- VonJens Ehrhardt: Von den Gezeiten an der Börse, netter Basisartikel - LenzHannover, 10.07.2002, 21:33
- Re: VonJens Ehrhardt: Von den Gezeiten an der Börse, netter Basisartikel - Valueinvestor, 10.07.2002, 21:51
VonJens Ehrhardt: Von den Gezeiten an der Börse, netter Basisartikel
Es steigt halt, bis es fÀllt
und dafĂŒr gibt es wohl immer einen anderen Grund.
Somit hat es alles nicht mit Logik zu tuen und ist wohl irgendwie"wellig".
Probleme habe ich nur mit der Prognose, wann was fÀllt (z.B. Gold 200$)
Von Jens Ehrhardt
Von den Gezeiten an der Börse
In der jĂŒngeren Börsengeschichte wurde den Anlegern der alte Lehrsatz, daĂ die Aktienanlage ein Risikopapier ist, immer eindrucksvoller vor Augen gefĂŒhrt. Dies galt sowohl auf die zeitlich immer kĂŒrzeren Abfolgen dieser âDemonstrationenâ, als auch im Hinblick auf deren IntensitĂ€t. Da das Finanzsystem mit seinen TeilmĂ€rkten (z.B. AktienmĂ€rkte, BondmĂ€rkte, DevisenmĂ€rkte, Commodity-MĂ€rkte, Immobilien- und KunstmĂ€rkte bzw. alternative Anlageformen, wie Private Equity etc.) immer enger verwoben und verzahnt ist, auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Globalisierung, hat damit die generelle RisikoanfĂ€lligkeit des gesamten Systems weiter zugenommen, weil Probleme in einem Teilmarkt sofort Auswirkungen auf andere MĂ€rkte nach sich ziehen. Im besonderen Fokus stehen gegenwĂ€rtig allerdings die AktienmĂ€rkte, und hier insbesondere Wall Street. Obwohl der Standard & Poorâs 500 bereits um ca. die HĂ€lfte höher stand als heute, weist der amerikanische Aktienmarkt immer noch schwindelerregende Bewertungen auf, die deutlich ĂŒber dem historischen Durchschnitt liegen. Dies gilt im Grunde genommen fĂŒr jede x-beliebige fundamentale Kennzahl, angefangen von historisch immer noch tiefen Dividendenrenditen, bis hin zu Kurs/Gewinn-VerhĂ€ltnissen, die je nach Berechnungsart bei 50 und höher fĂŒr den S & P 500 liegen. Die zerbrechliche Wall Street strahlt immer wieder in unangenehmer Weise auch auf andere AktienmĂ€rkte, insbesondere Europa, aus. Dies fĂŒhrte dazu, daĂ der DAX in den ersten sechs Monaten des Jahres um 18% einbrach. Bezogen auf den Jahresultimo-Stand von 2000 bedeutet dies einen RĂŒckgang von ca. von rund einem Drittel (trotz Rekord-Zinssenkung seit Anfang 2001 in Amerika von 6,5% auf 1,75%!).
Allerdings zeigt ein Blick in die Finanzgeschichte auch, daĂ VolatilitĂ€ten (Kursschwankungen) und EinbrĂŒche keineswegs nur ein PhĂ€nomen unserer Zeit sind, sondern im Grunde genommen zum Börsengeschehen gehören wie die Luft zum Atmen. Erinnert sei nur an die Weltwirtschaftskrise und den Börsencrash 1929/32 mit einem 90%-Zusammenbruch des Dow Jones-Index, an die Kuba-Krise 1962, an den Einbruch 1970 oder die schwere Baisse 1974. Aber auch in den âgoldenenâ letzten zwei Jahrzehnten kam es immer wieder zu herben RĂŒckschlĂ€gen. Allen voran der berĂŒchtigte Börsenkrach 1987. Ex post mangelte es damals nicht an ErklĂ€rungsansĂ€tzen fĂŒr diesen ĂŒber 30%igen Marktzusammenbruch in Wall Street an einem Tag. HĂ€ufig wurde damals das Zwillings-Defizit in Amerika bemĂŒht (Handelsbilanz- und Haushaltsdefizit des Staates). DarĂŒber hinaus wurden die Börsencomputer bzw. insbesondere der Programmhandel von vielen âExpertenâ als Teufelszeug verdammt. TatsĂ€chlich leistete der Programmhandel aber damals wertvolle Arbitrage-Ausgleiche zwischen den Futures- und KassamĂ€rkten, und der eigentliche Zusammenbruch war auf die Ineffizienz der KassamĂ€rkte zurĂŒckzufĂŒhren, die (im Gegensatz zu den Futures-MĂ€rkten) dem viel zu hohen Tagesorder-Volumen nicht mehr gewachsen waren. Die wenigsten Marktbeobachter aber waren sich ĂŒber die tatsĂ€chlichen Ursachen des damaligen Börsencrashs im klaren, die in einer extrem ĂŒberhitzten Ăberspekulation zu suchen waren. FĂŒnf Jahre Hausse hatten zu einem klassischen MilchmĂ€dchenmarkt gefĂŒhrt, und es bedurfte nur eines Nadelstiches, um diese Blase platzen zu lassen.
