- US-Dienste vor 911 angeblich von höchster Stelle geblockt - wg Enron Deals - kingsolomon, 04.07.2002, 18:57
- Rauchende Colts - Taktiker, 04.07.2002, 23:39
Rauchende Colts
<h1>Rauchende Colts </h1>
Der 11.September nährt Verschwörungstheorien
Der 11. September ist nun bald ein Jahr her und immer noch nicht aufgeklärt. Im Gegenteil spaltet sich die Ã-ffentlichkeit in einen immer noch großen Teil, der das Attentat als afghanischen Angriff sieht und daher den Bushkrieg gerechtfertigt findet und einen kleineren Teil linker Nachdenklichkeit, der zwar nicht direkt beweisen kann, daß die CIA die Attentate selber verursacht hat, der aber doch mittlerweile einen Haufen Beweise vorlegen kann, daß die Geheimdienste vorher Kenntnis davon hatten. Danach wären amerikanische Ã-lfirmen, die u.a. einigen Regierungsmitgliedern gehören, Auftraggeber und Nutznießer des Krieges.
Im ersten Fall hätte sich ein saudischer Milliardär mit einem Dutzend islamischer Selbsmordattentäter verschworen, das Sinnbild des amerikanischen Imperialismus zu treffen (warum dann nicht die Börse?); im zweiten Fall bestünde eine »conspiracy« der US-Regierung gegen den Weltfrieden. Die klugen Alleswisser, die uns Linken auf unseren Verdacht gegen Bush hin immer das Label aufdrücken »Ach du bist ja ein Verschwörungstheoretiker!« und damit meinen, man sei ein nicht ernst zu nehmender Paranoiker, müssen sich also klar machen, daß auch sie eine Verschwörung annehmen, die ebenfalls bislang unbewiesen ist! Die Linke dagegen muß mit dem Verdacht umgehen, sie spiegele den Nürnberger Prozeß deutschnational zurück, denn »conspiracy against peace and humanity« war schließlich die Anklage, mit der die deutschen Hauptkriegsverbrecher 1945 gehängt wurden. Aus diesem Grunde wurde ihnen damals nicht die Vernichtung der deutschen Juden vorgeworfen, mit ihrem eigenen Volk kann eine Regierung sozusagen machen, was sie will; aber das nur nebenbei.
Die wahrscheinlichste Lösung ist nach meiner Meinung: Der US-Krieg gegen Afghanistan war lange geplant, um die Wege zum innerasiatischen Ã-l und Gas zu sichern, die Anschläge kamen sehr gelegen, und irgendwo ganz oben in der Verwaltung der Geheimdienste hat jemand entschieden, die Attentäter erst mal gewähren zu lassen. Aber es fehlt die »smoking gun«, d.h. bislang gibt es keine direkte Zeugenaussage, keinen Befehl, keinen Telefonmitschnitt, nur indirekte Beweise.
Das Buch, das an die fünfzig dieser indirekten Beweise und Fragen aufführt, ist das hier schon mehrfach gelobte Sammelwerk »Das Schweigekartell«, herausgegeben von Arnold Schölzel, dem Chefredakteur der jungen Welt. Unter anderem darin vertreten ist Mathias Bröckers, der früher Kulturredakteur bei der ehemals linken »tageszeitung« war, jetzt aber seine Recherchen im Internet betreibt. Direkt nach dem 11.9. begann er in der taz eine Art Sherlock-Holmes-Kolumne; nur mit wacher Kritik bewaffnet, ließ er die Medienbotschaften auf sich wirken und kam damit schnell zu dem brisanten Ergebnis, daß nämlich so alles gar nicht wahr sein kann. Nach einigen Wochen wollte die taz nur noch 60 Zeilen von Bröckers drucken, eine elegante Form politischer Zensur. So wich er komplett ins Internet aus, hat dort jetzt Millionen Anklickungen und sieht sich zur eigenen Überraschung wirkungsmächtiger denn je.
Außerdem wird nun im August pünktlich zum Jahrestag das Buch mit seinen Kolumnen erscheinen, Titel wahrscheinlich »The WTC Conspiracy«. Bröckers ist auch der deutsche Herausgeber des sehr kurzweiligen, aber amerikazentrierten »Lexikon der Verschwörungstheorien« von dem intelligenten Science-fiction-Autor Robert Anton Wilson. Hierin findet man von den Illuminaten bis zum Kennedy-Mord alle großen Themen, über die in den Irrenhäusern dieser Welt heiß debattiert wird, und wenn man das Buch durchgelesen hat, weiß man zwar nicht, wer Recht hat, aber man weiß: Verschwörungen gibt es tatsächlich und es gibt sie überall. Die entscheidende Frage ist nicht, wer sich verschwört, das machen jeden Tag Millionen von Stammtischrunden, entscheidend ist, welche Verschwörung überhaupt Wirklichkeit wird, welche sich durchsetzt und wer das bestimmt und benutzt. Nicht die Verschwörer sind interessant, sondern die Meister der Verschwörungen. Soviel zu Bin Laden.
