansion ends when the credit bubble bursts.
Chinas Staatsunternehmen betrachteten den Kreditfluss bisher als bequemes
Instrument zur Refinanzierung ohne verbindliche Tilgungspflicht. Sie werden
zum Geschenke-Verteiler. Die Pekinger Regierung hatte die Augen vor dem
drohenden Fiasko lange verschlossen. Erst seit 1999 bemüht sie sich, die
Staatsbanken zu entlasten. Vier Auffanggesellschaften (Asset Management
Companies) sollen die faulen Kredite der"Großen Vier" übernehmen und
vermarkten, die Banken wurden von Peking mit 169 Mrd. Dollar
rekapitalisiert. Das deckte jedoch nur einen Teil der faulen Kredite ab.
Gelöst hat Peking das Problem damit offensichtlich noch nicht.
Zentralbankchef Dai Xianglong musste jüngst eingestehen, dass"mindestens 25
%" aller in den Büchern der Banken bestehenden Kredite faul seien. Selbst
das erscheint ausländischen Beobachtern als Schönfärberei. Sie schätzen den
Anteil unwiderruflich verlorener Kredite auf bis zu 50 %.
***Holy cow!!! 50% faule Kredite - das ist ein Irrsinn. Hier fehlt der Zwang, die Vollstreckung. Und wer nur darf das? Und wer nur macht sowas? Staatliche Kacke hier, es dampft nach Osten und nach Westen.
Eingebrockt hat sich die chinesische Regierung die Suppe selbst. Entgegen
aller Bankenregeln verfahren die staatlichen Institute stur nach altem
Muster und drücken immer neue langfristige Kredite in die Staatsindustrie,
nehmen dagegen in erster Linie über die Depositen der Einleger nur
kurzfristiges Kapital auf. Die immer agilere Privatwirtschaft wird bei der
Kreditvergabe dagegen geflissentlich übersehen. Kein Wunder: Peking
missbraucht den Apparat unverdrossen, um seine ordnungs- und
sozialpolitischen Vorstellungen umzusetzen. Wird Chinas Wirtschaft nicht
laufend mit frischem Kapital versorgt, drohen Pleiten,
Massenarbeitslosigkeit und in der Folge verheerende soziale Unruhen. Die zu
vermeiden, ist bisher Chinas oberstes Ziel.
Doch allmählich dämmert den Strategen in der Zentralbank, welches
Mega-Problem sie sich aufgehalst haben. Chinas Banken verspielen ihre
Zukunft."Mit einem kranken Bankensystem, gibt es keine gesunde Wirtschaft",
warnt der ehemalige US-Finanzminister Nicolas Brady. Die Experten des Asian
Development Bank Institute (ADBI) in Tokio plädieren für eine"Big
Bang"-Lösung: Durch neue Staatsanleihen sollen faule Kredite beseitigt
werden, meint Wissenschaftler Liu Ligang."Die Probleme in Chinas
Bankensektor dürfen nicht mehr kleingeredet werden", sagt er. Brady stimmt
dem zu, ist aber skeptischer:"Es gibt keine Heilung über Nacht." China
müsse eine"solide Kreditkultur" entwickeln.
Chinas Banken brauchen nicht nur frisches Kapital, sondern müssen vor allem
nach den internationalen Rechnungslegungsstandards realistisch bilanzieren.
Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Peking hat zunächst die Anweisung
erteilt, den Anteil der faulen Kredite bis 2005 auf 15 % zu drücken. Das
aber hat fatale Nebenwirkungen. Die Banken halten Kredite aus Unsicherheit
zurück, weil sie die Bonität ihrer Kunden nicht einschätzen können. Für
Masaru Yoshitomi vom ADBI steckt China daher jetzt schon in der Kreditfalle.
Standard & Poor's schätzt, dass es bei dem eingeschlagenen Tempo bis zu 20
Jahre dauern wird, bis Chinas Banken den Bestand fauler Kredite auf
erträgliche 5 % gesenkt haben. Die Kosten dafür schätzt die Agentur auf 518
Mrd. Dollar.
Die chinesische Regierung kaschiert ihre Hilflosigkeit derweil und ermutigt
die Banken, neue Standbeine zu entwickeln."Die Banken müssen im Ausland
expandieren, um ihre Geschäftsbilanzen zu verbessern", fordert der
Vizegouverneur der Bank of China, Li Ruogu.
***Das gleiche Verständnis bzgl."Geld + Ausland" hatte schon Rosa Luxemburg!
Aber auf eigenen Beinen werden
Chinas Banken wohl auf absehbare Zeit nicht stehen können. Bedrohlicher
noch: Die privaten Kunden drohen ihnen das Vertrauen zu entziehen. Als die
Citibank vor kurzem eine Filiale eröffnete, um für chinesische Kunden
Devisenkonten einzurichten, sprach der Geschäftsmann Liu Zhuzong aus, was
den"Großen Vier" künftig noch schwer zu schaffen machen dürfte:"Die
Citibank kann mein Geld jedenfalls schützen."
#2:
Chinas faule Kredite schüren Gefahr einer neuen Asienkrise
HANDELSBLATT, 6.6.2002
cr/olm/bas SCHANGHAI/TOKIO. Die chinesischen Banken stehen vor einer
Vertrauenskrise. Asien-Experten wie der Chef der Rating-Agentur Standard &
Poor's, Terry Chan, warnen gegenüber dem Handelsblatt vor der"reellen
Gefahr eines Wachstumseinbruchs" in der Volksrepublik. Ein
Konjunkturrückgang würde die chinesischen Banken"immensem Druck aussetzen".
