- Nochmals zu Gold und zum Goldpreis - Wal Buchenberg, 29.06.2002, 07:36
- Re: Nochmals zu Gold und zum Goldpreis - Emerald, 29.06.2002, 09:17
Nochmals zu Gold und zum Goldpreis
Hallo,
bisher hatte die Intervention der Notenbanken erreicht, dass der Goldpreis nicht über 330 USD gestiegen ist. Die Interventionisten konnten also nicht verhindern, dass der Goldpreis deutlich über das langjährige Niveau der letzten Jahre gestiegen ist. Sie konnten also nur den Anstieg stoppen, aber sie konnten nicht verhindern, dass der Goldpreis die Aufmerksamkeit über den Kreis der „Goldfische“ hinaus auf sich gezogen hat.
Die bisherige Intervention war also nur halb erfolgreich. Ganz erfolgreich wäre die Intervention, wenn trotz zunehmend krisenhaftem Umfeld der Preis wieder auf das langjährige Niveau gedrückt werden könnte, und dort wenigstens einige Wochen gehalten werden könnte. Nur dann wäre der Goldpreis als Krisenthermometer neutralisiert.
Der Goldpreis als Krisenthermometer ist von enormer Wichtigkeit für die Notenbanker, weil ihr ganzes Geldsystem auf „Vertrauen“ basiert. Bricht das Vertrauen zusammen, dass das Papiergeld keine Werterhaltung mehr ermöglicht, dann wird auch die Warenzirkulationsfunktion des Papiergeldes gestört: Papiergeld wird nur noch für tägliche Kontrakte, nicht über längere Zeitperioden mehr angenommen. Dann bricht das Papiergeldsystem zusammen.
Ein steigender Goldpreis signalisiert der ganzen Welt: Es ist was faul im Papiergeldsystem! Also wollen die Herrscher des Papiersystems das Horten von Gold verhindern (obwohl sie selber Gold horten!) und wollen das Steigen des Goldpreises verhindern.
Wenn also der Goldpreis in den nächsten Tagen und Wochen weiter sinkt, um nach meiner Schätzung für kurze Zeit ein Niveau von 300 bis 310 USD zu halten, so ist das kein Grund zu Panik. Je tiefer der Goldpreis gedrückt wird, desto schneller reduzieren sich die Goldbestände der Notenbanken bei ihrer Intervention.
Die ganze bisherige Intervention wäre rausgeschmissenes Gold, wenn nicht versucht würde, diesen Tiefkurs zwischen 320 und 310 oder noch darunter für einige Tage, am besten für zwei Wochen zu halten.
Der Kampf um den Goldpreis beginnt jetzt erst! Aber der Kampf kann von den Notenbanken gar nicht gewonnen werden. Es ist ein Kampf von einer Handvoll gegen Millionen von Menschen in der ganzen Welt.
Würden die gesamten Goldbestände der Notenbanken zu einem Preis von 300 USD auf den Markt geworfen, dann würden 20 gute Handelstage an der New Yorker Börse ausreichen, um dieses Notenbank-Gold aufzukaufen.
Die Goldinterventionen Ende der 60er Jahre wurden jedoch schon aufgegeben, als die beteiligten Notenbanken innerhalb eines Jahres ein Achtel ihrer Goldbestände auf den Markt geworfen hatten. Die „Schmerzgrenze“ der Notenbanken wäre also schon in der Größenordnung von 2,5 Handelstagen der New Yorker Börse erreicht.
Da es heute nicht nur um eine begrenzte Frage wie die Rettung der Dollar-Goldanbindung geht, sondern um die Rettung des gegenwärtigen Finanzsystems, dürfte der Einsatz, der in die Waagschale geworfen wird, jedoch höher sein.
Wer auf schnelles Geld durch Spekulation auf den Goldpreis hofft, der sollte bedenken, dass er auf dem Goldmarkt nicht eine Masse anonymer Gegenspieler hat wie auf dem Aktienmarkt, sondern eine kleine Anzahl mächtiger Goldanbieter, die sich absprechen und ihre Aktionen koordinieren.
Wer eine dauerhafte Wertanlage nicht für Wochen und Monate, sondern für Jahre sucht, kann sich trösten: Bisher haben die Notenbanken noch jede Goldintervention verloren und bis zu dem Zeitpunkt, wo sie aufgeben, führt ihre Intervention nur zur „Demokratisierung“ des Goldes: Die Notenbanken verlieren ihre Goldvorräte und tauschen dafür Papiergeld ein, wir Goldkäufer erhalten keine „Prügel“, sondern für das Papiergeld eine dauerhafte und wertbeständige Sache. Wir stellen uns also nicht nur langfristig, sondern schon aktuell besser als die Notenbanken.
Gruß Wal Buchenberg
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