Ähnliche Lexika gibt es für den deutschen Sprachraum schon seit Jahren, und sie sind dem Krimiliebhaber und phantasievollen Politiker (contradictio in adiecto) zu empfehlen, z.B. Jürgen Roth/Kai Sokolowsky: »Wer steckt dahinter?«, Stefan Maiwald: »Ungelöst. Anastasia bis Zeppelin« und bei dem Ramschverlag Bechtermünz im deutschen Nachdruck das amerikanische Standardwerk »The 70 Greatest Conspiracies of all Time« von Vankin/Whalen. Eine kleine Arbeit zum Thema »Terror und Herrschaft« ist bei eva erschienen. Von dem faschistischen Juristen Carl Schmitt ausgehend, der merkwürdigerweise in manchen Theoriezirkeln gerade Mode ist, rezipiert der Autor die Verfolgungsgeschichte der KPD, der RAF, der PKK und jetzt der Islamisten und kommt zu interessanten Schlüssen: Der Staat will immer das intellektuelle Umfeld vernichten, die »Terroristen« selber sind nur ein geringes Problem, fast ein Vorwand. Terrorismus ist eine existentielle Erscheinung, die man nicht »vernichten« kann. Der Krieg gegen Afghanistan ist deshalb doppelt ungerechtfertigt: Politisch gibt die UNO-Resolution das nicht her, und das vorgebliche »Ziel« ist so gar nicht zu treffen. Ein Buch für Juristen für künftige Prozesse. Möge es helfen.
Als begeisterter Leser von Politthrillern und Kriminalromanen liebe ich natürlich den Moment der Überführung des Täters durch reine Logik: Wenn ihm im Verhör oder aus Angeberei etwas entschlüpft, was kein Dritter wissen kann, muß er an der Tat beteiligt gewesen sein. Ich dachte, im täglichen Leben kommt das selten vor, weil es eine typische »Freudsche Fehlleistung« ist - das Prinzip kennt jeder und hütet sich davor. In der kleinen roten Schriftenreihe der KPD ist nun ein Heft erschienen, in dem Hans Falkenhagen einige solcher Fehlleistungen anführt, nur leider mit sehr schlampiger Zitatangabe, so daß man die »Geständnisse« nicht nachprüfen kann. Ich empfehle dringend eine verbesserte Neuauflage dieser Schrift, damit man die haarsträubenden Fakten für die praktische Diskussion gebrauchen kann: Vizepräsident Cheney hat endlich zugegeben, daß die vierte Maschine tatsächlich von der Air Force abgeschossen wurde. Zweiter Hinweis: Um 9.47 traf das erste Flugzeug das WTC, um 10.37 Uhr witzelte bereits Sicherheitsbeauftragter Andy Card auf Bushs Frage nach seinem Hund: »Der ist schon Bin Laden auf den Fersen.« Also nach noch nicht mal einer Stunde wußte der Sicherheitsberater schon, wen man suchen wird! Das ist noch nicht direkt die »smoking gun«, aber doch beinahe.
* Josef Grässle-Münscher: Terror und Herrschaft. Die Selbstbespiegelung der Macht. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2002, 15 Euro
Arnold Schölzel (Hg.): Das Schweigekartell. Kai Homilius-Verlag, Berlin 2002
Robert S. Robins / Jerold M. Post: Die Psychologie des Terrors. Vom Verschwörungsdenken zum politischen Wahn. Droemer Verlag, München 2002, 463 Seiten, 22,90 Euro
Robert Anton Wilson: Das Lexikon der Verschwörungstheorien. Bearbeitet von Mathias Bröckers. Piper Taschenbuch3389, München 2002, 426 Seiten, 9,90 Euro
Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen: Die Terroranschläge auf das World Trade Center und Pentagon vom 11. September. Schriftenreihe der KPD, Berlin 2002, ISSN1433-6375
Mathias Bröckers: Undercover. Kolumnen aus dem Internet, erscheint im Herbst bei Zweitausendeins
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