Der Grund: Chan schätzt genauso wie andere ausländische Beobachter den
Anteil fauler Kredite am Gesamtkreditvolumen der chinesischen Banken auf
rund 50 %. Das entspricht einer Summe von 677 Mrd. US-Dollar und damit etwas
mehr als der Hälfte von Chinas Bruttosozialprodukt im Jahr 2001. Die
chinesische Wirtschaft bestimmt etwa 3,4 % des weltweiten
Bruttoinlandsprodukts.
Nur ein ausreichend hohes Wachstum in China könne die Liquidität der Banken
sichern, sagte Chan. Das Problem verschärfe sich dadurch, dass das
Kreditwachstum den Zuwachs des Bruttosozialproduktes um 40 % übersteige.
***Hier wird übersehen, dass"Wachstum" erst durch Kredite gemacht wird. Wachstum SIND Kredite. Zudem bestätigt uns diese Tatsache, dass ein erheblicher Teil der Kredite versickert und eben kein Wachstum bewirkt. Das wiederum kann nur staatlich bedingt sein, da der nicht leisten muss.
Dieses Phänomen hatte sich bereits vor der Asienkrise 1997 in vielen Ländern
der Region bemerkbar gemacht. Chan befürchtet zudem, dass ein Großteil der
Kredite für unproduktive Zwecke verwendet wird.
Während damit von China langfristig Gefahren für ganz Asien ausgehen, hat
Japan ein aktuelles Problem. Der Gipfel des Bergs an faulen Krediten sei
erst jetzt erreicht, heißt es von den japanischen Banken. Einige Jahre werde
es noch dauern, bis die Gefahr eines Kollapses endgültig gebannt sei.
Standard & Poor's hält es daher für möglich, dass der Staat noch einmal
kräftig eingreifen muss.
#3:
NACHGEFRAGT: TERRY CHAN
"Alarmzeichen"
Sie schätzen das Ausmaß fauler Kredite in China auf 50 %. Droht dem
Bankensystem der Kollaps?
Solange Chinas kräftiges Wirtschaftswachstum anhält, halten die Banken
durch. Doch ein Konjunkturrückgang würde sie unter immensen Druck setzen.
Deshalb wäre jetzt der richtige Moment, das Problem anzugehen.
Sie mahnen eine massive staatliche Rettungsaktion zur Rekapitalisierung der
Banken an. Doch Peking fordert von den Instituten, Problemkredite aus ihren
Gewinnen zu tilgen. Kann das gut gehen?
Wenn China sein rasantes Wachstum noch zehn, fünfzehn Jahre durchhält,
erübrigt sich die von uns bevorzugte"Big bang"-Lösung. Aber ein
Wachstumseinbruch ist eine reelle Gefahr. Wer hat schon die Asien-Krise
vorausgesehen? Das Letzte, was China braucht, wäre eine Situation wie in
Japan, wo kranke Banken seit zehn Jahren die Wirtschaftsentwicklung bremsen.
***Genau das wird aber kommen.
Wo sind Banken stärker in Gefahr, in China oder Japan?
In Japan ist das Problem akuter, weil es sich über Jahre angestaut hat.
China genießt dazu den Vorteil phänomenalen Wachstums. Das schiere Ausmaß
der Problemkredite macht das potenzielle Risiko dort aber größer.
Ist die Ära politisch motivierter Kreditvergabe in China beendet, oder laden
sich die Banken auf Geheiß der Führung neue Problemkredite auf?
Bei den vier großen Staatsbanken ist die politisch motivierte Kreditvergabe
in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Aber die Praxis besteht weiter.
Die Zentralen treten auf die Bremse; doch wenn eine Zweigstelle in der
Provinz massiv Druck vom Gouverneur bekommt, zeichnet sie immer noch
zweifelhafte Kredite ab.
Das Kreditwachstum übersteigt das Wirtschaftswachstum um 40 %. Wird das Geld
für produktive Zwecke verwendet? Oder werden damit Brücken gebaut, die
niemand überquert?
Letzteres ist unsere große Sorge. Die 40 % sind ein Anzeichen für
unproduktive Kreditvergabe. Kurz vor Ausbruch der Asien-Krise überstieg das
Kreditwachstum in vielen betroffenen Ländern den BIP-Zuwachs ähnlich stark.
Das war ein Alarmzeichen.
Ohne volle Unabhängigkeit vom Staat können Chinas Banken ihr
Risikomanagement nicht auf internationales Niveau bringen. Ist die
Kommunistische Partei bereit, die Kontrolle über die Industrie aufzugeben?
Die Regierung beeinflusst die Banken weiter. Daran wird sich auf absehbare
Zeit nichts ändern. Denn die Führung hat widersprüchliche Ziele: Einerseits
sollen die Banken gewinnorientiert arbeiten. Andererseits dürfen sie die
soziale Stabilität nicht gefährden - etwa, indem sie Großbetriebe in den
Konkurs treiben und so die Arbeitslosigkeit verschärfen. Wer chinesische
Banker kennt, weiß, wie massiv ihnen diese Widersprüche zu schaffen machen.
***So, nun wünsche ich ne gute Nacht + fleißiges Schaffen morgen,
Tobias
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