Nach einem Jahr der âAusnĂŒchterungâ kam es bereits im Oktober 1989 zum berĂŒhmt-berĂŒchtigten âMini-Crashâ (200 Mrd. Dollar Buchverluste!), als die Ăbernahme der UAL-Fluglinie scheiterte. RĂŒckblickend war dies jedoch nur ein vorĂŒbergehender FlĂ€chenbrand mit begrenzten Auswirkungen. Im Jahr 1990 war vor allen Dingen die deutsche Börse im Zuge des Mauerfalls auch bewertungsmĂ€Ăig im Hinblick auf das im Februar extrem gestiegene Zinsniveau (damals InflationsbefĂŒrchtungen im Vorfeld der Wiedervereinigung!) stark aufgeblĂ€ht und ĂŒberteuert. Die anschlieĂende Kuwait-Krise im Sommer dieses Jahres (August) war dann der Auslöser fĂŒr eine krĂ€ftige Bereinigung, die den DAX bis zu 25% nach unten drĂŒckte. Erst die militĂ€rische Intervention unter der Ăgide Amerikas Mitte Januar 1991 lieĂ das Börsenpendel wieder (deutlich) in die andere Richtung ausschlagen. Doch bereits im Sommer desselben Jahres kam es im Zuge der RuĂland-Turbulenzen (Verhaftung von Gorbatschow auf seinem Feriensitz) zu einem erneuten Mini-Crash (sogenannter âGorbi-Crashâ), der anschlieĂend durch die mutige und tatkrĂ€ftige UnterstĂŒtzung der Reformbewegungen durch Jelzin schnell wieder entkrĂ€ftet werden konnte. Ein Jahr danach, 1992, scheute der damalige Bundesbank-PrĂ€sident Schlesinger im Juli nicht davor zurĂŒck, die Zinsen sogar noch zu erhöhen, anstatt sie, wie von vielen erwartet, zu senken. Da das Ganze auch noch im Umfeld des damals in MĂŒnchen stattfindenden Weltwirtschaftsgipfels passierte, wurde diese (rĂŒckblickend sicherlich ĂŒberzogene) MaĂnahme vom ansonsten jedoch sehr guten und auf WĂ€hrungsstabilitĂ€t bedachten Bundesbank-PrĂ€sidenten Schlesinger von den FinanzmĂ€rkten besonders zurĂŒckhaltend kommentiert (erneut 25% Einbruch im DAX-Index). Es folgte ein turbulenzenfreies Jahr mit extremen AusschlĂ€gen nach oben (plus 40% im DAX), was aber nicht heiĂt, daĂ die Anleger damals nicht von Ăngsten und dĂŒsteren Prognosen geplagt waren. Bereits ein Jahr danach setzte an den RentenmĂ€rkten ein Jahrhundert-Crash ein, und in Deutschland kam es zu einer noch nie dagewesenen Immobilienpleite (Schneider).
Anfang 1995 gipfelte die Mexiko-Krise, und im Februar erreichte der US-Dollar mit 1,35 DM ein historisches Tief, was massive Umstrukturierungen und Rationalisierung bei vielen deutschen exportabhĂ€ngigen Unternehmen, wie beispielsweise im Maschinenbau, auslöste. 1996 war ein relativ störungsfreies Jahr, sieht man einmal von der von unserem Haus bereits im Vorfeld massiv kritisierten und schon damals absehbar völlig ĂŒberteuerten T-Aktien-Emission zu umgerechnet gut 14 Euro je Aktie ab. Ein Jahr spĂ€ter, im Herbst 1997, kam es, ausgelöst durch die Dollarankoppelung einiger asiatischer TigermĂ€rkte, zu extremen Kursturbulenzen (RĂŒckgĂ€nge von wĂ€hrungsbereinigt bis zu 90%). 1998 bedarf im Grunde genommen keines weiteren Kommentars (RuĂland- und LTCM-Krise - Hedge-Fonds-Kapriolen, ausgelöst durch Nobelpreis-gekrönte âSteuermĂ€nnerâ) mit 40% DAX-Einbruch in nur zwei Monaten. Das anschlieĂende Jahr war einerseits eine Konsolidierungsphase, andererseits jedoch auch bereits durch extreme AusschlĂ€ge an den WachstumsmĂ€rkten (z.B. NEMAX 50) sowohl Anfang des Jahres, als auch im Dezember gekennzeichnet. Die darauf folgende Gipfelung im MĂ€rz 2000 und die daraus erwachsenden Folgen sind hinlĂ€nglich bekannt (Zusammenbruch um 93% im Index). SpĂ€testens nach den TerroranschlĂ€gen im September letzten Jahres sind die FinanzmĂ€rkte auch einer vermutlich lĂ€nger andauernden Phase extremer politischer UnwĂ€gbarkeiten ausgesetzt.
Dieser kurze historische AbriĂ fĂŒhrt vor Augen, daĂ, bedingt durch die extrem expansive Geldpolitik und GeldmengenaufblĂ€hung in den letzten eineinhalb Jahren seitens Herrn Greenspan, die Schwankungen an den FinanzmĂ€rkten in immer kĂŒrzeren AbstĂ€nden immer höher werden. Das GefĂ€hrliche an der heutigen Situation sind die in absoluten Zahlen immer bedrohlicheren Dimensionen (gemessen an der Kapitalvernichtung von vielen Billionen US-Dollars handelt es sich bereits heute um den gröĂten Börseneinbruch in der Geschichte). DarĂŒber hinaus scheinen die extremen Spekulationsexzesse vor gut zwei Jahren einen lĂ€ngerfristigen AbwĂ€rtstrend an den AktienmĂ€rkten eingeleitet zu haben. In diesen immer wilderen und turbulenteren Zeiten bieten substanz- und ertragsstarke Aktien und sehr aktiv und zugleich defensiv gemanagte Aktienfonds (vgl. zu unseren Produkten die neue Homepage der Dr. Jens Ehrhardt Kapital AG, www.dje.de) unverĂ€ndert das beste Chance/Risiko-VerhĂ€ltnis.
Dr. Jens Ehrhardt
<ul> ~ Org. bei www.boerse.de</ul>
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