- USA: die am meisten überschätzte Wirtschaft der Welt - Philipp Steinhauer, 02.07.2002, 21:53
- Aktionoptionen wären wirklich toll, wenn folgender Passus drin wär: - LenzHannover, 03.07.2002, 00:44
USA: die am meisten überschätzte Wirtschaft der Welt
aus der aktuellen"Finanzwoche" von Dr. Ehrhardt:
"Eine Vorhersage zu wagen, wann das Vertrauen wieder hergestellt wird, ist
kaum möglich. Nach dem britischen Magazin Economist mussten zuletzt ca. 1000
US-Unternehmen ihre Gewinne berichtigen, was jetzt zu entsprechenden
Untersuchungen der US-Behörden führen wird. Es dürfte also noch eine ganze
Reihe von Enrons bzw. WorldComs und Xeroxes geben. Wenn die Vorstände einen
hohen Aktienanteil besitzen (den sie als Insider zu überhöhten Preisen
verkaufen wollen) bzw. größere Optionsprogramme bestehen, wird in den USA
immer mehr betrogen. Bei den deutschen DAX- und MDAX-Werten haben die
Vorstände in der Regel überhaupt keine eigenen Aktien, und außer bei der
Deutsch Telekom sowie einigen Banken und Technologieaktien in der Regel nur
angemessene, relativ bescheidene, nach oben begrenzte Optionsprogramme.
Abgesehen vom inzwischen am Boden liegenden Neuen liegenden Neuen Markt,
sind die Gefahren für betrügerische Machenschaften also an der US-Börse
ungleich viel höher als in Deutschland oder Europa. Amerika hat im Grunde
den Shareholder Value zerstört und daraus einen"Manager Value" gemacht. Das
Vertrauen in die US-Börse wird sich nicht so schnell reparieren lassen.
Hinzu kommt allerdings auch der volkswirtschaftlich völlig begründete
Vertrauensverlust in die amerikanische Wirtschaft und Währung: Ein weiterer
Absturz des US-Dollars wird sich nicht vermeiden lassen. Das
Leistungsbilanzdefizit von erwarteten ca. 500 Mrd. $ (das in den nächsten
Jahren noch steigen soll) konnte in den letzten Jahren nur aufgefangen
werden durch die verlogene Propaganda für US-Wertpapiere (Ausländerkäufe).
Bei den Anleihen gab es im 1. Quartal mit 32 Mrd. $ bereits die höchsten
Ausfälle in der Wirtschaftsgeschichte, für das 2. Quartal dürften sie noch
wesentlich gewachsen sein. Auf volkswirtschaftlicher Basis gingen die
Unternehmensgewinne seit 1997 massiv zurück, während sie bei den
veröffentlichten Gewinnen pro Aktie stiegen. Dies lag nicht nur an den auf
Kredit gekauften eigenen Aktien, sondern im wesentlichen an
Buchhaltungstricks im Zuge der inzwischen in Verruf geratenen
US-Buchhaltungsmethode GAAP. Es ist unmöglich, dass die volkswirtschaftliche
Gewinnsumme sich halbiert (bei gleichzeitiger Explosion der Zinskosten im
Zuge der Verschuldung), und andererseits die ausgewiesenen Gewinne der
einzelnen US-Aktiengesellschaften ständig steigen. Es gab wohl noch nie eine
überschätztere Wirtschaft als die US-Wirtschaft, und hier wiederum die Neue
Ã-konomie.
Auch der US-Dollar ist wohl die in der Wirtschaftsgeschichte überschätzteste
Währung schlechthin. Normalerweise steigen und fallen Währungen mit einer
Veränderung der Handelsbilanz eines Landes. In den USA haben Volkswirte in
den letzten Jahren allen Ernstes das explodierende Defizit als"Stärke" der
Amerikaner gedeutet. In Wirklichkeit zeigt sich hier nur die nicht mehr
konkurrenzfähige US-Industrie, die nicht zu den Preisen der Importe
produzieren kann. Es ist wohl in der Wirtschaftsgeschichte einmalig, dass
ein Land durch geschickte Propaganda enorme Kapitalreserven an sich gezogen
hat, obwohl dies volkswirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist. Von Daimler
bis zu vielen mittelgroßen Aktiengesellschaften gibt es fast nur Beispiele,
in denen neu erworbene US-Töchter hohe Verluste oder schlechte Gewinne
erwirtschaften. Die angeblich hohe Produktivität in den USA erscheint im
Hinblick auf die geschönten Zahlen im Zuge des hedonischen Preisindex mehr
eine Fata Morgana als Realität. Wenn die internationalen Anleger jetzt
beginnen, ihre Bestände in US-Aktien und Anleihen (im Zuge der zu
erwartenden Dollarschwäche) abzubauen, so kann man sich vorstellen, was
daraus volkswirtschaftlich resultiert. Nicht nur eine neue Verstärkung der
Dollarbaisse, sondern höhere Inflation in den USA über Importpreise, Anstieg
der langfristigen US-Zinsen im Zuge höherer Inflation, sowie auch
schlechterer Konsum im Zuge des Reichtumseffekts bei rückläufiger
US-Aktienbörse. Die volkswirtschaftlichen Ungleichgewichte in den USA können
sich eigentlich nur in Form einer ähnlichen Kettenreaktion ausgleichen.
Offensichtlich versucht man zur Zeit immer noch, den US-Dollar zu stützen.
Die japanische Notenbank tut dies offen, tatsächlich dürfte es aber auch
andere Stützungsaktionen geben. Inwieweit sich daran Amerikaner oder
Europäer beteiligen, ist schwer vorauszusagen. Im Euro-Währungssystem
verfrüht man bereits über mehr als 400 Mrd. € an Währungsreserven, die zum
größten Teil aus Dollars bestehen. Es wird kaum eine große Neigung bestehen,
sich in Europa noch weitere (abwertungsverdächtige) Dollars einzuverleiben.
Die Bundesbank hatte im letzten Jahr glücklicherweise wenigstens eine kleine
Milliardengröße an Dollars verkauft."
"Unser Haus hält es für hochwahrscheinlich, dass Gold in der Vergangenheit
künstlich gedrückt wurde."
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